Alpträume: Tief im Deep Web und in den Weizenfeldern
Reacher steigt in einem Kaff namens Mother’s Rest aus, weil ihn der Name neugierig macht. Statt einer Erklärung stößt er auf eine ehemalige FBI-Agentin, die ihren vermissten Kollegen sucht. Aus der Stadt will man sie bald vertreiben, aber sie stoßen auf Notizen wie „200 Todesfälle“ und einen Journalisten der renommierten „L.A. Times“. Irgendein Geheimnis ist in Mother’s Rest verborgen, und jemand setzt einen Killer auf Reacher und seine neue Freundin, um dafür zu sorgen, dass sie das Geheimnis niemals lüften werden… Lee Child – Make Me / Keine Kompromisse (Jack Reacher 20) weiterlesen →
Der ewige Tramper Jack Reacher strandet in Laconia, New Hampshire. Hey, hier wuchs ja sein Vater Stan auf, bevor er ins Marine Corps eintrat. In der Gegend gibt es eine Menge Reachers, stellt er fest. Schon am zweiten Abend handelt er sich Ärger mit der Unterwelt ein, als er einer Cocktail-Kellnerin in Not beisteht.
Unterdessen verschickt ein anderer Reacher in den nahen Wäldern, wo er ein Motel gebaut hat, Einladungen zu einem ganz speziellen Spiel. Er hat zwei arglose Kanadier gefangen, die auf der Durchreise waren. Nun können sie nicht mehr weg, dafür hat er gesorgt. Bald darauf treffen die ersten Mitspieler ein und bestaunen das kanadische Pärchen durchs Fenster von Zimmer Nr. 10 – das perfekte Wild, da sind sich alle einig… Lee Child – Past Tense / Der Spezialist (Jack Reacher 23) weiterlesen →
Jugendbetreuung mal anders: Spenser und Hawk räumen auf
Eine Mutter aus Blackburn bittet Spenser, nach ihrem Sohn Dillon zu suchen. Der Junge wurde von Richter Scali, der eine Null-Toleranz-Politik vertritt, in ein Jugendgefängnis auf einer Insel gesteckt. 18 Monate Arbeitslager für einen Twitter-Scherz? Das kommt auch Spenser überzogen vor. In Blackburn scheint indes eine Art Mafia aus Justiz und Polizei am Werk zu sein, und kein Bürger will reden. Aber wo sind all die Jugendlichen hin?
Hinweis
„Kickback“ ist ein Begriff aus dem Korruptionsumfeld: Provision, Schmiergeld, Schutzgeld, Prozente – man kann es aber auch einfach „schmutziges Geld“ nennen.
„Ein alleinstehender Mann wird ermordet in seiner Wohnung entdeckt. Auf seinem Tisch liegen Zeitungsberichte über einen Mordfall aus den Kriegsjahren: Die junge Rósmunda war damals am Nationaltheater in Reykjavik aufgefunden worden. Die Wohnung des alten Mannes wirkt abgesehen von diesen Artikeln unverdächtig.
Bei einem gemeinsamen Essen mit seiner Ehemaligen Marta erfährt der pensionierte Polizist Konrad von dem Fall. Als sie ihm von den Zeitungsberichten erzählt, wird er hellhörig, denn dieser Fall ist ihm aus seiner Kindheit bekannt…“ (Verlagsinfo)
Konrad bietet der völlig überlasteten Marta an, sich in dem Mordfall umzuhören und stößt auf eine weitere Mordermittlung, die Anfang 1944 ergebnislos verlief. Aber warum wurde der alte Mann, der damals einer der Ermittler war, erst jetzt getötet? Er muss auf eine brisante Information gestoßen sein.
Kidnapper, Huren und kleine Mädchen – Aberdeen steht Kopf
Das schottische Gesangsduo Alison und Jenny McGregor war ein vielversprechender Kandidat für die Talentshow „Britain’s Next Big Star“. Doch seit sechs Tagen sind Mutter und Tochter verschwunden. Entführt, wie eine Lösegeldforderung deutlich macht. Lösegeld, das von ganz Großbritannien binnen 14 Tagen aufgebracht werden soll, sonst …
Die Ermittlung der Grampian Police Force in Aberdeen hat keinerlei Anhaltspunkte. Bis am sechsten Tag ein kleiner abgeschnittener Kinderzeh die Forderungen der Entführer drastisch unterstreicht.
Hinweis
Dieser Bericht basiert auf der englischen Originalausgabe.
Dies ist die Romanvorlage für die japanische und die US-amerikanische Verfilmung „The Ring“: ein Gruselschocker, der in Japan eine Renaissance des Psychohorrors auslöste und acht Millionen Exemplare von der Ring-Saga verkaufte. Die Unterschiede zur US-Verfilmung, die ich kürzlich gesehen habe, sind erheblich. Ich gehe in meinem Bericht darauf ein. Wer den US-Film kennt, wird die Unterschiede interessant finden.
Es sollte ein schöner Silvesterabend werden. Die frisch verliebten Teenager Ebba und Marlon wollen, dass sich ihre Eltern bei dem feierlichen Anlass endlich kennenlernen. Doch schnell wird klar, dass sich ihre Eltern längst kennen und sie etwas Furchtbares verbindet. Auch wenn sie versuchen, ihren Kindern zuliebe, das Beste aus der Situation zu machen, lange gelingt es ihnen nicht. Im Laufe des Abends steigert sich die angespannte Stimmung. Ein schrecklicher Verdacht erhärtet sich und schließlich wird ein Geheimnis gelüftet, das den Abend in einer Katastrophe enden lässt … (Verlagsinfo)
Mein Eindruck:
“Silvester” startet sofort absolut packend, denn bereits während der ersten paar Kapitel werden mehrere Bedrohungen angedeutet – einige vage, andere ganz konkret… Martin Österdahl – Silvester weiterlesen →
Martin Juncker ist gerade zur Kopenhagener Polizei zurückgekehrt, da entbrennt in der dänischen Hauptstadt ein Kampf zwischen Neonazis und Rechtsradikalen auf der einen Seite und autonomen Gruppen und Einwandererbanden auf der anderen. Dabei wird ein Neonazi erstochen, und Junckers frühere Partnerin Signe Kristiansen übernimmt die Untersuchung des Mordes. Kurz darauf wird die Leiche einer Frau in einem Naturschutzgebiet gefunden: erdrosselt und sexuell missbraucht. Martin ermittelt in diesem Fall, und zum ersten Mal seit langer Zeit arbeitet er wieder mit Signe zusammen. Denn die beiden vermuten, dass die Taten von demselben Mann verübt wurden – einem eiskalten Killer, der es vermag, auch die erfahrensten Polizisten auf die falsche Fährte zu locken. (Verlagsinfo)
Ein junges Mädchen steigt zu einem Mann ins Auto. Er ist ihr nicht ganz geheuer, doch möchte sie auch nicht die Nacht bei Minustemperaturen im Freien verbringen. Also entscheidet sie sich, den Mann zu begleiten. Doch im Hause angekommen, gibt er ihr Anziehsachen, die sie für ihn anziehen soll. Außerdem muss sie sich die Haare hochbinden. Dann ist er zufrieden, denn nun sieht sie aus wie sie. Er gratuliert ihr zum 14. Geburtstag. Ihr, seiner Marla. Und schließlich nimmt er sich selbst das Leben.
Vier Jahre später liefert Marla Lindberg ein Paket in eine ehemalige Geburtsklinik in Berlin-Wannsee aus. Vor der Klinik rettet sie einen Hund aus einem kochend heißen Auto. Im Inneren der Klinik aber erwartet sie ein unfassbares Grauen: Im Kreißsaal findet sie eine Gestalt, deren Gesicht eng mit Plastikfolie überzogen ist und die dadurch keine Luft mehr bekommt. In Panik sucht Marla nach etwas, um die Folie durchzuschneiden. Doch dann bäumt die Person sich auf und rammt ihr ein scharfes Metallstück ins Gesicht. Noch auf der Flucht bemerkt Marla in der Ecke des Raums eine Kamera auf einem Stativ – die ganze Szene ist gefilmt worden!
Weitere drei Jahre später verdient Marla Geld damit, dass sie sich Videos von Verbrechen ansieht, um zu entscheiden, ob sie echt sind oder nicht. Sie erinnert sich nur noch vage an die Flucht aus der Geburtsklinik, denn dabei wurde sie zu allem Unglück von einem Auto überrollt, wobei sie einen Schädelbasisbruch erlitten hat. Als sie Tage nach dem Unfall der Polizei von dem Vorfall im Kreißsaal berichten konnte, fand die Polizei keinerlei Spuren mehr von diesem Vorfall.
Noch zwei Jahre später befinden wir uns in der Haupthandlung – es ist neun Tage vor der Entscheidung und Marla hat die Einladung zu einem Klassentreffen auf eine einsame Berghütte erhalten. Das Treffen soll auf der Nebelhütte stattfinden, wo es keinerlei Handyempfang gibt. Marla entschließt sich, an dem Treffen teilzunehmen und stellt zu spät fest, dass die Einladung eine böse Falle ist… Sebastian Fitzek – Die Einladung weiterlesen →
Nele ist hochschwanger und hat schon den Termin für den Kaiserschnitt im Krankenhaus. Dort soll ihr Kind auf die Welt kommen – hoffentlich, ohne dass sie sich bei Nele mit dem HI-Virus infiziert. Doch als Nele frühmorgens in das Taxi ins Krankenhaus einsteigt, muss sie schnell erkennen, dass ihr Fahrer sie leider nicht ins Krankenhaus bringt. Er hat ganz andere Pläne mit der hochschwangeren Frau.
Davon ahnt der erfahrene Psychiater Mats Krüger noch nichts, als er mit klopfendem Herzen in Buenos Aires in das Flugzeug nach Berlin steigt, um seiner Tochter Nele nach der Geburt beizustehen. Mats leidet unter schrecklicher Flugangst, der er versucht hat, in einem Flugangst-Seminar beizukommen. Im Flugzeug hat er verschiedene Sitze gebucht, um in jeder Situation auf dem vermeintlich sichersten Platz sitzen zu können. So fällt es ihm beim Einsteigen leicht, einer verzweifelten Mutter und ihrem Baby den Platz 7A in der Business-Class zu überlassen, denn das ist der gefährlichste Platz im gesamten Flugzeug.
Der Memory Man ist zurück! Seit zwanzig Jahren sitzt Melvin Mars in der Todeszelle. Er soll seine eigenen Eltern ermordet haben. Doch kurz vor seiner Hinrichtung taucht wie aus dem Nichts ein anderer Mann auf und behauptet, das Verbrechen begangen zu haben. Ein Fall für Amos Decker, den Memory Man – der seit einem Unfall nicht mehr vergessen kann. Innerhalb einer Spezialeinheit des FBI klärt er ungelöste Schwerverbrechen. Schon bald zeigt sich, dass der Fall enorme gesellschaftliche Sprengkraft birgt. (Verlagsinfo)
Der Tatort: Portugal, die Weltausstellung in Lissabon 1998. Es kommt den Politikern der Hauptstadt höchst ungelegen, dass auf dem Expo-Gelände drei Leichen entdeckt werden. Der Schlüssel zu den Verbrechen scheint in einem verschollenen Video zu liegen, das einer der Ermordeten aufgenommen hat. Es soll den Beweis für die Existenz eines geheimnisvollen Giftfisches enthalten. Was hat das amerikanische Militär damit zu tun? Doch Inspektor Ramos stößt auf Gerüchte, dass dieses Video kompromittierendes Material enthält.
Zu allem Überfluss taucht auf den portugiesischen Azoren noch eine vierte Leiche auf. Dort ermittelt Inspektor Filipe Castanheira. Wie passen die vier Morde zusammen, fragen sich die beiden Kriminaler. Wo ist das Muster? Eine harte Nuss für das Ermittlerduo Jaime Ramos und Filipe Castanheira, doch die Zeit drängt.
_Der Autor_
Francisco José Viegas wurde 1962 in der portugiesischen Region Alto Douro geboren (die nicht gerade für Wohlstand bekannt ist). Er studierte in Lissabon und unterrichtete von 1983 bis 1987 Linguistik und Literatur an der Universität von Évora. Er ist als Literaturkritiker und Journalist tätig, war lange Chefredakteur des Literaturmagazins „LER“ und leitet die Zeitschrift „Grande Reportagem“. Er veröffentlichte bereits mehrere Gedichtbände und Reiseführer, bevor 1997 sein erster Kriminalroman erschien. Heute ist er laut Verlag einer der beliebtesten Krimiautoren Portugals.
Seine weiteren Krimis sind: „Der letzte Fado“ und „Das grüne Meer der Finsternis“. Auch sie sind bei |Lübbe| erschienen.
_Handlung_
Eigentlich ist Inspektor Jaime Ramos ja in Porto stationiert, aber offenbar hat er Mist gebaut, und sein Chef gibt ihm im Mai zwei Monate Sonderurlaub in der Hauptstadt. Acht Wochen entfernt von Rosa und den Strandausflügen! Kaum auszuhalten. Darauf erstmal eine Zigarre. Er fährt nicht ohne seinen Assistenten Isaltino de Jesus, sein Gewissen.
In Lissabon ist Weltausstellung oder, wie man hier so kosmopolitisch sagt: „Expo“. Es gibt auch gleich etwas zu tun. Denn im Atlantikbecken des Ozeanariums wurde eine nackte Leiche gefunden. Ein Mann ohne Zeh, das heißt: Ihm wurde der rechte große Zeh entfernt, nein, nicht abgebissen von einem hungrigen Fisch, sondern: abgeschnitten. Fachmännisch. Weshalb, warum, wozu, fragt sich Ramos, und vor allem: von wem?
Wer hatte nächtens Zugang zu diesem speziellen Becken, wo doch die gesamte Anlage rund um die Uhr per Video überwacht wird? Wer wusste darüber Bescheid? Ramos‘ Blick fällt auf eine Dame im Badeanzug, die sagt, sie komme aus Mexiko. Sie kannte den Toten: Es handle sich um Paulo Viveiros Costa, einen Meeresbiologen von den Azoren. Den portugiesischen Azoren, wohlgemerkt.
Diese mexikanische Biologin Elena Carreter kommt Ramos nicht ganz koscher vor, und er fühlt ihr ein wenig auf den Zahn. Bei mexikanischem Essen kommt er ihr etwas näher. Siehe da: Sie hatte etwas mit diesem Costa, er übernachtete in ihrem gemieteten Appartement, „so oft es nötig war“. Was soll das schon wieder heißen? Meint sie die Nummern, die sie mit ihm geschoben hat? Ramos fragt lieber nicht. Elena sagt noch, Costa habe sich für die Fische interessiert, die er von den Azoren mitgebracht habe. Sie war mit ihm noch essen, bevor er am nächsten Tag zurückfliegen wollte. Tja, so schnell kann’s gehen, denkt Ramos und pafft seine Zigarre.
Kaum hat er erfahren, dass Elena am nächsten Tag den Flieger nach Mexiko nehmen will, lässt er sie überwachen, vernimmt sie noch einmal und siehe da: Auch sie wird wenig später mausetot aufgefunden. Mit durchschnittener Halsschlagader – ein fachmännischer Schnitt mit dem gleichen Messer wie bei Costa. Ist das nicht ein merkwürdiger Zufall? Ein verdammt merkwürdiger, findet Ramos, sogar so merkwürdig, dass ihm allmählich mulmig wird. Wer überwacht ihn und seine Arbeit? Schnüffelt er in Dingen herum, die hochbrisant sind? Wenn man sich den Leiter der Expo anhört, so will der die Aufklärung der Mordfälle so schnell wie möglich.
Am nächsten Morgen taucht Leiche Nummer drei auf: eine Landschaftsarchitektin. Jetzt schlägt’s dreizehn, und der Expoleiter macht noch mehr Druck, doch der Chef der mexikanischen Abordnung stellt sich ahnungslos. Aber was Ramos im Moment am meisten interessiert: Was waren das überhaupt für Fische, die Costa von den Azoren brachte?
|Ponta Delgada, Sao Miguel, Azoren|
Ein hübsches Fleckchen Erde, findet Unterinspektor Filipe Castanheira, dieses Sao Miguel. Aber nicht für diesen mausetoten Unbekannten, über dem er gerade in einer alten Tabakfabrik steht. Castanheira lebt schon zehn Jahre auf dieser beschaulichen Insel, aber viele Leichen musste er noch nicht anschauen. Für den Unbekannten in den Managerklamotten war hier Endstation. Aber warum?
Ramos hat ihm eine Anfrage geschickt: Wer ist dieser tote Costa, der im Atlantikbecken gefunden wurde? Castanheira fragt dessen Professor an der Uni. Costa war ein Meeresbiologe, der hinter einer Unterart des Speisefisches Drachenkopf her war. Hinter dem Azorischen Drachenkopf, den die meisten Forscher für einen Mythos, eine Erfindung eines Amerikaners halten, aus dem Jahr 1969. Das war vor fast 30 Jahren. Dieser spezielle Drachenkopf soll ein extrem leistungsstarkes Nervengift produzieren, mindestens so stark wie das des Steinfisches. Wie apart, aber wen interessierte das?
Costa hatte auf der Insel eine Verlobte, Silvia Amari. Mann, die ist vielleicht sauer auf ihn, hat sie doch von seiner Geliebten Elena Carreter erfahren. Sie würde das abgelegene Haus, in dem Paulo bei ihr übernachtete, am liebsten abfackeln, sagt sie. Castanheira riecht Lunte. Wozu mochte wohl so eine betrogene Fast-Ehefrau fähig gewesen sein?
_Mein Eindruck_
Kann es wirklich so einfach sein? Natürlich nicht. Und natürlich ist dies auch nicht das Ende der Indizienkette, weder für Ramos noch für Castanheira. Es tauchen ein, zwei, viele Videobänder auf, und am Schluss weiß sich Ramos nicht mehr vor den gezückten Kassetten seiner Beglückwünscher zu retten, die sich bedanken, dass er endlich die Mordserie der Expo aufgeklärt hat. Na toll, denkt sich Ramos, er will aber lieber schnellstens wieder nach Hause, denn Rosa hat schon etwas ungnädig nach ihm gefragt. Dabei ist sie nicht mal mit ihm verheiratet.
|Ramos‘ seltsame Methoden|
Bevor er abreist, besucht er auf seine unnachahmliche und überraschende Art diverse Großkopfeten, darunter natürlich den Expoleiter, der ihn mit Brocken von Englisch und Französisch traktiert, sowie den undurchsichtigen Leiter der mexikanischen Delegation. Ramos hat eine Methode, die sogar seinen Kollegen Mereiles von der lokalen Polizei überrascht: Er schleicht sich am offiziellen Dienstweg vorbei. Flugs hat er eineinhalb Tage Vorsprung vor den werten Lissabonner Kollegen, findet Zeugen und Beweisstücke, die er verschweigt oder nur ein „zufällig“ auftauchen lässt. Selbst seine ertragreiche Vernehmung Elena Carreters hatte er weder beantragt noch angekündigt – genau deshalb wurde sie ja so ertragreich. Er saß ihr quasi wie ein Privatmensch gegenüber, und entsprechend freier konnte sie mit ihm reden. Nicht nur über Kochrezepte.
Ramos mag Kochrezepte, genau wie das Kochen ist ihm das Rauchen guter Zigarren ein wichtiger Lebensinhalt. Der Autor lässt ihn ganze Absätze herunterrattern, in denen er die Vorzüge von Zigarrenmarken aufzählt. Dabei bleibt zwangsläufig nicht unerwähnt, dass auch die Azoren ein wichtiges Tabaksproduktionsgebiet sind. Als Kollege Castanheira in Lissabon eintrudelt, kann es nicht ausbleiben, dass er zwei Kisten Zigarren für den geschätzten Kollegen Ramos mitbringt. Gegenüber gewissen renitenten Zeugen erweist sich eine gute Benida als eine begehrte Währung, die Herzen öffnet – und Lippen entsiegelt.
|Castanheira|
Ein unverwechselbarer Charakter ist dieser Ramos. Das kann man von Castanheira leider nicht behaupten. Obwohl die Ortsbeschreibungen von Sao Miguel wie eine Welle daherkommen, trägt dies doch kein bisschen dazu bei, den Unterinspektor näher zu charakterisieren. Vielleicht ist er mit seinen rund dreißig Jahren noch zu jung dafür, um eine der Schrullen von Ramos angenommen zu haben: Zigarrensucht, Fußballbegeisterung, Kochleidenschaft usw. Aber Castanheira ist ein scharfer Beobachter, dem kaum etwas entgeht, und eine so kleine Insel lässt sich im Nu nach Daten von Amerikanern, Mexikanern und Einheimischen durchkämmen. Voilà: Der Tote in der Tabakfabrik ist der von Ramos gesuchte Amerikaner. Und noch einen weiteren schlimmen Finger stöbert Castanheira auf …
|Stolperfallen der Erzähltechnik|
Nun könnte der Eindruck entstehen, die Geschichte würde nur so dahinplätschern, genährt von Kochrezepten und Spielständen. Nichts liegt dem Autor ferner als das. Vielmehr ist es ein für den Erstleser irritierendes Stilmerkmal dieses Romans, dass plötzlich sowohl Brüche als auch Zeitsprünge stattfinden. An Brüche kann man sich gewöhnen, aber nicht an unvermittelte Zeitsprünge. Denn es ist ja das ureigenste Merkmal des Kriminalromans, dass er den Fall von A bis Z aufrollt und dabei Ursache keinesfalls mit der Wirkung verwechselt.
Dazu ist es nötig, alles Indizien und Ereignisse in eine nachvollziehbare chronologische Reihenfolge zu bringen, wie in ein Korsett logischer Ordnung. Ob hie und da noch ein Glied in der logischen Kette fehlt, fällt nicht so sehr ins Gewicht. Wichtig ist die Nachvollziehbarkeit der Chronologie. Um dies zu gewährleisten, ist auf der erzählerischen Ebene die korrekte Handhabung grammatikalischer Zeitformen unabdingbar. Ansonsten würde zeitliches Chaos entstehen und die schöne Logik ginge zum Teufel: Ursache käme nicht mehr vor Wirkung, sondern irgendwann hinterher.
Die stillschweigende Perfidie des Erzählers / Autors besteht nun darin, die Chronologie zu unterminieren. Dies gelingt ihm durch ständig eingebaute Rückblenden. Diese werden jedoch nicht als solche angekündigt noch gekennzeichnet. Die „korrekte Handhabung grammatikalischer Zeitformen“ wäre nun sehr willkommen und hilfreich, doch so einfach will es der Autor seinem Leser nicht machen. In Ramos‘ einzigartigem Verstand verschwimmen vielmehr die Zeitebenen in einen sich ausbreitenden Ozean der Zusammenhänge. Das mag der intuitiven Entdeckung von Indizien entgegenkommen, verunsichert aber den Leser – oder es kommt einem Leser entgegen, der mit solchen modernen Techniken vertraut ist.
|Schatten der Tiefe|
Der Ozean ist die zentrale Metapher des ganzen Romans. Nicht nur haben Elena und Costa dort ihr Arbeitsfeld, sondern auch Lissabon – durch das Ozeanarium der Expo – und die Azoren sind davon umgeben. Ramos‘ Geist ist davon erfüllt, und er ahnt, dass es in Elenas Geist nicht viel anders aussieht. Doch der Ozean hat lichte Höhen dicht unter der Oberfläche – und er hat „Schatten der Tiefe“. Dorthin muss sich Ramos begeben: nicht buchstäblich natürlich, sondern mit kriminalistischen Mitteln. Er fängt auf diese Weise ein paar dicke Fische.
Dieser zweigeteilte Ozean ist das symbolhafte Spiegelbild sowohl der Welt, die die Expo nach Lissabon holt, als auch für Lissabon, das sich mit der Expo nun der Welt als moderner Saubermann präsentieren will. Auf dieser weißen Weste machen sich die drei Morde in der Expo denkbar schlecht aus, aber sie sind nur eine Verlängerung der Zustände, die in der Metropole schon immer geherrscht haben. Dies zu zeigen, ist das Anliegen Ramos‘ und die geheime Zielrichtung des Autors. Mit Ramos hat er einen Mann aus der Provinz in die Hauptstadt geholt, der das zwielichtige Geschehen dort mit distanziertem, kritischem Blick beobachtet – und sich keinen Deut um die korrekte Vorgehensweise schert. Sein Ermittlungserfolg gibt Ramos recht – und bestätigt den Autor in seiner versteckten Kritik.
_Unterm Strich_
Mit Viegas ist ein genuin portugiesischer Krimiautor zu entdecken, der uns Mitteleuropäern zum einen sein am Rande Europas gelegenes, aber wunderschönes Land präsentiert, zum anderen mit Inspektor Ramos ein Original zum Kennenlernen anbietet, das mehr als einen Blick verdient. Ein geistiger Verwandter von Kurt Wallander und Kommissar Van Veeteren ist dieser Mann der unkoventionellen Methoden, und in Isaltino de Jesus hat er sowohl einen Spiegel als auch ein Gewissen, so dass wir jede Fassette des knurrigen Inspektors kennen lernen.
Ähnlich wie Hakan Nesser ist Viegas kein Freund von geradlinigen Erzählsträngen oder gar eindimensionalen Figuren. Beides weiß er durch seine trickreiche Erztähltechnik zu unterlaufen. Das fordert vom Leser erhöhte Aufmerksamkeit, und ich ertappte mich beim mehrmaligen Lesen eines Absatzes, der so gar nicht zum Vorhergehenden passen wollte. Es schien mir, als würde der Autor zwischen den Zeilen wesentlich mehr erzählen, als auf der Seite stand. Dass dies wirklich so ist, erwies sich an den Sprüngen und Brüchen im Erzählverlauf – siehe oben.
Dennoch habe ich den Roman genossen, denn wenn man genau aufpasst, ergibt sich ein Gewebe, ein Bild, in dem es keine losen Enden mehr gibt. Und wem dies so erscheint, der sollte die letzten 20 Seiten noch einmal lesen. Denn hier tut sich noch eine ganze Menge an Ermittlung. Hier plätschert kein Epilog vor sich hin, der den Leser gütig in sein eigenes Leben entließe, nein: Es bleibt spannend bis zur letzten Seite. Der Roman ist ein trügerisch leicht zu lesendes Buch, doch die Mühe, die man investieren muss, lohnt sich.
|Originaltitel: Un crime na exposicao, 1998
301 Seiten
Aus dem Portugiesischen von Kirsten Brandt|
http://www.edition-luebbe.de/
_Gestatten? Rachel Pixley, Terroristenjägerin (oder: Knutschen mit Osama)_
Die freie Journalistin Rachel Pixley, die sich inzwischen den glamouröseren Namen „Olivia Joules“ zugelegt hat, trifft im mondänen Miami Beach einen Filmproduzenten, der sie fatal an einen gewissen Terroristenführer aus Saudi-Arabien erinnert. Der letzte Beweis, dass es sich um Osama Bin Laden handelt, liefert ihr seine Warnung, das Luxusschiff „Oceans Apart“ zu besuchen – welches denn auch prompt in die Luft fliegt. Kein Zweifel: Olivia muss die Welt vor diesem Mann retten! Wenn er nur nicht so schrecklich verführerisch wäre …
|Die Autorin|
Helen Fielding wurde weltbekannt durch die Verfilmungen ihrer Romane „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“ und „Bridget Jones – Am Rande des Wahnsinns“, beide mit Renee Zellweger in der Hauptrolle (der zweite Film kommt noch im Dezember in unsere Kinos, keine Sorge).
_Handlung_
Man kann sich auch in Miami Beach fehl am Platz vorkommen. Wie eine Strafversetzung fühlt sich diese Mission an, denkt Olivia Joules, ihres Zeichens freie Journalistin für britische Zeitungen und Klatschblätter. Olivia wurde als Rachel Pixley in der Robin-Hood-Gegend von Nottingham geboren, hat aber entschieden, für eine Karriere in der Welt der Reporter, Reichen und Schönen klinge „Olivia Joules“ doch wesentlich glamouröser.
Doch der Glamour, den sie im Luxushotel Delano vorfindet, hält sich stark in Grenzen. Die Konversation mit ausgestopften Silikongirls und ahnungslosen Boy-Band-Boys unterfordert Olivias geistige Fähigkeiten beträchtlich. Deshalb fällt ihr auch sofort der fein gekleidete und sinnlich dreinschauende Pierre Ferramo ins Auge, der hier als Filmproduzent irgendetwas mit der Präsentation einer neuen Kosmetikkollektion namens „Devoree“ (= verschlungen) zu tun hat. Der Umstand, dass sein Gesicht arabische Züge trägt und er arabische Wörter wie „shukran“ (= danke) benutzt, bringt sie auf eine ebenso glorreiche wie schreckenerregende Idee: Es handelt sich offenbar um keinen Geringeren als Osama Bin Laden – natürlich nach einer Gesichts- und Beinoperation.
Olivia hat nichts Eiligeres zu tun, als ihrer Kollegin/Freundin Kate die Neuigkeit brühwarm zu verklickern. Die rät ihr, erstmal ordentlich zu recherchieren, bevor sie ihrem Chef Barry Wilkonson, der sie eh auf dem Kieker hat, irgendetwas anbietet. Gesagt, getan. Und sie werde keinesfalls mit Ferramo schlafen. Oder? Der Mann hat ja nicht mal einen Eintrag in Google, der für Olivia maßgeblichen Suchmaschine. Sehr verdächtig!
Nachdem sie sich von den Silikongirls Kimberley und Demi abgeseilt hat, lernt sie zwei britische Passagiere des Luxusschiffs „OceansApart“ kennen. Edward und Elsie wecken in Olivia alias Rachel so heimatliche Gefühle, dass sie sie unbedingt auf ihrem Dampfer besuchen will, der an der Mole vor Anker liegt. Als Ferramo dies am Abend davor erfährt, rät er Olivia, die heftig mit ihm knutscht, eindringlich davon ab. Warum bloß?
Dennoch geht Olivia wie jeden Morgen joggen. Am Hafen sieht alles ganz friedlich aus, bis plötzlich ein Donnerschlag die Ruhe unterbricht und die Zeit still zu stehen scheint. Noch ein Donnerschlag – er kommt von der „OceansApart“! Schneller als James Bond in seinen besten Jahren hechtet Olivia unter einen Frachtcontainer in Deckung. Noch ein Donnerschlag, und heiße Luft versengt ihr den Unterarm. Der Doppelrumpf des Ozeanriesen wurde entzwei gerissen, und eine der beiden Hälften sinkt wie einst die „Titanic“, während der andere Teil bereits Schlagseite hat. Todesmutig eilt Olivia, die ja auf eine Taucherausbildung zurückgreifen kann, in die Wellen, um Überlebende zu bergen …
Nun hat sich ihr Verdacht gegen Ferramo erhärtet: Bestimmt hat der Mann etwas mit diesem Anschlag zu tun. Was sonst könnte ihn veranlasst haben, schon wenige Stunden später Richtung Los Angeles zu verschwinden? Ungeachtet der flehenden Anrufe von Barry Wilkinson, doch um Himmels willen einen Augenzeugenbericht zu liefern, und der Tatsache, dass sie gerade erst im Krankenhaus aufgewacht ist, macht sich Olivia heldenhaft auf den Weg nach L. A. Denn garantiert wird Osama die Filmmetropole in Schutt und Asche legen. Was sie, Olivia Joules, zu verhindern wissen wird.
Leider werden ihre Versuche, das FBI zu warnen, abgehört, in der britischen Heimat missverstanden und gegen sie verwandt. Doch was kann eine Olivia Joules aufhalten? Höchstens die Liebe.
_Mein Eindruck_
„Olivia Joules and the Overactive Imagination“, wie das Buch im Original heißt, wurde offenbar als Fastfood-Lektüre für Ferienflieger konzipiert. Die Handlung ist mit Pappkameraden gespickt, allerlei exotische Schauplätze wie etwa Miami Beach, Catalina Island und Honduras werden abgeklappert – oder besser: vorgeführt – und die klassische „flotte Biene in Not“ gerät in allerlei schlüpfrige oder gar gefährliche Situationen, in denen sie, mit Mutterwitz und Hutnadel ausgestattet, ihre Frau stehen kann.
Auf solche abgedroschenen Werte wie „Realismus“ braucht der Leser also gar nicht zu warten. Vielmehr geht es um seine oder vielmehr ihre Unterhaltung. So mag sich Lieschen Müller gerne die große weite, mondäne Welt vorstellen – und vor allem die ach so gefährlichen Männer, die sie bewegen, vor allem, wenn sie auch noch gut gebräunt sind und einen Waschbrettbauch tragen.
|James Bond: He’s the man!|
Der begehrenswerteste Typ Mann ist für Rachel Pixley alias Olivia Joules offensichtlich James Bond himself. Der echte Bond, der sich nun Mr. „Widgett“ nennt (ein ziemlich schlecht erfundener Name, denn so heißen mittlerweile sämtliche Geräte und Sachen, für die man sich noch auf keine allgemeinverbindliche Bezeichnung hat einigen können) und für den Auslandsgeheimdienst MI6 Ihrer Majestät arbeitet, ist doch schon beträchtlich in die Jahre gekommen und fällt als Lover flach.
Dafür hingegen gibt es erstklassigen Ersatz. Scott Rich ist ihr schon in Honduras an die Wäsche gegangen – nicht dass sie etwas dagegen gehabt hätte, schließlich hat auch frau ihre Bedürfnisse. Doch nun kann sie ihrerseits ganz offen ihm an die Wäsche gehen, weil sie nämlich für die gleiche Seite arbeiten: Olivia für MI6 und Scott für die CIA.
|Alias Osama|
Und wo ist der verführerische „Pierre Ferramo“ alias Osama Bin Laden abgeblieben? Ohne zu viel verraten zu wollen, kann man doch festhalten, dass er sich als echter Araber entpuppt. Er nennt Olivia-Schätzchen seinen „kleinen Falken“ (saqr). Als ob sie immer zu ihm geflogen käme, wenn er ruft. Aber um als volltauglicher Terrorist für Al-Qaida arbeiten zu können, hätte er vielleicht doch seine Vorliebe für guten französischen Wein einschränken sollen. So hat Olivia leichtes Spiel, ihn besoffen zu machen und seine Siebensachen zu durchsuchen. Ach, wäre sie ihm bloß nicht in den Sudan gefolgt! Menschen können so leicht in der Wüste verloren gehen …
|Girls and wives|
Am besten hat mir an diesem Buch die respektlose Art und Weise gefallen, wie die Autorin ihre Geschlechtsgenossinnen betrachtet. (Die Männer sind für mich wenig interessant: entweder lächerlich oder gefährlich verführerisch, dazwischen gibt’s nichts.) Klar, dass es darunter eine Menge falscher Schlangen gibt, darunter eine waschechte Doppelagentin. Und ob die „beste Freundin“ Kate wirklich immer das „Beste“ für (oder von?) Olivia will, ist lange Zeit unklar.
Der größte Aha-Effekt besteht in der Beschreibung der zwei Silikon-Girls, die Olivia in Miami Beach trifft. Obwohl Demi und Kimberley aus zwei verschiedenen Länder, nämlich Amiland und Olivialand, kommen, sehen sie sich zum Verwechseln ähnlich: Beide haben riesige ausgestopfte Brüste, aufgespritzte Lippen, das gleiche GAP-T-Shirt (natürlich ohne BH) und tragen Jeans, die jenseits von Gut und Böse anfangen. Klar, dass auch ihre Sonnenbrillen und die blonde Haartracht identisch sind. Und klar ist auch, dass beide zum Film wollen, egal wie. Olivia fragt sich, in welcher Retorte das Duo gezüchtet worden sei. Für mich ist klar, dass MTV und VIVA ein gewisse Mitschuld tragen. Girlgroups wie |No Angels| oder |Destiny’s Child| weisen stets solche „Engelchen“ auf.
|Die Übersetzung|
Marcus Ingendaay stammt offensichtlich aus dem Norden unserer Republik. Dort sind Wörter wie etwa „bräsig“ sicher wohlbekannt, wenn auch nicht hier im Süden. Bis auf ein paar Umgewöhnungsprobleme gefiel mir daher die Übersetzung recht gut, denn sie trifft auch sehr schön den deutschen Umgangston.
Schon etwas weniger gefielen mir hingegen die zahlreichen Druck- und Tippfehler. Auch Buchstabendrehen sind recht beliebt. Am krassesten fiel die Wirkung auf Seite 320 aus, wo statt „blökte“ nun „bölkte“ steht. Das lässt an Werners „Bölkstoff“ denken und Übles befürchten. Schlimmeres lassen jedoch fehlende Wörter erahnen. So fehlt auf Seite 364 das Wort „die“ in dem Satz „Ein Raunen ging durch Menge auf dem Hollywood Boulevard …“. Hoffentlich ein Einzelfall.
Ich hätte mir auch die deutsche Entsprechung des Ortsnamens „Aswan“ sehr gut im Text (S. 278) vorstellen können. Der im Deutschen gebräuchliche Name lautet „Assuan“, genau wie im Namen des Staudamms. Ein Name, der mir regelrecht suspekt vorkam und für den die Autorin verantwortlich zeichnet, ist der Name „USS Ardeche“ für ein amerikanisches Kriegsschiff. Ardèche ist bekanntlich ein französischer Fluss, und man sollte auch als Bestsellerautorin wissen, dass Amerikaner nicht gut auf die Franzosen zu sprechen sind. Deshalb erscheint der Name „USS Ardeche“ nicht besonders plausibel, besonders nicht als fiktiver Name.
_Unterm Strich_
Man muss keinen Doktorhut haben, um diesen Fastfood-Thriller für Möchtegern-Agentinnen lesen zu können. Aber vielleicht ein Flugticket. Und viel Zeit in der Sonne, am Pool, im Solarium oder sonstwo, um sich damit die überflüssige Zeit zu vertreiben, bis Männe wieder Kohle nach Hause bringt, die dringend für den nächsten Shopping-Raubzug benötigt wird.
Die Lektüre fällt umso leichter, weil man und frau sich keine Gedanken über tief schürfende Motivationen oder gar Seelenqualen der Figuren den Kopf zerbrechen müssen. Hautpsache, die Action lässt nicht allzu lange auf sich warten – am besten im Bett. Auch die gefällige Übersetzung trägt einen gewissen Wortwitz zur Unterhaltung bei. Dennoch hätte der Verlag nicht auf einen Korrektor verzichten sollen, denn derart viele Druckfehler – und sogar fehlende Wörter – finde ich in der Regel nur in Taschenbüchern, die von unterbezahlten Leuten übersetzt worden sind.
Wer den Roman zwischendurch liest, macht keinen Fehler, aber wer dann auch noch in die unvermeidliche Verfilmung – mit Renée Zellweger, garantiert – reingeht, ist selber schuld.
In New York beginnt eine Serie brutaler Morde… In Washington versuchen konspirative Kräfte, den Wirtschaftskoloss Japan in die Knie zu zwingen… In Tokio ist eine erbitterter Kampf um die mysteriöse Geheimgesellschaft „Schwarzes Schwert“ entbrannt. Der Roman konzentriert alle Elemente, die Lustbaders Welterfolg ausmachen: Sex und Sinnlichkeit, die rätselhaft-grausame Welt des Fernen Ostens und jene Männer, die bereit sind, einen scheinbar aussichtslosen Kampf aufzunehmen. (Verlagsinfo)
Die Konfrontation zwischen Japan und den USA in Sachen Wirtschaft und Technik erscheint in diesem Fernost-Thriller noch unausweichlich. Heute malen Autoren wie Tom Clancy eher die Chinesen als den Schwarzen Mann an die Wand. Eric Van Lustbader – Schwarzes Schwert. Fernost-Thriller weiterlesen →
„Der weiße Ninja“ ist ein spannender Fernost-Thriller, wie sie 1980 bis 1990 in Mode waren. Typisch für Lustbader: die Mischung aus japanischer Kampfkunst und Mystik, heißem Sex, modernster Computertechnik und skrupelloser Gewalt. Nicholas Linnear, der amerikanische Ninja, tritt hier das dritte Mal auf, nach dem Weltbestseller „Der Ninja“ und dessen Folgeband „Die Miko„. Da ich Lustbaders Mischung mag, fand ich auch diesen Roman gut.
Stieg Larssons Millenium-Trilogie ist Anfang der 2000er-Jahre eingeschlagen wie eine Bombe. Auch ich habe die drei Bücher verschlungen und konnte sie kaum aus der Hand legen. Eine zweite Trilogie lieferte später David Lagerkrantz ab, nun liegt der erste Band einer dritten Trilogie vor – dieses Mal aus der Feder von Karin Smirnoff.
Mikael Blomkvist reist in den Norden Schwedens zur Hochzeit seiner Tochter Pernilla. Dort lernt er auch seinen künftigen Schwiegersohn kennen, den Lokalpolitiker Henry Salo. Im kleinen Städtchen Gasskas kämpfen Firmen um billige Strompreise und natürliche Ressourcen – Blomkvists Schwiegersohn in spe befindet sich mittendrin.
Zeitgleich ist auch Lisbeth Salander auf dem Weg nach Norden, um ihre 13-jährige Nichte Svala kennenzulernen. Deren Mutter ist nämlich spurlos verschwunden und damit Svala nicht in ein Heim muss, ist Lisbeth zur Betreuung gefragt. Die beiden verbindet einiges, auch wenn es auch genug Reibungspunkte gibt zwischen ihnen.
Auf der Hochzeit von Pernilla und Henry Salo verschwindet schließlich Pernillas Sohn – spätestens jetzt befinden sich Salander und Blomkvist im Auge des Stroms, wie die Inhaltsangabe auf dem Buchrücken verspricht. Karin Smirnoff nach Stieg Larsson – Verderben weiterlesen →
„Commissario Montalbano lernt das Fürchten“ heißt dieser Roman im Untertitel. Sowohl der Untertitel als auch der Haupttitel werden mit entsprechenden Erzählungen gerechtfertigt. Im Gegensatz zu so manch anderem Werk auf dem deutschen Buchmarkt passt der Titel diesmal.
Das Buch enthält drei kurze Shortstorys (sorry: doppelt gemoppelt) von wenigen Seiten sowie drei Novellen von einer Länge zwischen 60 und 100 Seiten. Alle Geschichten gehorchen Edgar Allan Poes Forderung nach einer „unity of effect“: Sie erzielen jeweils eine beabsichtige Wirkung und haben eine identifizierbare Aussage. Die Lektüre dürfte also recht zufriedenstellend ausfallen. Ich stellte fest, dass die Novellen spannender sind als die Shortstorys.
|Der Autor|
Andrea Camilleri ist kein Autor, sondern eine Institution: das Gewissen Italiens. Der 1925 in dem sizilianischen Küstenstädtchen Porto Empedocle geborene, aber in Rom lebende Camilleri ist Autor von Kriminalromanen und -erzählungen, Essayist, Drehbuchautor und Regisseur. Er hat dem italienischen Krimi die Tore geöffnet.
Die Hauptfigur in vielen seiner Romane, Commissario Salvo Montalbano, gilt inzwischen als Inbegriff für sizilianische Lebensart, einfallsreiche Aufklärungsmethoden und südländischen Charme und Humor. Er ermittelt in komplett erfundenen, aber „wirklich“ erscheinenden Orten wie Vigàta und Monte Lusa.
Allerdings ist der Commissario nicht der Liebling aller Frauen: Zu oft hindert ihn sein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein daran, dringende Termine mit seiner festen Freundin Livia wahrzunehmen, mit der er seit sechs Jahren liiert ist, die aber in Genua lebt, also aus „dem Norden“ kommt. (Auch Camilleris Frau stammt von dort, aus Mailand.)
Einige Montalbano-Krimis:
– Die Form des Wassers
– Das Spiel des Patriarchen
– Der Hund aus Terrakotta
– Die Stimme der Violine
– Der Kavalier der späten Stunde
– Der Dieb der süßen Dinge
– Die Nacht des einsamen Träumers
– Das kalte Lächeln des Meeres
_Die Erzählungen_
|Fieber| (2001)
Die Grippe geht um in Marinella, und auch Montalbano wird von der Krankheit nicht verschont. Überzeugt, dass ein Thermometer zur Senkung seines Fiebers beitragen werde, steht er also auf und begibt sich zur nächsten geöffneten Apotheke. Dort wird er Zeuge eines blutigen Überfalls, bei dem ein junges Mädchen angeschossen wird. Ein Stadtstreicher entpuppt sich als professioneller Helfer, als es darum geht, der Kleinen zu helfen. Dieses Detail kommt dem Commissario, als er wieder im Bett liegt und schwitzt, seltsam vor …
|Tödlich verwundet|
In Vigàta wurde der Wucherer Piccolo erschossen. Montalbano findet ein verwüstetes Schlafzimmer vor, in dem der Ermordete im Bett liegt. Angeblich hat ihn seine Nichte Grazia, die bei ihm als Dienstmagd lebte, so aufgefunden, nachdem ihn ein Einbrecher getötet hat. In blitzschneller Reaktion habe sie, die mit Pistolen umgehen kann, einen Revolver aus dem Nachttisch geholt und damit den flüchtenden Einbrecher tödlich verwundet. Dieser wird drei Tage später auch tatsächlich verblutet aufgefunden.
Doch wenn der Schütze ein Einbrecher war, wieso ist dann in Piccolos Safe nur noch so wenig Geld? Und warum findet man beim toten Schützen keine Waffe? Und wie kommt es, dass dieser sogenannte Einbrecher dafür bekannt war, eine ehrliche Haut zu sein und geradezu kindliches Gemüt zu haben? Montalbano wird stutzig und stößt schon bald auf eine hilfreiche Spur, die zu einem Unbekannten führt.
|A Hatful of Rain oder: Eine Handvoll Regen| (1999)
Sein Polizeipräsident schickt den Commissario nach Rom, um dort im Ministerium seine, Montalbanos, Verbesserungsvorschläge für die Polizeiarbeit zu unterbreiten. Das ist dem Kommissar überhaupt nicht recht: Er hasst das Fliegen und kann den Norden nicht leiden. Weil seine Reisetasche verlorengeht, muss er in Rom erst einmal Klamotten kaufen und ein teures Zimmer mieten. Der Kleiderladen gehört einem alten Schulkameraden, wie er entdeckt. Diesen Ernesto Lapis hätte er damals in der Schule meiden sollen, denn er hatte ihn zum Schuleschwänzen angestiftet. Doch nicht der Faulenzer ist zum Ganoven geworden, sondern Lapis‘ Sohn. Das entdeckt Montalbano, als er im Gewittersturm seine Kappe verliert und sie neben einem Hut landet. Der bedeutet dessen Besitzer, Antonio Lapis, auffällig viel. Warum, erkennt Montalbano, als er sich mit Lapis um Kappe und Hut prügelt und die Polizisten beide festnehmen. Der Hut steckt voller Drogenpäckchen …
|Das vierte Geheimnis|
Ein albanischer Gastarbeiter ist auf dem Bau vom Gerüst gefallen. Und für solche Lappalien interessiert sich Montalbano? Es wäre ihm sicherlich relativ gleichgültig, würden nicht zwei Ereignisse zusammentreffen: Er hat einen Alptraum, den er als Warnung auffasst, und er erhält einen anonymen Brief. Darin wird genau jener tödliche Arbeitsunfall des Albaners Pashko Puka angekündigt.
Montalbano lässt die Sache nicht auf sich beruhen, sondern schnüffelt weiter. Die Häufung solcher Arbeitsunfälle fällt ihm auf, und alle nur in der Bauindustrie. Waren es vielleicht Morde? Aber zu welchem Zweck? Der Chef der lokalen Carabinieri hilft ihm weiter – er ermittelt hauptamtlich in diesem Fall, bittet aber Montalbano um Mithilfe. Offenbar handelt es sich um eine Kampagne der Mafia gegen ehrliche Bauunternehmer, damit diese an einen bestimmten Konkurrenten verkaufen, der zur Mafia gehört. Doch wer mit diesen Ehrenmännern den Kampf aufnimmt, muss früh aufstehen …
|Montalbano hat Angst|
Bei einem seiner seltenen Besuche im Norden nimmt seine Freundin Livia ihn auf eine Ferienhütte in den Alpen mit. In der Nähe des Montblanc-Massivs ist die Luft zwar klar, aber eisig kalt. Um sich die Beine zu vertreten, begibt sich Salvo schon am frühen Morgen auf einen der Gebirgspfade, um die Gegend zu erkunden. Dabei hört er einen Hilferuf und eilt zur Rettung. Doch die Szene, die er antrifft, erscheint nur auf den ersten Blick normal: Ein Mann hält das Handgelenk einer Frau fest, die über einem Abgrund hängt und nur noch mit den Füßen auf einem schmalen Grat steht. Nicht der Mann, Dalbono, hat um Hilfe gerufen, sondern seine Frau Giulia. Und sie hielt die ganze Zeit die Augen geschlossen. Warum? Erst als Dalbono ihn am nächsten Morgen besucht, versteht Salvo, was wirklich los war: Dalbano wollte seine Frau am Abgrund loswerden, weil er schon seit zwei Jahren eine andere liebte …
|Die Dinge im Dunkeln liegen lassen|
Dies ist die den Titel rechtfertigende Erzählung. – Ein Priester bittet den Commissario ans Sterbebett einer Neunzigjährigen. Die Signora Maria Carmela Spagnolo möchte ihr Gewissen erleichtern. Das kommt dem Kommissar merkwürdig vor; wäre der Priester nicht geeigneter, um …? Aber nein, der beruft sich auf das Beichtgeheimnis.
Und so kommt es, dass Montalbano in einem Mordfall ermittelt, der fast fünfzig Jahre zurückliegt und in dem Signora Spagnolo eine Schlüsselrolle spielte. Sie brachte eine Unschuldige ins Gefängnis, um sich dafür zu rächen, dass diese Signore Spagnolos Geliebte war: Cristina, Maria Carmelas beste Freundin. Jedenfalls nur bis zu einem ganz bestimmten Tag …
_Mein Eindruck_
Es ist immer ein wenig schwierig, eine Sammlung von Erzählungen, wie das vorliegende Buch, auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zurückzuführen. Genauso gut könnte man von einem Fünfgängemenü für einen Gourmet behaupten, dass in praktisch jeder Speise Wasser enthalten sei, und das wohl mit Fug und Recht. So ähnlich verhält es sich mit den Camilleri-Storys.
Jedes Mal ist von einem Verbrechen die Rede, eines gegen die Sitten, gegen Menschen, gegen den Ermittler selbst. Sei’s drum. In den drei kurzen Geschichten und den drei Novellen ist nicht entscheidend, ob und welches Verbrechen aufgedeckt wird. (Sizilianische Verhältnisse sind offensichtlich lebensfeindlich.) Es geht vielmehr um die besonderen Eigenschaften des Ermittlers, der ihre Aufdeckung erst herbeiführt. Und dazu gehören auch seine mitunter unorthodoxen Methoden.
|Ungewöhnliche Methoden|
Könnte man sich einen Stefan Derrick vorstellen, der sich nächtens zu einem altgedienten Einbrecherkönig begibt, um sich in die fachgerechte Anwendung eines Dietrichs bei Überseekoffern einweisen zu lassen? Das nämlich tut Montalbano und begibt sich sodann ins Lager des Altenheims, in dem die Signora Spagnolo verstarb. Er weiß: Am nächsten Tag kommt der Erbe und nimmt sämtliche Habseligkeiten der Verstorbenen mit, mithin also jedes Beweisstück, das eventuell Aufklärung darüber liefern könnte, was vor 50 Jahren wirklich geschah. Des Commissarios eigenwilliger Riecher hat ihn nicht getäuscht: Er ergattert drei verräterische Liebesbriefe – heureka! Da können Stefan und Harry einpacken.
|Assis|
Apropos Stefan und Harry: Montalbano hat einen recht bemerkenswerten Assistenten, sozusagen sein Mädchen für alles. Catarella mag zwar wie zwanzig aussehen, verfügt aber über den Verstand und das kindliche Gemüt eines Siebenjährigen. Und wie der sich freut, als ihm der hochverehrte „Dottori“ Montalbano ein Geheimnis nach dem anderen anvertraut – ein Gefühl wie Weihnachten und Ostern zusammen. Dabei verschwendet Catarella kaum einen Gedanken daran, dass sich die Ereignisse in „Das vierte Geheimnis“ einem gefährlichen Finale nähern. Es ist lediglich Montalbanos prophetischer Alptraum, der ihn davor warnt, was als nächstes geschieht: eine Schießerei, die für einen der drei Beteiligten tödlich ausgeht.
|Mörderinnen|
Wozu das titelgebende „schöne Geschlecht“ in puncto Verbrechen fähig ist, belegen nicht nur die Apothekerin (und vermeintliche Giftmischerin) Signora Spagnolo, sondern auch die Täterin in „Tödlich verwundet“. Ihr Onkel hat sie den Umgang mit Pistolen und Gewehren gelehrt, behauptet sie. Dieser Schuss kann auch nach hinten losgehen, findet der Commissario.
|Erotik|
In „Das vierte Geheimnis“ kommt nicht nur die kriminalistische, sondern auch die erotische Spannung zu ihrem Recht. Da funkt es ganz gewaltig zwischen Montalbano, beileibe kein Kostverächter, und der attraktiven Tochter des von der Mafia bedrängten Bauunternehmers. Aber da gibt es ja noch Salvos feste Freundin Livia, mit der er in [„Der Dieb der süßen Dinge“ 316 um ein Haar mal Adoptivvater eines Jungen geworden wäre. Mit Livia zofft sich Salvo für sein Leben gern, doch die Nähe zu ihr hat auch ihre Kehrseite. Salvo fürchtet sich, weil kein Übermensch, vor vielen Dingen. Dazu gehören Hunde ebenso wie das Fliegen und jede Art von Höhe.
|Phobien|
Das erweist sich in „Montalbano hat Angst“ als beinahe verhängnisvoll. In den Alpen wird Salvo furchtbar schnell schwindlig, und er verpestet die frische Bergluft mit dem Rauch zahlloser Zigaretten. Diese Akrophobie (Höhenangst) verhindert beinahe die Verhinderung und anschließende Aufklärung eines Verbrechens, das zunächst gar nicht wie eines aussieht. Montalbanos Stadt-Angst könnte man vielleicht Poliphobie (polis + phobos) nennen. Jedenfalls entwickelt sie sich bei seinem Rombesuch in „Hatful of Rain“ (ein Filmtitel) zu voller Blüte. Höchste Zeit, das sizilianische Urgewächs Montalbano in seine angestammte Heimat zurückzuverpflanzen.
_Unterm Strich_
Die sechs Erzählungen zeigen uns den Serienheld von ganz verschiedenen Seiten. Man muss ihn nicht immer sympathisch finden. Aber die Art und Weise, wie er Fälle löst und auf die Widrigkeiten des Lebens reagiert, macht ihn einfach interessant. Der italienische Wallander / van Veeteren? Warum nicht? Es gibt wesentlich schlechtere Vergleiche.
Dr. Fred Findholm gilt als das schwarze Schaf seiner Familie, die im schottischen Aberdeen als renommierte Anwaltsdynastie etabliert ist. Jeder Sohn ist bisher dort eingetreten, doch Fred hat sich davongemacht. Bis in die Arktis hat es ihn verschlagen. Dort besitzt er eine kleine Wetterstation, deren Daten er verkauft. Das sichert ihm mehr schlecht als recht sein Auskommen. Deshalb greift Findholm zu, als ihn die „Norsk Advanced Technologies“ anheuert, um einem polaren Rätsel nachzugehen. Unweit der Insel Grönland und gefährlich nahe an den Ölförderstätten der Gesellschaft treibt ein Eisberg, auf dem ein geheimes Lager entdeckt wurde.
Findholm soll herausfinden, was dort vor sich geht. Er stößt auf eine mysteriöse Gruppe angeblich US-amerikanischer Forscher und Militärs, die ein abgeschossenes Flugzeug bergen wollen. Vor fünf Jahrzehnten ging es nieder, an Bord nicht nur die Leiche des Kernphysikers und berüchtigten Atomspions Lev Baruch Petrosian, sondern auch dessen Tagebücher. Mit diesen macht sich Findholm nach seiner Rückkehr aus dem Staub, als er merkt, dass er für die „Norsk“ und deren geheimnisvolle Hintermänner höchst gefährliche Kastanien aus dem Atomfeuer holen sollte. Petrosian hat einst eine Möglichkeit gefunden, die Ur-Energie des Universums anzuzapfen. Das potenzielle Ergebnis: eine Waffe, mit der sich die ganze Welt vernichten ließe.
Joe Kurtz ist ein entlassener Sträfling und ehemaliger Privatdetektiv, der versucht, ein ehrliches Leben zu führen. Das ist aber in einer Stadt wie Buffalo, New York State, gar nicht so einfach. Er gerät nicht nur zwischen die Fronten zweier verfeindeter Mafiafamilien, sondern kommt auch einem psychopathischen Serienkiller in die Quere, der momentan auf der „richtigen“ Seite des Gesetzes arbeitet.
|Der Autor|
Dan Simmons ist bekannt geworden mit dem Horror-Roman „Sommer der Nacht“, der auch für „A winter haunting“ den Hintergrund bildet. Noch erfolgreicher wurde er allerdings mit Science-Fiction-Romanen: „Hyperion“ und „Der Sturz von Hyperions“ (auch: „Das Ende von Hyperion“) sowie „Endymion – Pforten der Zeit“ und „Endymion – Die Auferstehung“ fanden ein großes Publikum. Diese Tradition setzte er im Herbst 2003 mit seinem Roman [„Ilium“ 346 fort, in dem griechische Götter eine wichtige Rolle spielen. (Die Fortsetzung trägt den Titel „Olympos“ und kommt Mitte 2005 auf den Markt.)
Außerdem ist Dan Simmons ein Verfasser exzellenter Kriminalthriller (z. B. „Darwin’s Blade/Das Schlangenhaupt“ bei Goldmann) und Kurzgeschichten (z. B. „Styx“ bei Heyne).
Mit [„Hardcase“ 789 hat er eine Krimireihe um den „gefallenen“ Privatdetektiv Joe Kurtz gestartet, die mit „Hard Freeze“ und „Hard as Nails“ fortgesetzt wird. Simmons lebt in Colorado, wuchs aber in Buffalo, dem Schauplatz der Kurtz-Romane, auf.
_Handlung_
Joe Kurtz, die Hauptfigur des Romans, ist ein harter Brocken. Er hat kein einfaches Leben als früherer Privatdetektiv und langjähriger Gefängnisinsasse, der sich nun mit einer Webfirma für Datenrecherche über Wasser halten will. Nun plagt ihn chronischer Geldmangel, und so nimmt er doch wieder ein paar Fälle an. Leider sitzt ihm die Polizei genauso im Nacken wie die Mafia. Im eisigen Winter auf Buffalos Straßen entkommt er den Kontraktkillern um Haaresbreite.
Doch wer hat den Kontrakt für ihn ausgeschrieben? Ist es Angelina Farino Ferrara, die aus Italien zurückgekehrte Mafiaerbin des in Attica einsitzenden Bosses Stephen „Little Skag“ Farino, den Kurtz bestens in schlechter Erinnerung hat? Oder ist es ihr Gegenspieler, der schmierige Drogenschieber Emilio Gonzaga mit dem miserablen Geschmack und dem noch übleren Mundgeruch, mit dem sie sich zum Schein arrangieren muss?
Als sei dies noch nicht genug Kummer, bekommt Kurtz auch noch Besuch von einem relativ betuchten, aber todkranken Schwarzen namens John Wellington Frears, der nach Jahren endlich den immer noch frei herumlaufenden Mörder seiner Tochter Crystal finden will. Da hat sich Kurtz auf was eingelassen: Der berechnende Mädchenserienkiller, ein Meister der Verkleidung, hat nun eine Rechnung mit Kurtz offen und alle Trümpfe in der Hand: James B. Hansen arbeitet im Augenblick unter falscher Identität auf der Seite der Gesetzeshüter, hat eine respektable Familie und ein respektables Haus in einem vornehmen Viertel. Sein finsteres Geheimnis bewahrt er in einer Titanschachtel in einem Safe seines stets abgesperrten Arbeitszimmers auf. Zumindest so lange, bis Joe Kurtz es dort aufspürt.
So oder so wird es für Joe Kurtz ein heißer Winter in Buffalo, der kältesten Stadt im Bundestaat New York, gleich neben den Niagara-Fällen. Der Showdown findet folgerichtig während eines Schneesturms am totesten und kältesten Ort der Stadt statt: in den verfallenen dunklen Gewölben des alten verfallenen Hauptbahnhofs.
_Mein Eindruck_
Manchmal erinnert der schweigsame und kaltblütige Joe Kurtz an Mike Hammer, den ebenso kaltblütigen und gewaltbereiten Serienhelden, den Stacy Keach kongenial verkörperte. Dann aber erweist sich, dass Kurtz keineswegs aus Stein besteht, der die Schurken gnadenlos zur Strecke bringt, sondern dass er auch ein Herz besitzt – er kann es nur nicht zeigen.
Kurtz hat eine Tochter namens Rachel, die er wegen seiner 12-jährigen Haft nie kennen lernen durfte. Samantha, ihre Mutter, war Kurtz‘ Geliebte und berufliche Partnerin. Emilio Gonzaga hat sie auf dem Gewissen. Kurtz‘ Feldzug gegen Gonzaga entspringt also seinem Wunsch nach Vergeltung. Rachel hat inzwischen einen Pflegevater namens Donald Rafferty, doch der stellt sich als saufender und hurender Taugenichts heraus. Als er auch Rachel an die Wäsche will, läuft sie davon. Kurtz hat Abhörgeräte in Raffertys Haus angebracht, doch die neueste Entwicklung überrascht auch ihn. Plötzlich sind seine Qualitäten als Vater gefragt. Und wie sich zeigt, ist dies für Donnie Rafferty äußerst ungesund.
Auch gegenüber Frauen zeigt sich Kurtz souverän. Während er mit seiner Berufspartnerin Arlene DiMarco hervorragend auskommt, ohne zu persönlich zu werden, handhabt er die Mafiaerbin Angelina Farino Ferrara, wie es sich gebührt: eiskalt, vorsichtig und geschäftsmäßig. Für jeden muss etwas dabei herausspringen, wenn man etwas erreichen will. Ferrara will Gonzaga ebenso aus dem Weg haben wie ihren „kleinen Bruder“ Little Skag, der vom Bundesgefängnis in Attica weiterhin die Familiengeschäfte leitet. Als Angelina merkt, dass Kurtz imstande sein könnte, es mit den beiden aufzunehmen, will sie ihn benutzen. Dummerweise hat er eine Tonbandaufnahme von ihr, auf der sie gesteht, ihr Baby, das sie von Emilio Gonzaga gegen ihren Willen bekommen hatte, getötet zu haben …
In einer Welt der Psychopathen, Bodyguards, eiskalten Drogenschieber und Kindermörder nimmt sich ein Killer wie Joe Kurtz dennoch recht normal aus. Für einen Killer ist er sogar außerordentlich belesen und gebildet. In Attica hatte er zwölf Jahre Zeit fürs Lesen. Er liebt Shakespeare, und der Showdown im Hauptbahnhof gemahnt ihn an den Schlussakt von Shakespeares „Titus Andronicus“: eine wahre Schlachtplatte (inzwischen verfilmt mit Sir Anthony Hopkins).
Ungewöhnlich für einen Hardboiled-Thriller: Kurtz‘ geistiger Mentor, ein Ex-Professor in Princeton, wartet mit einer Theorie der moralischen Entwicklung auf. Wie Jean Piaget bewiesen hat, dass sich jeder Mensch in einer geistigen und sozialen Entwicklung befindet und es verschiedene Entwicklungsphasen gibt, so postuliert der Ex-Professor sieben Entwicklungsstufen des moralischen Empfindens und Bewusstseins. Ein Kinderschänder und Mahatma Gandhi mögen zwar beide der Spezies Mensch angehören, stehen aber wohl kaum auf der gleichen sittlichen Stufe. Kurtz‘ Beitrag zu dieser Theorie: Es gibt eine Nullstufe, und er kenne einige Vertreter dieser Stufe persönlich. Der Ex-Prof muss ihm widerwillig zustimmen. Ein solcher Vertreter hat gerade kalblütig seinen Doppelgänger erschossen. Man nennt diese Leute gemeinhin „Monster“.
Buffalo eignet sich nicht von ungefähr hervorragend für die Serie der Kurtz-Thriller. Die Stadt liegt an den Niagara-Fällen, einem mächtigen Symbol. Außerdem ist die kanadische Grenze gleich um die Ecke, was Buffalo für Drogen- und andere Schmuggler sehr interessant macht. Zu guter Letzt sind hier nicht nur die Winter besonders hart und lang, sondern es gibt am Lake Erie ein spezielles Wetterphänomen: einen extrem starken Schneesturm, der von Westen über die Weite des Sees heranbraust, bis er die Stadt mit ungeheurer Wucht trifft. Keine Frage, dass dies genau dann eintritt, als der Showdown des Buches stattfindet. Daher auch der Titel.
_Unterm Strich_
„Hard Freeze“ ist als zweiter Band der Kurtz-Serie vielleicht nicht so gewalttätig wie der erste, auf dessen Ereignisse ständig verwiesen wird. Aber „Hard Freeze“ entwickelt eine unaufhaltsam wirkende Wucht, die wie der sich zusammenbrauende Sturm irgendwann zum Ausbruch kommen muss.
Wie in jedem Hardboiled-Thriller seit Dashiel Hammett und Mickey Spillane („Mike Hammer“) wird auch hier nicht lange philosophiert und gequasselt, sondern gehandelt. Wo gehobelt wird, fallen Späne, und wo wie hier grob gehobelt wird, fallen die Späne reihenweise.
Dies bedeutet nicht, dass Gewalt Selbstzweck ist. Im Gegenteil. Jeder der Schurken wird nicht nur in seinem Handeln, Reden und Denken dargestellt, sondern auch anhand der Konsequenzen seines Tuns. James B. Hansen, den wir wie keine andere Figur im Buch kennen lernen, ist beispielsweise ein vorbildliches Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft und Polizei, doch die Tatsache, dass er bereits über zwei Dutzend zwölfjährige Mädchen vergewaltigt und brutal umgebracht hat, macht ihn zum Monster.
Sobald eine seiner vielen Identitäten ausgedient hat, bringt er seine Gastfamilie um und hinterlässt die Leiche eines Unschuldigen im brennenden Haus, so dass man Hansen für tot hält. Eine Spur der Vernichtung kennzeichnet seinen Lebensweg. Kurtz‘ Tochter könnte sein nächstes Opfer sein.
Dan Simmons ist ein erprobter und gewiefter Autor. Er kennt alle Tricks des Erzählens, und so ist auch „Hard Freeze“ gespickt mit Überraschungen, die die Spannung gehörig anheizen. Dass Simmons sich nach Themen aus dem Bereich des Futuristischen, Mystischen und Übernatürlichen nun dem Krimi zugewandt hat, tut dem Genre gut und nützt dem Leser. Das war schon in dem genialen „Schlangenhaupt“ festzustellen, das hoffentlich bald verfilmt wird.
Zwar gehorchen im Vergleich dazu die Kurtz-Romane allen Vermarktungsregeln des Genres, doch hier und da blitzen typisch Simmons’sche Elemente auf, wie etwa philosophische Killer, diebische Mafiaprinzessinnen und als Penner lebende Princeton-Professoren.
Der ironische Humor ist extrem trocken und unterkühlt. Das dürfte so manchem Leser gar nicht auffallen, und wenn doch, muss es ihm nicht mal gefallen. Aber wie die Klingonen zu sagen pflegen: „Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert.“
|Verlagsseite: http://www.minotaurbooks.com
Homepage des Autors: http://www.dansimmons.com |
Auf einer abgelegenen schottischen Insel trifft eine Gruppe von Fremden zu einer vermeintlich glamourösen Silvesterparty ein. Doch statt des erwarteten herrschaftlichen Anwesens finden sie ein verfallenes Herrenhaus vor, von Festvorbereitungen keine Spur. Unklar ist auch, wer das Fest organisiert und die Einladungen verschickt hat. Die Gäste beschleicht das ungute Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Doch das nächste Boot zum Festland kommt erst nach den Feiertagen wieder vorbei, die Handys haben keinen Empfang, und die Gruppe ist von der Welt abgeschnitten. Am nächsten Morgen wird eine von ihnen tot aufgefunden, und unter den verbliebenen Gästen macht sich die Angst breit. Zu Recht … (Verlagsinfo)
Mein Eindruck:
November: Millie hat ein Jahr voller Enttäuschungen hinter sich als sie völlig unerwartet von einem ehemaligen Kollegen, für den sie heimlich schwärmte, zu einer Hogmanay-Feier à la 1899 in ein altehrwürdiges Gutshaus eingeladen wird. Sie will diesen besonderen Jahreswechsel als Wendepunkt betrachten und am 30. Dezember reist sie erwartungsvoll nach Schottland. Sofia Slater – Die Einladung weiterlesen →
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