Nelson DeMille – Operation Wild Fire

Durchgeknallte einflussreiche und reiche Menschen neigen seit jeher dazu, mit kurzen Eingriffen in die Weltgeschichte das Böse bekämpfen und dem Guten ewigen Frieden bescheren zu wollen. Dabei greifen sie meist auf eher schädliche Mittel zurück, die selten mit »Gut« und »Frieden« vereinbar sind – so wie in diesem Fall die Atombombe.

»Wild Fire« sei ein geheimes Protokoll der US-Regierung, nach dem im Falle eines terroristischen Attentats mit Massenvernichtungswaffen auf amerikanischem Boden ein Massivschlag gegen die islamische Welt geführt werden soll. Mittel des Gegenangriffs, bei dem Milliarden Unschuldige getötet würden und der Auswirkungen auf die gesamte Erde in allen Bereichen hätte: Hunderte von Atombomben, die seit ihrer Entwicklung unter Tausenden ihresgleichen eingelagert werden und Steuergelder verschlingen.

Wild Fire sei aus dem Kalten Krieg hervorgegangen, als beide Großmächte die Folgen eines Erstschlags erkannten und ihn darum vermieden. Laut DeMille ist dieses Geheimprotokoll den islamischen Staaten bekannt, die – bisher erfolgreich – ihre Terrororganisationen vom Einsatz von Massenvernichtungswaffen abhalten sollen.

Was wäre, wenn eine Gruppe »rechtslastiger Spinner«, um mit DeMille zu schreiben, auf die Idee käme, durch einen atomaren Anschlag auf amerikanische Großstädte dieses Wild Fire auszulösen und dadurch ihre Vorstellung von dem »Sieg des Guten« zu verwirklichen? DeMille lässt seinen arroganten Macho John Corey (ehemals NYPD-Detective und Agent einer Antiterrortaskforce ATTF) mit seiner anbetungswürdigen Gattin Kate Mayfield (Special Agent des FBI und Agent der ATTF) auf dieses »Was wäre, wenn« los und hofft, dass sie mit ihren unorthodoxen Ermittlungsweisen rechtzeitig in Reichweite des »Roten Knopfes« kommen.

Den Plan von Madox, einem reichen Ölguru, erfährt man schon anfangsnah durch die Ermittlung eines anderen Agenten, der in Folge dessen von Madox ermordet wird. Gerade das ruft Corey auf den Plan und treibt ihn dazu an, sogar direkte Befehle seiner Vorgesetzten zu missachten und weiter an dem Fall zu arbeiten, um seinen Freund zu rächen und der merkwürdigen Geschichte auf den Grund zu gehen. Hintergrund seiner energischen Ermittlungsart sind seine Erlebnisse am 11. September 2001, an dem er nur durch eigenes Verschulden (er kam zu spät) dem Anschlag entging.

Corey ist eine wunderbare Figur für den Icherzähler. Ein Macho und arrogantes Arschloch, maximal selbstüberzeugt und Sprücheklopfer vorm Herrn. Sein Humor ist trocken, hintergründig oder platt, je nach Situation, oft ironisch oder sarkastisch. Auf jeden Fall reizt er quasi jeden Gesprächspartner zur Weißglut, wenn er ihn nicht leiden kann. Das macht die Erzählung sympathisch und lockert die Spannung, die sich aus den Gedanken und der Ermittlung ergibt, bei welcher der Leser ja bereits um die Details weiß, Corey und Mayfield jedoch im Dunkeln tappen. Es ist eine besondere Leistung DeMilles, daraus einen knackigen Thriller zu zaubern.

Der Erzähler |erzählt| seine Geschichte wirklich. Man merkt es an erklärenden Sätzen und Ausdrücken, aber vor allem daran, dass er eigene Gedanken hat, die er dem Leser nicht verrät. Dadurch kann er ein Netz aus Informationen knüpfen, die der Leser zwar auch kennt, die ihm aber nicht in jedem Fall die gleichen Folgerungen aufdrängen wie Corey. Er ermittelt mehrgleisig und saugt jede Information gierig auf, auch wenn sie dem Leser oder anderen Figuren überflüssig erscheinen oder aber dem Leser aufgrund seines Wissens Schlüsse aufdrängen, die Corey so schnell nicht nachvollziehen kann und dadurch wieder Spannung erzeugt.

Man wird mit Corey in dessen Ermittlungsbahn gezogen und durch sein gedankliches Verschweigen von Denkrichtungen immer wieder mit Ergebnissen überrascht. Man fiebert mit, wenn er seiner Frau neue Erkenntnisse vorträgt oder von ihr bekommt. In einem wichtigen Punkt liegt er lange falsch, aber er begründet logisch die Schlussfolgerung, so dass man ihm sein Fehlen nicht übel nimmt. Umso erstaunlicher, dass DeMille gerade in dieser Information eine Lücke in der Ermittlung belässt, denn obwohl Corey im entscheidenden Moment drauf gestoßen wird, nimmt er sie nicht auf. MAD war nicht die Abkürzung für Madox … Dem Leser war es klar, aber Corey, der sonst alle seine Erkenntnisse auseinanderpflückt, unterschlägt die Tatsache oder übersieht sie wirklich – was nicht zu seinem entwickelten Profil passt.

Insgesamt ist »Operation Wild Fire« ein wirklich spannender Agententhriller, Hauptträger der Spannung ist Corey mit seiner großen Klappe und seinen teils zwiespältigen Gedanken zu gefährlichen Themen. Das Buch liest sich schnell, flüssig, ist sehr humorvoll und behandelt eindrücklich ein ernstes aktuelles Thema.

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