Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Paul J. McAuley – Vierhundert Milliarden Sterne (Alien-Trilogie 1)

Alien-SF mit Sense of Wonder

„Vierhundert Milliarden Sterne“ ist der erste Band einer wichtigen Science Fiction-Trilogie, des sogenannten „Alien-Zyklus“. Noch 16 Jahre nach ihrer Veröffentlichung erweist sich die Trilogie als ein Startpunkt der aktuell blühenden „New Space Opera“, die in erster Linie von britischen Autoren geformt wird: Stephen Baxter, Alastair Reynolds, McAuley, Charles Stross, Ken MacLeod – dies sind die englischen Namen, die man sich merken muss. (Natürlich gibt es auch Vertreter auf der anderen Seite des Teiches.)

Nach der unten skizzierten Handlung zu urteilen, würde man nicht denken, dass dieser Band eine Vision der Entwicklung von Zivilisationen in unserer Galaxis enthält. Aber genau das ist der Fall. Und das macht diese Space Opera so wichtig. Das amerikanische Gegenstück wäre wohl Gregory Benfords CONTACT-Zyklus, der immerhin sechs Romane umfasst.

Der Autor
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Paddy Kampshell – Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Die Welt der Hobbits

Nettes Bilderbuch für HOBBIT-Sucher

Eine Welt – so liebenswert anders: In »Die Welt der Hobbits« werden alle Eigenheiten des besonderen Völkchens mit den großen Füßen und noch größeren Herzen geklärt.

Es gibt mindestens fünf deutsche Begleitbücher zum Film:

„Das Begleitbuch“ erklärt Figuren, Schauplätze und Orte, „Die Geschichte in Fotos“ erzählt mit vielen Fotos nach; „Die Welt der Hobbits“ beschreibt deren Leben und „Das Filmbuch“ schildert die Entstehung des Films. Im Rätsel- und Sammelbuch werden Text, Fotos und Rätsel kombiniert und laden ein zum Versinken in eine Welt, in der garantiert keine Langeweile aufkommt. (Verlagsinfo)

Der „Autor“

Paddy Kampshell ist der Verfasser des Textes.

Inhalt

Dieses hübsch und reich bebilderte Buch zum HOBBIT-Film lässt sich in zwei Hälften aufteilen. Im ersten Teil begegnen wir den Halblingen in ihrer Heimat, in der zweiten Hälfte bewegen wir uns über das Auenland hinaus, zu Freunden und gar schröcklichen Feinden. Merke: Die „Welt“ der Hobbits entspricht ziemlich genau ganz Mittelerde. Deshalb gibt es von dessen Landkarte gleich zwei Abbildungen (S. 1 und S. 16). Doppelt genäht hält besser. Und so findet man das Auenland auch viel besser.

Nach der Frage „Was ist ein Hobbit?“ folgen Beschreibungen, die helfen sollen, Hobbits überhaupt zu erkennen. Dabei dienen Bilbos zwei Darsteller Ian Holm (Bilbo mit 111) und Martin Freeman (Bilbo mit 50) als beste Anschauungsbeispiele. Das finde ich zweifelhaft, denn wie sollte man sonst Hobbitfrauen und -kinder erkennen? Beispiel für ihre Anatomie (haarige Füße!) und Bekleidung weisen sie als ordentliche, aber absonderliche Fußfetischisten aus. So etwas wie Schuhe oder gar Socken kennen sie nicht.

Die Heimat dieses sonderbaren Völkchens (das bekanntlich den besonderen Schutz von König Elessar genießt) ist das Auenland: eine ziemlich grüne gegend ohne jede Art von Industrie oder Maschinerie (die Mühle von Wasserau ist nirgends zu sehen). Offenbar leben diese Öko-Bauern und -Kommunarden noch wie im Mittelalter, allerdings ohne dessen Kriege und Pestilenzen. Glückliches Shire, du hast es besser!

|Beutelsend|

Als herausragendes Exemplar halblingischer Architektur wird uns Beutelsend präsentiert. Dies ist bekanntlich der Smial von Herrn Bilbo Beutlin, einem Privatier und Tagedieb, der von ererbtem Geld lebt und tagein und tagaus Bücher liest – wenn er sie nicht sogar schreibt! Nun ist dieser Smial derartig ausgedehnt, dass er 15 Personen gleichzeitig Platz bietet, und derart gut mit Lebensmitteln bestückt, dass er die Invasion einer Zwergenschar ohne Weiteres zu bewältigen vermag.

Diese Indizien sprechen nicht gerade dafür, dass wir es mit einem durchschnittlichen Feld-, Wald- und Wiesen-Smial zu tun haben, sondern vielmehr mit einer Upper Class Villa, einem wahren Herrensitz von imposanten Ausmaßen.

Das Leben hier soll angeblich „ruhig“ sein, wie am Kalender für April (S. 22) abzulesen sein soll – doch die Zwerge erschienen ja Ende April im Jahr 2941. Angeblich an einem Mittwoch, doch diesen Tag gibt es im fünftägigen Auenlandkalender gar nicht. Hobbitkundler müssen mir mal erklären, welchen Tag Bilbo mit diesem Datum bezeichnete. Die Meinungen gehen doch beträchtlich auseinander.

|Bilbo|

Überhaupt: dieser Bilbo! Wenn er nicht sieben Mahlzeiten am Tag futtert (S. 26+27) und dennoch schlank und rank wie Martin Freeman bleibt, dann ergeht er sich offenbar mit Phantastereien über Drachen, Elben und Prinzessinnen, die es zu retten gilt. Nun ja, das mit der Prinzessin fürs Leben hat nicht geklappt, aber dafür brachte er ja einen Teil des Drachenschatzes vom Einsamen Berg nach Hause – wo gerade sein Mobiliar meistbietend versteigert wurde!

Die Sackheim-Beutlins sind offenbar auch noch sechzig Jahre später eine ständig im Hintergrund lauernde Gefahr, sogar die armen, gierigen Vettern in Bilbos Sippschaft. Dass Bilbo auf dem Titelbild in kragenlosem Hemd und Hosenträgern auftritt, nenne ich ein gelungenes Beispiel für Mimikry: Der Schlossherr gibt sich als Mitglied der Arbeiterklasse aus. Ein leicht durchschaubarer Trick. Nice try, Bilbo. Wir werden dieses Foto in unsere Verbrecherkartei aufnehmen.

|Gandalf, der Eine Ring und der ganze Rest|

Erst setzt der Zauberer Gandalf (S. 40/41) dem relativ (!) unbescholtenen Beutlin allerlei Flausen in den Kopf, dann trickst er ihn auch noch aus, indem er sein Geheimzeichen in die Vordertür kratzt (große Smials wie Beutelsend haben wohl auch eine geheime Hintertür), welches fremdländisches Gesocks anlockt.

Selbst der angesehenste Hobbit kann ob dieser Heimtücke nicht ehrbar bleiben. Bilbo sieht sich veranlasst, einen ellenlangen Vertrag zu unterschreiben, der ihn als „Meisterdieb“ verpflichtet, einen Schatz zu heben. Und dass der Eine Ring ihn in noch mehr Schwierigkeiten brachte, ist hinlänglich bekannt. Dass die Schwarzen Reiter, die 60 Jahre später hinter dem Kleinod her waren, das Auenland heimsuchten, ist unverzeihlich.

|Freunde und Feinde|

Den Zwergentrupp und den Zauberer als „Gute Freunde“ vorzustellen, ist eine Unverschämtheit. Sie haben ihn für einen Zeitarbeitsjob engagiert. Zwar für ein Vierzehntel des Gewinns, aber wenn diesen Anteil ein Drache bewacht, ahnt man schon, dass ein Arbeitskampf inklusive Machtdemonstration und Ausstand vonnöten sein wird. Und so kommt es ja auch (in den letzten Kapiteln des Buches, also im 3. Film).

„Tödliche Feinde“ lernt der Betrachter auf den letzten Seiten kennen, auf deren Bekanntschaft sicherlich dankend verzichtet werden darf. Wer will schon hässlichen Trollen, mutierten Goblins und abartigen Orks die Hand schütteln oder einem Warg ins geifernde Maul blicken? Na, eben.

_Mein Eindruck_

Man merkt schnell: Bilbo Beutlin ist EIGENTLICH ein vorbildlicher Hobbit, aber leider auch ein wenig krank im Kopf. Hand aufs Herz: Wie sonst könnte er sich für die Schatzexpedition eines skrupellosen Zauberers qualifizieren? Vielleicht liegt ihm die Abenteuerlust aber auch in den Genen. Aufs Erbgut kann man ja alles Mögliche schieben, von der Fressgier über die Höhenangst und Hydrophobie. Hobbits meiden Boote, und das hätten sicher auch Frodos unglückselige Eltern beherzigen sollen, bevor sie auf einer Bootsfahrt auf dem Brandywein umkamen.

So ganz werden die Widersprüche im Bild von den Hobbits, das das Buch zu zeichnen versucht, nicht aufgehoben. Aber das war wohl nicht der Zweck des Buches. Es ist wie eine Art bebildertes Märchenbuch, das von phantastischen Wesen erzählt. Es wendet sich an junge Personen beiderlei Geschlechts, die sich ein ganz klein wenig mit den Hobbits und ihrer erfundenen Welt anfreunden wollen. Es gibt ja genügend Games, in eben dieser Welt spielen. Sogar die Jüngsten werden über LEGO damit vertraut gemacht

Schade, dass die Elben ebenso fehlen wie der zweite wichtige Zauberer. Radagasts Auftritt hätte dem relativ (!) guten Ruf Bilbos noch mehr Abbruch getan. Ein ungepflegt aussehender Typ, der ein Vogelnest unter seinem Hut spazierenführt und einen von Karnickeln gezogenen Schlitten fährt, gilt im Auenland nicht gerade als vertrauenerweckend.

Sogar Gandalf, weitaus harmloser aussehend, wurde als „Störer des Friedens“ bezeichnet, wie man sich bestimmt erinnert. Radagast wäre bereits an der Grenze abgewiesen worden, nach eingehender Gesichtskontrolle und Leibesvisitation. Gandalf aber hatte wenigstens eine gute Entschuldigung bzw. Vorwand: Feuerwerk!

Was die Abbildungen von Schmetterlingen und Libellen, die man auf den ersten Seiten sieht, besagen sollen, weiß ich nicht. Sie tauchen später immer wieder auf, meist nur als Dekoration. Es gibt aber die Seite 6, in der ein Buch aufgeschlagen ist, in dessen Text es um Schmetterlinge geht.

_Unterm Strich_

Das Bilderbuch bietet demjenigen, der zum ersten Mal mit Hobbits Bekanntschaft schließen will – via Film, Buch oder Game – einen Überblick mit den nötigsten Infos. Hobbits, Auenland, Beutlin, Beutelsend – das sind die wichtigsten Stationen für den Anfang, um Hobbits zu charakterisieren.

Die zweite Hälfte des Buches ist der Welt da draußen gewidmet, das heißt also Mittelerde. Auf nicht weniger als sechs Seiten stellt das Buch die 13 Zwerge mitsamt ihren Biografien vor. Peter Jackson hat ja bekanntlich auf detaillierten Charakterisierungen und Darstellungen der Zwerge bestanden. Die Filmzuschauer sollen in der Lage sein, jeden Zwerg wiederzuerkennen, als wärs ein alter Bekannter.

Neben dieser geballten Ladung Zwergenpower fallen Gandalf und Gollum kaum auf. Die Feinde werden am Schluss nur noch oberflächlich vorgestellt, wobei Azog ebenso fehlt wie der Drache. Merke: Diese beiden Gestalten hebt sich der Verlag für das nächste Buch auf. Schade fand ich, dass es weder Radagast noch die Elben in diese Bundesliga geschafft haben. Vielleicht ergattert König Thranduil wenigstens in zweiten HOBBIT-Film ein Top-Ranking, wenn es wieder heißt: Der HOBBIT sucht den Superstar.

Wer inhaltliche Tiefe oder eine breitere Darstellung verlangt, sollte zum „Offiziellen Begleitbuch“ von Jude Fisher greifen (und nicht etwa zum „offiziellen Filmbuch“, das eine Art Making-of bietet, s. o.).

|Broschiert: 48 Seiten
Originaltitel: The Hobbit: An Unexpected Journey – World of Hobbits (2012)
Aus dem Englischen von Marcel Bülles
ISBN-13: 978-3608939972|
http://www.klett-cotta.de

M. John Harrison – Licht. SF-Roman

Für Hartnäckige: Space Opera der mühsamen Art

1999: Radioastronomen entdecken eine Zone in unserer Milchstraße, in der alle bekannten Regeln der Physik ihre Gültigkeit verlieren und in der sich die Realität geradezu aufzulösen scheint.

400 Jahre später: Man hat entdeckt, dass es in dieser Zone von Artefakten nicht-menschlicher Kulturen nur so wimmelt. Hier macht eine junge Raumfahrerin am Rande dieser Zone, dem „Strand“, eine Entdeckung, die weit in die Vergangenheit weist, ins Jahr 1999 …

Mit „Licht“ legt der englische Starautor M. John Harrison den ersten definitiven Science-Fiction-Roman des 21. Jahrhunderts vor: Eine atemberaubende Achterbahnfahrt durch Zeit und Raum, ein Buch, so voller Energie und Einfälle, dass man nur staunen kann. Wofür andere Autoren mehrbändige Zyklen benötigen und George Lucas sechs Filme – dafür genügt Harrison dieser eine Roman! (Verlagsinfo, modifiziert)

Der Autor
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Tad Williams / Nina Kiriki Hoffman – Die Stimme der Finsternis (Fantasy-Roman)

Scheherazades Brüder und der schwarze Vampir

Dies ist ein Vampirroman, der sich als Märchen aus Tausendundeiner Nacht verkleidet hat. Und Tad Williams, der Autor von „Otherland“, zeigt uns, wie uns das Geschichtenerzählen à la Scheherazade den Hals retten kann. Und wie weit man eine Geschichte verschachteln kann.
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Raymond Feist – Der Lehrling des Magiers (Die Midkemia-Saga 1)

Spannender Autaktband zur Riftwar-Saga

Krieg und Intrigen, Ehre und Tod, Liebe und Hass. Das Königreich Rillanon befindet sich im Krieg. Doch nicht nur der Feind von außen bedroht den Frieden, denn Intrigen und Verrat beherrschen den Königshof, und so wird viel zu spät auf die Invasion reagiert. Der Magierlehrling Pug und sein bester Freund, der junge Krieger Tomas, wissen nichts von den Geschehnissen bei Hofe. Für sie bedeutet dieser Krieg eine Möglichkeit, sich zu beweisen und vielleicht sogar Ruhm zu erlangen – bis sie Teil der Intrigen werden und den wahren Schrecken des Krieges begegnen.

Mit diesem Buch eröffnete Feist seinen RIFTWAR-Zyklus um die Fantasy-Welt Midkemia und schuf sogleich einen Klassiker: ein umfassendes Universum verschiedener Welten. Allerdings macht sich hier der Einfluss von Tolkien noch sehr stark bemerkbar: Es gibt unterschiedliche Elbenvölker, desweiteren Drachen, Kobolde, Zwerge und natürlich Zauberer und Recken. Immerhin sind die Frauenfiguren weitaus lebensechter und realitätsnaher gezeichnet als beim alten Meister (sogar die Elfenkönigin!).

Der Autor
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John Norman – Smugglers of Gor (Gor 32)

Zu den Panther Girls: Liebe in den Urwäldern des Nordens

Die geheimnisvollen Pani-Samurai bauen in den Wäldern des Nordens ein gigantisches Schiff, wie es die Welt Gor noch nicht gesehen hat. Am Fluss Alexandra, wo es vom Stapel laufen soll, rackern Holzfäller wie Sklavinnen gleichermaßen, um das große Unternehmen zu unterstützen. Doch etwas Sinistres geht hinter den Kulissen vor. Geheime Fracht gelangt an Bord. Spione kundschaften den Schiffsbau aus, um Sabotage zu erleichtern: Panther Girls! Als eine frustrierte Sklavin, die von der Erde hierher geschmuggelt wurde, aus dem Schiffscamp in die Wälder flüchtet, begegnet sie weit mehr als Larls, Sleen und Panthern …

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Brian W. Aldiss – Helliconia: Frühling (Helliconia 1)

Auftakt zur besten Planeten-Trilogie der SF

Der erste Band der Trilogie, die als ein zusammenhängender Roman zu lesen ist, stellt das komplizierte Doppelsternsystem vor, das den Schauplatz des dramatischen Geschehens um Klimawandel und Kulturfolgen auf der Welt Helliconia darstellt. Eine Raumstation verfolgt das geschehen und berichtet der weit entfernten Erde davon: Dies ist ihr Bericht. In der Einleitung lernen wir einen der Helden kennen: Yuli, den abtrünnigen Priester, der zum Gründer der Stadt Oldorando wird. Doch verhilft neues Denken der menschlichen Rasse auch zu erfolgreichem Überleben?
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Terry Pratchett & Stephen Baxter – Die Lange Erde (Die Lange Erde 1 von 5)

Unendlich viele Welten: Hoffnung oder Horror?

Es gibt unendlich viele Welten zu entdecken. Sie sind nur einen kleinen Schritt entfernt … Ein kleiner, angekokelter Plastikkasten, ein paar Drähte, ein Schalter, eine Kartoffel … Als die Polizistin Monica im Jahr 2015 in den verkohlten Ruinen eines Hauses auf diese eher zweifelhafte Apparatur stößt, ahnt sie nicht, dass der Prototyp einer bahnbrechenden Erfindung vor ihr steht.

Denn der kleine Kasten ist ein Wechsler, mit dem es von nun an möglich sein wird, in die ,,Lange Erde“ hinauszutreten: eine unendliche Abfolge von parallelen Welten, von Menschen unbewohnt. Schon bald setzt auf der alten Erde ein wilder Goldrausch ein. Denn die Lange Erde birgt unendliche Möglichkeiten – und unendliche Gefahren … (Verlagsinfo)

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Brian W. Aldiss – Graubart. Senioren-SF-Roman

Ein Roman mit Mümmelgreisen als Hauptfiguren? Das soll wohl ein Scherz sein! So dachte ich zumindest, bevor ich mich an dieses wundervolle Buch von 1964 herantraute. Und das Wagnis hat sich gelohnt: Dies ist nicht nur eine unterhaltsame, sehr menschliche Geschichte, sondern sie ist auch humorvoll und skurril. Doch die Botschaft ist ernst.

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Richard L. Tierney – Im Haus der Kröte

Die Monster mit dem Atomreaktor

James Kerrick ist ein Abenteurer, der davon lebt, wertvolle archäologische Funde zu rauben, die er an dubiose Sammler verkauft. Als er einem exzentrischen Amerikaner einige rätselhafte Relikte aus den Ruinen einer vergessenen mexikanischen Stadt anbietet, gerät er zwischen die Fronten finsterer Kulte und stellt fest, dass er Teil eines uralten Planes ist, der von außerirdischen Wesen entwickelt wurde.

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Tad Williams – Die Insel des Magiers. Phantastischer Roman

Die Glorie der Magie, von unten betrachtet

Tad Williams, Autor von „Otherland“ und der Osten-Ard-Trilogie, erzählt die Geschichte von Shakespeares Drama „Der Sturm“ neu aus ganz anderem Blickwinkel: dem des hässlichen Hexensohnes Caliban. Für das, was ihm der Magier Prospero und seine Tochter Miranda angetan haben, will sich nun Kaliban 25 Jahre später rächen. Aber hat er überhaupt Recht? Darf er den Mord an Miranda begehen? Der Leser muss entscheiden.

Der Autor
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John Norman – Priest-Kings of Gor (Gor 3)

Der Krieg der Götter

Tarl Cabot, der furchtlose Krieger der Gegenerde, ist zurück! Seine Reise führt ihn diesmal in das Sardargebirge, um das Geheimnis der mysteriösen Priesterkönige zu lösen. In ihm brennt der Schrei nach Rache, die Verpflichtung, sein verschwundenes Volk zu rächen, vor allem aber seine geliebte Gefährtin Talena wiederzufinden. Wird ihm sein Vorhaben gelingen oder wird sich das Schicksal erneut gegen ihn wenden? (Basilisk-Verlag)
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Tad Williams & Deborah Beale – Die Drachen der Tinkerfarm (Tinkerfarm 1)

Feuerspeiende Kühe?!

Eigentlich soll es ein ganz normaler Landaufenthalt in den Sommerferien werden, den Tyler und Lucinda bei Onkel Gideon verbringen. Sie erwarten tödliche Langeweile auf diesem Bauernhof, doch bald entdecken, dass es hier ein Geheimnis gibt. Das Brüllen aus der Scheune stammt nicht von einer Kuh, sondern von einem Drachen! Das donnernde Hufgetrappel im Tal – keine Mustangs, sondern Einhörner! Ein Haufen seltsamer Knechte und Mägde, unverständliche Sprache und magische Kräfte halten die Stadtkids auf Trab. Sie kommen dunklen Geheimnissen längst vergangener Zeiten auf die Spur – sie müssen Onkel Gideon retten! Doch schon ist ihr eigenes Leben in Gefahr…

Der Autor

Tad Williams, 1957 in San José geboren, hat sowohl mit dem Osten-Ard-Zyklus, seiner Antwort auf Tolkien „Herr der Ringe“, als auch mit seinem Otherland-Zyklus Millionen von Lesern gewonnen. Davor schrieb er aber schon kleinere Werke wie etwa „Die Stimme der Finsternis“ und „Die Insel des Magiers“.

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Tad Williams – Der brennende Mann (Eine Osten Ard Novelle)

„Der brennende Mann“ ist eine psychologisch spannende Episode aus den Tagen nach dem Großen Krieg, den Williams in seinem Bestseller „Der Drachenbeinthron“ und drei weiteren Romanen erzählt hat: dem Osten-Ard-Zyklus.

Der Autor

Tad Williams, 1957 in San José geboren, hat sowohl mit dem Osten-Ard-Zyklus als auch mit seinem Otherland-Zyklus Millionen von Lesern gewonnen. Davor schrieb er aber schon kleinere Werke wie etwa „Die Stimme der Finsternis“ und „Die Insel des Magiers“ (beide bei Klett-Cotta verlegt). Sein erster Bestseller hieß „Traumjäger und Goldpfote“.
„Der brennende Mann“ ist eine 105-Seiten-Novelle, die bereits 1998 in Robert Silverbergs lesenswerter Anthologie „Der 7. Schrein“ erschien.

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Greg Bear – Blutmusik. Zukunftsroman

Darwins Nanotech: Eine Schöpfung kleiner Organismen

Greg Bear schlug 1983 bei der Vergabe von Science-Fiction-Preisen gleich zweimal zu: Seine Erzählung „Blood Music“ und seine Novelle „Hardfought“ erhielten beide – in ihren jeweiligen Kategorien – den begehrten Nebula Award der SF-Kritiker. Auf Bitten seiner Freunde und seines Verlegers baute er „Blood Music“ zu einem Roman aus.

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Robert Charles Wilson – Die Chronolithen

Invasion aus der Zukunft

Auf der Erde tauchen einer nach dem anderen gigantische Obelisken aus unzerstörbarem Material auf. Die Inschrift verkündet den Sieg eines gewissen Kuin im Jahre 2041 – 20 Jahre in der Zukunft. Ist dieser Kuin ein Welteroberer, der zusätzlich auch die Zeit bezwungen hat? Oder ein Messias, der sein Kommen auf zerstörerische Weise ankündigt? Und was hat Programmierer Scott Warden mit den Dingern zu tun?

Der Autor

Robert Charles Wilson, geboren 1953, lebt mit seiner Familie in der Nähe des kanadischen Toronto. Laut Verlag zählt er zu den „bedeutendsten Autoren der modernen Science-Fiction“. Eine Einschätzung, die ich nicht teile. Immerhin erhielt er einmal den |Philip K. Dick Award| für das beste SF-Taschenbuch und einmal den |John W. Campbell Award|, ein Preis für Newcomer, für „Die Chronolithen“. Eine Auszeichnung mit dem |Hugo Gernsback| oder dem |Nebula Award| fehlt in dieser Liste, aber er stand öfters unter den Nominierten. Seinen Roman „Darwinia“ habe ich hier ebenfalls rezensiert.

Spin-Trilogie

Spin, Tor 2005, ISBN 0-765-30938-6
Spin, Heyne 2006, Übersetzer Karsten Singelmann, ISBN 3-453-52200-1
Axis, Tor 2007, ISBN 0-765-30939-4
Axis, Heyne 2008, Übersetzer Karsten Singelmann, ISBN 3-453-52335-0
Vortex, Tor 2011, ISBN 978-0-7653-2342-2
Vortex, Heyne 2012, Übersetzer Marianne und P. H. Linckens, ISBN 978-3-453-52898-7
Magic Time
3. Ghostlands, Eos / HarperCollins 2004, ISBN 0-06-105070-9 (mit Marc Scott Zicree)

Einzelromane

A Hidden Place, Bantam Spectra 1986, ISBN 0-553-26103-7
Memory Wire, Bantam Spectra 1988, ISBN 0-553-26853-8
Gypsies, Doubleday Foundation 1989, ISBN 0-385-24933-0
The Divide, Doubleday Foundation 1990, ISBN 0-385-26655-3
A Bridge of Years, Doubleday Foundation 1991, ISBN 0-385-41937-6
Bis ans Ende aller Zeit, Goldmann 1994, Übersetzer Michael Kubiak, ISBN 3-442-42012-1
auch: Chronos, Heyne 2008, ISBN 978-3-453-52448-4
The Harvest, Bantam Spectra 1993, ISBN 0-553-09123-9
Mysterium, Bantam Spectra 1994, ISBN 0-553-37365-X
Darwinia, Tor 1998, ISBN 0-312-86038-2
Darwinia, Heyne 2002, Übersetzer Hendrik P. und Marianne Linckens, ISBN 3-453-19659-7
Neuveröffentlichung: Februar 2010, ISBN 978-3-453-52646-4
Bios, Tor 1999, ISBN 0-312-86857-X
Bios, Heyne 2003, Übersetzer Hendrik P. und Marianne Linckens, ISBN 3-453-86360-7
The Chronoliths, Tor 2001, ISBN 0-312-87384-0
Die Chronolithen, Heyne 2005, Übersetzer Hendrik P. und Marianne Linckens, ISBN 3-453-52105-6
Blind Lake, Tor 2003, ISBN 0-765-30262-4
Quarantäne, Heyne 2007, Übersetzer Karsten Singelmann, ISBN 3-453-52316-4
Julian Comstock: A Story of 22nd-Century America, Tor 2009, ISBN 978-0-7653-1971-5
Julian Comstock, Heyne 2009, Übersetzer Hendrik P. und Marianne Linckens, ISBN 978-3-453-52566-5
Burning Paradise, Tor 2013, ISBN 978-0-7653-3261-5
Kontrolle, Heyne 2017, Übersetzer Friedrich Mader, ISBN 978-3-453-31658-4
The Affinities, Tor 2015, ISBN 978-0-7653-3262-2
Netzwerk, Heyne 2017, Übersetzer Friedrich Mader, ISBN 978-3453316577
Last Year, Tor 2016, ISBN 978-0-7653-3263-9

Handlung

Scott Warden ist ein Programmierer, der gerade mit seiner Frau Janice und seiner kleinen Tochter Kaitlin Urlaub in Thailand macht. Da ereignet sich etwas in der Weltgeschichte Unerhörtes ganz in der Nähe. Ein 70-Meter-Obelisk erscheint aus dem Nichts und macht mit seiner Druckwelle den umliegenden Wald platt. Mit seinem Kumpel Hitch Paley, einem Drogenhändler, macht sich Scott auf den Weg, den Obelisken zu besichtigen, bevor die Gegend vom Militär zur Sperrzone erklärt wird. Bei seiner Abfahrt macht er einen schweren Fehler: Er sagt Janice nicht, wo er hingeht. Als er am nächsten Tag zurückkehrt, ist sie weg.

Der Obelisk selbst ist ziemlich beeindruckend. In seiner Umgebung ist es saukalt, als sauge er Energie ab. Die Inschrift kann niemand vollständig entziffern, bis auf eine Zahl: 2041 – genau 20 Jahre in der Zukunft und einen Namen: Kuin. Ein zweites Merkmal ist unübersehbar: das Antlitz von Kuin ist eingraviert. Kuin verkündet seinen Sieg über das Land, das er unterworfen habe. Das Gegenteil eines Mahnmals.

Das Omen wird nicht das letzte sein: Wenige Tage später macht ein weiterer Obelisk Bangkok platt, dann folgen Macao, Taipeh und Sapporo, schließlich Istanbul, Kairo und sogar Jerusalem. Weitere Obelisken tauchen in China auf: Sie zerstören einen Staudamm am Gelben Fluss, was eine zerstörerische Flutwelle zur Folge hat. Der chinesische Versuch, einen der Obelisken mittels Atomrakete zu beschädigen, schlägt fehl. Lediglich die Umgebung wird radioaktiv verstrahlt. Die Weltwirtschaft gerät in eine schwere Krise, weil riesige Märkte wegbrechen. Und das Klima verändert sich.

Back in the U.S.A.

Nachdem der Geheimdienst Scott freigelassen hat, sieht er seine Familie erst in den USA wieder. Dort erklärt ihm Janice, was er alles falsch gemacht. So ungefähr alles. Kait hatte eine lebensbedrohliche Ohreninfektion und musste dringend ins Krankenhaus – wo war da Scott? Wo war er, als Frau und Kind wieder ausreisen konnten? Scott kann von Glück sagen, dass er wieder einen Job als Programmierer bekommt, in Minneapolis.

Jahre später, nach eindrucksvoller Pionierarbeit, wird er urplötzlich gefeuert. Seine Frage nach dem Grund wird von seiner ehemaligen Dozentin Sulamith Chopra beantwortet. Sie ist der führende Kopf der Chronolithenforschung und will ihn als Programmierer, um ihre Computermodelle auf Vordermann zu bringen. Sie kann messen, wo der nächste Obelisk „landen“ wird. Endlich befindet sich Scott mitten in der wichtigsten Anstrengung der Menschheit, um gegen die Bedrohung durch die Kuin-Chronolithen vorzugehen. Das beschäftigt ihn die nächsten Jahre, wobei besonders der Jerusalem-Kuin ein denkwürdiges Ereignis bereithält.

Allerdings hat er nicht mit Abtrünnigen aus der eigenen Familie gerechnet…

Mein Eindruck

„Chronolithen“ ist ein Invasionsroman der besonderen Art. Die Eroberung der Erde erfolgt nicht nur von keinem erkennbaren Ort, sondern nur aus der Zukunft. Das macht die Bekämpfung ziemlich schwierig, um nicht zu sagen: unmöglich. Doch in den rund 20 Jahren, die der Erzählzeitraum umfasst, gelingt es Sulamith Chopra, einen Grenzfaktor herauszufinden, bei dessen Überschreiten ein Obelisk instabil wird. Man muss nur ein kleines bisschen nachhelfen, und schon kracht der Obelisk zu Boden.

Second Coming

So weit zumindest die Theorie. Doch die menschliche Psyche ist ein wunderbares und schauriges Ding, und so kann es nicht ausbleiben, dass das angekündigte Erscheinen von Kuin, dem großen Eroberer, seine Schatten weit vorauswirft. Wie würden sich Gläubige und Ungläubige verhalten, wenn sie erführen, dass Jesus Christus ein zweites Mal auf der Erde auftauchen würde, das berühmte „Second Coming“?

Genau wie bei Kuin würde sich ein mehr oder weniger militantes Lager der Unterstützer und eines der Gegner bilden. Sie würden einander bis aufs Blut bekämpfen, wenn sie es als notwendig erachten – und dabei ist der Messias noch nicht einmal erschienen. Das Gleiche würde vermutlich passieren, wenn die Menschen erführen, dass es einen zweiten 11. September geben wird.

Das Portillo-Ereignis

Dementsprechend bildet sich weltweit ein Lager der Kuinisten, und ein besonders militanter Ableger etabliert sich in Texas, an der Grenze zu Mexiko, wo es einfacher ist, Waffen und Menschen zu schmuggeln. Dort unten erlebt Scotty erstmals, was es bedeutet, unter Kuinisten zu geraten. Sie haben sich bei dem Städtchen Portillo versammelt, wo sie wie bei einem Open-Air-Konzert ihre Zelte aufstellen, während die Medien und Wasserverkäufer sie umschwärmen. Sie alle warten auf den von Sue Chopra angekündigten Obelisken, haben aber keine Ahnung, auf was sie sich gefasst machen müssen.

Scotty, geführt von Hitch Paley, hat Ashlee dabei, die Mutter eines verschwundenen Jungen namens Adam Mills. Als es Hitch gelingt, Adam in der Zeltstadt aufzustöbern, muss Ashley erkennen, dass es ihr unmöglich ist, ihren kuinistischen Sohn zurückzuholen. Er benimmt sich vielmehr so, als seien ihm sie und ihresgleichen herzlich gleichgültig. Die Bücher, die er gelesen hat, begrüßen das Kommen Kuins ausdrücklich als Chance für die Menschheit, eine Veränderung herbeizuführen, um der allgegenwärtigen Misere ein Ende zu bereiten. Dabei lassen die Autoren geflissentlich außer Acht, dass es Kuins Obelisken waren, die diese Misere herbeigeführt haben.

In Adams Gruppe befindet sich auch Scottys eigene Tochter Kaitlin, nach der er verzweifelt gesucht hat. Er rettet sie aus diesem Höllenloch, doch da ist sie bereits sehr krank und wird einen irreversiblen Schaden davontragen: Sie wird unfruchtbar. Es sind Ereignisse wird die Portillo-Erscheinung, durch die der Leser an der Geschichte Anteil nimmt. Solche Dinge lassen einen nicht kalt und können von jedem – zumindest ansatzweise – nachvollzogen werden. Dass dies noch nicht das Ende der Gräueltaten bedeutet, darf ich ruhig verraten, und empfindsame Leser seien gewarnt.

Soft Science

Im Vordergrund stehen also nicht die naturwissenschaftlichen Entdeckungen, die wie in der frühen SF dem Menschen zur Bewältigung sämtlicher Schwierigkeiten verhelfen, sondern vielmehr die allzu menschlichen, psychologischen und weltpolitischen Probleme, die sich aus der Invasion durch die Kuin-Obelisken ergeben.

Das ist allerdings nicht so spannend, wie es sich vielleicht anhört. Vielmehr geschieht ziemlich wenig, denn der Autor – und wohl auch sein Erzähler Scotty – kennt sehr wohl den chinesischen Fluch: „Mögest du in interessanten Zeiten leben!“ Scotty versucht vielmehr, sich aus den „interessanten Zeiten“ herauszuhalten, nachdem er seinen Beitrag geleistet hat. Aber wie Sue Chopra klar erkannt hat, ist er ein Teil der Verbindung aus Ereignissen, die sie in ihrem Physiker-Kauderwelsch als „Tau-Turbulenz“ bezeichnet (alle Fachbegriffe wurden übersetzt, keine Sorge). Folglich ist er an den entscheidenden Ereignissen beteiligt, auch als der erste Obelisk auf dem Boden der USA erscheint.

Es sind auf eine perfide Weise eben diese „Landungen“, die für die Action im Buch sorgen, angefangen von der ersten in Chumpon bis zur letzten in Wyoming. Sie bilden sozusagen die Spannungsspitzen in einem weiten Tiefland aus weitaus weniger spannenden menschlichen Interaktionen. Deshalb hat der Autor auch dafür gesorgt, dass der Aufbau einer solchen Spannungsspitze möglichst sorgfältig und langsam erfolgt. Ist es dann endlich so weit, hinterlässt die Katastrophe einen umso nachhaltigeren Eindruck. Um die Wirkung nicht abzuschwächen, finden nur sehr wenige solcher „Landungen“ statt, von denen Scotty uns berichtet.

Die Übersetzung

Obwohl ich mit mancher stilistischen Wortwahl nicht ganz einverstanden war, habe ich die Übersetzung durch die beiden Linckens, die schon lange für |Heyne| arbeiten, als sehr kompetent und leserfreundlich empfunden. Nicht nur gibt es keine offensichtlichen Fehler, sondern auch jeder Begriff, der etwas schwieriger oder unvertrauter sein könnte, wird in einer Fußnote erklärt. Das betrifft nicht nur Bezeichnungen aus der Quanten- und Kernphysik, sondern auch so einfache Dinge wie den deutschen Titel von „A Christmas Carol“ von Charles Dickens.

Dieses berühmte Buch ist für die Geschichte insofern wichtig, weil darin Scrooge, der Geizhals, dem Geist der ZUKÜNFTIGEN Weihnacht begegnet. Und er fragt ihn, ob diese Dinge geschehen MÜSSEN oder geschehen KÖNNEN. Das ist natürlich für den Umgang mit den Chronolithen von großer Bedeutung. Ist die Eroberung durch Kuin und seine Voraus-Truppen unabwendbar — oder kann jeder Einzelne von uns einen kleinen Unterschied bewirken?

Unterm Strich

Dies ist wohlgemerkt ein Invasionsroman, aber man sollte Robert Charles Wilson nicht in einen Topf mit seinem Kollegen John Ringo werfen, der ja auch sehr erfolgreich Invasionen verheerenden Ausmaßes stattfinden lässt. Wo Ringo Herrscharen von Soldaten und Söldnern auf böse, böse Aliens treffen lässt, inszeniert Wilson ein Drama ganz anderer Art. Wenn auch beide Autoren das Ende gut ausgehen lassen, so verläuft der Weg dahin doch völlig verschieden. Wilson legt mehr Wert auf die Schilderung des menschlichen Dramas in wenigen fein gezeichneten Figuren, Ringo scheint mehr Wert auf die Action zu legen: je bombastischer, desto besser.

Wilson schreibt so gut wie sein Landsmann Robert J. Sawyer, den ich sehr schätze, gelingt es Sawyer doch, interessante Ideen auf verständliche und unterhaltsame Weise auszubreiten, zu entwickeln und zu einem stets interessanten Ende zu führen. Man hat ihn einmal als legitimen Nachfolger von Isaac Asimov bezeichnet – kein übler Vergleich. Leider ist Sawyer ungleich weniger erfolgreich als der gute Doktor. In der gleichen Liga spielt John Barnes, der zur Zeit bei |Festa| verlegt wird.

Wilsons Roman eignet sich als weniger für Actionfreunde und mehr für Leute, die lieber denken und empfinden möchten. Die Übersetzung ist kompetent und in vielerlei Hinsicht hilfreich. Das Einzige, was mich gestört hat, ist die Schriftgröße: Hiermit hat der Verlag offensichtlich Seiten geschunden, und was sich nun auf 430 Seiten ausbreitet, hätte man vor 20 oder 30 Jahren auf lediglich 200 Seiten untergebracht.

Taschenbuch: 720 Seiten.
Originaltitel: The Face, 2003
Aus dem US-Englischen von Bernhard Kleinschmidt.
ISBN-13: 978-3453521056

www.heyne.de

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Jonas Wolf – Alles über Hobbits


Bitte ein Bild: Hoffnungsvoller Ansatz für eine Hobbit-Enzyklopädie

In Tolkiens Land Mittelerde wimmelt es von Elben, Zwergen und Orks, doch seine wahren Helden sind die Hobbits. Zum Fantasy-Film-Ereignis des Jahres präsentiert Genrekenner Jonas Wolf das ultimative Buch über das »kleine Volk«. Umfassend, tiefgründig und humorvoll widmet sich der Autor den Ursprüngen der Hobbits, ihrer Rolle in Tolkiens Welt und ihren größten Abenteuern. Dabei werden nicht nur die wichtigsten Filme, Bücher und Spiele vorgestellt, sondern auch die letzten Geheimnisse der scheinbar friedvollen Gesellen gelüftet – denn in einem Hobbit steckt mehr, als wir ahnen … »Alles über Hobbits« bietet das gesammelte Hobbit-Wissen in einem Band  (Verlagsinfo)

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Jude Fisher – Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Das offizielle Begleitbuch

Centerfold: Begleitbuch mit wunderbaren Fotos und Mega-Infos

Das offizielle Begleitbuch zu »Der Hobbit – Eine unerwartete Reise« ist die passende Verbindung von Buch und Film. Hier werden die Figuren, Schauplätze und Orte des Films vorgestellt. Viele Fotos und informativer Text rund um Bilbo und seine Gefährten lassen keine Fragen offen. (Verlagsinfo)

Es gibt mindestens fünf deutsche Begleitbücher zum Film:

„Das Begleitbuch“ erklärt Figuren, Schauplätze und Orte, „Die Geschichte in Fotos“ erzählt mit vielen Fotos nach; „Die Welt der Hobbits“ beschreibt deren Leben und „Das Filmbuch“ schildert die Entstehung des Films. Im Rätsel- und Sammelbuch werden Text, Fotos und Rätsel kombiniert und laden ein zum Versinken in eine Welt, in der garantiert keine Langeweile aufkommt. (Verlagsinfos)

_Die Autorin_

Die Britin Jude Fisher hat 20 Jahre lang als Verlegerin und Buchhändlerin gearbeitet und ist Autorin aller „Offiziellen Begleitbücher“ (Visual Companions) der drei „Herr der Ringe“-Filme. Außerdem hat sie selbst einen Fantasyroman (dt. bei Blanvalet) verfasst und eigentlich Spezialistin für altisländische Texte (Die Edda usw.). Laut Verlag hat sie unter dem Pseudonym „Gabriel King“ vier Romane verfasst, und wie man weiß, handelt sich dabei um mindestens zwei Katzen-Fantasy-Romane, die bei Heyne erschienen sind: „Auf geheimen Pfaden“ und „Die Goldene Katze“.

_Inhalt und Eindruck_

Das Vorwort von Hauptdarsteller Martin Freeman ist eine nette Zugabe, bringt aber nichts Neues – außer zwei Fehlern in der Übersetzung. Da ist von einem „Barden in Laketown“ die Rede. Erste gibt es in SEESTADT keine Barden, sondern nur Kaufleute, Fischer und einen Krieger, zweitens existiert dort ein Krieger namens BARD. Erste Zweifel kommen auf, ob die Übersetzerin wirklich der Tolkien-Welt kundig ist.

Wie in einer Game-World stellt Jude Fisher die wichtigsten Schauplätze und Figuren vor. Hobbits, Bilbo Beutlin, Beutelsend – das sind Standards zur Beschreibung der Ausgangslage. Dann kommen Bilbos Gäste: 13 Zwerge und ein Zauberer namens Gandalf. Diese Besucher werden haarklein mit kompletter Biografie, familiären Beziehungen und Adelsposition vorgestellt. Denn Thorin Eichenschild ist ein König im Exil und seine Neffen Fili und Kili sind demzufolge Thronanwärter! Auch der weißhaarige Balin stammt von königlicher Linie ab.

Schön finde ich, dass die Autorin das maximale Alter einer jeden Rasse nennt. Hobbits können bis zu 130 Jahre alt werden, Zwerge bis zu 250 Jahre. Dass Gandalf an die 3000 Jahre alt ist, verdient offenbar keine Erwähnung, wohl aber sein – neben dem Stab – zweitwichtigstes Attribut: das Schwert Glamdring. Dessen Heft ist mit Zauberrunen verziert – siehe das Titelbild des „Offiziellen Filmbuchs“.

Solche Attribute der Stärke weisen alle Figuren auf (Bilbo hat ja den Einen Ring) und werden stets gesondert erwähnt. Thorin etwa hat eine Elbenklinge namens Orkrist, Dwalin zwei Äxte, Bifur eine Lanze, Bofur eine Kombi aus Hammer und Pickel, Dori eine Bola, Bombur ein Hackmesser, Nori eine Streitkeule, Gloin eine Streitaxt und so weiter. Balin, der später Moria zurückerobern will, soll angeblich ein Schwert führen. Auf seiner Abbildung ist es nicht zu sehen. Ein Gamer könnte mit diesen Figuren und ihren Attributen schon ein Spiel anfangen.

|Handlung|

Nachdem die wichtigsten Begleiter der titelgebenden Hauptfigur sowie ihr Reiseweg auf einer vierseitigen Ausklapp-Karte (!) vorgestellt worden sind, kann die Autorin daran gehen, die Handlung zu skizzieren: „Die Queste“ (S. 44) Merkwürdigerweise fallen wieder Namen, mit denen der Filmzuschauer rein gar nichts anfangen kann. Da ist die Rede von „Dale“ statt von Thal. Und worum es sich bei Khazad-dûm handeln soll, wissen nur Zuschauer, die schon den „Herrn der Ringe“ gesehen haben: Es ist Moria, die Zwergenbinge.

Die Abenteuer der Expedition beginnen in der Begegnung mit den Trollen, führen nach Bruchtal (ein sehr schönes Set), wo schlanke Elben ein potentiell unsterbliches Leben führen – jedenfalls solange, bis Mittelerde (erneut) untergeht. Eine wunderbare Doppelseite zeigt ein Bruchtal-Detail, wo sich Gandalf und Galadriel, Mitglieder des Weißen Rates, unterhalten. Der Weiße Rat zeigt auf S. 56/57 diesmal auch Christopher Lee als Saruman, was eine rare Aufnahme ist. Lee erscheint in fast keinem der deutschen Begleitbücher. Im Begleittext wird Dol Guldur, die Festung des neuen Feindes, erwähnt, der Name aber nicht übersetzt: „Festung der dunklen Magie“.

Sehr schön wird auch dargestellt, dass Galadriel und Elrond über zwei der drei Elbenringe der Macht verfügen. Diese Machtattribute sind für Gamer etc. stets wichtig. So lässt sich die Stärke der jeweiligen Spielfigur einschätzen. Je größer ihre „Macht“, desto begehrenswerter ist sie auch. Interessant: Galadriels Tochter Celebrían ist mit Elrond verheiratet, taucht aber nie auf. Die Tochter der beiden ist bekanntlich die schöne Arwen, die sich Aragorn versprochen hat.

|Im Nebelgebirge|

Hier lauern Gollum, die Goblins und die Orks und Warge eines gewissen Azog auf die Expeditionsmitglieder. Die Geschichte des Einen Rings, der 16 andere beherrscht, ist gut, aber knapp erklärt. So fehlt etwa der Hinweis, dass die drei Elbenringe dem Einen Ring nicht unterworfen sind. Wer die sieben Zwergenringe besitzt, ist auch hier nicht erklärt.

Von den Bergriesen, die miteinander kämpfen, ist nichts zu sehen, wohl aber von Radagast, dem wunderlichen Zauberer. Seine Name bedeutet „Zähmer der Tiere“, und genau dies tut er. Dieser tollen neuen Figur sind ganze vier Seiten gewidmet, das meiste davon Bilder. Merkwürdig: Sein Haus Rhosgobel soll angeblich am „südlichen Rand des Grünwalds“ liegen, doch wer die mitgelieferte Landkarte konsultiert, findet Rhosgobel am westlichen Rand der Mitte des Grünwalds bzw. Düsterwalds liegen. Dol Guldur ist dort gar nicht erst eingezeichnet. Das ist auch nicht sonderlich hilfreich.

Einen letzten Ausblick auf den Fortgang der Queste liefert die letzte Doppelseite: Gandalf betritt Dol Guldur …

_Die Übersetzung _

Die Merkwürdigkeiten der Übersetzung habe ich bereits erwähnt. Einen „Barden“ nach Laketown zu versetzen, ist ein schlechter Witz. „Laketown“ und „Dale“ hätten der deutschen Synchronisation angeglichen und als „Seestadt“ und „Thal“ übersetzt werden soll. Der Name „Khazad-dûm“ erschließt sich nur demjenigen, der „Herr der Ringe: Die Gefährten“ gesehen oder das Buch gelesen hat. Wenn ich mich recht erinnere, kommt der Name, den die Zwerge Moria gegeben haben, im HOBBIT-Film nicht vor. „mor-iâ“ bedeutet „Schwarzer Abgrund“, und darin verschwindet Gandalf ja, um den Balrog zu bekämpfen (im Prolog zu Jacksons zweitem Teil der HdR-Trilogie).

_Unterm Strich_

Dieses Buch ist mit 75 Seiten nahezu doppelt so umfangreich wie die schmalen Softcover-Bilderbücher „Die Geschichte in Fotos“ und „Die Welt der Hobbits“ (s. meine Berichte). Folglich enthält das Buch wesentlich mehr Informationen für denjenigen, der die HOBBIT-Welt und den Film näher kennenlernen möchte.

Auch die Filmfotos und die Landkarte sind noch großformatiger als dort, was in einer vierseitigen Ausklappkarte gipfelt. Allerdings ist hier keines von Radagasts „Bunnies“ als Centerfold zu bewundern, sondern lediglich die Karte von Mittelerde mit dem Reiseweg der Expedition zum Einsamen Berg. Die Ränder der Karte sind garniert mit Fotos der jeweiligen Gegend, etwa dem Ostviertel des Auenlandes oder den Trollhöhen usw.

|Das Personal|

Den größten Teil des Buches nehmen die 13 Zwerge mit ihren detaillierten Biographien ein, hinzukommen Bilbo, der Meisterdieb, und Gandalf, der Zauberer. Nun hat der potenzielle Gamer schon einen soliden Grundstock für ein HOBBIT-Spiel, doch etwas fehlt noch: die Feinde und die Helfer. Letztere sind die Elben und der Weiße Rat. Die Feinde sind weitaus zahlreicher: Orks, Goblins, Warge und Trolle. Gollum und der Ring dürfen natürlich nicht fehlen, stellen sie doch einen Wendepunkt der Geschichte dar.

Dies ist, wie gesagt, eines der wenigen Begleitbücher, das Christopher Lee als Saruman zeigt. Am besten gefiel mir indes der „verrückte“ Zauberer Radagast, wunderbar schräg dargestellt von Sylvester McCoy, einem Comedian. Ihm sind nicht weniger als vier Seiten gewidmet.

Leider ist auch hier sein Outdoor-Ferrari nicht zu sehen, nämlich sein von acht Paar Karnickeln (besagte Bunnys) gezogener Rennschlitten. Damit brettert er nicht nur durch den Grünwald, sondern auch durchs Einsame Land, das zwischen den Trollhöhen und Bruchtal liegt und von Warg-Orks heimgesucht wird. Radagast lenkt sie von Gandalf & Co. ab.

Stattdessen mag sich so mancher Betrachter über die Vogelkacke auf seinem Mantel wundern. Der Grund ist simpel: Unter seinem Zaubererhut gewährt er einem Vogelpärchen Zuflucht in einem Nest, das es in seinem Haar gebaut hat. Das Mäuschen, das angeblich in seinem Bart haust, ist leider ebenso wenig zu sehen. Das Studio wollte dem Betrachter wohl nicht zu viel zumuten.

|Für wen sich das Buch eignet|

Das Buch eignet sich erstens für Leser, die den Film noch sehen wollen: Es informiert sie mit großer Detailtiefe, macht ihnen Appetit und verrät keine Geheimnisse und Überraschungen (Smaug, die Steinriesen, den Prolog). Zum anderen erinnert es den Zuschauer, der den Film oder die HOBBIT-Trilogie gesehen hat, an die besten Momente und die wichtigsten Figuren, quasi als Memento.

Drittens ist es ganz einfach ein wundervoll und aufwendig produziertes Bilderbuch, das eine Geschichte erzählt. Daher ist es auch für Sammler interessant. Und Sammler von Tolkieniana und Kinematografika gibt es wahrlich genug.

|Gebunden: 75 Seiten mit Ausfalttafel
Originaltitel: The Hobbit: An Unexpected Journey. Visual Companion (2012)
Aus dem Englischen von Birgit Herden
ISBN-13: 978-3608939781|
http://www.klett-cotta.de

Philip K. Dick – Zeit aus den Fugen. Phantastischer Roman

Paranoia-Klassiker

Zeit aus den Fugen“ (ein Zitat aus „Hamlet“), 1959 erschienen, kommt als unscheinbare Prosaerzählung daher, genauso wie das Geschehen in einem unscheinbaren Ort spielt, der nicht einmal einen richtigen Namen hat: „Old Town“. Doch das Ganze ist eine gigantische Truman-Show, eine Matrix, die nur einen Zweck zu haben scheint: ihren wichtigsten Bewohner, Ragle Gumm, über die Natur der Wirklichkeit zu täuschen.

Der Autor
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Friedel Wahren (Hg.) – Isaac Asimov’s Science Fiction 52. Folge. SF-Stories

Das Gesetz des Wandels: Von Mafs, Kindern und Künstlern

Dieser 52. IASFM-Auswahlband bietet drei Geschichten über Kinder im weitesten Sinne sowie über Kunst und Imagination. Den neun angloamerikanischen Erzählungen hat die Herausgeberin eine von einer deutschen Autorin beigefügt. Das ist Tradition in der deutschen Ausgabe von Asimov’s Science Fiction Magazin.

Hier findet man:

– Die Story von zwei Astronautinnen auf dem Jupitermond Io, die eine bemerkenswerte Entdeckung machen.
– Die Story vom überfluteten Los Angeles, wo durch Mutation angepasste Kinder nach Liebe suchen.
– Die Story von der Welt, in der Zweigeschlechtlichkeit die Norm ist, was für Monosex-Musliminnen Probleme bedeutet.
– Die Story vom Blutrache übenden Mädchen in Nordirland, die das gesetz der Serie bricht.
– Die Story vom klug gemachten Schimpansen, der in freier Wildbahn keine Artgenossen mehr findet.
Und fünf weitere Geschichten.
Friedel Wahren (Hg.) – Isaac Asimov’s Science Fiction 52. Folge. SF-Stories weiterlesen