Archiv der Kategorie: Hörspiele / Hörbücher

Moning, Karen Marie – unsterbliche Highlander, Der (Hörbuch)

Band IV: [„Der dunkle Highlander“ 5160
Band V: [„Die Liebe des Highlanders“ 5185

_Sechster Aufguss des ewig gleichen Themas_

Der Feenprinz Amadan (auch bekannt unter dem Namen Adam Black) hat sich genau eine Freiheit zu viel gegenüber seiner Feenkönigin herausgenommen. Dafür ist er nun mit einem Fluch belegt worden, der ihn fast aller seiner Feenkräfte beraubt, ihn menschlich und zudem unsichtbar macht. Während er darauf sinnt, wie es ihm gelingen könnte, die Feenkönigin wieder zu besänftigen und seine Strafe aufzuheben, trifft er in Cincinatti auf Gabrielle O’Callaghan. Die angehende Anwältin entstammt einer Familie von Feenseherinnen, die in grauer Vorzeit hochgeschätzt wurden, in unseren Tagen jedoch eher für verrückt gehalten würden. Aufgrund von in der Familie weitergegebenen Erfahrungsberichten über Jäger, welche die Feenseherinnen gnadenlos töten sollen, lebt sie zwischen der beständigen Furcht und dem heimlichen Anhimmeln dieser wunderschönen, aber kalten Wesen. Dennoch gelingt es Adam, Gabrielle durch seine umfassenden Verführungskünste, die sich durchaus über das sexuelle Verführen auf den Bereich des Lebensgenusses erstrecken, davon zu überzeugen, dass sie ihm dabei helfen muss, den Kontakt zur Königin herzustellen. Letzten Endes ist ihnen auch sein jahrtausendelanger Erzfeind auf den Spuren und nicht nur darauf erpicht, Adam und Gabrielle umzubringen, sondern sogar die Königin zu stürzen.

Den Lesern der vorhergehenden fünf der lose zusammenhängenden Reihe von Highlanderliebesromanen wird die männliche Hauptfigur bekannt vorkommen; zeigte sie sich doch bereits als aalglattes, arrogantes und eher weniger sympathisches Wesen in den vorhergehenden Romanen, bis Adam Black plötzlich in „Der dunkle Highlander“ seine menschliche Seite entdeckt , Daegus MacKeltar von den 13 dunklen Druiden errettet, von denen dieser besessen ist, und dessen Geschichte er somit zum Happy-End wendet.

Der Roman zeichnet sich aber nicht nur im Hinblick auf den Rückgriff auf diese bekannte Figur durch Einfallslosigkeit aus. Der in Gestalt eines starken Schmiedes aus den Highlands dargestellte Adam ist wie die Helden der vorhergehenden Romane natürlich unglaublich attraktiv und mit einem besonders großen Gemächt ausgestattet. Tatsächlich wird er im Vergleich mit den ebenfalls auftauchenden MacKeltar-Zwillingen aus den vorhergehenden zwei Romanen als |“Daegus und Drustan zusammengenommen, dazu etwas Feenstaub und zehnmal mehr Testosteron“| beschrieben. Dabei hat die geneigte Leserin bereits diese Männer für die Offenbahrung an Potenz und Erotik gehalten!

Gabrielle ist wie ihre Vorgängerinnen klein, aber hübsch, zudem klug – obwohl sie diese Intelligenz nie unter Beweis stellen muss, da sie vor allem als Objekt der sexuellen Verführung gezeigt wird – und wie Monings andere Heldinnen mit Mitte zwanzig noch Jungfrau. Moning nötigt sich in diesem Roman immerhin ein Erklärung dafür ab: Sobald sie ihren Freunden von ihrer Sehergabe erzählt hat, waren diese sofort auf und davon, bevor es jemals zu intimeren Momenten kommen konnte. Auf der Suche nach der ultimativen unsterblichen Liebe kam es vermutlich nie in Frage, mit einem Mann zu schlafen, ohne den gesamten Rattenschwanz von Heirat, Kinderkriegen und Offenbahrung der Gabe hinter sich herzuziehen. Doch das ist Monings Universum: Männer mit in Jahrtausenden tatkräftig praktizierten Beischlafes erworbenen sexuellen Kenntnissen verlieben sich unsterblich in ein unberührtes Mädchen, welches sich ein Biest zum Manne wünscht, das letztlich jedoch zum handzahmen Haustier mutiert. Dabei genügt es der Autorin in „Der unsterbliche Highlander“ nicht, beim „und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage“ stehen zu bleiben. Das Ende des Romans wird so weit ausgewalzt, bis klar ist, dass der seine Unsterblichkeit als Fee aufgegeben habende Adam eine unsterbliche Seele erhalten hat, welche das Fortdauern der Liebe über den Tod hinaus garantiert.

Immerhin bewahrt sich Moning noch etwas Witz. So kann Adam Black dem Leser schon fast leid tun, wenn dieser zwei Drittel des Romans mit einer Dauererektion herumlaufen muss (|“Er war nicht mehr unsterblich, doch bis zu seiner Erektion hatte sich das noch nicht herumgesprochen“|). Und auch die Eifersuchtsreaktion von Gabrielle ist recht komisch geschildert, wenn sie den Bediensteten im MacKeltar-Schloss allen Ernstes erklärt, die Ausbuchtung in Adams Hose wäre der alleinige Verdienst von Bananen oder Würsten. Auf der andern Seite erinnert das schon wieder an die Szene mit Gwen und Drustan im Sportgeschäft, wo sie ihn in „Die Liebe des Highlanders“ der Schummelei mit Hilfe von Socken bezichtigt. Auf diese Art kommt dem Leser fast alles irgendwie bekannt vor.

Die Figuren aus vorhergehenden Romanen in der nunmehr sechsten Wiederholung desselben Schemas leisten durch ihre bekannten Vorgeschichten gleichzeitig der Problemlosigkeit und damit der Spannungslosigkeit Vorschub. Beispielsweise ist es kein Problem mehr, die Glaubhaftigkeit eines unsichtbaren Feenmannes gegenüber Menschen zu vertreten, wenn es um die bereits zeitgereisten MacKeltar-Druiden und deren Frauen geht. So zeigt sich neben der Einfallslosigkeit die geringe Imaginationsleistung der Autorin, der gleichzeitig jegliche Spannung zum Opfer fällt. Alles in allem ist „Der unsterbliche Highlander“ nicht mehr als eine schwül-erotische, leichte Urlaubsunterhaltung ohne Überraschungen. |Radioropa| hat diese nun als neun CDs und/oder eine MP3-CD umfassendes Hörbuch in einer stabilen sowie – wie auch bei den vorhergehenden Hörbüchern – wenig an typische Liebesromane erinnernden, zurückhaltend gestalteten Box herausgebracht. Doch fragt man sich, warum. Selbst für Liebhaber des Genres oder der Fantasy-Liebesromane von Karen M. Moning ist dieser Roman kein Muss mehr.

|Originaltitel: The Immortal Highlander
Aus dem Englischen von Ursula Walther
11 Stunden auf 9 CDs + 1 Bonus-MP3-CD|
ISBN-13: 978-3836802567
Buchausgabe bei Ullstein, 2005|
http://www.hoerbuchnetz.de
http://www.karenmoning.com

Francis, H. G. / Carey, M. V. – Die drei ??? und der Karpatenhund (Folge 3)

„Der Karpatenhund“ gehört zur ersten Tranche der Veröffentlichungen aus dem Hause EUROPA und datiert zurück auf den 12. Oktober 1979. Im Laufe der folgenden (fast) 30 Jahre summierten sich die Hörspiele der drei kultigen Junior-Detektive auf über 120 auf. Zwischendrin gab es in den Neunzigern mal einen etwas größeren Hänger und kürzlich neuerliche Lizenzstreitigkeiten, welche erst Anfang 2008 (hoffentlich) endgültig beigelegt wurden. Seither geht es mit den Vertonungen der Buchreihe weiter, was Fans – altgediente und neue – zum Aufatmen brachte.

_Zur Story_

Der freundliche, alte Mr. Prentice lädt die drei Junior-Detektive zu sich ein, da es in seinem Apartment scheinbar spukt. Nicht nur, dass sich jemand während seiner Abwesenheit augenscheinlich in seiner Wohnung aufgehalten hat; auch mysteriöse Lichtblitze in seinem Arbeitszimmer lassen ihn die Dienste der drei ??? in Anspruch nehmen. Noch während die drei Jungs bei ihm sind, wird Justus Zeuge einer dieser Lichterscheinungen, doch damit nicht genug – draußen scheint sich ebenfalls etwas zu tun: Aufgeschreckt durch ein knallendes Geräusch, begeben sich die vier auf den Balkon, wo sie mit ansehen, wie eine Gestalt aus einem Haus gegenüber flüchtet und in einer Kirche verschwindet.

Es stellt sich heraus, das dieses Haus einem Mr. Prentice wohl bekannten (und von ihm finanziell unterstützten) Künstler gehörte, der erst kürzlich verstarb, die Gestalt hat etwas von dort entwendet, was rechtmäßig ihm gehört: Die Glas-Skulptur des legendären Karpatenhundes, den Mr. Prentice in Auftrag gab. Er möchte diesen auf jeden Fall zurückhaben, nicht wegen des Geldes – er ist versichert , sondern es geht ihm um das unersetzliche Kunstwerk. Just, Peter und Bob nehmen den Fall an und untersuchen die möglichen Verdächtigen, vornehmlich natürlich die Hausbewohner.

Darunter sind einige schräge Charaktere, wie der abgespacte Esoterik-Freak Elmquist, der reiche Börsenmakler Murphy, die hartgesottene Mrs. Chalmers, die sogar mitten im Winter noch im hauseigenen Pool schwimmen geht, und nicht zuletzt die überaus neugierige und stets nervige Hausverwalterin Mrs. Boogle. Wer bricht beim freundlichen Mr. Prentice ein? Was haben die Lichtblitze zu bedeuten? Die Sache spitzt sich zu, als eine Reihe von Anschlägen auf die Bewohner verübt wird und der Dieb 10.000 Dollar Lösegeld von Mr. Prentice fordert, um den Karpatenhund wiederzuerlangen – sogar Just und Bob bekommen einen über den Schädel gezogen. Eine wahrhaft harte Nuss für unsere Helden.

_Eindrücke_

Grade in den ersten Folgen tauchen altgediente |EUROPA|-Recken verstärkt als Figuren auf. So sind der Gernot Endemann sowie Ernst von Klippstein, Gerlach Fiedler, Hans Hessling und Rolf Mamero in allerlei Hörspielen des Labels ebenfalls zu hören. Gernot Endemann hat beispielsweise zusammen mit Rolf Mamero bei „Commander Perkins“ mitgewirkt (als Major Hoffmann) und Ernst von Klippstein gab den arkonidischen Wissenschaftler Crest in der SF-Erwachsenen-Serie „Perry Rhodan“. Gerlach Fiedlers raue, markante Stimme war auch schon in der allerersten veröffentlichten Folge der drei ??? [(„Der Super-Papagei“) 5145 als Mr. Claudius aktiv.

Hans Hessling ist manchem Thirtysomething eventuell aus der Enid-Blyton-Serie „Rätsel um …“ noch gut in Erinnerung. Last but not least wirkt hier auch Heikedine Körting selbst als Sprecherin mit; ansonsten bescherte sie uns stets als Regisseurin und treibende Kraft im Hintergrund u. a. solche Knaller wie „TKKG“ und nicht zuletzt das knuffige Schlossgespenst „Hui-Buh“. Das Drehbuch stammt – wie bei allen alten Folgen – von H. G. Francis, der das Originalbuch von M. V. Carey aus dem Jahre 1977 in eine deutsche und hörbare Fassung gebracht hat.

Dieser Folge fehlt das ansonsten gepflegte Mystery-Ambiente ein wenig. Zwar wird die Geschichte des transsylvanischen Hundes recht spannend ausgebreitet, da er aber keinerlei augenscheinlichen geheimnisvollen Kräfte besitzt, verpufft das Gruselmoment recht schnell, und auch die seltsamen Lichtblitze sind nicht als bedrohlich einzustufen. Spannend und gut gesprochen ist diese Folge dennoch, beschränkt sich aber auf Detektivarbeit und Kombinationsgabe, angereichert mit allerlei Action-Sequenzen. So finden sich in der Handlung von Diebstahl über Giftanschlag bis hin zur Autobombe eine ganze Reihe handfester Straftaten, die Erpressung und die tätlichen Angriffe auf Justus und Bob nicht mitgerechnet.

Somit gehört diese Folge sicher zu den aktionsgeladeneren der Serie, die weniger auf dichte Story setzt. Die Soundeffekte und Musik passen wie üblich recht gut, aber gerade die Geräusche sind etwas schlaff abgemischt und können nicht ganz überzeugen. Auf die Lösung des Falles kann man allenfalls spekulieren, aus eigener Kraft und Logik ist dieses Problem nicht so einfach bzw. gar nicht zu knacken. Ein kleiner logischer Fehler hat sich überdies auch eingeschlichen: Direkt am Anfang schließt Just ein Eindringen des potenziellen Diebes über den Balkon aus, da das Apartment dafür zu hoch im Gebäude liege. Später aber verfolgen Peter und Bob einen Verdächtigen, indem sie von Mr. Prentices Balkon aus über die Freitreppe/Feuerleiter hinter ihm her wetzen – ergo gab es doch eine Möglichkeit, von außen an die Wohnung/Balkon zu kommen.

_Fazit_

Solide gemachte Folge, die aber nicht das sonst vorherrschende Mystery-Feeling aufweist; zudem ist ein bisschen viel auf einmal an Action auf zu kurze Zeit gepackt worden. Die Jagd nach dem Karpatenhund und seinem Dieb gleicht eher einer wilden Hatz, bei der man den Grips nicht zu sehr anzustrengen braucht. Seitens des Hörspiels werden die Hinweise nicht ausführlich genug dargebracht, um sich als Hörer selbst einen Reim darauf machen zu können, wenngleich die Figuren wirklich interessant und ziemlich schräg sind. So wartet man sehnsüchtig darauf, dass Justus endlich die Sache am Ende aufklärt. Die Lösung ist pfiffig, geht aber in der Action zu sehr unter. Anhörenswert ist die Folge drei allemal, gehört aber zu den schwächeren Vertretern.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel: „Die drei ??? und der Karpatenhund“ – Folge 3
Buch-Autor: M.V. Carey / Drehbuch: H.G. Francis
Ersterscheinung: Oktober 1979
EUROPA (BMG Ariola Miller)
Lauflänge: ca. 44 Minuten
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Conrad, Morgenstern, Zeiberts
Cover-Design: Aiga Rasch

Die Figuren und ihre Sprecher:

Erzähler (alias Alfred Hitchcock): Peter Pasetti
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Mr. Prentice: Ernst von Klippstein
Mr. Niedland: Gerlach Fiedler
Pfarrer: Hans Hessling
Mrs. Boogle: Katharina Brauren
Sonny Elmquist: Philip Kunzmann (Gernot Endemann)*
Mr. Murphy: Karl-Ulrich Meves
Miss Chalmers: Pamela Punti (Heikedine Körting)*
Mr. Hassel: Rolf Hundertwasser
Polizist: Rolf Mamero

*) Pseudonyme, Klarnamen in (Klammern)

http://www.natuerlichvoneuropa.de/area__ddf/index.php?sid=1

Plischke, Thomas / Christiansen, Ole / Nigiani, Patricia / Portland, A. D. – Sacred 2: Fallen Angel – Der Schattenkrieger. Folge 1: Die Auferstehung (DVD-Edition)

Mit „Sacred 2“ hat der Nachfolger eines erfolgreichen Computerrollenspiels seinen Weg auf die heimischen PCs und Konsolen gefunden. Begleitend erscheint dazu eine fünfteilige Hörspielreihe von |weirdoz*| (die bereits die Trilogie zu „Legend – Hand of God“ vertonten), die sich der Vorgeschichte des Schattenkriegers annimmt – lose angelehnt an die gleichnamige Romanreihe.

_Inhalt_

In einem Stollen stoßen Bergleute auf eine Wand mit eigenartigen, unbekannten Schriftzeichen. Der Vorarbeiter Van Waals vermutet nicht zu Unrecht einen großen Fund, steckt sich ein herausgebrochenes Stück ein und verkauft es an einen Wandervikar. Waals macht gutes Geld, doch nichts ahnend löst er damit ein Machtspiel aus, das ganz Ancaria erschüttert.

Denn wie es der Zufall will, überbringt der Wandervikar das Bruchstück dem Großinquisitor der Elfen (Michael Pan). Der will auch den Rest der unterirdischen Schriftwand entziffern und um jeden Preis verhindern, dass ihm jemand zuvorkommt. Etwas Gewaltiges scheinen diese Schriftzeichen zu überliefern – wohl dem, der als Erster das Rätsel löst.

Um sich einen Vorsprung vor etwaigen Konkurrenten zu verschaffen, die auch hinter den Zeichen her seien könnten, braucht der Elfenführer einen mächtigen Krieger. Bloß niemanden aus seinem Gefolge, denn jeder könnte ein Verräter sein. Stattdessen beginnt der Großinquisitor ein unheiliges Ritual und erweckt mit Garlan (Thomas Fritsch) einen vor vielen Epochen gefallenen Menschen zu neuem, unheiligem Leben. Er macht den Mann, der damals gegen die Unterdrückung durch die Elfen gekämpft und dabei sein Leben gelassen hat, zu seiner Marionette, einem Schattenkrieger.

Garlans Zorn auf den verhassten Elfen ist groß, doch der Großinquisitor hat sich gut vorbereitet. Indem er die Beschwörungsformel für das Ritual vernichtete, hat nur noch er den Zauber im Kopf, der Garlan wieder aus seinem Dienst entlassen kann. Und dies will er nur tun, wenn der Schattenkrieger die ihm aufgetragene Aufgabe ausführt. Die klingt im Grunde einfach: Er soll in die Siedlung Grünerd reisen, in den dortigen Stollen eindringen und die Schriftzeichen an der Wand abzeichnen, um sie schließlich dem Großinqusitor zu überbringen. Widerwillig nimmt Garlan an, nicht ahnend, dass seine Reise den Beginn eines großen Abenteuers markiert.

Mit Leandra (Anabelle Kriege), einer Halbelfe mit diebischem Geschick, findet er in Thylysium, der Stadt der Elfen, eine Gefährtin, die ihn auf seiner Reise begleiten will. Ihre Fähigkeiten erweisen sich schon früh als nützlich, denn bereits in der Stadt sind ihnen Männer auf den Fersen. Das Geheimnis um die Schriftzeichen hat sich bereits herumgesprochen. Leandra kennt jedoch so manches Versteck und kann Garlan in das Hafenviertel lotsen, in dem sie in Hogs Taverne Unterschlupf finden. Doch wenig später durchkämmen ihre Verfolger bereits die Gaststube. Viel Zeit zum Verweilen bleibt also nicht, und so müssen die ungleichen Gefährten so schnell wie möglich aus Thylysium verschwinden. Das geht am besten per Schiff, und glücklicherweise gelingt es ihnen, auf der |Merkator| anzuheuern. Die Seereise in die südlichen Gefilde des Landes beginnt, doch eine Schifffahrt ist nicht nur lustig, sondern birgt so manche Gefahr – vor allem die der berüchtigten Piraten.

_Bewertung_

Wer das Rollenspiel „Sacred 2“ schon kennt, ist klar im Vorteil. Dank eines ausführlichen Booklets kommen jedoch auch alle anderen Hörer auf ihre Kosten, die einfach nur auditiv unterhalten werden wollen. Wie es sich für ein Hörspiel zu einer Computerspielvorlage gehört, liegt der Schwerpunkt des „Schattenkriegers“ auf rasanter Action. Die Handlung kann vernachlässigt werden und bietet nicht mehr als die übliche 08/15-Fantasystory, in der ein Krieger auszieht, eine Heldengruppe um sich scharrt und Abenteuer erlebt. Das fällt aber kaum negativ ins Gewicht, da |weirdoz*| bei der Umsetzung alles richtig macht. „Der Schattenkrieger“ will keine tiefgründige Geschichte erzählen, sondern einfach nur Spaß bereiten, und das gelingt ihm eindrucksvoll.

Die Sprecher sind mit bedacht ausgewählt worden und bekannt aus Film- und Fernsehen. Hervor sticht vor allem der Schattenkrieger selbst, den Thomas Fritsch als Synchronsprecher von Jeremy Irons und Russel Crowe in sympathisch mürrischer Art darzustellen weiß. Doch auch die vielen Nebenfiguren, von denen es wahrhaftig viele gibt – fast zu viele, wenn man nicht das begleitende Booklet zur Hand nimmt, das alle Figuren und ihre Sprecher übersichtlich auflistet – machen einen guten Job. In kurzen Gastauftritten glänzen auch Peter Spilles von |Project Pitchfork| und die Krefelder Fantasymetaller von |Blind Guardian|, die sich als bösartige Piraten mal so richtig austoben dürfen. Der Titelsong zu „Sacred 2“ stammt im Übrigen auch von ihnen und wird im Intro des Hörspiels kurz angespielt.

Erhältlich ist „Der Schattenkrieger“ in zwei Versionen: zum einen klassisch auf CD mit einer Spieldauer von 80 Minuten, zum anderen in derselben Länge auf DVD. Diese enthält darüber hinaus begleitend den kompletten Text, der über den Fernseher/Monitor mitgelesen werden kann, sowie als Extras noch einige Making-ofs, Trailer und Slideshows. Der größte Unterschied besteht allerdings in der Tonspur, denn auf DVD kommt „Der Schattenkrieger“ zusätzlich als 5.1-Version daher. Wer über eine Dolby-Digital-Anlage verfügt, bekommt also noch ein wenig mehr geboten als die für Hörspiele übliche Stereoqualität.

Ob sich die DVD-Fassung lohnt, muss jeder selbst entscheiden. Durch den Schwerpunkt, der bei Hörspielen nun einmal auf den Dialogen liegt, kommt das Hörspiel weitgehend frontlastig daher. Die hinteren Boxen und der Subwoofer werden nur dann beansprucht, wenn die stimmungsvolle Musik ertönt und Geräusche die Szenen untermalen. Im Stadttreiben und bei der finalen Seeschlacht geht es dann aber richtig zur Sache: Pfeile sirren vorbei, ein Stimmenwirrwarr ist von allen Seiten zu hören und Schreie und Explosionen kommen mal von links vorne, dann von rechts hinten. Die Abmischung ist klar und die Effekte sind bombastisch und müssen sich nicht hinter Kinoproduktionen verstecken.

_Fazit_

Wer „Sacred 2“ kennt und gespielt hat, bekommt mit dem Hörspiel die Vorgeschichte in hoher auditiver Qualität geboten – sowohl in Stereo als auch in Dolby Digital 5.1. Der Actionanteil fällt vergleichbar hoch aus, von der Handlung hingegen sollte man nicht zu viel erwarten. Insgesamt ein stimmiges Produkt, das Lust auf die anstehenden Fortsetzungen macht.

http://www.weirdoz.de
http://www.sacred2.com

Meyer, Kai / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 2: Das Erbe des Gilgamesch (Hörspiel)

Folge 1: [„Der Stein der Weisen“ 5052

_Story_

Immer noch erschüttert über den Mord an seinem Stiefvater Nestor, begibt sich Christopher auf die Suche nach Spuren zum Stein des Weisen. Er vertuscht dabei den Tod seines Ziehvaters, um sich noch intensiver den Forschungen zu widmen, und stößt dabei auf Informationen zur Gilgamesch-Pflanze. Nachdem er Nestor der Erde zurückgegeben hat, entdeckt er am gleichen Ort nur Tage später tatsächlich einzelne Exemplare des Lebenskrauts.

Allerdings muss Christopher seine Untersuchungen unterbrechen, als er einige merkwürdige Beobachtungen in der Familiengruft der Institoris macht. Ausgerechnet seine vermeintliche Retterin Charlotte lässt sich dort von ihrem Liebhaber verführen. Endlich scheint Chris nun ein Druckmittel in der Hand zu haben, um den Störenfried Daniel zu beseitigen und auch Friedrich von Vehse angreifen zu können. Der jedoch leistet erbitterten Widerstand und muss mit seinem Leben bezahlen.

Unterdessen gestaltet sich Auras Zeit im Internat von Tag zu Tag schwieriger; sie wird von Alpträumen und schrecklichen Visionen geplagt und nutzt die erste Gelegenheit, die Anstalt zu verlassen. Doch ihre Flucht endet in einem blutigen Fiasko und bringt die junge Institoris wieder zurück ins Internat, wo sie nun heftige Prügel beziehen muss. Ausgerechnet Gillian, der Mörder ihres Vaters, befreit sie, um Aura für seine Mission zu gewinnen. Gillian plant, seinen einstigen Auftraggeber Lysander ein für allemal auszuschalten und berichtet Aura von den Verbindungen zum Institoris-Clan. Als ihr dabei klar wird, dass ihre junge Schwester Sylvette in höchster Gefahr schwebt, drohen die Ereignisse sich zu überschlagen …

_Persönlicher Eindruck_

Mit „Das Erbe des Gilgamesh“ geht Kai Meyers neue Hörspielserie in die zweite Runde und bewährt sich hier erneut als ein absolutes Manifest in Sachen lebhafter Hörspiel-Inszenierung. Die Geschichte wird unheimlich flott vorangetrieben, die Darbietung erfreut sich einer äußerst pompösen, effektreichen Aufbereitung, und auch der Storykomplex gewinnt auf inhaltlicher Basis unheimlich viele neue Elemente, welche die Faszination für die Serie noch stärker wecken; nicht zuletzt, weil man am Ende des zweiten Abschnitts bereits eine sehr konkrete, gut überschaubare Übersicht über die Verbindungen zwischen Charakteren und Ereignissen hat. Dies scheint nämlich gerade für eine so komplex arrangierte Erzählung wie „Die Alchimistin“ relativ außergewöhnlich.

Der wohl wichtigste Aspekt der Handlung ist derweil, dass die einzelnen Figuren in „Das Erbe des Gilgamesch“ bereits ein sehr klares Profil erhalten und sehr viel Zeit damit verbracht wird, dieses noch deutlicher zu auszuarbeiten. Die Szenerie wird zwar vergleichsweise häufig gewechselt, doch stets bekommen die einzelnen Stränge bzw. ihre inbegriffenen Figuren genügend Spielraum, um ihre Motive detailliert darzulegen und ihre Emotionen zu verdeutlichen. Begünstigt wird dies durch einen häufigen Tausch der Erzählperspektive, durch den die Akteure nicht mehr so unnahbar erscheinen wie noch in der vorangegangenen Episode. Eine positive Entwicklung, die auch künftig wieder gerne gesehen wäre!

Die Story selber durchläuft zu diesem frühen Zeitpunkt bereits zahlreiche Höhepunkte und glänzt mit einer sehr stark hervorstechenden Akzentuierung ihrer Dramaturgie. Sowohl die Vorfälle auf dem Anwesen der Institoris als auch die folgenschwere Tragik der Geschehnisse in den Alpenländern werden souverän eingeleitet, schön ausgeschmückt und trotzdem noch ständig mit neuen Überraschungsmomenten bestückt, die den Plot richtig lebendig und auch die Spannung kontinuierlich am Siedepunkt halten. Die Krönung dessen ist schließlich das grandiose Finale, welches bereits jetzt das Schicksal der Story sowie der ganzen Serie völlig auf den Kopf stellt, alle Charaktere zum ersten Mal zusammenbringt, mitsamt der bitteren Tragödie um Aura Institoris und ihrer Familie aber auch verdeutlicht, welch düstere Pfade Meyer in dieser Geschichte ein weiteres Mal verfolgt. Scheu vor rascher Progression und radikalen Einschnitten zeigt der Autor jedenfalls auch in dieser zweiten Folge des Hörspiels nicht.

Dank der wunderbaren musikalischen Untermalung und des geschickten Einsatzes verschiedener Sounds und Wechsel ist auch ein perfektes Rahmenprogramm gewährleistet. Angesichts der beeindruckenden Eckpunkte der Story ist dies aber lediglich Formsache; die Ernte hat „Das Erbe des Gilgamesh“ inhaltlich nämlich schon längst eingefahren …

|75 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3547-3|
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name

|Kai Meyer auf Buchwurm.info:|

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

Die drei ??? und der Phantomsee (Folge 2)

Auf Nummer eins folgt Nummer zwei. So ist es natürlich auch bei der Kulthörspielserie der drei Fragezeichen, wobei damals keiner wusste, ob die Serie in Deutschland überhaupt Anklang finden würde, als man die ersten drei Hörspiele bei den EUROPA-Studios (heute einverleibt in BMG Ariola Miller) im Oktober 1979 auf die jugendliche Welt losließ.

Seither hat die Serie einige Wendungen genommen; so musste die damalige Musik in den heute erhältlichen Neuabmischungen komplett wegen Lizenzstreitigkeiten geändert werden, der Drehbuchautor H. G. Francis wird schon seit Folge 60 von André Minninger ersetzt, und wie es in 24 Jahren Laufzeit nun mal so ist, haben einige Stammsprecher in der Zwischenzeit auch den Weg alles Irdischen genommen.

Die drei ??? und der Phantomsee (Folge 2) weiterlesen

Merlau, Günter – Goldene Morgenröte (Die Schwarze Sonne VII/7)

Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317
Folge 2: [„Böses Erwachen“ 4022
Folge 3: [„Weißes Gold“ 4023
Folge 4: [„Vril“ 4308
Folge 5: [„Akasha“ 4915
Folge 6: [„Whitechapel“ 5202

_Story_

Während Nathaniel de Salis und Adam Salton in London immer noch den grausamen Whitechapel-Morden nachstellen, ist der berüchtigte Jack immer tiefer in die mythische Materie des Kults eingedrungen und nimmt nun auch den jungen Aleister Crowley unter seinen Einfluss. Gleichermaßen beschäftigt sich de Salis mit dem Verschwinden seines einstigen Wegbegleiters Jules Verne, der wiederum vermutet, dass Nathaniel noch in Indien verweilt, nicht wissend, dass es zu einem baldigen Aufeinandertreffen der beiden Freunde kommen soll, dies allerdings in direkter Nähe des Ordens |Hermetic Order of the Golden Dawn|.

Jahre später geraten die Nationalsozialisten in arge Bedrängnis: Die Polarexpedition wird zum mittelschweren Desaster, dessen Ausmaß sich kaum ermessen lässt. Mitten im Meer macht das Forschungsteam eine unglaubliche Entdeckung, die scheinbar in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beobachtungen von Verne und des Salis Jahrzehnte zuvor steht. Doch niemand kann wirklich einschätzen, wie groß die gesichtete Bedrohung ist …

_Persönlicher Eindruck_

Schließt sich der Kreis wirklich? Nachdem in der letzten Episode „Whitechapel“ einige fast schon vergessene Fäden wieder aufgenommen wurden, durfte man für den aktuellen Plot, „Goldene Morgenröte“, bester Hoffnung sein, dass sich die Puzzlestücke nun langsam aber sicher zusammenfinden würden. Diesen Gefallen tut Autor Günter Merlau seinem Publikum aber auch in diesem Fall nicht, sondern er erweitert seine Story erneut auf weitere Ebenen, die zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit den bisherigen Ereignissen stehen, die Handlung aber – fast schon gewohntermaßen – noch eine Spur komplexer machen.

Bereits in der verstörenden Anfangssequenz ist wieder reichlich Verwirrung an der Tagesordnung. Der krankhaft besessene Jack instruiert seinen Schüler Aleister, sich mit den Mächten des Ordens vertraut zu machen, was zwangsläufig dazu führt, dass die inhaltlich so breit gefächerte Story prompt einen neuen Strang aufnehmen muss. Mit Crowley wird zudem eine neue bekannte Figur etabliert, die sicherlich in Zukunft noch eine Rolle spielen wird, hier aber (natürlich) noch nicht näher definiert wird. Geheimnisse und Überraschungen zählen ja schließlich zu den Stärken von „Die schwarze Sonne“ und werden in einem gewissen Mindestmaß an dieser Stelle natürlich weiter gepflegt.

Dennoch nehmen die Mythen auch in der siebten Episode ein Stück weit überhand. Die Verstrickungen werden immer undurchschaubarer, und da man vom zuletzt verwendeten Schema der aneinander gereihten Stränge wieder abgerückt ist, begibt sich die Story wieder in das gewohnte Chaos – und auf ein Anspruchslevel, das auch bei „Goldene Morgenröte“ einen zweiten Durchlauf fast schon unabdinglich macht, um die kompliziert verflochtenen Elemente adäquat zu erfassen. Somit bekommt man also zunächst nicht viel Neues geboten, wenn man es mal rein strukturell resümiert.

Anders als sonst – und dies war schon in „Whitechapel“ ansatzweise der Fall – ist die etwas kompaktere Form der Inszenierung. Merlau und seine Crew arbeiten ein ganzes Stück abgehackter und komprimierter, was sich einerseits in der auffälligen Kürzung der Spielzeit manifestiert, andererseits aber auch sehr leicht aus den etwas gedrungenen und sprunghaften Handlungsmustern im Plot ablesen lässt. Die Szenen wechseln noch rascher als gewohnt, und da man sowohl zwischen den Zeiten als auch wieder zwischen den Schauplätzen springen muss, entsteht ein wenig Unordnung, die in diesem Fall das bisherige Limit überschreitet – bis es schließlich im mittleren Drittel richtig unruhig und hektisch wird.

Gott sei Dank bekommt man dieses Problem jedoch schnell wieder in den Griff und kann in der wichtigen Schlusssequenz endlich wieder die Entwicklung der Story ins Auge fassen, die in „Goldene Morgenröte“ im Übrigen wieder größere Schritte vollzieht als noch zuletzt. Es wird brisanter und temporeicher, inhaltlich aber eben auch noch einmal eine Spur schwieriger.

Starke Nervenstärke und Geduld sind daher gefragt, um den massiven Umfang der Serie in der Gesamtheit zu erfassen und auch die entscheidenden Eingriffe in die Geschichte in der neuen Episode entsprechend einzuordnen. Aber auch hier greift „Die schwarze Sonne“ dankenswerterweise auf alte Werte zurück: Wer sich nämlich intensiv in die „Goldene Morgenröte“ hineindenkt, wird trotz aller Hektik und Sprunghaftigkeit mit der lohnenswerten Fortsetzung und üppigen Inszenierung einer der wohl besten Hörspielserien dieser Tage belohnt. Und dafür lohnt sich das Durchhalten schließlich allemal!

|56 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 9783939600176|
http://www.die-schwarze-sonne.de
http://www.merlausch.de

Merlau, Günter – Whitechapel (Die Schwarze Sonne VI)

Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317
Folge 2: [„Böses Erwachen“ 4022
Folge 3: [„Weißes Gold“ 4023
Folge 4: [„Vril“ 4308
Folge 5: [„Akasha“ 4915
Folge 7: [„Goldene Morgenröte“ 5102

_Story_

1838: Die Nationalsozialisten navigieren den amerikanischen Nordpolexperten Richard Evelyn Byrd auf ihre Seite, um ihn in eine weitere Expedition mit der |Schwabenland| einzubinden. Allerdings verfolgen die Deutschen insgeheim gänzlich andere Ziele und spotten bereits über Byrds Qualifikationen. Insbesondere der hinterhältige Weissthor plant in Indien bereits den nächsten großen Schlag, der unter Ausschluss der auf den Nordpol fixierten Öffentlichkeit in aller Ruhe ausgebrütet werden soll.

Unterdessen bekommt Arthur Salton im Jahre 1848 in seiner neuen, unfreiwillig gewählten Heimat enorme Schwierigkeiten. Der Rat des Dorfes lädt ihn zu einer Versammlung, in der über die mysteriösen Unfälle im Moor von Derbyshire beratschlagt werden soll. Mit ungutem Gefühl folgt Arthur der Einladung und soll auch Recht behalten. Das Rad soll erneut gedreht werden, was für Arthur so viel bedeutet, dass seine glückliche Zeit in der Vergangenheit sich dem Ende zuneigt.

Jules Verne fehlt derweil immer noch jegliche Spur von Nathaniel; dieser wiederum reist nach seinem Indien-Trip nach London, wo er die Jagd auf einen Prostituiertenmörder beginnt. Gemeinsam mit dem Yard und einem gewissen Arthur Doyle startet die Suche nach dem Mann, der sich Jack the Ripper nennt und die gesamte Öffentlichkeit in Unruhe stürzt. Als sich schließlich einige Informationen über einen Geheimbund alter Tage in die Ermittlungen einschleichen, nimmt der Fall eine erschreckende Wendung …

_Persönlicher Eindruck_

Mit der sechsten Folge der inhaltsschwangeren Mystery-Serie „Die schwarze Sonne“ scheint sich der Kreis der teils verwirrenden, insgesamt jedenfalls sehr weit reichenden Story langsam zu schließen. Erstmals werden direkte Antworten auf die Ereignisse in der ersten Episode angerissen, und auch wenn sich der Kreis der Akteure im Laufe der letzten Geschichten merklich vergrößert hat, scheinen einige Verbindungen und Stränge kontinuierlich mehr Sinn zu ergeben und der Lösung des großen Puzzlerätsels ein ganzes Stück näherzukommen.

Nichtsdestotrotz bleibt der Plot auch in „Whitechapel“ ein harter Brocken mit zahlreichen Verstrickungen, schwerwiegenden Wendungen und undurchsichtigen Mysterien, die nach wie vor nach konkreteren Zusammenhängen schreien. Entgegen der bisherigen Vorgehensweise hat das Team des |Lausch|-Verlags nun aber eine geordnete Struktur gewählt, die den Zugang zu den neusten Entwicklungen merklich erleichtert. Die drei Hauptstränge sind nicht mehr willkürlich vermischt, sondern werden in dieser Episode Schritt für Schritt abgearbeitet, wobei zwischen ihren Protagonisten und Persönlichkeiten immer noch eine kaum zu durchdringende Distanz vorhanden ist, die nach einer logischen Aufklärung verlangt. Aber wieder einmal wird der Hörer diesbezüglich auf die nächsten Kapitel von „Die schwarze Sonne“ verwiesen, die des Rätsels Lösung erneut einen Schritt näher kommen sollten.

Trotz der klareren Linie in dieser Folge scheuen die Autoren aber nicht davor zurück, die Story mit zusätzlichem Stoff zu versorgen. Der Nazi-Plot wird zwar einerseits wieder in den Fokus gerückt und als wichtiges Element in Erinnerung gerufen, doch fast noch eine Spur wichtiger scheint hier die Mordserie im London des 19. Jahrhunderts, deren Spuren zu einem berüchtigten Geheimbund führen. Dies ist schließlich auch der Abschnitt, der weiteren Zündstoff in die Geschichte einbringt und die Komplexität der bisherigen Episoden noch einmal nachhaltig bestätigt. Mittlerweile muss man ja schon fast enttäuscht sein, wenn nicht wieder namhafte Persönlichkeiten (in diesem Falle Doyle) bzw. frische Figuren in die Handlung eingreifen …

Andererseits versinkt die Geschichte in „Whitechapel“ so manches Mal zu stark in ihren erprobten Klischees. Die gesamte Geschichte des 19. Jahrhunderts, besonders was ihre Literatur betrifft, wird hier noch einmal auf phantastische Weise aufgerollt, mit anderen zeithistorischen Ereignissen gemischt und durch den fiktiven Fleischwolf gedreht. Bis dato war diese Masche ständig von Erfolg gekrönt, hier scheint sie jedoch ein wenig aufgesetzt und bemüht, da sie etwas routiniert dargebracht wird. Außerdem sind die Ideen auch nicht mehr ganz so revolutionär, geschweige denn mit einem derartigen Überraschungseffekt versehen, wie dies noch in den Folgen Nr. 3 & 4 der Fall war. Man weiß inzwischen, woran man ist und was man erwarten darf – und diesbezüglich besitzt die sechste Veröffentlichung im Bunde nicht ganz die Dynamik früherer Folgen.

Fans dürfen aber getrost durchatmen, denn von ihrem ganz besonderen Reiz büßt die Serie auch mit den teils stagnierenden Entwicklungen in „Whitechapel“ nicht ein. Womöglich ist es ja auch mal notwendig, die rasanten Verwirrspielchen ein wenig auszubremsen, um wieder ein bisschen Bodenhaftung zu bekommen. Hierüber wird die siebte Episode Auskunft geben, möglicherweise ja auch mit noch detaillierter Aufklärungsarbeit. Bis dahin bleibt mit „Whitechapel“ ein solides Kapitel, das man aber trotzdem erleben sollte und muss, damit der Faden nicht verlorengeht – und natürlich weil der Unterhaltungswert dank der ambitionierten Sprecher und der immer noch raschen Progression keinesfalls zu leugnen ist.

|ISBN-10: 3-939600-18-0
ISBN-13: 978-3-939600-18-3|
http://www.die-schwarze-sonne.de
http://www.merlausch.de

Meyer, Kai / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 1: Der Stein der Weisen (Hörspiel)

_Story:_

Der Waisenjunge Christopher hofft, auf dem Anwesen der Familie Institoris ein neues, glücklicheres Leben führen zu können. Hausherrin Charlotte hat sich seiner angenommen und präsentiert den erst 17-jährigen Knaben bei ihrer Rückkehr auf die Insel an der Ostseeküste ihrer Familie. Dort jedoch wird Christopher misstrauisch aufgenommen und scheint nicht wirklich erwünscht. Besonders Aura, Charlottes leibliche Tochter, ist über die Aufnahme des Jungen überhaupt nicht erfreut und straft ihn mit Missachtung.

Allerdings hat das Mädchen gerade mit seinem eigenen Schicksal zu kämpfen; sie soll in den kommenden 38 Monaten ein Internat besuchen und von ihrer Familie und ganz besonders Daniel getrennt werden. Christopher versucht dennoch, sich in die trügerische Harmonie des Institoris zu integrieren und seine Wünsche endlich wahr zu machen, stößt aber auf immer heftigeren Widerstand.

Die Situation spitzt sich zu, als Nestor Nepomuk Institoris sich in den Gemächern des Schlosses sehen lässt und die Aufmerksamkeit des zugezogenen Waisen erregt. Der Schlossherr erwähnt in einem heimlichen Gespräch mit dem Weltenbummler Friedrich von Vehse, dass er dringend neues Drachenblut benötigt, und obschon die Worte nicht für ihn bestimmt waren, wird Christophers Interesse geweckt. Als er bei seiner Spionage im Dachgeschoss des Anwesens auf frischer Tat ertappt wird, nutzt Nepomuk das Interesse seines neuen Stiefsohns, um ihn in die Künste der Alchemie einzuweihen – ganz zum Unmut von Aura, die ebenfalls vom Stein der Weisen, den ihr Vater beschwören möchte, weiß und nun befürchtet, Christopher könne ihr in die Quere kommen.

Unterdessen plant Institoris‘ alter Feind Lysander ein Attentat auf den ambitionierten Alchemisten. Hierzu entsendet er seine rechte Hand Gillian, einen Wiener Auftragsmörder, der Nestor Nepomuk Institoris meucheln und auch seine Tochter auslöschen soll, um das vermeintliche Teufelswerk der Familie ein für allemal zu unterbinden. Nur wenige Tage später erreicht Gillian die verlassene Insel der Institoris‘, um die finsteren Absichten seines Meisters in die Tat umzusetzen …

_Persönlicher Eindruck_

Dass ein bedeutender Teil der bisher veröffentlichten Kai-Meyer-Romane definitiv für den Hörspielsektor prädestiniert scheint, sollte aufmerksamen Lesern und Liebhabern des außergewöhnlichen Kult-Autors spätestens nach der Veröffentlichung der grandiosen Adaption zu [„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 bewusst sein. Daran anknüpfend, wird nun eine komplette Serie auf Basis zweier Meyer-Romane auf den Markt gebracht, die sich mit einer seiner wohl fantastischsten Romanfiguren überhaupt auseinandersetzt: Aura Institoris. Sie ist die Hauptdarstellerin der insgesamt achtteiligen Serie „Die Alchimistin“, deren üppige Aufmachung bereits läuten lässt, dass sich hier möglicherweise das definitive Hörspiel-Highlight des Jahres 2008 ankündigt. Und was diesen Anspruch betrifft, soll die erste Episode, „Der Stein der Weisen“, definitiv nicht enttäuschen!

Allerdings ist der Komplex, der hier in beachtlichen 77 Minuten angerissen wird, definitiv nichts für sanfte Gemüter. Die Story bietet von Anfang an einen enormen Tiefgang, zeigt sich äußerst weitreichend und führt bereits eine ganze Reihe entscheidender, tragender Charaktere ein, die den Zugang zur ersten Inszenierung zu einer ziemlich kniffligen Aufgabe machen. Gerade die häufigen Szenenwechsel in den Anfangssequenzen, in denen sich das Tempo der Handlung bereits mehrfach überschlägt, sind hier ein Hindernis, das es zu bewältigen gilt, um langsam in den Plot hineinzukommen.

Je weiter man dann jedoch in die Geschichte eindringt, desto faszinierender gestaltet sich all das, was in „Der Stein der Weisen“ eigentlich nur grob angerissen und kontinuierlich erweitert wird. Einzelne Mythen werden bereits angeschnitten, zwiespältige Personen gibt es ebenfalls en masse, und da die Rolle eines Sympathieträgers auch noch nicht gradlinig in ein vorhandenes Charakterprofil hineinpassen will, ist alleine schon auf dieser Basis ein Höchstmaß an Spannung geboten, weil man einfach keine der vielen Figuren adäquat einschätzen kann.

Derjenige, dem dieser Status noch am ehesten zukommt, ist zweifellos Christopher, aus dessen Augen auch das Gros der Story erzählt wird. Er berichtet von seiner Ankunft, den Antipathien und den Geheimnissen im Schloss der Familie Institoris, vor allem aber von seiner Faszination für die hübsche, allerdings stets missgestimmte Aura, hinter der sich scheinbar eine Menge mehr verbirgt, als zu diesem Zeitpunkt schon gesagt werden kann. Diese eigenartige Beziehung avanciert in diesem ersten Kapitel zu einem der wichtigen Knackpunkte, mit dem die Story wächst und die Spannung erste Höhepunkte erreicht.

Gleichzeitig wird aber auch das Erzähltempo immer deutlicher angezogen, so dass nach Beendigung der ersten Abschnitte wirklich Zeit zum Luftholen angebracht ist, die dann aber mit Auras Reise ins Internat auch gewährt wird. Nichtsdestotrotz werden ständig neue, brisante Wendungen in die Geschichte eingeflochten, um bereits zu diesem frühen Zeitpunkt einen permanent hohen Spannungslevel zu erzeugen.

Untermalt vom berauschenden, düsteren Soundtrack, ergibt sich somit ein Ambiente, das in dieser Sparte absolut beispielhaft ist und gemeinsam mit den Titeln des |Gruselkabinetts| wohl zu den besten Inszenierungen zu zählen ist, die derzeit auf dem düsteren Hörspielmarkt zu haben sind. Und da wir es hier erst mit dem Auftakt zu Serie zu tun haben, lässt sich bereits jetzt prognostizieren, dass „Die Alchimistin“ auch dank der bombastischen Aufarbeitung eine echte Hausnummer in ihrer Sparte werden wird.

|77 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3546-6|
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name

|Kai Meyer auf Buchwurm.info:|

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

Wilson, F. Paul – Handyman Jack – Der letzte Ausweg (Folge 2)

_Das Hörbuch_ [„Schmutzige Tricks“ 4939 stellte den Actionliebhaber Handyman Jack vor, den Mann, der nie existierte. Jack lebt außerhalb der Gesellschaft. Er besitzt etliche Pässe, aber keinen echten Nachnamen. Er hat keine Sozialversicherungsnummer und keine Rentenansprüche. Er zahlt keine Steuern, es gibt von ihm keine Fingerabdrücke und er hat offensichtlich keinen ordentlichen Beruf gelernt. Jack ist nämlich ein Mann für alle Gelegenheiten: Ihn ruft man an, wenn man erpresst wird, wenn die geliebte Ehefrau entführt wurde, wenn man Schutzgeld bezahlen soll oder wenn verlorene Dinge wieder aufzufinden sind. Kurzum, wenn Probleme nur noch mit Gewalt und Schießpulver zu lösen sind, dann ist Handyman Jack genau der richtige Mann für den Job!

|LPL records| bringt mit „Der letzte Ausweg“ nun eine weitere Sammlung mit Abenteuern um Handyman Jack zu Gehör. Wiederum finden sich auf den drei CDs (mit ansprechenden dreieinhalb Stunden Laufzeit) drei Geschichten, in denen Jack seine vielen Talente unter Beweis stellen darf.

_Los geht es diesmal_ mit der Kurzgeschichte „Der lange Weg nach Haus“ (engl. „The long way home“, 1992), in der Jack – mal wieder ganz zufällig – in einen Überfall verwickelt wird. Er will einfach nur sein Sixpack Bier nach Hause tragen und sich einen gemütlichen Abend machen, als er aus Costins kleinem 24/7-Laden einen Schuss hört. Da vor dem Laden bereits ein Streifenwagen parkt, ist Jack versucht, einfach weiterzugehen, denn Begegnungen mit den Bullen sind auf jeden Fall zu vermeiden, wenn man offiziell gar nicht existiert. Doch bevor er sich’s versieht, ist eine der Kanaillen tot, während Jacks Hand knöcheltief im Hals des Cops steckt, um die stark blutende Schlagader abzudrücken. Klar, dass dies eine ziemlich kompromittierende Position und die eintreffende Verstärkung daran interessiert ist, Jack erstmal festzunehmen. Nun muss Jack die Polizei von seiner Unschuld überzeugen und schlussendlich auch noch die Geiselnahme im Laden beenden. Und als er nach einem ereignisreichen Tag dann endlich zu Hause eintrifft, muss er natürlich feststellen, dass sein Sixpack Bier dabei auf der Strecke geblieben ist.

„Der letzte Rakosh“ (engl. „The last Rakosh“, 1990) schlägt in eine ganz andere Kerbe als die bisherigen Geschichten um Jack. Wir treffen seine Freundin Gia und deren Tochter Vicky wieder, die schon einen kurzen Auftritt in „Ein ganz normaler Tag“ hatten. Diesmal machen die drei einen Sonntagsausflug zu einem Kuriositäten-Kabinett. Jack debattiert zwar kurz mit sich, ob zusammengewachsene Zwillinge und Männer mit Ganzkörperbehaarung wohl der richtige Zeitvertreib für die kleine Vicky sind, doch das Mädchen besteht lautstark darauf, die Show zu besuchen. Zunächst gibt es das Übliche: Schlangen- und Krokodilmenschen sowie einen Jungen, der menschliche Stimmen überzeugend echt nachmachen kann. Jack ist bereits fast überzeugt, dass es doch keine so schlechte Idee war, das Kuriositäten-Kabinett zu besuchen, als ein gellender Schrei von Vicky ihn vom Gegenteil überzeugt. In einem Käfig hat sie einen Rakosh entdeckt, ein Ding, das halb Hai, halb Mensch ist, und an das sie keinerlei guten Erinnerungen hat!

Die letzte Erzählung des Hörbuchs ist auch die längste. „In der Mangel“ (engl. „The Wringer“, 1996) konfrontiert Jack mit dem Angestellten Mounir Habib, dessen Frau und Sohn von einem vermeintlich Irren entführt worden sind. Der Mann verlangt kein Lösegeld von Mounir, stattdessen zwingt er ihn ständig, sich in peinliche und moralisch fragwürdige Situationen zu bringen. Er zwingt den gläubigen Moslem, Schweinefleisch zu essen oder an einem öffentlichen Platz zu urinieren. Kommt Mounir den Forderungen nicht nach, droht der Entführer, seiner Familie Gewalt anzutun. Durch seinen Nachbar kommt Mounir an Jacks Telefonnummer. Dieser ist zunächst nicht von dem Fall angetan und will Mounir stattdessen zur Polizei schicken, die seiner Meinung nach besser im Stande ist, Mounirs Frau und Sohn zu befreien. Doch der weinerliche Mounir ist nicht mehr loszuwerden, und so findet sich Jack bald mitten in dem Entführungsfall wieder und muss nun auf eigene Faust die Identität des unbekannten Entführers herausfinden.

_Wie bereits das Auftakthörbuch_ „Schmutzige Tricks“, so steigt auch „Der letzte Ausweg“ geradlinig ein. „Der lange Weg nach Haus“ ist kaum kompliziert, bietet dafür aber einen gut aufgelegten Jack, der es gern ordentlich krachen lässt. Außerdem darf der Leser erleben, was passiert, wenn Jack doch zufällig in die Hände der Polizei gerät, wobei es etwas weit hergeholt wirkt, dass der diensthabende Offizier ihn schlussendlich tatsächlich wieder laufen lässt. Einen Typen mit fünf verschiedenen Ausweisen, unauffindbaren Fingerabdrücken und nicht zugelassenen Waffen? So einen einfach wieder auf die Gesellschaft loszulassen, erscheint etwas abwegig, und man fragt sich zwangsläufig, ob die amerikanische Polizei gern solche haarsträubenden Bauchentscheidungen trifft. Natürlich weiß der Hörer, dass Jack durchaus die Freiheit verdient hat, und dieser beweist seine Loyalität auch sofort, indem er versucht, die Geiselnahme in dem kleinen Laden zu beenden. Trotzdem erscheint es mehr als seltsam, dass die Polizei einen einsamen Rächer, der offensichtlich Lynchjustiz betreibt, einfach laufen lässt.

Die zweite Geschichte, „Der letzte Rakosh“ ist ein ziemliches Rätsel. Zuerst einmal bezieht sie sich offensichtlich in weiten Teilen auf eine frühere Geschichte, in der die kleine Vicky von dem Haimenschen, den sie nun im Kuriositäten-Kabinett sieht, entführt und bedroht worden ist. Schon diese Tatsache führt dazu, dass man sich als Hörer etwas allein gelassen fühlt, schließlich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass einem wichtige Hintergrundinformationen fehlen. Viel schwerer wiegt jedoch, dass sich auf der CD nur ein Auszug aus der Erzählung findet. Wir erfahren nur, dass Jack den Haimenschen wiedersieht, von dem er dachte, er wäre tot. Was passiert dann? Geht er nach Hause und nimmt sich ein Bier? Bricht er nachts in das Kabinett ein und liefert sich einen blutigen Kampf mit dem Rakosh? Befreit sich das Ding von selbst und macht sich auf die Suche nach Vicky? Man wird mit einem Stück Geschichte angefüttert und dann hängen gelassen. Hoffentlich handelt es sich dabei um ein Experiment, das |LPL| nicht wiederholen wird, denn dieser Einfall ist gründlich in die Hose gegangen!

„In der Mangel“ ist geneigt, den Hörer wieder versöhnlicher zu stimmen. Es gibt einige kleine Schockmomente, die für wohlige Schauer sorgen dürften, außerdem ein genüssliches Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Entführer und Mounir. Und es bereitet dem Hörer ein – zugegebenermaßen – sadistisches Vergnügen, wenn Jack den Entführer endlich gefasst hat und ihn seinerseits in die Mangel nehmen kann. Da fällt kaum ins Gewicht, dass die Identifikation des Entführers sich eigentlich schon zu einfach gestaltet – offensichtlich will Wilson mit echter detektivischer Arbeit keine Zeit verschwenden. Es ist praktisch ein Glückstreffer, und man ist fast überrascht, als sich schlussendlich herausstellt, dass es sich bei der vermuteten Person tatsächlich um den Täter handelt. Aber mit solchen Kleinigkeiten hält sich Jack nicht auf. Seiner Vorstellung von Gerechtigkeit ist genüge getan.

„Der letzte Ausweg“ bleibt leicht hinter „Schmutzige Tricks“ zurück, vor allem auch wegen des vollkommen verpatzten Mittelteils mit „Der letzte Rakosh“. Doch mit der letzten Geschichte, „In der Mangel“ kann das Hörbuch wieder Boden gutmachen.

|3 Stunden und 34 Minuten auf 3 CDs
Aus dem US-Englischen übersetzt von Michael Plogmann|
ISBN-13: 978-3-7857-3580-0|
http://www.lpl.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.festa-verlag.de

_F. Paul Wilson auf |Buchwurm.info|:_

[„Das Kastell“ 795
[„Tollwütig“ 2375
[„Die Gruft“ 4563
[„Handyman Jack – Schmutzige Tricks“ (Folge 1) 4939

Edwardson, Åke/Ake – Rotes Meer (Hörbuch)

_Rätselhaft: Dreifachmord im Asylantenviertel_

Es ist Mittsommer in Göteborg, und Kommissar Erik Wintersteht steht vor drei Leichen und einem Meer aus Blut. Der einzige Zeuge der Morde, ein kleiner Junge, versteckt sich vor dem Kommissar. Der kommt mit seinen Ermittlungen in einem Milieu am Rande der Gesellschaft, in dem der Kampf ums Überleben zusammenschweißt, nur mühsam voran. Seine einzige Hoffnung ist es, den Jungen zu finden.

_Der Autor_

Åke Edwardson, Jahrgang 1953, lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern in Göteborg. Bevor er sich dem Schreiben von Romanen widmete, arbeitete er als erfolgreicher Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten, schrieb Sachbücher und unterrichtete an der Uni Göteborg „Creative Writing“. Er schrieb bislang zwölf Kriminal- und drei weitere Romane, zuletzt erschienen „Segel aus Stein“ (2003), „Winterland“ (2003), „Geh aus, mein Herz“ (2004), „Samuraisommer“ (2005)und [„Zimmer Nr. 10“ 2792 (2006).

_Der Sprecher & Die Sprecherin_

Boris Aljinovic, geboren 1967 in Berlin, war nach dem Schauspielstudium an der Hochschule „Ernst Busch“ am Berliner Renaissance-Theater und am Staatstheater Schwerin engagiert. Es folgten zahlreiche Rollen in Film und Fernsehen, so etwa 1999 in „Drei Chinesen mit dem Kontrabaß“ und 2004 in Ottoo Waalkes‘ Filmerfolg „Sieben Zwerge – Männer allein im Wald“. Seit 2001 spielt er den Kommissar Felix Stark an der Seite von Dominic Raacke im Berliner „Tatort“. Der Schauspieler lebt in Berlin. Er liest eine gekürzte Fassung.

Ulrike Grote hatte sich bereits als Schauspielerin einen Namen gemacht, bevor sie sich als Regisseurin auch hinter die Kamera stellte. Ihr Kurzfilm „Ausreißer“ wurde 2006 für den |Oscar| nominiert. Seit 2001 hat sie diverse Film- und Fernsehrollen gespielt, zuletzt in „Kanzleramt“.

Regie führte Gabriele Kreis im |studio-wort|, Berlin 2007.

_Handlung_

Kommissar Erik Winter kommt gerade nach einem halben Jahr in Marbella mit seiner Familie nach Göteborg zurück, als ihn eine Meldung zu einem besonders grausigen Verbrechensschauplatz ruft. In einer der für Migranten errichten Mietsiedlungen fand in einem Krämerladen ein Blutbad statt. Winter zählt drei männliche Leichen, die in einem Meer aus Blut schwimmen.

Ihnen allen wurde das Gesicht weggeschossen, offenbar um die Identifizierung zu erschweren oder als eine besondere Art der Demütigung. Und natürlich zur Einschüchterung der Angehörigen. Winter kommt der Schauplatz wie eine inszenierte Bühne vor. Und trotzdem will der Taxifahrer Jakke Rejnholds, der die Tat meldete, die Täter nicht gesehen haben?

Wenig später trudeln die Identitäten ein. Der Laden gehörte dem Nigerianer Jimmy Foro, sein Assistent war der Kurde Hiwa Aziz, aber wieso befand auch der Iraker Zaid Rizai frühmorgens in dem Laden? Die Lautsprecher lassen kurdische Musik erschallen. „Kamel-Jazz“, wie einer der Polizisten abfällig meint. Die zwei Täter, das ergibt die Spurensuche, trugen Einmal-Überziehschuhe wie aus dem Krankenhaus. Kein Zweifel: Auftragsmörder, Profis. Wer hat sie geschickt und aus welchem Grund?

Winter folgt einem Pfad, der zu einem Platz zwischen den Mietshäusern führt. Es ist niemand zu sehen, aber arabische Musik erklingt. Zufällig erhascht er aus dem Augenwinkel einen Blick auf einen etwa zehnjährigen Jungen, der Rad fährt und mit einem Tennisball spielt. Schon ist er wieder weg, verschwunden. Hat Rejnholds nicht „leichte Schritte“ erwähnt, Schritte wie von einem Kind vielleicht? Es soll mehrere Tage dauern, bis Winter den Wohnort dieses Jungen ausfindig gemacht hat und ihn befragen kann.

In Rizais Wohnung stoßen Winter und seine Kollegen auf die Leiche von Rizais Frau Shahnaz. Ihr wurde allerdings die Kehle durchgeschnitten, offenbar eine Tat der Rache, nicht die von Profis. Winter ist sicher, dass ein Zusammenhang mit dem Dreifachmorden besteht, tippt aber zunächst auf Zaid als Täter. Er könnte nicht falscher liegen.

Im Mietsviertel laden eine Reihe von Cafés und Pizzerien ein. Hier redet Winter mit den Kollegen über die Abschiebungspraxis, der die Ausländer dieser Gegend wehrlos unterworfen seien. Täglich verschwänden Menschen, die sie abschieben müssten, neue kämen ins Viertel. Es ist alles ständig im Fluss. Sie erspähen Hiwa Aziz‘ 17-jährige Schwester Nasrín, aber sie kann wie der Junge auf dem Rad spurlos verschwinden. Das Ganze wird Winter allmählich unheimlich.

Rumsitzen bringt nichts, also nimmt Winter die Familie Aziz aufs Korn, die immerhin schon fünf Jahre hier lebt. Als er vor deren Wohnung eintrifft, wartet dort bereits der kurdische Dolmetscher Muzafa Kerím, der bei der Verständigung helfen soll. Wie sich zeigt, ist Nasrín jedoch bestens in der Lage, sich verständlich zu machen. Von ihr hört Winter erstmals von einem Mitarbeiter Jimmy Foro, einem Mann namens Hussein Hussein. Winter und Haldersch sind verblüfft, lassen den Mann aber sofort zur Fahndung ausschreiben – die seltsamerweise ergebnislos verläuft. Einer der Gründe dafür: Alle Befragten haben maßlose Angst nach den Morden.

Bei einem Pizzeria-Gespräch mit Kerím wird Winter klar, dass Hiwa dessen Freund war. Er fragt Nasrín danach. „Was hat Hiwa getrieben? Was wusste Hiwa, dass er sterben musste?“ Doch sie schweigt hartnäckig. Hat auch sie Angst oder weiß sie mehr?

Kaum haben sie das ausgebrannte Fluchtauto und die Leiche eines verschwundenen Polizeispitzels entdeckt, hört Winter erstmals von Polizeichef Sievertsen die elektrisierende Nachricht, es gebe Gerüchte, dass es einen schwunghaften Menschenhandel mit blutjungen Mädchen gebe, die als Prostituierte hier arbeiten müssten. Kerím hatte etwas von Kindern erwähnt, die in den Wohnungen der Migranten versteckt gehalten würden. Aber wie finden die Mädchen den Weg zu ihren Kunden, fragt sich Winter, denn noch fehlen ihm viele Puzzleteilchen.

Dann erspäht er aus einer Pizzeria heraus, wie ein Taxi hält. Nasríns Freund Alan Darvish steigt aus, doch ein Mann bleibt im Taxi sitzen und fährt weiter. Zu Winters Überraschung ist es Muzafa Kerím. Die Taxifahrer dieser Gegend wissen offensichtlich viel mehr, als Winter und seine Kollegen bisher herausgefunden haben …

_Mein Eindruck_

Flüchtlinge und Asylanten spielen diesmal die Hauptrolle in Edwardsons neuestem Krimi, und der Autor führt den Leser nur langsam an deren Elend heran. Erst weit in den Roman hinein lässt der Autor Schockmomente in feiner Dosis auf den Leser los. Es geht um Menschenhandel von Schleuserorganisationen, Prostitution von jungen Mädchen, deren Kunden allesamt weiße Schweden sind. Der Unterschied zu den einheimischen Banden liegt jedoch darin, dass die Zuhälter aus den Kreisen der Migranten selbst kommen. Kein Wunder, dass sie als Verräter der eigenen Volksgruppe verachtet werden. Denn damit treten sie das, was die Migranten durchgemacht haben, in den Dreck.

|Die Geschichte einer Flucht|

Und die Migranten haben Unmenschliches durchgemacht. In die Szenen der Ermittlung Erik Winters sind Impressionen von der Flucht einer Kurdin eingeflochten. Es handelt sich um eine polizeiliche Aussage, die auf Tonband mitgeschnitten wird. Die Flucht der Familie der Sprecherin begann in der Wüste, wo die Nächte kalt waren und so mancher morgens tot aufgefunden wurde. Aber es war immer noch besser, als von den Soldaten im Heimatdorf abgeschlachtet zu werden.

Schleuser brachten sie in Lastwagen und Viehwaggons über Grenzen und Länder hinweg bis in den kalten Norden, wo die Winter eisig sind und der Nachthimmel im Sommer nie dunkel wird. Was für ein seltsames fremdes Land, dieses Schweden. Es gab im Mittelalter die Strafe der Vierteilung, und wie eine so Zerrissene fühlt sich die Sprecherin jetzt. In der Heimat war die kurdische Sprache verboten, man durfte nicht mal kurdisch denken, doch im fremden Land versteht niemand die Sprache, wenn man sie auch wieder sprechen darf. Deshalb ist die Musik so wichtig: einst zwar verboten, aber ein Stück Identität, endlich frei. Und traurig, unendlich traurig.

|Brainstorming|

Was mir sehr gut gefiel, waren die Szenen, in denen sich Erik Winter und sein Kollege Bertil Ringmar die Einfälle und Urteile wie Spielbälle zuwarfen. Es ist eine Art Brainstorming unter Gleichgestimmten auf gleicher Wellenlänge. Sie schließen Möglichkeiten aus und stellen Verbindungen her, die vorher nicht bestanden. Das ist eine faszinierende Sache und sie kommt zweimal vor.

|VORSICHT, SPOILER|

Auf diese Weise kommen sie zu der Einsicht, dass es sich bei den Dreifachmördern vielleicht gar nicht um gedungene Auftragsmörder gehandelt haben könnte, sondern um eine Art Racheakt, der als Befreiungsschlag dienen sollte. Aber wer hätte die Waffen und den Mumm dafür, fragen sich die Kriminaler. Asylanten verfügen für gewöhnlich nicht über Bewaffnung, wenn sie irgendwo über die Grenze gelassen werden. Sie müssen sich in Göteborg bewaffnet haben. Ein Spitzelbericht bestätigt diese Vermutung. Bewaffnete Banden gibt es in Göteborg genügend, und sie alle bekämpfen einander an den Reibungspunkten.

Nun braucht man nur noch Leute, die genügend Mumm haben. Oder ausreichend verzweifelt, meint der andere. Was, wenn es eine der Prostituierten selbst war? Dann würden aus den Mordopfern plötzlich die eigentlichen Schurken werden, nämlich die Zuhälter, die die Asylantenmädchen zu ihren Opfern machten. Die Kategorien „gut“ und „böse“ würden dann überhaupt keinen Sinn mehr ergeben.

_Der Sprecher & Die Sprecherin_

|Aljinovic|

Dass Boris Aljinovic einen „Tatort“-Kommissar spielt, gereicht ihm in vielerlei Hinsicht zum Vorteil. Die Aufgabe, die verschiedenen Figuren stimmlich und sprachlich auf erkennbare Weise zu charakterisieren, bewältigt der Sprecher mit Bravour – ohne sich jedoch zu Karikaturen hinreißen zu lassen. Man merkt aber nach einer Weile, dass ihm die Einzelfiguren nicht so sehr liegen wie das Kollektiv des Ermittlungsteams. Ich bewundere, wie es ihm gelingt, die einzelnen Figuren auseinanderzuhalten und stets die gleiche Ausdrucksweise für die jeweilige Figur zu finden.

So spricht Winter, der immer im Mittelpunkt steht, mit besonders tiefer Stimme, wohingegen seine Kollegen Ringmar und Brur sich ganz anders anhören. Der Taxifahrer Rejnhold hingegen klingt stets nervös und sogar ängstlich, spricht entsprechend hektisch. Am klarsten unterscheidet sich Muzafa Kerim von diesen Figuren: Er hat einen ausländischen Akzent, klingt wie ein Türke, der deutsch spricht.

|Grote|

Alle weiblichen Figuren und die kleinen Jungs weisen eine höhere Stimmlage auf, was ja naheliegt. Ulrike Grote spricht einen weiblichen Part – wen genau, ist teil des Geheimnisses, dessen Schleier erst ganz am Schluss gelüftet wird. Ihre Stimme ist also genau angemessen. Dennoch ergeht sie sich nicht in Emotionalität, sondern spricht kontrolliert und gleichmäßig selbst über die schrecklichsten Begebenheiten. Es handelt sich um eine Aussage vor der Polizei, und doch ist es auch ein Einblick in eine Seelenlandschaft. Der Hörer muss sich sozusagen seinen Teil denken und wird nicht vermeiden können, von dieser in Häppchen verabreichten Erzählung angerührt zu sein.

|Schwächen|

Eine Schwäche Aljinovics hat mich jedoch mehrmals verwirrt und meine Aufmerksamkeit abgelenkt. Seine Aussprache schwedischer Namen schwankt von Fall zu Fall. So sagt er mal Jellbö, dann wieder Jällbo. Und auch die Aussprache des Namens „Muzafa Kerím“ ist zwischen den beiden Sprechern nicht abgestimmt worden. Grote spricht das Z in „Muzafa“ deutsch aus (als TS), Aljinovic spricht hingegen ein stimmhaftes S aus.

Musik und Geräusche gibt es nicht, daher brauche ich kein Wort darüber zu verlieren.

_Unterm Strich_

Wie in einer Art Einkreisung dringt Kommissar Erik Winter immer weiter in die Gedanken- und Gefühlswelt der der kurdischen Einwanderer vor, bis sich ein Geflecht von Abhängigkeiten und Abneigungen offenbart, das sich zu einem verhängnisvollen Konflikt hin entwickelte. In einem gewalttätigen Ausbruch wurden drei Männer nicht nur hingerichtet, sondern auch noch ihrer Identität, ihrer Ehre beraubt. Kein Wunder, dass alle Asylantenfamilien vor Angst wie erstarrt sind und kaum jemand den Mund aufmacht.

Erik Winter kommt sich vor wie auf einem unheimlichen anderen Planeten und offenbart so das eigentliche Thema des Romans: die Entfremdung der Asylantenfamilien von ihren eigenen Wurzeln, die dazu führt, dass die jungen Männer nur an den Gott des Geldes glauben und die jungen Frauen ausbeuten. In zwischengeschalteten Impressionen einer dieser Frauen erleben wir das Elend und die Schrecknisse dieser Flucht ins Asyl mit und können erst nach dem Ende dieses Berichtes verstehen, was es mit der Hinrichtung der drei Männer auf sich hat. Mehr soll nicht verraten werden.

|Das Hörbuch|

Sowohl Boris Aljinovic als auch Ulrike Groten erledigen ihre Arbeit auf beeindruckende Weise und vermitteln einen Eindruck von den Emotionen, die im Spiel sind. Besonders Erik Winter ist mir im Gedächtnis geblieben, ebenso wie Grotes Impressionen der namenlosen Berichterstatterin. Vor dem Finale, einem Showdown, muss der Hörer wie ein Luchs aufpassen, um alle Zusammenhänge richtig auf die Reihe zu bekommen. Aber es lohnt sich. (Wer nicht so scharf aufpassen will, sollte das Buch lesen.)

Erst ganz am Schluss wird der Name der Berichterstatterin enthüllt. So lange muss sich der Hörer gedulden, aber ein Hörer, der mitdenkt, kann den Namen des Täters schon frühzeitig herausbekommen. Gestört haben mich die Inkonsistenzen in der Aussprache Aljinovics und zwischen beiden Sprechern. Sie hätten sich hinsichtlich der Aussprache von Namen absprechen sollen.

|Originaltitel: Vänasta Land, 2006
Aus dem Schwedischen übersetzt von Angelika Kutsch
301 Minuten auf 4 CDs
ISBN-13: 978-3-89903-477-6|
http://www.hoerbuch-hamburg.de

Moning, Karen Marie – Liebe des Highlanders, Die (Lesung)

_… und wenn sie nicht unterbrochen wurden, dann lieben sie sich noch heute_

Die 25-jährige jungfräuliche und bildschöne Gwen Cassidy fühlt sich seit dem Tod ihrer Eltern sehr einsam. Um dieser Einsamkeit zu entgehen, entschließt sie sich zu einer Rundreise in Schottland, die sich als wenig aufregende Seniorenreise herausstellt. Die Langeweile treibt Gwen auf zu einer Wanderung auf eigene Faust, bei der sie in eine Felsspalte und auf Drustan MacKeltar fällt. Der Zauber einer Hexe hatte ihn dereinst in einen 500-jährigen Schlaf versetzt, dessen Erlösungsformel durch die Umstände von Gwens Absturz unverhofft gegeben ist. Der große, starke und gutaussehende Druide aus der Vergangenheit, der für „Kriege, Eroberung und die Verführung von Frauen geschaffen wurde“, erwacht. In diesem Moment beginnt ein recht amüsantes Verwirrspiel, während dessen Drustan klargemacht werden muss, dass er sich im 21. Jahrhundert befindet.

Ist diese Tatsache erst akzeptiert, wird schnell klar, dass Drustan in die Vergangenheit zurückkehren muss, um den Clan der MacKeltar weiterleben zu lassen, was der Tod von Drustans Zwillingsbruder Daegus und der Zauber der Hexe verhindert hat. Außerdem hat der Clan der MacKeltar einen Pakt mit dem Feenvolk geschlossen, dessen Rituale eingehalten werden müssen, damit es nicht zu Konflikten zwischen dem Menschen- und dem Feenvolk käme. Auf dem Weg zum Steinkreis verlieben sich die beiden ineinander. Als Gwen Drustan dann unfreiwillig auf dieser Zeitreise begleitet, ist es plötzlich an ihr, den völlig fremden und ahnungslosen Drustan des 16. Jahrhunderts davon zu überzeugen, dass ihm Gefahr droht.

Dies ist nicht der erste Highlander-Roman der amerikanischen Liebesromanautorin Karen Marie Moning. Daher findet der Leser im vorliegenden vierten Teil dieser Folge von „Highlander“-Romanen, die jedoch keine zusammenhängende Serie bilden, bereits altbekannte Muster wieder: Scheinbar ist ein Großteil der amerikanischen Frauen noch mit Mitte 20 unberührt. Männer sind immer groß, attraktiv und unheimlich potent. Außerdem sind sie perfekte Verführer und auch in ihrer Lebensplanung genau das, was Frauen wollen: potenzielle Ehemänner und Familienväter. Monings Frauen sind eher klein, etwas naiv und bildschön, sich ihrer Attraktivität jedoch nicht bewusst. Aufgrund des David-und-Goliath-Verhältnisses und den aus der Zeitreise resultierenden Missverständnissen wirken die Wortgefechte zwischen den Hauptpersonen durchaus komisch. Doch sowohl die Charakterisierung der Protagonisten als auch die Entwicklung ihrer Liebesbeziehung wiederholen bekannte Klischees des Genres und sind typisch für Sex-Heftromane, über deren Niveau Moning trotz häufiger Anspielungen auf sowie ausufernder Beschreibung von Sexszenen im Roman nur im Wortumfang hinauswächst.

Wahrscheinlich hätte es ein spannender Liebesroman werden können, wenn es Moning gelungen wäre, den interessanten und durchaus spannenden Plot des Prologs weiter auszubauen. Stattdessen bietet der Roman nicht mehr Stoff als das häufig beschriebene Tangahöschen, das die weibliche Hauptfigur für den entscheidenden Moment mit sich führt. So dreht sich die erste Hälfte der Geschichte nur darum, dass Gwen ihrer Jungfräulichkeit überdrüssig ist und ihrer Defloration entgegenfiebert, d. h. auf der Suche nach ihrem „Kirschenpflücker“ ist. Wirkt der Jammer über ihre Jungfräulichkeit zunächst noch witzig, möchte man bei der x-ten Wiederholung bereits genervt mit den Augen rollen. Welches Glück, dass sie auf Drustan trifft, der zunächst alles daran setzt, sie zu verführen, während sie im 16. Jahrhundert selbst in dieser Sache aktiv werden muss. Somit schreibt Moning, wofür sie von ihren Fans geschätzt wird und womit sie diese immer noch überraschen kann: ausufernde, sehr detaillierte Sexszenen, bei denen man den Eindruck erhält, es gäbe nichts langwierigeres auf Erden als die geschlechtliche Vereinigung – aber natürlich nur mit dem Menschen, mit dem man das weitere Leben zu verbringen gedenkt.

Die Charaktere sind mit der Beschreibung einiger äußerer Merkmale und der Erklärung einiger Familienumstände spärlich vorgegeben, so dass jeder Leser die Schablone füllen kann, wie er mag. Die Beschreibung der Highlands oder anderer Orte, historische Hintergründe, die Charakteristik der Nebenfiguren sowie der Versuch einer wissenschaftlichen Erklärung für Zeitreisen treten für die Autorin in den Hintergrund. Dass Gwen ihren Highlander retten kann, steht im Sinne des Genres außer Frage; wie es ihr gelingt, den sturen Schotten zu retten und die leidenschaftliche Nacht nicht zu einer einmaligen Angelegenheit werden zu lassen, erfährt man in der zweiten Hälfte des Romans. Wenn die Erwartungen der Leser nicht darüber hinausgehen, wird man an „Die Liebe des Highlanders“ seine Freude haben.

Das 2008 erschienen Hörbuch von |Radioropa| kommt in einer stabilen Pappbox daher. Der Aufmachung der Box sieht man den kitschigen Inhalt nicht an. Überhaupt sind alle Hörbücher der Serie in einem dunkleren Farbton gehalten und mit neutralen Bildern versehen. Die rund 13 Stunden Lesezeit wurden auf elf CDs und zwei mp3-CDs gebannt. Die CDs sind noch einmal einzeln in Folientaschen verpackt. Was jedoch fehlt, ist ein Booklet mit einer etwas detaillierteren Zusammenfassung des Inhalts und Auflistung der Begriffe, die man vom Hören nicht unbedingt als Schriftbild vor sich sieht, nebst den entsprechenden Erklärungen (z. B. „Túatha Dé Danann – keltischer Begriff für das Feenvolk“).

Die Sprecherin erhält gleich im Prolog die Chance zur Präsentation ihres Könnens, wenn sie die Zigeuner mit einem osteuropäischen Akzent spricht, dass man sofort ein Bild vor Augen hat. Aber auch darüber hinaus gelingt es ihr, den mäßig spannenden Roman so zu lesen, dass die Zuhörer über die willentlich und auch gelegentlich unbeabsichtigt komischen Zeilen des Romans schmunzeln können. Im Vergleich mit späteren Folgen der Serie ist „Die Liebe des Highlanders“ durchaus ein kurzweiliges Hör- bzw. Lesevergnügen.

|Originaltitel: Kiss of the Highlander
Aus dem Englischen von Ursula Walther
Buchausgabe bei Ullstein, 2003
13:14 Stunden auf 11 CDs + 2 Bonus-MP3-CDs
ISBN-13: 978-3836802550|
http://www.hoerbuchnetz.de

_Karen Marie Moning auf |Buchwurm.info|:_

[„Der dunkle Highlander“ 5160 (Hörbuch)
[„Im Bann des Vampirs“ 4598

Elliott, Will – Hölle

Was der Australier Will Elliott mit „Hölle“ abgeliefert hat, ist ein rundum erfolgreiches Debüt. Er gewann auf Anhieb einen der wichtigsten australischen Literaturpreise. Was folgte, war die Nominierung für den |International Horror Guild Award| und die Übersetzung in fünf Sprachen. „Hölle“ erzählt eine höchst eigenwillige und abgefahrene Geschichte und ist für die sonst eher auf Hörspiele fixierte |Lauscherlounge| die erste Hörbuchproduktion im klassischen Sinne.

Eines Nachts fährt Jamie beinahe einen Clown über den Haufen. Aus dem Nichts taucht die Gestalt auf. In der Nacht darauf beobachtet Jamie zwei weitere Clowns, die sich höchst eigentümlich verhalten. Als Jamie dann etwas an sich nimmt, das einer der Clowns wegwirft, ist plötzlich nichts mehr, wie es war. Jamie erhält unheimliche Drohungen, seine Wohnung wird vollkommen verwüstet und ein paar Kerle in Clownskostümen machen Jagd auf ihn.

Die Clowns bringen Jamie schließlich in den Pilo-Zirkus, einen bizarren Rummelplatz voller Freaks, Wahrsager, Magier und Akrobaten. Jamie soll fortan bei den Clowns leben und mit ihnen auftreten. Doch was das wirklich bedeutet, begreift Jamie erst, als er zum ersten Mal die Schminke anlegt und in sein Clownskostüm schlüpft: Jamie verwandelt sich in einen vollkommen anderen Menschen – den gehässigen, bösen Clown JJ.

Jamies Leben dreht sich fortan um ein rätselhaftes Pulver, das ihm jeden Wunsch erfüllen kann und das Leben auch der anderen Akteure im Pilo-Zirkus bestimmt. Auch Jamie droht dem Pulver zu verfallen, doch wird er den Zirkus dann jemals wieder verlassen können? Um dem Zirkus zu entrinnen, muss Jamie zuerst einmal seinen ärgsten Widersacher bezwingen: sein eigenes dunkles Ich …

Will Elliott präsentiert dem Leser/Hörer mit „Hölle“ seine ganz eigene Mischung aus Thriller, Horror und schwarzem Humor. Man fragt sich lange Zeit, was real ist und was nicht. Doch Jamie ist nicht der Einzige, der Bekanntschaft mit den Clowns macht. Auch sein Mitbewohner Steve bekommt Besuch von ihnen und muss sie fortan ebenfalls fürchten. Dabei liegt es gewissermaßen nahe, dass das Auftauchen der Clowns vielleicht auch nur Einbildung ist. Jamie und Steve wohnen in etwas unübersichtlichen Verhältnissen. Drogen spielen dabei anscheinend eine entscheidende Rolle, und dass in Jamies WG Junkies ein- und ausgehen, ist nicht Ungewöhnliches.

Dass man zunächst auf das Thema Persönlichkeitsspaltung tippt, ist also nicht ganz abwegig, wenngleich Elliott seine Geschichte mit einer Prise Mystery würzt, die zeigt, dass die Lösung eben auch in einer ganz anderen Richtung liegen kann. Der Pilo-Zirkus ist eine völlig eigenständige Welt, die aber auch stets von Menschen aus unserer Realität besucht wird. Anscheinend gibt es Portale, durch die Menschen auf das Zirkusgelände gelangen, ohne selbst zu bemerken, dass sie sich in einer völlig anderen Wirklichkeit befinden.

Und so offenbart Elliott dem Leser/Hörer das Rätsel, das sich hinter dem Pilo-Zirkus verbirgt, eben nicht ganz direkt. Man fragt sich bis zum Schluss, wie man die Geschichte interpretieren soll, ob es da überhaupt etwas zu interpretieren gibt oder ob man die mysteriöse Art des Romans nicht einfach so hinnehmen sollte.

Die Spaltung der Hauptfigur in den netten Jamie und den bösartigen JJ besitzt auf jeden Fall ihren Reiz, und der besteht eben nicht allein im Aufeinandertreffen dieser gegenteiligen Charaktere in einer Figur, sondern vor allem in dem Kampf um die Oberhand, den sich die beiden liefern. Jeder will den anderen dominieren und ihm seinen Willen aufzwingen. Während Jamie nach einer Möglichkeit sucht, dem Zirkus zu entrinnen und all die bösen Taten JJs zu verhindern, versucht sein innerer Kontrahent JJ genau das Gegenteil. Daraus ergibt sich ein höchst spannendes Psychoduell mit äußerst ungewissem Ausgang.

Ein weiterer Reiz der Geschichte liegt in der Skurrilität des Handlungsortes. Die in sich abgeschlossene Welt des Pilo-Zirkus bietet Platz für allerhand eigenartige Typen. Da wären allen voran Jamies Clownkollegen. Chef der Clowntruppe ist der herrische Gonco. Dann gibt es da noch den alten Clown Winston, den masochistisch veranlagten Ruffshot, und die beiden etwas zurückgebliebenen Brüder Doopie und Goshi. Vor allem Goshi, der ein höchst inniges und geradezu intimes Verhältnis zu einer Zimmerpflanze hegt, ist eine der skurrilsten Figuren im Zirkus.

Begleitet wird das Ganze von einer surrealen und düsteren Grundstimmung. Man merkt schnell, dass dem Zirkus etwas grundsätzlich Böses innewohnt, und so nimmt die Geschichte mit der Zeit auch ziemliche blutrünstige Züge an. Das verdeutlicht auch die Verwandlung, die Jamie jedes Mal durchläuft, wenn er die Schminke aufträgt und zum bösen JJ wird. Auch die beiden Zirkus-Chefs Kurt und George Pilo mit ihrer Dauerfehde strahlen etwas durchweg Durchtriebenes und Böses aus.

Und so wird „Hölle“ dominiert von einer dichten und gleichermaßen düsteren Atmosphäre, die von dem kontinuierlich aufwärts strebenden Spannungsbogen des Plots zusätzlich unterstrichen wird. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto tiefer taucht man in den Plot ein, und das bunte Treiben im Pilo-Zirkus wird zu feinstem Kopfkino.

Dass dem so ist, liegt sicherlich auch an der unerwartet vielseitigen Vortragsweise von Oliver Rohrbeck. Zugegeben, ich hätte ihm eine dermaßen vielgestaltige Stimme kaum zugetraut, so markant haftet er mir als Synchronsprecher von Ben Stiller und als Justus Jonas von den |Drei ???| im Kopf. Aber gerade die skurrilen Figuren und die düsteren Seiten des Zirkus‘ verkörpert Oliver Rohrbeck sehr gekonnt. Die Bösartigkeit der Pilo-Brüder, die schrägen Charakterzüge von Doopie und Goshi – all das füllt Oliver Rohrbeck gekonnt mit Leben.

Unterm Strich kann man also festhalten, dass der Start der |Lauscherlounge| in Hörbuchgefilde durchaus geglückt ist. Mit Will Elliotts „Hölle“ fiel die Wahl auf einen spannenden und schrägen Thriller, der nicht zuletzt auch dank Oliver Rohrbecks gelungener Vortragsweise für ein äußerst kurzweiliges Hörvergnügen sorgt.

|Originaltitel: The Pilo Family Circus
Aus dem Englischen von Birgit Reß-Bohusch
ISBN-13: 978-3-7857-3322-6
Buchausgabe bei Piper: 387 Seiten, ISBN-13: 978-3-492-70159-4|
[www.lauscherlounge.de]http://www.lauscherlounge.de/
[www.luebbe-audio.de]http://www.luebbe-audio.de
[www.piper-verlag.de]http://www.piper-verlag.de

Wilson, Paul F. – Handyman Jack – Schmutzige Tricks (Folge 1)

_Ein Handyman_ ist im englischen Sprachraum ein Mann für alles, und so finden sich auf dem Anrufbeantworter von F. Paul Wilsons Antihelden Handyman Jack auch reichlich Nachrichten, in denen es ums Heimwerken und Reparieren geht. Dabei ist Jack zwar tatsächlich ein Kerl fürs Grobe, doch in seinem Werkzeugkoffer findet sich eher ein umfangreiches Waffenarsenal. Für Geld beseitigt er nämlich Probleme, die ohne Gewaltanwendung nicht mehr zu lösen sind. Wenn man also selber nicht mehr weiter weiß und die Polizei nicht interessiert ist zu helfen, dann ist die letzte Adresse wohl Handyman Jack. Zumindest wenn man in New York lebt.

Dass man mehr über den geheimnisvollen Handyman Jack erfahren darf, ist dem amerikanischen Autor F. Paul Wilson zu verdanken, der die Figur vor über zwanzig Jahren erfand und seitdem nicht müde wird, dessen Abenteuer zu schildern. |LPL records| stellt mit „Schmutzige Tricks“ drei Kurzgeschichten um Jack als Hörbuch vor.

_In der Auftaktgeschichte_ „Zwischenspiel im Drugstore“ bekommt der Hörer als Einstimmung eine geradlinige und schnelle Knall- und Schießgeschichte geboten. Jack, der zufällig auf seine alte Bekannte Loretta trifft, die ihn sofort in einen Drugstore schleppt, da sie einen Heißhunger auf Eis verspürt, findet sich plötzlich in einem klassischen Überfallszenario wieder: Eine kleine Gang schließt Kunden wie Angestellte in dem Laden ein, um den Geldtransporter zu überfallen, der wöchentlich die Einnahmen abholt. So eine Situation kann Jack natürlich nicht so einfach hinnehmen, doch sieht er sich mit einem ungewöhnlichen Problem konfrontiert: Da er zum jährlichen King-Kong-Tag aufs Empire State Building gestiegen ist, auf dem Waffen tabu sind, hat er keine Knarre parat. Er muss also improvisieren, und so schleicht er durch die Gänge des Drugstore, um zusammenzusammeln, was auch nur im Entferntesten als Waffe geeignet sein könnte. Der Leser darf gespannt sein, welche unscheinbaren Produkte in Jacks Hand zu tödlichen Geschossen werden können!

Die zweite Geschichte „Ein ganz normaler Tag“ verlangt sowohl dem Hörer als auch dem Protagonisten schon etwas mehr ab. Es ist die längste Geschichte des Hörbuchs und kann mit einer recht verschachtelten Handlung aufwarten, die des Hörers Aufmerksamkeit ständig fordert. Jack wurde von dem Barbesitzer George angeheuert, um ein paar mafiöse Geldeintreiber zu beseitigen, die von George Schutzgeld erpressen wollen. Doch dieser recht einfache Job verkompliziert sich schlagartig, als ein Scharfschütze versucht, Jack in seinem (geheimen!) Hotelzimmer gekonnt zu durchlöchern. Haben die Kleinkriminellen also jemanden auf ihn angesetzt? Hat jemand Jacks Identität herausgefunden? Oder geht es um etwas ganz anderes? Genüsslich widmet sich Jack dem Puzzle, das sich ihm da präsentiert, und natürlich führen schlussendlich alle Spuren zusammen, um in einem actionageladenen Showdown zu kulminieren.

In der letzten Geschichte „Familiennotdienst“ verlässt Autor F. Paul Wilson das sichere Revier der Schwarzweißmalerei. Bisher waren Bösewichte und Helden (selbst Antihelden) recht eindeutig zu identifizieren, doch nun betreten wir die berüchtigte Grauzone moralischen Handelns. Jack wird von Oscar Schaffer engagiert, dessen Schwester von ihrem Mann regelmäßig brutal verprügelt wird. Immer wieder redet er auf sie ein, diesen Schläger doch zu verlassen, doch sie entschuldigt die Gewaltätigkeit ihres Mannes und macht keine Anstalten, sich aus dessen Fängen zu befreien. Oscar weiß keinen anderen Rat mehr als Jack zu engagieren, um dem Schwiegersohn eine Portion seiner eigenen Medizin zu verpassen. Jack soll ihn ein wenig verprügeln, gerade nur so, dass er im Krankenhaus landet. Vielleicht sieht er dann, was er seiner Frau antut. Und vielleicht landet er im Krankenhaus ja zufällig in den Fängen eines Psychiaters, der ihn wieder geraderücken kann. So einfach, wie Oscar sich das ausgemalt hat, wird die Sache schlussendlich natürlich nicht. Nur eines ist sicher – wenn die Geschichte zu Ende ist, wird Gus nie wieder eine Frau verprügeln.

_Mit Handyman Jack_ hat F. Paul Wilson, Jahrgang 1946 und wohnhaft im beschaulichen New Jersey, eine unglaublich vielseitige, actionlastige und unterhaltsame Figur geschaffen. Man erfährt kaum etwas über ihn, und sein auffälligstes Merkmal ist wohl seine komplette Unauffälligkeit. Zwischen den ganzen Schlägern, Kleinkriminellen und Dieben sieht er einfach nur normal aus. Normal gebaut, normal gekleidet, normale Frisur, unscheinbares Gesicht. Als Krönung kommt er in „Ein ganz normaler Tag“ plötzlich heim zu Frau und Kind, und um die Beschaulichkeit der Diskussion ums Abendbrot komplett zu machen, würde nur noch der weiße Lattenzaun fehlen. Jacks Normalität ist Tarnung – niemand vermutet hinter der unscheinbaren Fassaden einen so erfolgreichen Schläger. Und erfolgreich ist er in jedem Fall! Neben Jack sehen nämlich Größen des Genres wie John McClane oder Rambo – die schließlich auch nicht schlecht darin sind, ihre Umgebung in Schutt und Asche zu legen – ziemlich alt aus. Und dazu ist Jack auch noch ein irgendwie netter Kerl, dessen Herz trotz der umfangreichen Waffensammlung doch am rechten Fleck sitzt.

Der Fairness halber sollte vielleicht gesagt sein, dass die drei Geschichten des Hörbuchs nicht chronologisch aufeinanderfolgen. Offensichtlich wurden sie nicht nach Erscheinungsdatum, sondern nach Gefallen und sicherlich auch Länge ausgewählt. „Zwischenspiel im Drugstore“ („Interlude at Duane’s“), die Auftaktgeschichte, ist die neueste im Bunde – 2006 erstveröffentlicht. „Ein ganz normaler Tag“ („A Day in the Life“) dagegen ist von 1989. Die letzte Geschichte, „Familiennotdienst“ („Home Repairs“) ist wieder jünger, nämlich von 1996. Allerdings tut die scheinbar wahllose Zusammenstellung dem Hörgenuss keinen Abbruch. Alle Geschichten funktionieren unabhängig voneinander, und man kann in jeder spannende Details über Jack lernen, die man am Ende des Hörbuchs zusammensetzen kann, um sich ein umfassenderes Bild über dieses Enigma Jack zu machen.

„Schmutzige Tricks“ ist ein dreieinhalbstündiger Actionkracher, fabelhaft vorgetragen von Detlef Bierstedt. Routiniert gibt er den taffen Typen (schließlich leiht Bierstedt auch George Clooney seine Stimme) und dreht so richtig auf, wenn er Nebenfiguren Dialekte und Marotten verleihen kann. Besonders gelungen ist ihm dabei ‚Ecuador‘, einer der Kleinkriminellen aus „Zwischenspiel im Drugstore“, dessen Akzent so überzeugend rüberkommt, dass man eigentlich ständig nur zurückspulen möchte, um sich diese Passagen wieder und wieder anzuhören. Hörer, die wollen, dass es in einer Geschichte so richtig zur Sache geht, sind bei Handyman Jack an der richtigen Adresse. Hier wird geschossen, verprügelt und erstochen, bis auch noch der letzte Bösewicht blutleer ist. Und dann tritt Jack dem Toten noch einmal gegen’s Schienbein; man weiß schließlich nie, vielleicht zuckt der Gegner ja doch noch! Pures Hörvergnügen für alle Liebhaber von Action und Pulp!

|3:30 Stunden auf 3 CDs
Übersetzung vom Festa-Verlag
ISBN 978-3-7857-3552-7|
http://www.lpl.de
http://www-luebbe-audio.de
http://www.festa-verlag.de

F. Paul Wilson auf |Buchwurm.info|:

[„Das Kastell“ 795
[„Tollwütig“ 2375
[„Die Gruft“ 4563

Francis, H. G. / Arthur, Robert – Die drei ??? und der Super-Papagei (Folge 1)

Was macht diese Folge eigentlich so besonders? Nun, als Nummer 1 ist man immer Vorreiter, das ist hier nicht anders, allerdings konnten die |EUROPA|-Studios als Macher dieser Geschichte damals nicht ahnen, dass sie die Einstiegsdroge für eine ganze Generationen von Hörspielfreaks hinlegen. Im Gegenteil. Man nummerierte sogar die eigentliche Nummer 1 „Gespensterschloss“ um, sie wurde zur Nummer 11 degradiert, da man nicht wusste, ob Deutschlands Jugend 1979 schon bereit für die spukige Umsetzung dieser Folge von „The Three Investigators“ (so der Serientitel des Originals) war. Rückwirkend kann man sagen: Sie war es.

_Zur Story_

Justus und Peter werden von Alfred Hitchcock zu dessen Kollegen Mr. Fentriss geschickt, der seinen Papagei „Lukullus“ vermisst, doch die Polizei des kalifornischen Kleinstädtchens Rocky Beach will nichts unternehmen. Am Haus des potenziellen neuen Klienten der drei ??? abgekommen hören sie jedoch Hilfeschreie und beschließen, sich dem Gemäuer vorsichtig zu nähern. Dabei werden sie von einem dicken Kerl überrascht, der sie mit vorgehaltener Pistole ins Haus scheucht und sich ihnen als Mr. Fentriss vorstellt. Der Papagei sei wieder aufgetaucht und hätte den Hilfeschrei ausgestoßen, zudem wäre er telefonisch von Hitchcock über ihr Kommen informiert gewesen und wollte sie nur ein wenig testen.

Die vermeintliche Pistole entpuppt sich als Feuerzeug. Justus und Peter bringen (ohne den Vogel persönlich zu Gesicht zu bekommen) in Erfahrung, dass der Papagei stets einen sehr seltsamen Spruch zum Besten gibt: „Lucius et Licinius et Lukullus – Kopf oder Zahl? – erare humanum est!“, doch einen neuen Fall haben die jungen Detektive wohl nicht … Ein wenig enttäuscht zuckeln sie in dem ihnen kostenlos überlassenen Rolls Royce – samt Chauffeur Morton – von dannen … bis Just ein Geistesblitz trifft. Mr. Hitchcock kann gar nicht angerufen haben, denn zum Haus von Mr. Fentriss führt keine Telefonleitung!

Als sie schnurstracks mit dem Rolls kehrtmachen (lassen), kommt ihnen aus der Ausfahrt des Grundstücks ein schwarzes Ranger-Sport-Coupé entgegengebraust, am Steuer: der Dicke von vorhin! Leider konnten sie trotz des Beinahe-Crashs nur die letzten Ziffern des Kennzeichens erhaschen: „13“. Die beiden Jungs finden den richtigen Mr. Fentriss gefesselt in seinem Haus und befreien ihn. Dabei erfahren sie, dass er den sprachbegabten Vogel von einem mexikanischen Hausierer gekauft hat, und er ist nicht der Einzige. Seine Nachbarin Mrs. Waggoner hat ebenfalls einen solchen Papagei gekauft, der auf den Namen „Schneewittchen“ hört und ähnlich komisches Zeug brabbelt: „Weiß wie Schnee. Rot wie Blut. Schwarz wie Zedernholz … Ist Sherlock Holmes zu Hause?!“

Auch ihr Papagei ist, wie man sich unschwer denken kann, verschwunden, und sie sucht ihn verzweifelt, kann den Jungs aber einen Mann beschreiben, der sich seit geraumer Zeit verdächtig in der Gegend herumtreibt. Natürlich passt die Beschreibung des Mannes und seines Autos auf den Dicken mit seinem Sportwagen. Zwei verschwundene Papageien, die seltsam verdrehte Sprüche klopfen, und ein höchst verdächtiger Kerl, der es offensichtlich darauf abgesehen hat, alle Tiere (es sind deren sieben – inklusive des ominösen Super-Papageis „Blackbeard“) in seine Hände zu bekommen. Doch warum? Welches Geheimnis umgibt diese höchst seltsamen Vögel?

_Eindrücke_

Ein knackiges, schlichtweg geniales und höchst mysteriöses Wort-Rätsel, ein düsterer Friedhof im Nebel und zunächst undurchsichtige Charaktere plus Monsigneur Victor Hugenay, der französische Meisterdieb, der den drei Jungs nicht zum letzten Mal über den Weg dackeln soll, zeichnen die Nummer 1 aus. Gewürzt ist das Ganze mit pädagogisch wertvollen Zuckerlis, wie der Erwähnung, dass Blackbeard, das spätere Maskottchen der Detektei, eigentlich gar kein Papagei ist, sondern ein Star aus der Familie der Mynah, die bekannt sind für ihre exzellenten Spracheigenschaften. Man lernt durch die verdrehten Sprüche der anderen Vögel auch noch eine ganze Menge über klassische Literatur und Geschichte, denn unter ihnen befinden sich außerdem noch Käpt’n Kidd, Sherlock Holmes, Robin Hood und Al Capone. Interessanter und kindgerechter kann man ein wenig Allgemeinbildung nicht verpacken.

Selbstverständlich werden hier schon Tugendhaftigkeit und Freundschaft großgeschrieben, wie es im späteren Verlauf der Serie (bis heute) auch ausnahmslos praktiziert wird. Die kindlichen Stimmen der drei Hauptfiguren sind von ihrer heutigen Tonlage natürlich verschieden und für Kenner nur der neueren Folgen (nach deren Stimmbruch) bestimmt lustig anzuhören. Das heißt: Peter (Jens Wawrzceck) scheint diesen irgendwie verpasst zu haben, er klingt auch als erwachsener Sprecher fast noch genauso wie anno Tuppdich als Bengel. Für Justus (Oliver Rohrbeck) gilt beinahe dasselbe – auch seine Stimme ist zwar sehr jung und eine ganze Oktave höher als heute, aber schon unverkenn- und wechselbar.

Der Einzige, dessen Stimme sich heutzutage ganz anders anhört (und das meine ich überhaupt nicht negativ – im Gegenteil) ist die von Bob (Andreas Fröhlich); er hat heute eine angenehme, recht tiefe und sonore Stimme (und sprach unter anderem den Gollum aus „Herr der Ringe“), während er in diesen frühen Tagen sogar noch Jens Wawrzceck in Sachen Pieps-Stimme in den Schatten stellt. Gerlach Fiedlers dunkel-nasaler Bass passt hervorragend zu seiner Figur, und er beehrt die Fan-Gemeinschaft später noch in drei weiteren Rollen. Auch Katharina Brauren mit ihrer leicht bedeckt-heiseren Oma-Stimme ist ein wahres Urgestein der Serie und wird in deren Verlauf immer mal wieder eingesetzt. Die spätere Dauer-Nemesis der Jungdetektive – Victor Hugenay – wird hier noch von Wolfgang Kubach gegeben, leider auch mit zu wenig französischem Akzent, aber trotzdem aller Ehren wert. Kurzum, hier finden sich erstklassige Sprecher zusammen, um eine hervorragende Leistung abzuliefern.

Sie Soundkulisse und die Musik sind ein wichtiger Punkt, und trotz der Neuabmischung hat man – zumindest, was die Effekte angeht – die Finger davon gelassen, daher befinden sich Schnitt und Geräusche noch im Originalzustand. Lediglich die Musik musste geändert werden, das war nötig wegen Lizenzstreitigkeiten um die Original-Musik von Brac/George – heute kümmern sich die Herren Conrad, Morgenstern und Zeiberts um die Soundtracks. Die Folge an sich ist natürlich meilenweit von der Perfektion heutiger Produktionen entfernt und strotzt auch vor einigen heftigen Fehlern der Regie. Tatsächlich gehört die Nummer 1 (neben „Hexen-Handy“) zu den Folgen mit den wohl meisten Fehlern, die dem geneigten Hörer beim aufmerksamen Lauschen ins Ohr springen, als da wären:

Mr. Fentriss ist nach eigenen Angaben „geknebelt“ worden – wie kann er dann um Hilfe rufen? Carlos verdreht ständig die Zahlen des Kennzeichens (3-1 statt 1-3), Blackbeard krächzt bereits in der Zentrale, obwohl sie ihn noch gar nicht gefunden haben. Justus nennt den Namen „Mr. Claudius“, wenngleich er dessen Namen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kennen kann. Justus nennt Tante Mathilda „meine Mutter“ uva. Bleibt zu erwähnen, dass 2004 eine überarbeitete Version des Hörspiels mit dem Titel „Superpapagei 2004“ veröffentlicht wurde, bei der die bekannten Fehler ausgemerzt wurden. Wer Spaß an den Missgriffen der Serie hat, surft mal auf http://www.rocky-beach.com vorbei – der wohl führenden Fan-Site der drei Fragezeichen. Hier finden sich neben dem Fehlerteufel auch sonst eine ganze Menge Infos rund um die Serie.

_Da kuckste in die Röhre, was?! – Das Fazit_

Die Neuabmischung begleitet immer noch das gute alte Mystery-Flair mit allen klassischen Elementen eines herausragenden Jugendhörspiels, auch wenn mir der alte Soundtrack ein wenig abgeht, denn auch (und gerade) daran macht man Kindheitserinnerungen fest. Trotz manchen Schnitzers ist dies immer noch |die| Kultfolge schlechthin, welche man Neulingen als Start in die Serie empfehlen kann.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel: „Die drei ??? und der Super-Papagei“ – Folge 1
Ersterscheinung: Oktober 1979
Label: EUROPA – Sony BMG Ariola Miller
Lauflänge: ca. 48 Minuten
Drehbuch: H. G. Francis
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Conrad, Morgenstern, Zeiberts
Cover-Design: Aiga Rasch

_Die Figuren und ihre Sprecher:_

Erzähler – Alfred Hitchcock: Peter Pasetti
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Morton: Andreas von der Meden**
Mr. Claudius: Gerlach Fiedler
Mrs. Claudius: Ingrid Andree
Mr. Fentriss: Richard Lauffen
Mrs. Waggoner: Katharina Brauren
Hausierer Ramos: Juan Perez (Karl-Ulrich Meves)*
Carlos: Stefan Brönneke
Victor Hugenay: Albert Giro (Wolfgang Kubach)*
Papageien, insbesondere „Blacky“: Heikedine Körting**

*) Pseudonym. Die in Klammern aufgeführten Namen sind die Klarnamen der Sprecher.

**) Andreas von der Meden und Heikedine Körting werden komischerweise auch im aktuellen Release immer noch nicht in der Sprecherliste genannt.

http://www.natuerlichvoneuropa.de/area__ddf/index.php?sid=1

Moning, Karen Marie – dunkle Highlander, Der (Hörbuch)

_Weichspülerpornografie im Schottenrock_

Chloe Zanders ist 28, studiert alte Sprachen und hegt, ausgelöst durch die Geschichten ihres schottischstämmigen Großvaters, eine Vorliebe für keltische Mythen und Artefakte. Sie lebt ein scheinbar beschauliches Leben in New York, dessen Hauptbestandteil die Arbeit in einem Institut ist. Man könnte daher annehmen, dass sie eine intelligente, selbständige Frau wäre, die mit beiden Beinen fest im Leben steht.

Doch dann lernt sie Daegus MacKeltar kennen; einen geheimnisvollen, fast unwirklich schönen Mann, der es sich in der Minute, in der er Chloes zum ersten Mal ansichtig wird, in den Kopf setzt, diese Frau zu verführen und sie zu seiner Gefährtin zu machen, damit sie ihm hilft, den Fluch zu überwinden, den er als Nebenfigur und Bruder des Haupthelden Drustan MacKeltar im vorhergehenden Roman „Die Liebe eines Highlanders“ auf sich geladen hat. Demnach hat Daegus einen Pakt mit den Túatha Dé Danann (dem schottischen Feenvolk) gebrochen, um seinen Bruder zu retten. Danach haben die Seelen von 13 schwarzen Druiden von Daegus Besitz ergriffen. Sobald sie mächtig genug sein werden, könnte die Welt aus den Fugen geraten.

Wird also Daegus MacKeltar die richtigen Schriften finden, in denen alle Umstände des Pakts festgehalten wurden? Kann Chloe ihm dabei helfen, die Kontrolle über die schwarzen Mächte zu erlangen? Und wer oder was sind die ominösen Dragar? Die Beantwortung dieser Fragen ist für die Autorin Karen Marie Moning, die weitere Highlanderromane und eine ebenso sexlastige Vampirserie veröffentlicht hat, vermutlich ebenso nebensächlich gewesen wie eine spannende Handlung oder mehrdimensionale Charaktere zu entwerfen. Bei Daegus wird aus Chloe Zanders ein „Chloe-Mädchen“, die sich naiv und trottelig wie ein Teenager verhält, der statt im 20. Jahrhundert scheinbar in einem sexuellen Vakuum aufgewachsen ist. Mit ihren 28 Jahren ist sie nicht nur noch Jungfrau, sondern hat auch noch nie selbst Hand an sich gelegt. Bereits der Anblick eines nackten Oberkörpers bringt sie derart aus der Fassung, dass sie nur noch stammeln kann. Die Sprecherin des 2008 bei |Radioropa| erschienen Hörbuchs unterstreicht diese Einfalt durch ein hohes Stimmchen, das fast ins Tonlose übergeht.

So bestehen denn zwei Drittel des Romans bzw. des Hörbuchs aus einem nicht enden wollenden Vorspiel aus Sexszenen mit einer anderen Frau, Gedanken an Sex, Träumen von Sex sowie einer Szene, in der Daegus Chloe im Flugzeug masturbiert und ihr den ersten Orgasmus ihres Lebens verschafft, bis er sie (endlich!) in einem Waldstück niederwirft und entjungfert. Ach, ja, zwischendurch reisen die beiden Protagonisten noch von New York nach Schottland, wo sie auf die Hauptcharaktere des Vorgängerromans, Drustan und Gwen, treffen, damit sich die Zielgruppe über das Wiedersehen und die thematischen Anknüpfungspunkte freuen kann. Dabei wird dem Leser die Einfallslosigkeit der Autorin erst richtig bewusst: Daegus und Drustan sind Zwillinge; darum natürlich beide hünenhaft und gut aussehend. Sowohl Gwen als auch Chloe sind eher zierliche Persönchen und mit Mitte 20 noch sexuell unerfahren.

Beinahe genauso einfach wie das Fliegen in einem Flugzeug ist die anschließende Reise der beiden mit Hilfe eines Steinkreises zu Daegus Vater in das 16. Jahrhundert, welches Moning irrtümlich als „Mittelalter“ bezeichnet. Dort reiten sie ein wenig herum und bekommen eine geheime Kammer gezeigt, die man sie der Spannung halber auch hätte selbst suchen lassen können. In ihr befinden sich alte Schriften, die wichtige Hinweise auf die Möglichkeit der Erlösung vom Fluch geben sollen. Aber eigentlich ist das alles nebensächlich, denn diese Szenen sind doch nur lästige Unterbrechungen des Liebesspiels.

Die größte Bewunderung im Hinblick auf das Hörbuch muss man daher der Sprecherin entgegenbringen, die ihr Möglichstes versucht, die zahlreichen sexuellen Fantasien oder Sätze wie „Er war aufregend, wunderschön und multilingual“ – die in ihrer Zusammensetzung oder Übersteigerung oft schon wieder lächerlich wirken – auszusprechen und auch noch mit Leben zu füllen. Unterstreicht die Sprechweise bei Chloe deren Einfältigkeit, wird Daegus in Szenen mit wörtlicher Rede zwischen Chloe und ihrem dunklen Highlander immer leicht gepresst und knurrend gesprochen, worin man eine Illustration der Tatsache sehen kann, dass Daegus stets gegen die mächtiger werdenden Druiden in seinem Inneren ankämpfen muss. Doch was auch immer die Sprecherin versucht, bereits nach einer von insgesamt zwölfeinhalb Stunden ist der Hörer aufgrund der Handlungsarmut Morpheus‘ Armen näher als den Hauptcharakteren, für die man weder Sympathie aufbringen noch mit ihnen mitfiebern kann. Da hilft es auch nicht, wenn die Autorin ständig wiederholt, wie gut Daegus aussieht, wie potent sein übergroßes Glied daherkommt oder was er mit welchen Stellen des weiblichen Körpers anstellen kann. Irgendwann hat schließlich jeder verstanden, dass der dunkle Highlander ein übermenschlich gut gebauter Sexgott ist.

Hinzu kommt, dass die Autorin nichts erklärt. Das Zeitreisen wird als Möglichkeit hingenommen, die zwar gefährlich sein kann, aber der Moment der Zeitreise wird bewusst außen vor gelassen, um ihn nicht beschreiben zu müssen. Was genau die Druiden in Daegus bewirken oder in welcher Hinsicht die ganze Welt gefährdet ist, erfährt der Leser/Hörer ebenfalls nicht. Andeutungen kann man nur entnehmen, dass sie ihm Magie zur Verfügung stellen. Es baut sich jedoch keine Spannung auf, weil man sich nicht um den Helden ängstigt, der im Grunde sowieso nur das Eine wollen muss, was Moning auch noch damit rechtfertigt, dass es ihm helfe, die Druiden unter Kontrolle zu halten. Im 16. Jahrhundert bewegen sich die Hauptcharaktere (besonders verwunderlich bei Chloe) ebenso selbstverständlich wie im 20. Jahrhundert, abgesehen von der Tatsache, dass Chloe angesichts neuer „alter“ Gegenstände in jeder Szene fast überschnappt. Mit Recherchearbeit war dieser Roman jedenfalls nicht verbunden.

Diese Einfalls- und Spannungsarmut rechtfertigt Moning mehrmals, in dem sie in „Der dunkle Highlander“ auf vorhergehende Werke oder die Vorzüge von Liebesromanen im Allgemeinen anspielt: „Wenn ich Realität will, dann sehe ich CNN.“ Nun verlangt von einem Liebes- oder Zeitreiseroman niemand „Realität“. Dennoch sollte man sich als Leser mit den Personen und ihrer Liebe zueinander identifizieren können. Wenn die Helden in der Vergangenheit sind, muss es auch Unterschiede zur vorhergehenden Realität der Gegenwart und nicht nur einen Kulissenwechsel geben. Spannung resultiert hierbei aus der Wahrscheinlichkeit, aus der Limitierung der Möglichkeiten und einem drohenden Verlust. Diana Gabaldon hat das mit dem ersten Buch ihrer Highlandsaga („Feuer und Stein“) vorgemacht. Daher müssen sich nachfolgende Romane immer an ihr messen lassen.

Auch bei Gabaldon wird die Zeitreise mit Hilfe eines Steinkreises möglich. Nur ähnelt dieser keinem Beamer, den man ständig benutzen kann, sondern fungiert als Manifestation der Trennungslinie zwischen den Zeiten und den Protagonisten. Sie physisch zu übertreten, ist nur an mythologisch besonderen Tagen des Jahres möglich. Ein psychisches Überwinden bleibt in manchen Bereichen gänzlich versagt. In diesen Momenten springen Liebe und Vertrauen ein, damit es zu einer Annäherung zwischen den Charakteren kommen kann. Daraus resultiert bei Gabaldon Spannung und Tragik zugleich. Ihren Protagonisten glaubt der Leser auch, dass sich zwei erwachsene Menschen trotz aller Verständnisschwierigkeiten, die aus der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Jahrhunderten resultieren, sowohl geistig wie auch körperlich lieben. Was Moning hier abgeliefert hat, lässt sich auf die Formel „gut gebauter Highlander beglückt unerfahrene Studentin“ reduzieren. Das ist Weichspülerpornografie, bei der man die Seiten mit der spärlichen Handlung getrost überblättern kann, um sich auf das Wesentliche des Romans zu konzentrieren. Vorgelesen auf zehn CDs wirkt „Der dunkle Highlander“ – so sehr sich die Sprecherin auch bemüht – bestenfalls erheiternd oder als gute Einschlafhilfe.

|Originaltitel: The Dark Highlander
Aus dem Englischen von Ursula Walther
Buchausgabe bei Ullstein, 2004
12:24 Stunden auf 10 CDs + 1 Bonus-MP3-CD|
ISBN-13: 978-3836802574|
http://www.hoerbuchnetz.de

Lexington, Bob / Weber, Raimon / Sassenberg, Volker – Point Whitmark: Die Bucht der 22 Schreie (Folge 01) (Hörspiel)

_Inhalt:_

Die Schüler Jay Lawrence, Tom Cole und Derek Ashby betreiben in ihrer Freizeit einen Radiosender in einem Raum ihrer Highschool. Dabei nehmen sich die drei Jungreporter mit Vorliebe Themen an, die recht brisant sind. So zum Beispiel auch des Untergangs des Frachters Albacore vor über dreißig Jahren. Die Umstände des Unglücks sind bis dato immer noch ungeklärt. Doch bereits zu Beginn ihrer Recherchen stoßen die Jungs auf Widerstand: Der Rektor der Schule fürchtet um die Ruhe von Point Whitmark und droht den Schülern mit Sendeverbot. Außerdem erhalten Jay, Tom und Derek mysteriöse Drohungen. Geistern die Seelen der 22 ertrunkenen Seeleute tatsächlich vor Point Whitmark herum?

_Meine Meinung:_

Drei Jugendliche, die in ihrer Freizeit nichts Besseres zu tun haben, als Verbrecher zu jagen? Das kommt einem bekannt vor und ist seit Jahren das Erfolgsrezept der Hörspielserie |Die Drei Fragezeichen|. Die Jugendhörspielserie |Point Whitmark| von Volker Sassenberg nach den Romanen von Bob Lexington hat eine ähnliche Grundlage und unterscheidet sich zunächst nur im Detail. So betrachten sich Jay, Tom und Derek keineswegs als Detektive, sondern als Reporter und Radiojournalisten. Dass sie dabei immer wieder in Verbrechen verwickelt werden, ist meistens dem Zufall zuzuschreiben und macht die Geschichten daher auch sehr interessant.

Bereits beim Anhören der ersten Folge fällt der hohe Produktionsstandard auf. Neben einer originellen und spannenden Geschichte sind es die erstklassigen Sprecher, die klangvolle Musik sowie die realistischen Effekte, welche |Point Whitmark| so bemerkenswert machen. Hinzu kommt, dass die einzelnen Folgen in sich abgeschlossen sind und man – im Gegensatz zu |Gabriel Burns| – auch ein Hörspiel der höheren Nummern kaufen kann, ohne die ersten Folgen zu kennen. Folge eins startet sofort mit einer gut durchdachten Story und stellt die Charaktere nebenbei während der Handlung vor.

Bereits die Anfangssequenz aus der Vergangenheit, wo der Frachter sinkt, wurde sehr stimmig und mit authentischen Geräuschen unterlegt dargestellt. Das Reporter-Trio wird gesprochen von Sven Plate (Jay), Kim Hasper (Tom) und Gerrit Schmidt-Foß (Derek), die alle eine hervorragende Arbeit leisten und ihre Rollen mit viel Engagement spielen. Sven Plate kennt man unter anderem als deutsche Stimme von Wesley Crusher aus der Fernsehserie |Star Trek: Das nächste Jahrhundert|. Kim Hasper hat unter anderem die Figur des Harry Osborn in den |Spider-Man|-Filmen synchronisiert, während Gerrit Schmidt-Foß zum Beispiel Leonardo DiCaprio seine Stimme leiht. Als Erzähler brilliert der Schauspieler Jürg Löw, der diese Aufgabe exzellent erfüllt. Insgesamt betrachtet gibt es eigentlich keinen Sprecher, der seine Rolle nicht hingebungsvoll und angemessen darzustellen versteht. Alles in allem also ein sehr schönes und grandios produziertes Debüt einer neuen Jugenkrimi-Hörspielserie.

Die neu aufgelegte Serie fällt dem Käufer sofort durch ihr auffälliges Layout ins Auge. Die Illustration ist atmosphärisch und erinnert vom Stil her ebenfalls ein wenig an die |Europa|-Hörspiele. Leider beinhaltet das Booklet lediglich eine Sprecherliste sowie die üblichen Infos zur Produktion. Daten und Fakten zu der literarischen Vorlage und zum Autor Bob Lexington wären wünschenswert gewesen.

_Fazit:_

„Die Bucht der 22 Schreie“ ist ein spannendes Jugendhörspiel für alle Fans der |Drei Fragezeichen| und all jene, die sich gerne ähnliche Storys mit frischen Charakteren zu Gemüte führen möchten. Das Hörspiel weist in allen Sparten (Sprecher, Musik und Effekte) einen sehr hohen Standard auf und unterhält auch erwachsene Hörer auf einem anspruchsvollen Niveau. Ein versteckter Track am Ende der Folge ist ein angenehmer Bonus.

Nach einer Erzählung von Bob Lexington
Idee & Konzeption: Volker Sassenberg
Drehbuch: Raimon Weber & Decision Products
Musik: Volker Sassenberg, Markus Segschneider und Manuel Rösler in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Staatsorchester Weißrussland und Victor Smolski (|Rage|)
Ton & Schnitt: Erik Anker
Tonassistenz: Thorsten Hohagen
Illustration: MD
Regie: Volker Sassenberg
Produktion: Volker Sassenberg
Aufgenommen und gemischt unter Finians Regenbogen

|Sprecher:|

Erzähler: Jürg Löw
Jay Lawrence: Sven Plate
Tom Cole: Kim Hasper
Derek Ashby: Gerrit Schmidt-Foss
Direktor Reno: Jürgen Uter
Matt Stinger: Raimon Weber
Bürgermeister Morris: Henning Schlüter
Stadtrat Riverdale: C.-D. Clausnitzer
Sheriff Baxter: Andreas Becker
Cassandra Harris: Tanja Kuntze
Deputy Nelson: Roger Trash
Mrs. Bushland: Ines Burkhard
Vater Callahan: Heinz Ostermann
Arbeiter: Christian Tasche

|63 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 9783829118934|
http://www.pointwhitmark.de
http://www.karussell.de/0__point__whitmark__22460.jsp

_|Point Whitmark| auf |Buchwurm.info|:_

[„Point Whitmark 22: Die blutenden Schlüssel“ 4793
[„Point Whitmark 23: Der Duft der Finsternis“ 5058

_Florian Hilleberg_

Wilson, F. Paul – Handyman Jack – Der letzte Ausweg (Folge 2)

_Taffer Handwerker: Zorro, hilf dir selbst!_

Wenn der Abfluss mal verstopft ist, sollte man Handyman Jack lieber nicht rufen. Jack repariert nämlich andere Sachen: Probleme, mit denen sonst niemand fertig wird. Er kümmert sich für gutes Geld darum, dass Unrecht bestraft wird. Dabei verlässt er sich auf eine Kombination aus Können und Dreistigkeit. Handyman Jack ist ein Held – aber auch ein Rätsel. Er lebt im Untergrund. Niemand kennt seine Identität. Jack verkörpert eine tödliche Mischung aus „Zorro“ und Bruce Willis.

Folgende Geschichten von F. Paul Wilson finden sich auf diesem Thriller-Hörbuch:

1) Der lange Weg nach Haus
2) Der letzte Rakosh
3) In der Mangel

_Der Autor_

F. (Francis) Paul Wilson (geboren 1946) ist ein US-amerikanischer Besteller-Autor von Mystery-, Thriller- und Horror-Romanen. Wilson studierte Medizin am Kirksville College of Osteopathic Medicine und ist heute immer noch praktizierender Arzt. Wilsons bekannteste Romanfigur ist der Anti-Held Handyman-Jack (engl. Repairman-Jack). Neben Mystery-, Science-Fiction- und Horror-Romanen schreibt Wilson auch Medizin-Thriller. Außerdem ist er ein großer Fan von H. P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos und hat auch selbst ein paar Storys in Anlehnung an diesen Mythos geschrieben. F. Paul Wilson lebt mit seiner Frau, zwei Töchtern und drei Katzen an der Küste von New Jersey.

Stephen King ist laut Verlag der Präsident des Handyman-Jack-Fanclubs.

F. Paul Wilson auf Buchwurm.info:

[„Das Kastell“ 795
[„Tollwütig“ 2375
[„Die Gruft“ 4563
[„Handyman Jack – Schmutzige Tricks“ (Folge 1) 4939

_Der Sprecher_

Detlef Bierstedt ist Schauspieler und Synchronsprecher. Als deutsche Stimme von George Clooney verleiht er diesem Lässigkeit und Charme. Seit 1984 hat er über 600 Synchron-Rollen gesprochen und war als Schauspieler in der TV-Serie „Tatort“ zu sehen. Als Spezialist für spannende Thriller hat er auch „Diabolus“ von Dan Brown vorgetragen. Nun haucht er Handyman Jack Leben ein. (Verlagsinfo)

_Die Macher_

Für Regie, Produktion & Dramaturgie zeichnet Lars Peter Lueg verantwortlich, für Schnitt, Musik & Tontechnik Andy Matern.

Lars Peter Lueg ist der exzentrische Verlagsleiter von |LPL records|. Der finstere Hörbuchverleger hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Grauen aus kalten Kellern und feuchten Grüften hinaus in die Welt der Lebenden zu tragen. LPL produziert alle Hörbücher & Hörspiele selbst und führt auch Regie. Er erhielt als Produzent einen Preis für „Das beste Hörbuch/Hörspiel des Jahres 2003“. Eine seiner Regiearbeiten wurde vom renommierten |hörBücher|-Magazin mit dem Prädikat „Grandios“ ausgezeichnet. Außerdem erhielt er beim Hörspielpreis 2007 eine Auszeichnung für die „Beste Serienfolge“. (Verlagsinfo)

Andy Matern ist seit 1996 als freiberuflicher Keyboarder, Producer, Remixer, Songwriter und Arrangeur tätig. Er kann mehr als 150 kommerzielle CD-Veröffentlichungen vorweisen. Darunter finden sich nationale und internationale Chart-Platzierungen mit diversen Gold- und Platin-Auszeichnungen. Andy Matern wurde als „Bester Hörspielmusiker des Jahres 2005“ ausgezeichnet. Sein neuestes Edelmetall wurde ihm für die Musik zu den Dan Brown-Hörbüchern „Illuminati“ (Doppel-Platin) und „Sakrileg“ (Platin) verliehen. (Verlagsinfo)

_Die Erzählungen_

_1) Der lange Weg nach Haus_

Von seiner Lieblingskneipe bei Julios schlendert Jack Richtung Zuhause, als er vor Costins Krämerladen einen Schuss hört. Da steht auch schon ein New Yorker Streifenwagen, allerdings mit nur einem Cop darin. Jack geht sofort in Deckung und stellt sein Sixpack Bier erst einmal beiseite. Der Cop steigt aus, um nachzusehen, was aus seinem Kollegen geworden ist. Da tritt auf einmal aus der Tür zu Costins Laden ein schwarzhäutiger Riese und grinst den Bullen an – mit einer Schrotflinte im Arm. Der Cop versucht ihn aufzuhalten, vergeblich, denn gleich trifft ihn ein Schuss in den Hals, der ihn umhaut.

Jack kapiert sofort, dass hier ein simpler Raubüberfall auf den Laden soeben tödlich eskaliert ist, möglicherweise mit zwei Opfern. Und der zweite Cop droht zu verbluten. Was soll Jack tun? Normalerweise hält er sich verborgen und lässt sich mit Bullen auf keinen Fall ein, doch irgendwie hat sein Körper bereits für ihn entschieden und die kleine 45er aus dem Knöchelhalfter gezogen. Er tritt hinter den schwarzen Riesen, der drauf und dran ist, dem Cop den Gnadenschuss zu verpassen, und befiehlt ihm, die Flinte fallenzulassen.

Doch der lacht bloß darüber, dreht sich um, um zu schießen, da erwischt ihn eine aufgebohrte 45er-Kugel mitten ins Auge. Danach ist von seinem Hirn nicht mehr viel übrig. Der Riese bricht zusammen. Jack kniet sich nieder, um dem Cop die spritzende Halsschlagader zuzudrücken. Schon tauchen weitere Cops auf und befehlen ihm, beide Hände hochzunehmen. Wie kann man bloß so dämlich sein? Er macht den Typen klar, was passiert, wenn er das täte. Endlich kapiert es einer, und dann kommt auch schon die Ambulanz. Jack weist die Sanis ein und will sich verdünnisieren, als man ihm Handschellen anlegt …

Auf der Polizeiwache des 20. Reviers hat der diensthabende Officer Carruthers ein erhebliches Problem mit der Tatsache, dass Jack fünf Ausweise vorlegt, die auf verschiedene Nachnamen lauten. Dreimal darf man raten, wie sein Vorname lautet. Jack weiß, dass er sich auf keinen Fall einbuchten lassen darf. Von ihm existieren weder Fingerabdrücke noch Fotos, und wenn das Finanzamt erstmal spitzkriegt, dass er existiert, aber keine Sozialversicherungsnummer besitzt, kann er sich gleich einsargen lassen – von den Typen, die mit ihm eine Rechnung offen haben, ganz zu schweigen.

Er muss hier unbedingt raus. Und unverhofft wird ihm die Chance geboten, Carruthers zu helfen. Dessen kleiner Bruder wurde nämlich in Costins Laden als Geisel genommen, vom Komplizen des schwarzen Riesen …

|Mein Eindruck|

Diese erste Erzählung stellt uns die Person des Handyman Jack und seine außergewöhnlichen Lebensumstände vor. Er arbeitet im Verborgenen, und nur seine Samariterhandlung bedroht diesen privilegierten Status. Das moralische Urteil fällt zwiespältig aus: Was dem Cop das Leben rettet, bringt Jacks in größte Gefahr. Im Knast werden es ihm die Verbrecher, die er hinter Gitter gebracht hat, schon heimzahlen. Deshalb ist die Freilassung das größte Geschenk überhaupt – eine reichlich unwahrscheinliche Verhaltensweise von Carruthers. Aber eine mit lohnenden Folgen: Jack kümmert sich um Leute, denen er noch einen Gefallen schuldet.

Der Showdown mit dem Komplizen des Riesen ist ebenfalls ein Schmankerl. Der Fettsack, der noch keinen erschossen hat, braucht eine Weile, bis er kapiert, dass a) Jack kein Bulle ist und b) er, Fettsack, frei wählen darf, welches sein Schicksal sein wird. Jack hofft natürlich, dass er sich ergibt, aber so viel Hirn oder Mut bringt Fettsack leider nicht auf …

_2) Der letzte Rakosh_

Jack schaut sich am Sonntag mit seiner Freundin Gia und deren achtjähriger Tochter Vicky den Jahrmarkt auf Long Island an. Dort ist ein merkwürdiger Stand aufgebaut: „Ozymandia Praters Kuriositäten-Kabinett“. Kaum werden zweifel laut, ob dies wohl das Richtige für Klein-Vicky sei, begehrt das Mädchen auf. Sie zahlen und treten in das Zelt. Da sind die üblichen Monstrositäten ausgestellt: Zwillinge, ein Fettsack, ein Riese, aber auch ein Vogelmensch, ein Schlangenmann und der Krokodiljunge – hm, ungewöhnlich. Bestimmt bloß Fälschungen und Tricks. Ein Junge, mit dem Vicky und Jack sprechen, verhält sich wie ein Echo und macht ihre Stimmen täuschend echt nach, sogar Jacks Imitation von W. C. Fields – unheimlich. Schnell weiter, meint Gia.

Vicky eilt voraus, läuft aber nach einem Aufschrei gleich wieder angstvoll zurück. Sie hat das Monster gesehen, das sie einst auf ein Boot verschleppt hatte. Jack durchläuft es eiskalt. Vicky hat einen Rakosh gesehen! Nachdem Gia mit Vicky nach draußen gegangen ist, schaut sich Jack die Sache genauer an.

Tatsächlich: Hinter einem Absperrseil steht ein stabiler großer Käfig, in dem ein Rakosh liegt. Sein löwenartiger Körper endet in einem gorillaähnlichen Kopf und stahlharten, langen Klauen. Jack dachte, er hätte letztes Jahr alle Rakoshi, die Mr. Qusum gezüchtet und für Verbrechen eingesetzt hatte, vernichtet, doch dieser hier, Narbenlippe, hat offenbar einen Sturz ins Wasser überlebt. Nun wird er als „Haimensch“ angepriesen. Jack sieht, wie Narbenlippe ihn wiedererkennt und die Klauen ausfährt …

|Mein Eindruck|

Die Story an sich ist unvollständig, denn die Rückverweise und ein uneingelöster Vorausverweis machen klar, dass es sich hier um den Auszug aus einer längeren Geschichte, möglicherweise eines Romans handelt. („Auszug“ steht auch auf der CD-Box-Rückseite.) Dennoch kann man die Erzählung würdigen. Sie schildert die Begegnung mit einem Fremdwesen, das phantastisch anmutet, aber nur eine Verkörperung von Jacks schlimmsten Feinden darstellt: ein fleischgewordener Albtraum. Die Schilderung ist anschaulich, lebendig, voller Emotionen und Erinnerungen, so dass man sich die Szene gut vorstellen kann. Offenbar soll dieser Text als Beispiel für Wilsons Erzählkunst dienen.

_3) In der Mangel_

Mounir Habib, ein Araber mit amerikanischer Staatsbürgerschaft, wendet sich nach einem Tipp verzweifelt an Jack. Ein Psychopath habe seine Frau Barbara und seinen Sohn Robby entführt und verlange nun statt Geld, dass Mounir abstoßende Handlungen ausführt, die seinen muslimischen Glauben beleidigen. So musste Mounir etwa Schweinefleisch essen und dazu alkoholisches Bier trinken – auf der Straße. Und er musste in aller Öffentlichkeit auf die Straße urinieren usw.

Mounir ist nicht gerade der mutigste und wehrhafteste Zeitgenosse. Der Abteilungsleiter einer saudi-arabischen Ölgesellschaft hat jede Anweisung des sadistischen Entführers ausgeführt, in der Hoffnung, ihn zufriedenzustellen. Polaroidfotos sollen überzeugen, dass der Kidnapper nicht lügt, aber als er dies doch einmal unterstellt, schickt ihm der Typ Robbys kleinen Finger. Mounir, schon schwer erschüttert, bricht glatt zusammen.

Jack hat Prinzipien, und eines davon lautet, dass er sich nie mit Entführern und Psychopathen einlässt. Doch Mounir will nicht zur Polizei gehen, der Entführer hat das untersagt. Doch als seine Fragen ergeben, dass ein früherer Mitarbeiter Mounirs, den er entließ, dahinterstecken könnte, ahnt er, dass er nicht mehr nach den Spielregeln des Mannes spielen darf, sondern eigene aufstellen muss. Der Kidnapper verlangt als nächstes, dass sich Mounir einen Finger abhackt und diesen an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit übergibt. Jetzt sieht Jack seine Chance gekommen.

Doch leider macht ihm ausgerechnet Mounir einen dicken Strich durch die Rechnung …

|Mein Eindruck|

Die Story folgt den gleichen Vorgaben wie „Familiennotdienst “ aus dem ersten Auswahl-Hörbuch „Schmutzige Tricks“: Armer Kerl wendet sich an Jack als letzten Ausweg, um seine Schwester bzw. seine Familie vor dem Aus zu retten. Jack hat erst Vorbehalte, muss sich aber dann voll reinhängen. Ende gut, alles (nicht so) gut.

Die schlechteste Figur in diesem Aufguss ist die des Richard Hollander, des Kidnappers. Nicht nur ist es unglaubwürdig, dass von ihm kein Foto in der Personalakte sein soll, die Mounir Habib bearbeitet hat, sondern wir bekommen auch nur ein verzerrtes Bild von Hollander präsentiert: ein kleiner Wichtigtuer, der sich als Psychopath versucht und dabei einige unappetitliche Grenzen überschreitet.

Klar, dass Jack kurzen Prozess mit dem kleinen Wichser macht. Die Pointe ist jedoch die, dass Habibs Ehe erst dann gerettet ist, wenn Habib und seine Frau sich selbst um die Gerechtigkeit kümmern, die Hollander widerfahren soll. Jack macht aus ihnen Klone seines Vigilantentums, nach dem Motto: Überlasse nicht den Bullen, was du selbst kannst besorgen. Ob das wirklich eine Ehe kittet, an der Schuldgefühle nagen (Hat Habib |wirklich alles| getan, um Frau und Sohn zu retten?), wage ich zu bezweifeln.

_Der Sprecher_

Das Hörbuch wird von Detlef Bierstedt kompetent und deutlich artikuliert vorgetragen, so dass man dem Text mühelos folgen kann. Er muss sich nicht besonders anstrengen, denn die amerikanischen und italienischen Namen auszusprechen, ist eigentlich kein großes Kunststück für einen Mann mit Allgemeinbildung. Mehrmals war ich dennoch von seiner Kenntnis der Aussprache bestimmter Begriffe und Namen beeindruckt.

Da sich die Anzahl der Figuren sich in Grenzen hält, gerät man nie in Gefahr, die Übersicht zu verlieren. Bierstedt versucht sein Möglichstes, die Figuren zu charakterisieren. Die wichtigste Figur ist natürlich Handyman Jack selbst, der Ich-Erzähler. Er klingt zwar nicht wie Bierstedts Synchronfigur George Clooney, aber doch einigermaßen cool und abgebrüht, wie ein Nachfahre von Philip Marlowe. Bemerkenswert ist auch die Redeweise des Kidnappers in „In der Mangel“: Dieses langgezogene „Mouuuuunir“ wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Bei so wenig Abwechslung in den Stimmlagen kommt es darauf an, die stimmliche Expressivität der jeweiligen Szene anzupassen und so den Ausdruck emotionaler und abwechslungsreicher zu gestalten. Dies gelingt dem Sprecher wesentlicher erfolgreicher, und so kann sich der Hörer über Jammern, Verzweiflung, Hysterie, Schniefen, Stammeln, Verlegenheit, Angst, Spott, Arroganz, Sarkasmus, Nervosität, Erleichterung, Erschütterung, Aufregung, Besorgnis, Freude und viele andere Gefühlsausdrücke freuen. Ganz eindeutig ist dies Bierstedts eigentliche Stärke. Hörbar macht ihm dieser Aspekt seiner Arbeit am meisten Spaß.

|Musik|

Das Intro stimmt den Hörer bereits auf eine spannende, dynamische Handlung ein und erinnert von fern an Film-noir-Musiken. Das Outro entspricht dem Intro. Dazwischen hören wir immer wieder Musik, um die Pausen zu füllen, beispielsweise um einen Szenenwechsel anzudeuten. Die Musik Andy Materns kann eine dynamische, eine angespannte oder auch eine relaxte Stimmung erzeugen, ganz nach Bedarf.

So etwas wie Hintergrundmusik ist nur in inszenierten Lesungen und Hörspielen üblich, wird daher auch hier nicht praktiziert – oder nur dergestalt, dass die Hintergrund- zur Vordergrundmusik wird, während der Vortrag endet.

_Unterm Strich_

Die erste Story ist eigentlich die gelungenste, denn sie zeigt uns die Fähigkeiten Jacks ebenso wie seine Verwundbarkeiten. Heikel ist lediglich die unwahrscheinlich glückliche Wendung auf dem Polizeirevier, als sie ihn laufen lassen. Die zweite Story ist eine Art „Showpiece“, anhand dessen die Erzählkunst des Autors demonstriert wird. Mit Jacks Fähigkeiten hat das wenig zu tun.

Mit einer Länge von eineinhalb CDs, also mindestens hundertzehn Minuten, bestreitet „In der Mangel“ den Löwenanteil dieser Produktion. Die Handlung führt zu einem actionreichen Showdown, doch bis es dahin kommt, muss der Hörer einen langen Anlauf ertragen – und nicht nur das, sondern auch das ständige Jammern, Klagen und Flennen von Mounir Habib. An Jacks Stelle würde ich diesen Nervtöter und Waschlappen auch am liebsten loswerden.

In der ersten Auswahl [„Schmutzige Tricks“ 4939 hatte Handyman Jack durchaus das Zeug, Freunde hartgesottener Geschichten zu erfreuen. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Jacks Moral lässt ihn immer wieder auf der Seite der Opfer stehen. Und sein Humor ist nicht durchgehend schwarz, sondern auch ein wenig schräg, so etwa wenn Jack seinem Freund Julio nachfühlen kann, dass die Yuppies in der Gegend überhand nehmen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen sind. Insgesamt ist er also ein Bursche, dessen Aktionen zwar an Superhelden wie Spider-Man erinnern, der aber im Gegensatz dazu immer schön auf dem Teppich bleibt. Das fand ich relativ sympathisch. In „Der letzte Ausweg“ erscheint er mehr als Egoist denn als Altruist, und so verliert er einige Sympathiepunkte.

|Das Hörbuch|

Das Hörbuch wird von Detlef Bierstedt in gewohnter Weise kompetent gestaltet, bietet aber ansonsten keine Zutaten wie etwa Musikuntermalung oder gar eine Geräuschkulisse. Musik füllt lediglich die Pausen für die Szenenwechsel, ist aber passend und im In- und Outro auch unterhaltsam.

|3 Stunden und 34 Minuten auf 3 CDs
Aus dem US-Englischen übersetzt von Michael Plogmann|
ISBN-13: 978-3-7857-3580-0|
http://www.lpl.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.festa-verlag.de

Safier, David / Hoffmann, Susanne / Ackers, Beatrix – Mieses Karma. Das Hörspiel

_Nirvana-Rap und Wiedergeburts-Comedy_

Gerade als die Fernsehmoderatorin Kim Lange beruflich auf dem Gipfel anlangt, wird sie von einem Bruchstück einer herabstürzenden russischen Raumstation erschlagen. Im Jenseits erfährt sie, dass sie im Leben viel mieses Karma gesammelt hat: Sie habe ihr kleine Tochter vernachlässigt und ihren Mann betrogen. Zur Strafe wird sie jetzt als Ameise wiedergeboren.

Das Leben als Ameise ist ein hartes Los. Damit es auf der Reinkarnationsleiter wieder aufwärts geht, muss schnellstens gutes Karma her. Doch der Weg vom Insekt zurück zum Zweibeiner ist hart und voller Rückschläge. Schließlich schafft es Kim, als fettleibige Frittenverkäuferin wiedergeboren zu werden. Gerade noch rechtzeitig, um ihre Tochter Lilly zu retten und die Eheschließung ihres früheren Mannes mit ihrer intriganten besten Freundin zu sabotieren.

_Der Autor_

David Safier, 1966 geboren, wurde bekannt durch die Drehbücher zu den Erfolgs-Fernsehserien „Nikola“, „Mein Leben und Ich“, „Zwei Engel und Amor“ sowie „Berlin, Berlin“. Ausgezeichnet wurde seine Arbeit bereits mit dem Grimme-Preis, dem Deutschen Fernsehpreis und dem Emmy, dem amerikanischen Fernseh-Oscar. Safier lebt und arbeitet in Bremen. [„Mieses Karma“ 3575 ist sein erster Roman.

_Die Inszenierung_

Die Hörspielbearbeitung erfolgte durch Susanne Hoffmann und Beatrix Ackers inszenierte das prachtvolle Comedy-Stück 2008 für den Norddeutschen Rundfunk. Die flotte, mal jazzige und mal romantische Musik trug Andreas Bick bei.

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Cathlen Gawlich: Kim Lange
Kathrin Angerer: Nina Karge
Andreas Pietschmann: Alex Weingart
Lina Böckel: Lilly
Ingeborg Westphal: Martha, Kims Mutter
Ulrich Wickert: Ulrich Wickert
Christoph Bantzer: Casanova
Stephan Schad: Daniel Kohn
Dieter Pfaff: Buddha

In weiteren Rollen: Jens Wawrczeck, Brigitte Janner, Samuel Weiss und viele andere.

|Kurzbiographien|

Stephan Schad, Jahrgang 1964, ist Absolvent der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Er war in diversen Fernsehrollen zu sehen, z. B. „Girl Friends“, „Wolffs Revier“, „Der Dicke“,“Jules Freundin“ und „Tatort“, und ist als Sprecher für Hörbücher und Radiofeatures tätig. Derzeit ist Stephan Schad festes Ensemblemitglied am Thalia-Theater Hamburg.

Jens Wawrczeck, geboren 1963, wurde zusammen mit Andreas Fröhlich und Oliver Rohrbeck als Stammsprecher der Hörspiel-Serie Die drei ??? berühmt. Neben seiner Sprechertätigkeit für Synchronisationen und Hörproduktionen arbeitet er als Bühnenschauspieler und Regisseur.

Ulrich Wickert, 1942 in Japan geboren, ist in Heidelberg und Paris zur Schule gegangen. Er hat Politische Wissenschaften und Jura studiert, war Korrespondent und Studioleiter der ARD in Paris, Washington und New York. Seit 1991 ist er Erster Moderator bei den „Tagesthemen“. Ulrich Wickert hat zahlreiche Bücher geschrieben, von denen viele Bestseller geworden sind. Im Oktober 2000 erhielt er den Adenauer-de-Gaulle-Preis.

Andreas Pietschmann hatte Engagements am Schauspielhaus Bochum und am Schauspiel Zürich. Seit 2000 steht er auf der Bühne des Hamburger Thalia-Theaters. Im Kino machte er sich durch Filmrollen wie in „FC Venus“, „Sonnenallee“ und „Echte Kerle“ einen Namen.

_Handlung_

Es soll eigentlich der größte Tag im Leben Kim Langes werden, der bekannten und beliebten Polit-Talkmasterin. Heute ist nicht nur der fünfte Geburtstag ihrer Tochter Lilli, sondern auch der Tag, an dem ihr möglicherweise der Deutsche Fernsehpreis verliehen wird. Doch das Schicksal hat etwas ganz anderes mit ihr vor. Es wird ein Tag der Katastrophen.

Weil es in ihrer Ehe mit Alex, 33, kriselt, träumt Kim bereits im Taxi zum Flughafen von Daniel Kohn, dem charmanten Fernsehmoderator, der möglicherweise ebenfalls den Deutschen Fernsehpreis erhält. Am Flugsteig nimmt Kims Chef Benjamin Carstens sie in Empfang. Im Berliner Hotel sieht Kim dann tatsächlich Daniel, und – o Wonne! – er setzt sich tatsächlich zu ihr. Die Verabredung für einen kleinen Seitensprung versetzt sie auf Wolke sieben.

Von der sie heftig abstürzt, als sich das Versace-Kleid, das sie bestellt hat, als das falsche herausstellt. Sie kann es trotzdem anziehen, obwohl die Nähte knirschen. Und spätestens als Kim Lange als Preisträgerin der Deutschen Fernsehpreis von Ulrich Wickert aufs Podium gerufen wird, geben die Nähte der Überbeanspruchung nach. Sie merkt ein paar Sekunden zu spät, dass es sich hintenrum ein wenig luftig anfühlt, aber da ist das Bild ihres entblößten Hinterns bereits über sechs Millionen Fernsehschirme geflimmert, um die Fernsehnation in Ekstase zu versetzen. Kim, das ist nun endgültig klar, trägt drunter kein Höschen …

Der Abgrund dieser peinlichen Schmach ist zu tief, um ausgehalten zu werden. Heulend auf ihrem Zimmer gelandet, wird sie erst wieder der Außenwelt bewusst, als Daniel Kohn mit einem Friedens- und Versöhnungsangebot bei ihr anklopft. Aus dem Glas Schampus wird ein zweites, und sie landen in der Kiste. Der Seitensprung wenigstens glückt Kim einwandfrei. Doch die Strafe des Schicksals lässt nicht lange auf sich warten. Als sie auf dem Hoteldach allein ein wenig frische Luft schnappt, stürzt das Waschbecken einer zur Erde zurückgeholten russischen Weltraumstation direkt auf ihr seliges Haupt.

|Instant Karma|

Nachdem das Leben an ihrem geistigen Auge vorbeigezogen ist, sieht Kim das Licht. Das Licht des Nirvana. Aber sie wird abgestoßen und als Ameise wiedergeboren. Allerdings liegt sie keineswegs im Koma, wie ihr eine ungemein gütige Stimme versichert. Sie dreht sich um und erblickt eine wirklich dicke Ameise. Diese stellt sich als Siddharta Gautama vor. Hä? Buddha dürfte wohl eine bekanntere Bezeichnung sein, genauer gesagt: ein Ehrentitel. Buddha erklärt, wie die Sache von nun an für Kim läuft. Sie habe sich diese Wiedergeburt wegen ihrer Fehler selbst verdient und solle nun das Beste daraus machen. Er löst sich in Luft auf.

Das folgende, pardon, DIE folgenden Leben sind für Kim ein einziger Lernprozess mit allen Ups und Downs. Sie lernt eine männliche Ameise kennen, die sich als Giacomo Girolamo Casanova vorstellt, seines Zeichens Liebhaber der Königin des Ameisenbaus. Allerdings unternimmt er immer wieder Fluchtversuche, die leider kläglich scheitern. Erst zusammen mit Kims Einfallsreichtum gelingt ihm endgültig die Flucht. Er erläutert ihr, was Buddha gesagt hat. Je mehr gute Taten sie vollbringe, desto günstiger werde ihr Karma und desto höherwertig seien die Tiere, als die sie, Kim, wiedergeboren werde. Aber aufgepasst: Selbst mit guten Absichten kann man Schlechtes bewirken.

Das muss auch Kim erfahren. Als sie den Bau vor einer Flutkatastrophe warnt, erntet sie zwar karmische Bonuspunkte, doch als sie als Kalb eine Rebellion gegen einen Cowboy anführt, der die Kälber brandmarken will, führt ihre Intervention nur dazu, dass alle Kälber inklusive ihrer Wenigkeit eingeschläfert werden. Ganz schlechtes Karma. Erst die Stationen Regenwurm, Kartoffelkäfer, Eichhörnchen und Meerschweinchen bringen ihr wieder Demut und Selbstlosigkeit bei. Ja, sie darf sogar erleben, wie sie als Meerschweinchen ihrer eigenen Tochter Lilli zum Geschenk gemacht wird.

|O Hölle!|

Doch daheim stehen nach zwei Jahren der Abwesenheit die Dinge nicht zum Besten. Ihre einstmals beste Freundin, Nina aus Hamburg, hat sich an Alex rangeschmissen und spielt Ersatzmutter. Eifersüchtig und neidisch muss Kim zugeben, dass es Nina sogar gelungen ist, Kims Mutter vom Alkohol abzubringen. Doch Nina scheint etwas gegen Meerschweinchen zu haben. Sie lässt Alex Kim und ihre drei Geschwister sowie den unverwüstlichen Casanova mit zu seiner neuen Arbeitsstelle bringen: in die Tierversuchsanstalt. Kim ahnt das Schlimmste, doch auf das, was nun folgt, ist auch sie nicht vorbereitet …

_Mein Eindruck_

Wer auf seichte humorvolle Unterhaltung mit romantischem Touch steht, kommt bei „Mieses Karma“ voll auf seine Kosten. Man kann aber auch Kitsch dazu sagen. Kitsch lebt von Klischees, und Klischees werden hier jede Menge verbraten. Dass sich die egoistische Zicke in ein liebendes Muttchen wie Saulus zu Paulus wandelt, gehört in jede moralische Gardinenpredigt, seit Paulus seine Briefe an die Korinther (oder waren’s die Galater?) schrieb. Der Weg der Wandlung ist das Ziel dieser Geschichte.

Diese Geschichte einer inneren Wandlung kann man auf millionenfach verschiedene Weise erzählen, und man muss nicht „Robinson Crusoe“ oder „Pilgrim’s Progress“ gelesen haben, um den Ausgang von vornherein zu kennen. Nein, die Kunst des Autors besteht darin, eben diesen bekannten Ausgang so schwierig und unwahrscheinlich wie nur möglich zu machen. Nach dem Motto: Was könnte für Alex unattraktiver sein, wenn er eine Mutter für Lilli sucht, als eine fette Frittenverkäuferin namens Maria Schneider? Und welche Kandidatin könnte weniger Chancen gegen Super-Nina haben als eben diese Frittenverkäuferin?

Es sind genau diese Unwahrscheinlichkeiten und Diskrepanzen, die für einfache Gemüter wohl so etwas wie Humor bedeuten und in ihnen Lachanfälle auslösen sollen. Phantasiereichere Leser bzw. Hörer dürften sich unter Humor etwas ganz anderes vorstellen, nämlich etwas, das mit Ironie zu tun hat. Von Ironie ist zwar hin und wieder etwas zu spüren, aber diese geht grundsätzlich immer auf Kosten der Erzählerin, die sich den Mächten des Schicksals ausgesetzt sieht.

Das verhindert aber nicht, dass Kim Lange alias Maria Schneider planvoll eine Ehe zerstört. Das sie sich dafür irgendwelchen karmischen Bonuspunkte erhofft, ist ziemlich unwahrscheinlich. Aber in ihrer weiblichen Denke, mit der sie alle möglichen irrationalen Verhaltensweisen „vernünftig“ zu begründen vermag, dient die Ehezerstörung einem höheren Ziel und dieses heißt: das Glück Lillis, die ihre echte Mutter zurückhaben will.

Der Autor in seiner „Genialität“ verhindert durch einen simplen Trick, dass sich Maria Schneider einfach vor Lilli hinstellt und sich als deren Mutter zu erkennen gibt. Angeblich hat Buddha, der ja für alle Schrecken herhalten muss, Maria mit einem Bann belegt, wonach sie statt einer Offenbarung ihrer Identität das Volkslied „Die Vogelhochzeit“ trällern muss. Die spannendsten Momente werden auf diese Weise ins Lächerliche gezogen. Ist das Humor? Falls ja, dann von der schwachsinnigsten Sorte.

Dass der Showdown dort stattfindet, wo die Ehe der Langes geschlossen wurde, nämlich – nein, nicht im Himmel, sondern in einer kleinen alten Kirche im hintersten Venedig, auch das gehorcht den klischeehaften Regeln der romantischen Komödie. Sämtliche Karnickel werden aus dem Hut des Autors gezaubert, um die finale Wende herbeizuführen, nach der es dann wie üblich heißt: Friede, Freude, Eierkuchen. Nirvana? Wer braucht schon Nirvana, wenn er eine solche Familie hat!

Die Ochsentour durch die Reinkarnationen soll wohl so etwas wie Fantasy anklingen lassen, bedient aber vielmehr Leute, die auf Buddhismus stehen – und diese Fans des Dalai Lama scheinen immer mehr zu werden, wenn man den Fernsehberichten über den Besuch des Würdenträgers in Hamburg Mitte Juli glauben will. Und es sind erstaunliche viele Frauen darunter, viele über 30 Jahre alt, genau wie Kim Lange. Insofern könnte die Komödie David Safiers genau auf sie zugeschnitten sein.

Sie hängt sich aber auch an die unkonventionellen Biografien aus den USA an, von [„Jesus von Texas“ 1336 über „Das wunderbare Leben des Edgar Mint“ von Barry Udall bis zu Mark Haddons „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“. Dumm nur, dass „Mieses Karma“ mehr Ähnlichkeit mit einem Grimmschen Märchen an sich hat, beispielsweise dem vom hässlichen Entlein, das eines Tages zu einem stolzen Schwan wird. Und merkwürdig finde ich auch, dass das hässliche Entlein jede Menge „wilden Sex“ haben will, bevor es bereit ist, sich in einen Schwan, das Inbild der ehelichen Treue, zu entwickeln. Die Story hat also alles, was das einsame romantische Single-Herz begehrt: Sex, Romantik, Erotik, Familienglück – und ganz viele Karmapunkte.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Die Sprecher entsprechen sämtlichen TV-Klischees, aber sie erfüllen sie mit Gusto. Denn sie wissen ja, dass diese Comedy eine Parodie ist auf alle Rollenspiele, die sich der TV-Spießer so vorstellt: die treu liebende, aber sexuell frustrierte Mutter (Kim), die immergeile und mit superguter Figur ausgestattete Nebenbuhlerin („Gib’s mir!“), der etwas belämmerte (Ex-)Gatte, die supersüße kleine Tochter und dann erst die Lovergarde: Daniel Kohn mit dem tiefen samtweichen Verführerbass, und Casanova: Er liebte alle Frau’n, ob blond, ob braun, und von dem kann Kim noch was lernen.

Schlussendlich die Aliens, wozu selbstverständlich auch die Ameisen und der Buddha gehören. Letzterer ist so fett und nett, dass es eine Affenschande ist, dass Kim diesem Wegweiser ins Nirvana eine lange Nase dreht. Manchmal kamen mir die Aliens auch ziemlich menschlich vor.

Übrigens: Ulrich Wickert ist kein Alien (obwohl er auf Fotos manchmal so aussieht), und deshalb klingt er hier ganz normal wie er selbst.

|Die Geräusche|

Jede Comedy braucht auch komische Geräusche, so etwa mit einem Pfeifen herabstürzende Weltraumklos und ihren entsprechend krachenden Aufschlag. Auch herumdüsende Flugameisen dürfen nicht fehlen sowie diverse Schnarch-, Brumm-, Quietsch-, Fiep- und Kreischlaute, von Lachen, Knurren und Bellen ganz zu schweigen. Für tierisch turbulente akustische Unterhaltung ist also bestens gesorgt.

Manchmal klingen die Einfälle des Sound Engineers etwas kurios, so etwa eine mühselig hechelnde und ächzende Ameise (Ameisen haben keine Lungen, oder?) oder ihre in lautem Marschtritt heranrückende Ameisenkolonne. Man kann es auch übertreiben, aber in einer Comedy ist (fast) alles erlaubt.

|Die Musik|

Ohne Musik wäre dieses akustische Tohuwabohu nicht auszuhalten. Virtuos manipuliert Andreas Bicks Kompositionspotpourri die Stimmung des Stücks und die Gefühle des Hörers. Intro und Outro sind ziemlich flotter Jazzrock, ohne jedoch wild zu werden. Den Ausgleich bildet eine romantische Gitarre, die nicht selten mit einem noch romantischeren Glockenspiel unterlegt wird.

Selbstredend wird das Erscheinen des Buddha mit einer Sitar begleitet, und Tablas (kleine indische Trommeln) sorgen für die nötige Dynamik, damit der Hörer von der Sitar nicht in Trance gewiegt wird. Es gibt nur eine Steigerung: Das Kim Lange glückselig machende Licht des nahen Nirvana – eine mystische Flut von Wohlklänge deutet absolute Wonne an – bis der Absturz in die nächste Wiedergeburt erfolgt.

Sehr nett fand ich den Einfall, dem alten Casanova eine Erkennungsmelodie zu geben, die auf einem Cembalo gespielt wird, einem typischen Instrument des Rokoko, des galanten Zeitalters. Etwas heftig ist jedoch der „Hochzeitsmarsch“, der gleich zweimal erklingen muss, weil Kim und Casanova die erste Trauung erfolgreich sabotieren.

Wunderbar ist der – etwas naheliegende – Einfall, die fette Frittenverkäuferin Maria Schneider, Kims letzte Reinkarnation, von einer Tuba begleiten zu lassen. Ein tiefere Tonlage lässt sich schwerlich vorstellen. Diverse Fanfaren und Glocken runden die Palette ab. Zum Kreischen peinlich bzw. komisch fand ich Kim Langes Singen des Volksliedes „Die Vogelhochzeit“: „Der Spe-herber, der Spe-herber, der macht den Hochzeitswe-herber. Fidirallala!“ Der Grund, warum sie dies Lied singen muss, ist ein Verbot Buddhas, ihre wahre Seelen-Identität, nämlich Kim Lange, preiszugeben. Das erhöht die Spannung ungemein: Wann wird sie sich endlich ihrem Ex und ihrer Tochter offenbaren dürfen? *schluchz*

Einen ganz klaren Overkill an musikalischer Gefühlsduselei stellt jedoch der vor Schmalz triefende Schluss der Comedy, dar, als sich Kims Seele in schierer Glückseligkeit mit denen ihres Alex und ihrer Lilly vereint. Zum Glück folgt gleich darauf das Outro mit flottem Jazzrock.

_Unterm Strich_

Die romantische Fantasykomödie über das Gutmenschwerden hat mir des Öfteren ein Lächeln entlockt und sogar ein oder zwei Lacher, aber ich könnte mir vorstellen, dass einsame Frauenherzen in Vorstadtreihenhäusern voll darauf abfahren. Ansonsten dürfte die Verfilmung schon Planung sein, denn ein Drehbuchautor wie Safier lässt einen so guten Stoff nicht in der Schublade vergammeln. Wer will, kann ja sein Meerschweinchen oder seinen Beagle-Welpen schon mal zum Vorsprechen schicken. Ameisen hätten es als Filmstars wesentlich schwerer.

|Das Hörspiel|

Das Zusammenspiel von guten und gut gelaunten Sprechern, realistischen bis überkandidelten Geräuschen und einer romantischen bis dynamischen Musikuntermalung hat mich bestens unterhalten und sogar zu einigen Lachern hinreißen können. Die langsamen Passagen wie Weltreise und Nirvana-Grübelei sowie die Zwischenstationen wie Kuh und Eichhörnchen wurden wohlweislich weggelassen, damit die wichtigeren Szenen umso besser ausgearbeitet werden konnten.

Besonderen Wert legte die Regie auf die exakte und emotional glaubwürdige Schlussszene, in der sich absolut alles entscheidet. Bis auf die abschließend kitschige Musik fand ich diese Szene sehr gelungen. (Wem sie zu schnell abläuft, der sollte sie unbedingt nochmals hören.)

Hechelnde und mit schweren Stiefeln marschierende Ameisen? Nicht sonderlich überzeugend, finde ich. Auch der Buddha konnte mich nicht vom Hocker reißen – klingt ein Religionsführer wie Onkel Norbert um die Ecke? Hier hätte man noch etwas verfeinern können.

|130 Minuten auf 2 CDs
ISBN-13: 978-3-89903-627-5|
http://www.hoerbuch-hamburg.de

Nadel, Barbara – Tod am Bosporus

Das Lob im Klappentext, das Inspektor Íkmen als „Brunetti von Istanbul“ umschreibt, und der Vergleich von Barbara Nadel mit Krimigrößen wie Donna Leon wecken die Neugierde. Istanbul ist im abgegrasten Krimigenre immer noch einer der exotischeren Schauplätze, und bereits das ist Grund genug, einmal einen Inspektor-Íkmen-Krimi genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Tod am Bosporus“ ist bereits der siebte Fall für Inspektor Íkmen und noch dazu einer, der sich als besonders knifflig erweist. In Istanbul sterben einige Jugendliche unter mysteriösen Umständen. Allesamt waren sie Mitglieder der Istanbuler Gothic-Szene. Und allesamt scheinen sie in seltsamen Ritualen umgekommen zu sein. Íkmen und seine Kollegen gehen Hinweisen aus dem Internet nach, und auch die Stieftochter seines Kollegen Mehmet Süleyman kennt sich in der Szene aus und kann den Ermittlern ein wenig auf die Sprünge helfen.

Doch sind die Istanbuler Gothics nur eine harmlose Modeerscheinung oder haben sie etwas mit den Morden zu tun? Ist der Täter einer der Ihren und vollzieht er womöglich satanistische Rituale? Als dann auch noch satanistische Schmierereien an Kirchen auftauchen, kann Max, ein englischer Magier, der seit Jahren in Istanbul lebt und den Süleyman und Íkmen schon lange kennen, etwas Licht ins Dunkel bringen. Doch dann verschwindet der Engländer plötzlich spurlos und die Wände seines Arbeitszimmers sind mit Blut bespritzt …

Istanbul als Schnittpunkt zwischen Orient und Okzident ist für sich genommen schon ein interessanter und geschichtsträchtiger Schauplatz. Barbara Nadel präsentiert vor diesem Hintergrund einen Plot, der gespickt ist mit Magiern und Zigeunern und immer wieder Bezug nimmt auf die reichhaltige kulturelle Geschichte der Stadt. Istanbul ist eine Stadt mit vielen Kontrasten und unterschiedlichsten Einflüssen – muslimisch, kurdisch, westlich.

Daraus entsteht eine im Grunde interessante Mischung, die aber leider keine ganz so intensive Atmosphäre entstehen lässt, wie man anfangs hoffen mag. Das Potenzial der Geschichte und des Handlungsortes sind groß, und Barbara Nadel beweist auch, dass sie sich in Istanbul gut auskennt (schließlich hat die Engländerin die Stadt zu ihrer Wahlheimat erklärt), dennoch vermag sie ihre Kenntnisse nicht hundertprozentig in eine atmosphärische Dichte umzusetzen.

Nadel lässt sich viel Zeit damit, den Plot aufzubauen. Sie widmet sich ausgiebig ihren Protagonisten, allen voran Çetin Íkmen und seiner Familie und seinem Kollegen Mehmet Süleyman, der aufgrund eines noch ausstehenden HIV-Testergebnisses seine ganz eigenen Probleme hat. Süleyman ist ganz der südländische Cassanova, der sich dummerweise ohne Kondom mit einer HIV-positiven russischen Prostituierten eingelassen hat und dem infolgedessen die Frau weggelaufen ist.

Ganz allgemein sind Nadels Protagonisten recht ambivalent, was sehr positiv zu beeindrucken vermag. Sie sind nicht die strahlenden Helden. Jeder hat seine ganz eigenen Macken und Fehler, und auch Gesetzesverstöße unterlaufen da schon mal. So legt Nadel ihren Charakteren eben keine plakative Schwarz-Weiß-Skizzierung zugrunde, und das ist einer der Vorzüge von „Tod am Bosporus“.

Der Plot an sich ist durchaus spannend erzählt, hätte aber ein wenig Straffung vertragen. Die Laufzeit des Hörbuches liegt bei knapp zwölf Stunden – für einen Krimi ist das schon sehr lang. Gerade am Ende, wenn der eigentliche Showdown vorbei ist, zieht sich der Roman weiter in die Länge. Zwar tut die belletristische Herangehensweise mit ausgiebiger Figurenskizzierung den meisten Romanen dieser Art durchaus gut, aber in diesem Fall hätte ich mir zugunsten der Spannung dann doch gewünscht, dass Nadel ihre Geschichte hier und da etwas kompakter und gradliniger abgefasst hätte.

Gerade der Genuss des Hörbuches braucht einige Zeit zum Einhören. Am Anfang hat man schon ein wenig Schwierigkeiten damit, sich in dem Wirrwarr der vielen türkischen Namen wiederzufinden, und bis man im Geiste alles sortiert und eingeordnet hat, vergeht einige Zeit.

Was leider ebenfalls wenig überzeugt, ist die Sprecherin Birgit Becker. Sie liest sehr langsam und dabei zwar stets sehr schön deutlich und verständlich, aber leider auch zu eintönig und mit wenig Satzmelodie. Auch mit der Akzentuierung von Emotionen hat sie so ihre Schwierigkeiten, und Dialoge lassen sich durch die stets sehr gleich klingende Stimme nicht immer gut nachvollziehen. Und so wird das fast zwölfstündige Hörbuch dann doch etwas fade und leblos. Schade eigentlich, denn inhaltlich gestrafft und durch gelegentliche Einspielung stimmiger Hintergrundmusik hätte man ein atmosphärisch dichtes Hörbuch aus der Geschichte machen können.

Lobenswert ist wie so oft bei |Radioropa Hörbuch| die technisches Umsetzung. „Tod am Bosporus“ liegt in Form von zehn Audio-CDs und einer mp3-CD vor. So bleibt einem für den mobilen Hörgenuss mit dem mp3-Player ein zeitraubendes Einlesen der Audio-CDs erspart. Das dürfen andere Hörbuchverlage sich gerne abschauen.

Bleibt unterm Strich also ein eher schwacher Eindruck zurück. Mit Inspektor Íkmen kann Barbara Nadel zwar einen sympathischen Protagonisten aufbieten und mit Istanbul hat sie sich auch einen interessanten Schauplatz herausgesucht, dennoch mangelt es „Tod am Bosporus“ hie und da immer wieder an Dichte und Spannung. Diesen Eindruck unterstreicht auch die etwas fade Sprecherleistung von Birgit Becker. Und so kann Íkmen am Ende als „Brunetti von Istanbul“ leider noch nicht so ganz überzeugen.

|Laufzeit: 11:57 Stunden
10 Audio-CDs + 1 Bonus-CD im mp3-Format
Buchausgabe bei List: März 2006, Broschur im Juli 2007|
http://www.hoerbuchnetz.de/

Morland, A. F. / Birker, Thomas / Daber, Christian / Hajek, Joschi – Zombie-Macher von Tahiti, Der (Dreamland-Grusel 6)

Auf Haiti wird Juliette Muller Zeugin davon, wie ein riesenhafter Zombie unter den Fischern eines kleinen Dorfes ein Blutbad anrichtet. Ihr neuer Freund Duane Belmondo bittet seinen Bruder Barry um Hilfe. Der weiße Voodoo-Priester hat sich dem Kampf gegen die Mächte der Finsternis verschrieben und eilt seinem Bruder sofort zu Hilfe. Mit Unterstützung durch seinen alten Lehrmeister kommt Barry Belmondo dem Bokor, dem schwarzen Voodoo-Priester, auf die Spur. Doch dieser erhält Unterstützung von skrupellosen Gangstern, welche den Zombie für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollen. Bevor Barry und sein Bruder Duane den Zombie-Macher stellen können, entführt der riesige Untote Juliette Muller …

_Meine Meinung:_

Die sechste Folge der erfolgreichen und beliebten |Dreamland|-Gruselserie entstand abermals nach einer Romanvorlage von Fritz Tenkrat alias A. F. Morland, dem Autor der Kultserie |Tony Ballard|. Weshalb dafür aber das zweite Abenteuer des Voodoo-Priesters Barry Belmondo genommen wurde statt des ersten, bleibt unverständlich.

Allerdings hat man bei diesem Hörspiel auch den Eindruck, eine Satire oder eine stellenweise sehr alberne Persiflage von |Tony Ballard| zu hören. Das beginnt bereits bei der überzogen-coolen Ausdrucksweise von Barry Belmondo, gespielt von Tilo Schmitz. Wenn Schmitz mit seinem tiefen Bass „Jo, Brother“ tönt oder „Es ist Voodoo-Time“ säuselt, kann man die Story einfach nicht mehr ernst nehmen. Wenn man dahingehend seine Sichtweise ändert und das Hörspiel als kleine Horror-Komödie betrachtet, wird man an der Geschichte durchaus seinen Spaß haben. Hier machen vor allem die |Dreamland|-Urgesteine Joschi Hajek und Claudio Vorlauf eine gute Figur. Die beiden sind nicht nur Vorstandsmitglieder bei |Dreamland|, sondern auch engagierte und talentierte Sprecher, die das Gangster-Duo Jean-Pierre und Elliot überzeugend und äußerst witzig verkörpern. Als Antagonist von Belmondo brilliert Aart Veder, der fest zum |Dreamland Production|-Ensemble gehört und vor allem durch seine Rolle als John Sinclairs Freund Bill Conolly in den alten |Tonstudio Braun|-Hörspielen bekannt wurde.

Belmondos Lehrmeister wird von Klaus Nägelen gesprochen, der als Professor Futura in der Serie |Jan Tenner| Hörspielgeschichte schrieb. Bedauerlicherweise ist seine Rolle blass und farblos und Nägelen spricht diesen Part auch sehr monoton und leidenschaftslos. Die Musik ist sehr stimmig, auch wenn das alte Thema der Gruselserie von H. G. Francis recht altbacken wirkt. Dafür ist die Belmondo-Titelmusik von Carsten Bohn gut getroffen worden.

Die Handlung an sich ist eine wenig originelle, klischeehafte Gruselgeschichte der Siebzigerjahre. Belmondo selbst ist ein Held der alten Schule, dem auf Anhieb alles gelingt, und ebenso wie seine Kollegen Sinclair und Brent ist er häufig auf Kommissar Zufall angewiesen, um seine Fälle zu lösen. In dieser Geschichte findet sein versierter Lehrmeister den Bösewicht und Belmondo braucht zum Schluss nur sein albernes „Es ist Voodoo-Time“ zu rufen, verwandelt sich flugs in einen Voodoo-Gott und vernichtet seinen Gegner mit einem Flammenschwert, das eine ebenso perfekte Wunderwaffe darzustellen scheint wie Sinclairs silbernes Kreuz. Schade nur, dass sich der schwarze Voodoo-Priester nur auf einen Zombie verlassen hat.

Als Bonus gibt es auf dieser CD erstmals die Extended-Version von einem Hörspiel, bei der drei zusätzliche Tracks in das eigentliche Hörspiel einprogrammiert werden können. Bei DVDs mag so etwas aufgrund der höheren Kapazität funktionieren. Doch bei einer herkömmlichen Audio-CD ist es einfach umständlich, extra drei Tracks einzuprogrammieren. Diese Kapitel hätte man einfach in der Handlung belassen sollen. Wem dann das Hörspiel zu lang sein sollte, der kann ja immer noch einen Track überspringen.

Äußerlich reiht sich das Hörspiel perfekt in den Reigen der |Dreamland|-Gruselserie ein und präsentiert sich in einem düsteren Rot. Im Vordergrund ist das grausige Antlitz des Zombies zu sehen, der Barry Belmondo das Leben ein klein wenig schwermacht.

_Fazit:_

„Der Zombie-Macher von Tahiti“ ist eine wenig überzeugende Horror-Komödie nach einer Romanvorlage von A. F. Morland. Trotz hochkarätiger Sprecher wie Tilo Schmitz, Klaus Nägelen und Aart Veder sind die Dialoge häufig sehr albern und die Story ist stellenweise konstruiert und vorhersehbar. Hervorragend hingegen ist das Gangster-Duo, das sich sehr amüsante Wortgefechte liefert. Der Bonus einer Extended-Version ist nett gemeint, erweist sich aber als überflüssig und umständlich.

|74 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 9783939066552|
http://www.ts-dreamland.de

_Florian Hilleberg_