Die Nominierungen für den Kurd-Laßwitz-Preis (KLP) 2023 für die besten Science-Fiction-Werke des Jahres 2022 wurden bekannt gegeben.
Der KLP wird seit 1980 in bis zu acht Kategorien vergeben. Die Nominierung wie auch die eigentliche Wahl erfolgt durch professionell mit der Science Fiction im deutschsprachigen Raum beschäftigte Personen, insbesondere Autoren, Verleger, Lektoren, Fachjournalisten, Herausgeber, Grafiker, bisherige Preisträger und Übersetzer. Die Wahlphase endet im April, die Preisverleihung soll Mitte Mai im Rahmen des MetropolCon, einer Veranstaltung zur SF-Literatur im silent green Kulturquartier Berlin, erfolgen.
Uralte Alien-Kreaturen, ein galaktischer Krieg und eine furchtlose junge Heldin:
Spensa hat sich nicht nur zu einer der besten Sternenjägerinnen ihres Planeten entwickelt – der jungen Pilotin ist es auch gelungen, ihr Volk vor der Ausrottung durch die rätselhaften Krell zu bewahren.
Doch inzwischen verfügt die galaktische Allianz, die alles menschliche Leben kontrollieren will, über eine ultimative Waffe: die Delvers, uralte außerirdische Kreaturen, die ganze Planeten-Systeme in einem Augenblick auslöschen können. Spensa, die bereits einem Delver begegnet ist, weiß, dass keine noch so große Raumschiff-Flotte diese Monster besiegen kann. Sie hat allerdings auch etwas seltsam Vertrautes in der Kreatur gespürt – etwas, das die Galaxie retten könnte, falls Spensa endlich herausfindet, was sie wirklich ist.
Dafür müsste sie jedoch alles, was sie kennt, hinter sich lassen und das Nirgendwo betreten, einen Ort, von dem nur wenige je zurückgekehrt sind …
(Verlagsinfo)
Schreckschneck ist wieder da!
Nachdem es Spensa Nightshade im letzten Augenblick geschafft hatte, ihren Häschern durch dieses Portal ins Nirgendwo zu entkommen, findet sie sich in einem unwirklichen Planetoidensystem wieder. Die hier herrschenden Gesetze sind physikalisch ähnlich denjenigen unseres Universums, jedoch gibt es gravierende Unterschiede, wie sie bald feststellen wird. Und es herrschen rauhe Sitten unter den hierher Verschlagenen. So gerät sie alsbald, auf der Flucht vor besessenen Kreaturen wie Sauriern, in Gefangenschaft einer Piratengruppierung.
_Die Zukunft der Frau kommt nicht aus Deutschland_
Frau zu sein in SF und Fantasy ist schwer, denn bisher war diese Literaturgattung eine Männerdomäne. Doch eine neue Generation von Schriftstellerinnen beschleunigt den Niedergang der weiblichen Archetypen, die von der SF übernommen wurden. Sie entwerfen neue Rollen für die Frau, zeichnen radikale Veränderungen in der Struktur der Familie vor und beschreiben bisher undenkbare Gesellschaftsformen und Kulturen, sie trennen Geschlecht und soziale Rolle, und auch Frauen tauchen als Außerirdische auf. (aus der Verlagsinfo)
_Der Herausgeber_
René Oth, geboren 1945, lebt in Luxemburg. In der Reihe Sammlung Luchterhand gab er eine Reihe von SF- und Fantasy-Bänden heraus, so etwa den Vorgänger dieser Sammlung, der den Titel „Als alles anders wurde. Phantastische Geschichten über die Zukunft der Frau von Science-Fiction- und Fantasy-Autorinnen“ (1985, SL 530) trägt.
_Die Erzählungen_
|1. Sektion: GESELLSCHAFT|
_1) Sonya Dorman: „Lebensende“ (The living end)_
Hochschwanger kommt sie in die Klinik und findet den Weg zur Abteilung für Vorsorge und Seelische Ausgewogenheit. Die Wehen haben schon eingesetzt, und das Baby versetzt ihr Tritt um tritt, doch die ältliche Dame an der Rezeption will erst ihre Daten aufnehmen. Sie fürchtet, sie muss das Baby hier auf dem Stuhl zur Welt bringen. Von Kreißsaal weit und breit nichts zu sehen.
Nachdem mehrere Gliedmaßen registriert worden sind, bequemt sich die Rezeptionistin endlich dazu, das Hologramm einzuschalten. Endlich! Da sind sie, die Ärzte, die sich um sie kümmern, und sie holen auch den kleinen Jungen zur Welt. Mit flachem Bauch kann sie endlich wieder gehen, die Schwangerschaftspillen in der Hand. Vielleicht bis zum nächsten Monat …
|Mein Eindruck|
Da nichts erklärt wird, muss sich der Leser seinen eigenen Reim auf diese rätselhafte Szene machen. Ist die Ich-Erzählerin wirklich schwanger, wie sie es erlebt? Von einer geplatzten Fruchtblase ebenso wenig die Rede wie von Fruchtwasser, und die Erzählerin ist in der Lage, trotz der putativen Wehenschmerzen alles, was um sie herum vorgeht, ganz genau zu beobachten.
Da die ganze Entbindung schon mit dem Abspielen eines Holofilms erledigt ist, liegt der Verdacht nahe, dass alles nur Einbildung ist. Die Entbindungsphantasie scheint ein Bedürfnis zu erfüllen, eines, das sie schon nächsten Monat wieder befriedigen muss. Aber welches? Offenbar werden in dieser Gesellschaft keine Kinder geboren, sondern vielmehr großer Wert auf Ersatzgliedmaßen gelegt. Ist die Gesellschaft also in Wahrheit überaltert und kinderlos?
Eine andere Lesart bietet sich wie folgt an. Die Entbindung findet tatsächlich statt: „Ein Junge, entbunden in acht Minuten“, protokolliert die Assistentin. Und die Patientin darf die nächsten fünf Jahre Kinder gebären, wenn sie will, um dafür Vergünstigungen zu bekommen. Aber das Kind darf sie nicht nach Hause nehmen. Woher kämen sonst die Ersatzorgane her?
_2) Kate Wilhelm: „Das Begräbnis“ (1976)_
Die junge Clara ist eine Nichtbürgerin, die im Mädcheninternat der Madam Westfall erzogen und zur Lehrerin ausgebildet wird. Die Bürger leben drunten in der Stadt und kommen manchmal vorbei, um sie zu begutachten, insbesondere ihren jungen, frischen Körper. Clara muss täglich wie die anderen Schülerinnen, die in Grau gewandet sind, am gläsernen Sarkophag der Gründerin wachen.
Die Rektorin Madam Trudeau will, dass Clara ein Tagebuch führt, in dem sie vermerkt, was die Gründerin zu ihr gesagt hat, als sie mit ihr zusammen war. Nun erinnert sich Clara in ihrer Zelle, wie die Gründerin von einem Krieg erzählte und dass „nur wenige von der Miliz verschont“ wurden. Doch wer und von wem? Danach kam dann die Seuche, die nur wenige übrig ließ. Und die Gründerin erwähnte etwas, dass die Bürger wollten, dass sie etwas nach deren Ebenbilde erschuf und erzog – die Schülerinnen? Einige Lehrfilme Madam Trudeaus sorgen dafür, dass Clara alle Ambitionen, eine Dame zu werden, einstellt.
Die Bestattungsfeierlichkeiten für die 120-jährige Gründerin der landesweit verbreiteten Schulen für Männer und Mädchen werden in deren Elternhaus, das nun ein Nationaldenkmal ist, fortgesetzt. Die 14 Mädchen werden in zwei Zimmern untergebracht. Als die zehnjährige Lisa Clara beichtet, dass sie ihr Notizbuch vollgekritzelt hat, statt es mit Zitaten der Gründerin zu füllen, ordnet Madam Trudeau an, dass Clara die Sünderin auspeitschen muss. Erstmals verspürt Clara dabei Hass, und Madam Trudeau triumphiert.
Doch wenig später wird Clara selbst verpetzt und soll zur Strafe Lisa täglich auspeitschen. Sie weigert sich, denn sie hat einen Ausweg gefunden: jene „Höhle“, nach der Madam Trudeau seit über einem Jahr sucht. Es handelt sich um ein Zimmerchen im Zwischenstock, und dort sind jene Amateurfunkgeräte deponiert, die Steve Westfall erfand und die die Regierung dringend haben will.
Hier finden Clara und Lisa ihr Versteck, ein letztes Stückchen Freiheit und Unschuld, aus dem es kein Entrinnen gibt …
|Mein Eindruck|
Wie man sieht, geht es in der Geschichte um zwei Beerdigungen, die der Gründerin und die von Clara und Lisa, die in ihrem Versteck verdursten. Erschreckenderweise sind sie die Opfer einer Gesellschaft, die auf Hass aufbaut. Die Bürger hassen die Nichtbürger, also unfreien Leibeigenen, und freuen sich, wenn diese den Hass übernehmen und an ihren Schicksalsgenossen auslassen.
Das Rätsel besteht darin, wie es zu dieser Art von repressiver, pseudoviktorianischer Gesellschaft kommen konnte, die die Autorin schildert. Denn es war ja die 120-jährige Gründerin selbst, die einst das Opfer von Krieg und Repression wurde. Warum also errichtete ihrerseits ein Schulsystem, das Repression und Hass fördert? Erst spät wird das Geheimnis gelüftet: Miss Westfall wurde ohne Erinnerung gefunden. Nun versucht Madam Trudeau, ihre mutmaßliche Nachfolgerin, Westfalls Äußerungen gegenüber den Schülerinnen zusammenzusetzen, um herauszufinden, was Westfall vor ihrem Auffinden tat – oder versteckte.
Zweimal wird angedeutet, dass es jenseits der engen Grenzen der Nation Wilde gibt. Bei der Bestattung ist ein wildes, höhnisches Gelächter zu hören. Und als Clara stirbt, vermeint sie, dieses Gelächter erneut zu hören. Denn es ist das Gelächter der Freiheit.
_3) Hilary Bailey: „Schwestern“ (1976)_
Angela Bude ist die Vorstandsvorsitzende einer Ingenieursfirma und als solche verfügt sie sowohl über Macht als auch Freunde. Das dachte sie zumindest bis zu diesem Morgen, als sie Lady Flora Goodman, die Frau ihres Ko-Vorsitzenden und Geliebten Frederick Goodman aus ihrem, Angelas, Büro kommen sieht. Was hatte Flora dort zu suchen? Als kurz danach der Aktienkurs der Firma unerklärlicherweise zu klettern beginnt, lässt Angela Fingerabdrücke nehmen – doch Floras Büro ist verschlossen.
Es ist Februar 2015 und Wochenende , als Angela ihre Schwester Judith Briggs anruft. Diese lebt draußen auf dem Lande und erwartet ihr fünftes Kind. Angela stellt sich mit Schaudern vor, wie Judith wie ein Pferd schuftet, um ihre Kleinen und die senile Mutter durchzubringen. Judith erzählt von Kranken und sogar Toten im Dorf. Angela will mal vorbeischauen, nicht zuletzt deshalb, weil in der Nähe eine Forschungsanlage ihrer Firma liegt.
In einer Teestube am Ort hört Angela davon, dass eine unbekannte Krankheit ausgebrochen sei, die weder der Tier- noch der Menschenarzt zuordnen können. Sie überlegt es sich anders, betritt die Forschungsanlage und macht Druck. Zu ihrer Bestürzung erfährt sie von dem kriecherischen Leiter, der schon vor Monaten hat abgelöst werden wollen, dass hier ein tödliches Virus für den Export in afrikanischen Konfliktstaaten produziert – und an der eigenen Dorfbevölkerung getestet worden ist. Angela verständigt das Verteidigungsministerium.
Was wird sie bei Judith vorfinden, fragt sie sich bang. Falls sie im Schneetreiben überhaupt zu Judiths Bauernhof gelangt.
|Mein Eindruck|
Zwei sehr unterschiedliche Frauen werden hier porträtiert, zwei Frauenlebensentwürfe, die auch heute, 35 Jahre später, noch von unglaublicher Aktualität und Relevanz sind. Angela ist die Karrierefrau, die Kinder ablehnt und sich auf Macht, Annehmlichkeit und Freunde verlässt, um zu überleben. Sie ist, kurz gesagt, ein Mann in Frauenkleider, der Traum jeder Feministin – und der ihrer Mutter.
Judith ist eine Frau, mit der gebärenden Macht einer Frau, und hat sich bewusst für dieses Leben entschieden. Denn wenn die Angelas gewinnen, dann wird die Bevölkerung, wie für 2015 vorausgesagt, zur Hälfte aus arbeitslosen Senioren bestehen (es gibt dazu eine Szene im East End von London), die alle Rente beziehen wollen – und zur anderen Hälfte aus Männern und Frauen, die sich dafür abrackern müssen. Aber wer soll für den Nachwuchs sorgen? Am Schluss wird es nur noch zwei Angelas geben, mutmaßt Judith, die sich auf ihren goldenen Thronen überlegen, wie sie die andere am besten aufs Kreuz legen.
Dieses Horrorszenario namens „demographische Entwicklung“ war bis vor wenigen Jahren dicht davor, Wirklichkeit zu werden. Die Story thematisiert die Problematik zwar etwas schablonenhaft, aber nur, um Pro und Kontra deutlich abzugrenzen. Die Ironie der Sache liegt darin, dass der Feminismus, verkörpert in der senilen Mutter der Schwestern, Erfolg gehabt hat: Frauen sind endlich Männern gleichgestellt – und sind nun ebenso wie diese am Export von Killerviren beteiligt.
Hilary Bailey, die lange Jahre die Gattin von Michael Moorcock, einem der wichgsten britischen SF-Autoren und -Herausgeber, war, erzählt ein in menschlicher Hinsicht glaubwürdiges Szenario, das aber thematisch überspitzt ist, um Durchschlagskraft zu entwickeln.
|2. Sektion: POLITIK|
_4) Katia Alexandre: „Zeit der Masken“ (1976)_
Im Jahr 2092 haben die Frauen einen Staat errichtet, in dem sie dominant sind. Die Überwindung der selbstmörderischen Männerherrschaft ist durch die Psychologie des Gath gelungen, die alle Frauen zu Sprechpartnern oder Gnadenpartnern macht. Doch heute tritt die Präsidentin einen Bußgang in den Tempel der Gnade an, denn sie hat ihr stellvertretenden Chefin der Staatssicherheit den Auftrag gegeben, ihren Geliebten, den Komponisten Rylsen, zu liquidieren.
Voller Selbstzweifel sucht die im Tempel maskierte Präsidentin, die sich hier „Jane [Eyre]“ nennt, das Gespräch der Beichte. Doch sie trifft auf die Chefpsychologin Bab-Mary Way. Diese weiß viel zu viel über sie. Als die Präsidentin herumdruckst, wird klar, dass es mit einer Beichte nichts wird. Und hinterher gilt es einen weiteren Liquidierungsauftrag zu erteilen …
|Mein Eindruck|
Der Herausgeber nennt diese Geschichte auf frauenfeindliche Weise feministisch. Der Grund liegt darin, dass hier die inzwischen überholte und widerlegte Psychologie Sigmund Freuds zugrundegelgt wird, um die Herrschaft, die die Frauen mit Hilfe der Gath- = Freud-Psychologie errichtet haben, zu desavouieren. Denn auch Frauen, hier vertrete durch die Präsidentin, sehen sich gezwungen, ihre Macht zu zementieren, indem sie Mitwisser eliminieren, genau wie einst die Männer. Und wenn Männer liquidiert werden, so kann frau nicht damit leben, sondern muss beichten, um Buße zu erlangen.
Wie auch immer man dieser verschwurbelten Geschichte gegenüberstehen mag, so ist sie doch extrem langweilig zu lesen, denn es passiert rein gar nichts.
_5) Marianne Leconte: „Dreimal J“ (1976)_
Judith, Jane und Julie liegen am Strand der Karibik beim Sonnenbaden, als Jane auf einmal einen Rappel bekommt und zetert, die anderen beiden würden sich wie Nutten oder Mätressen von den Männern aushalten lassen. Jeder Protest gegen diese Anweürfe erweist sich als zwecklos, und Jane stapft als Rebellin von dannen. Na, das kann ja was werden, fürchten die beiden anderen.
Später zeigt Jane ihrer Freundin Julie das Manuskript eines Romans, in dem sie den Entwurf einer Frauenrepublik darstellt. Junge Mädchen werden auf Gynecea zu liebevollen Sklavinnen erzogen, die auf alle Welten exportiert werden, wo starke Männer sie haben wollen. In einer lustbetonten Szene jedoch erleidet die Liebeskatze eine schmerzhafte Halluzination, in der die Vegetation um sie herum sie auspeitscht, um sie dafür zu bestrafen, dass sie sich als Frau zum Objekt machen lässt. Jane berichtet, dass sie mit Judith gebrochen habe, seitdem diese den Präsidenten der Welt geheiratet habe.
Der Präsident der Welt kehrt von einem stressigen Arbeitstag zu Judith nach Hause zurück, die ihn erst verwöhnt, dann ausfragt. Er bittet sie um einen beruflichen Gefallen, den sie allerdings hinterfragt. Offenbar hat ihr Göttergatte vor, die Bevölkerung eines neu entdeckten Planeten namens Terra II, auf dem viele Energiequellen auf ihre Ausbeutung zu warten, übers Ohr zu hauen. Sie gibt erst klein bei, um dann dafür zu sorgen, dass solche Praktiken von Rechts wegen untersagt werden.
In der letzten Szene ist Jane, die Rebellin gefangen worden und wird nun dem Tribunal der Frauen vorgeführt. Sie soll ihr urteil empfangen. Es besteht darin, dass sie von den Telepathinnen selbst zu einer Telepathin gemacht wird. Bringt sie das endlich zu dankbarer Einsicht? Mitnichten! Vielmehr will sie ihre Gabe sowohl Frauen und Männern schenken. Wie töricht sie doch ist, denkt Judith. So etwas kann sie nie und nimmer zulassen, denn sonst würden die Frauen ihre verborgene Macht verlieren, mit denen sie die Männer manipulieren. Jane erleidet das traurigste und endgültigste Schicksal …
|Mein Eindruck|
Ähnlich wie in „Die Zeit der Masken“ verfügen also in Wahrheit die Frauen über die Macht in der Gesellschaft, und jeder Versuch, diese Macht zu untergraben, wird mit einem Todesurteil sanktioniert. Der Unterschied in der Machtausübung liegt lediglich in dem Grad der Offenheit. Beide Präsidentinnen, Jane wie Judith, benutzen die Männer wie ihre Schoßhündchen. Judith ist dabei wesentlich verschlagener, denn sie lässt ihren Mann im Glauben, er übe die Macht aus und sie kusche lieber.
Diese interessant formulierte Erzählung bietet viel Abwechslung, überraschende Wendungen, einen lustbetonten, erotischen zweiten Akt und ein dramatisches Finale. Auf diese Weise unterhält sie den aufgeschlossenen Leser, der mit ungewöhnlichem Stil etwas anfangen kann, auf nachdenklich machende Weise.
Nelly liebt es zu essen. Viel zu essen. Besonders dann, wenn sie ihrem Lieblingssänger Tommy Fango zuhört – wenn sie wie alle anderen „eingestöpselt“ ist. Tommy liebt beleibte Frauen. Und so gibt sich Nelly Fressorgien hin, heimlich allerdings, denn ihre Eltern sind entsetzt über ihren wachsenden Leibesumfang. Bis sie eines Tages so weit gehen, die Polizei zu holen und Nelly einweisen zu lassen – in die Schlankheitsklinik.
Hier lernt sie Ramona kennen, die das gleiche Problem hat. Aber indem sie einander helfen und Nelly sogar ausbricht, gelingt es Nelly ihr Problem mit anderen Augen zu sehen. Für Tommy Fango ist sie selbst zwar inzwischen zu mager, doch das muss ja nicht für andere Mädels gelten. Fortan übernimmt sie das Kommando in der Schlankheitsklinik und funktioniert diese zur titelgebenden Mastfarm um. Irgendwann wird eines ihrer Mädchen dem Schönheitsideal von Tommy Fango entsprechen …
|Mein Eindruck|
Die Ironie der „Bekehrung“ der Hauptfigur dürfte keiner Leserin entgehen. Es ist eine doppelte: Erst wollte Nell selbst dem Ideal ihres männlichen Idols gefallen, doch als dieser sie ablehnte, konvertiert sie ihre Geschlechtsgenossinnen, bis dieser Glücksfall eintritt – sozusagen stellvertretender Erfolg für Nell.
Bezeichnend ist, dass in beiden Fällen ein Mann das Ideal vorgibt, dem die Frauen willig folgen. Sie opfern dafür erst den Frieden mit ihrer Umwelt (Elternhaus), dann ihre Gesundheit und schließlich die ihrer Geschlechtsgenossinnen. Bemerkenswert ist hier, dass anders als in Piers Anthony Story „In the Barn“ (Heyne Story-Reader 3) nicht Männer das Mästen und Ausbeuten besorgen, sondern Frauen an ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen.
Die Autorin hat diese Mechanismen fein säuberlich versteckt und sie als Erlebnisse und Ansichten ihrer Ich-Erzählerin Nell ausgegeben. Deshalb stehen Gefühle wie Lust und Unlust dominant im Vordergrund, ebenso die Hingabe an das Ideal ihrer Träume. Unklar bleibt lediglich, welche Rolle das „Eingestöpseltsein“ spielt: Es scheint sich um eine Dauerberieslung mit Schnulzenmusik zu handeln. Nells Lieblingslied heißt „When a Widow“, und offenbar geht es um eine Leerstelle, die die Hörerin füllen könnte – raffiniert.
_7) Carol Emshwiller: „Abscheulich“ (1980)_
Eine Expedition von Politikern hat sich ins Hochland begeben, um die mystischen Frauen zu suchen und einzufangen. Sie haben sich als Marinesoldaten verkleidet, denn das soll die gesuchten Weibchen anlocken. Außerdem verfügen sie und besonders ihr forscher Kommandant über Fotos, um die gesuchten Wesen identifizieren zu können, sollten sie auf sie stoßen. Man beachte die Brüste, die ausladenden Hüften und das, äh, Unaussprechliche. Glasperlen und ausgelegte Bananen dienen als Lockmittel, um das flüchtige Wild anzulocken. Mann ja nie wissen, was funktioniert.
Da, auf dem Hügelkamm! Da steht eine auf einem Bein, wie es scheint. Vielleicht ist aber auch nur ein Bär. Im Gegenlicht der grellen Sonne ist das schwer auszumachen. Schon ist sie fort. Wie schade. Die Suche geht weiter. Gerüchteweise haben sich die Frauen ein unterirdisches Reich geschaffen, in dem sie backen, kochen und aus tiefgefrorenen Samen Kinder aufziehen, so dass sie permanent schwanger sind.
Der Psychoanalytiker hat eine Skizze geliefert (im Text abgedruckt), wie sich das scheue Wild möglicherweise anlocken und fangen ließe. Man müsste auf schlaue Weise eine Art Ersatzziel vorgaukeln, indem ihr Id sich mit vom männlichen Superego ablenken und einem neuen Ziel zuweisen lässt. Schlau ausgedacht, doch leider scheint es nicht zu klappen. Die Bananen, die mann in der Nacht auslegte, sind alle weg.
Schließlich wird die Pirsch ergebnislos abgebrochen. Sowohl die zugemessene zeit als auch das Budget sind erschöpft. Unser Chronist hinterlässt einer gewissen „Grace“ eine Botschaft aus möglichst einfachen Zeichnungen, wie etwa einem Herzen, Frage- und Ausrufezeichen und dergleichen. Wer weiß, auf welchem Intelligenzniveau sich die Weibchen befinden? Zusammen mit dem Psychanalytiker macht er sich enttäuscht auf den Rückweg in die Zivilisation …
|Mein Eindruck|
Die Autorin stützt sich auf Traditionen der phantastischen Literatur, insbesondere auf die Suche nach dem „abscheulichen Schneemenschen“ (auch Yeti oder Bigfoot genannt). Andererseits gemahnt die Prämisse der Geschichte an Philip Wylies Roman „Das große Verschwinden“ aus dem Jahr 1951, in dem alle Frauen verschwinden.
Die Erzählung lässt sich wie so viele SF-Erzählungen auf zwei Ebenen lesen. Was tatsächlich geschieht, ist die Suche nach jenen legendär-mystischen Wesen. Gerüchte über ihre Existenz, ihre Einstellungen, ihr Aussehen und ihre Lebensweise und Werte kursieren unter den Männern des Suchtrupps wie Geschichten über den sagenhaften Yeti.
Auf der metaphorischen Ebene behandelt die Story die Art und Weise, auf die Männer in ihrer sexuellen Verwirrung (anno 1980), kulturellen Ignoranz und in ihren Identitätskrisen unfähig sind, Frauen und deren Bedürfnisse – etwa Zornesausbrüche und Ärger – zu verstehen. Beide Geschichtsebenen werden in einer einfachen, aber beschwörenden Sprache erzählt. Erkenntnis schleicht sich auf indirektem Wege ein – durch in Klammern gesetzte Einschübe.
_Die Übersetzung _
Helga Abret (Frz.) und Michael Nagula (Engl.) haben sich große Mühe gegeben, das Original in verständliches Deutsch zu übertragen. Doch Helga Abret ist nicht immer gelungen. So findet sich in „Dreimal J“ das Wort „machinal“, das wohl „maschinenhaft“ bedeutet. Man hätte es auch durchaus so stehen lassen können.
Auch die Art und Weise, wie in den beiden französischen Erzählungen Dialog dargeboten wird, ist gewöhnungsbedürftig: nämlich nicht mit Spitzkommata >>, sondern mit einfachem Gedankenstrich: -. Hingegen sind die Gedanken des inneren Monologs in Spitzkommata und kursiv gesetzt, so dass sich leicht Verwirrung einstellen kann. In den Texten aus dem Englischen treten solche Besonderheiten nicht auf.
Auf Seite 112 taucht das Wort „Konservation“ auf. Es müsste eigentlich „Konversation“ lauten, um an dieser Stelle einen Sinn zu ergeben. „The living end“, der Titel von Sonya Dormans Erzählung, bedeutet auch das unter Strom stehende Ende eines Kabels („live wire“).
In einem ANHANG listet der Herausgeber Oth die bibliografischen Biografien der Autorinnen auf und nennt ihre wichtigsten Werke. Allein die von Kate Wilhelm, der 1928 geborenen Veteranin, umfasst zwei Seiten (!).
_Unterm Strich_
An den sieben Erzählungen fällt besonders bei den französischen auf, dass sie sehr überholt wirken – was doch ein Vierteljahrhundert für einen Unterschied machen kann. Die Machtansprüche der Frauen, die von den Französinnen so vehement erhoben werden, haben sich mittlerweile in einer Politik der Gleichberechtigung niedergeschlagen, die allerdings nur seh zäh vorankommt, ganz besonders hierzulande.
Dass nur Frauen über telepathische Kräfte verfügen sollen, war allerdings schon immer ihr Wunschtraum. Und dieser manifestierte sich nicht nur in der Erzählung von Marianne Leconte, sondern dutzendweise bei Marion Zimmer Bradley (Darkover-Serie), Diana L. Paxson (ihrer Mitautorin) und Jo Clayton (Diadem-Serie etc.). Es sind Wunscherfüllungsphantasien, in denen die Frau endlich ihren Mann stehen kann, allerdings mit den ihr eigentümlichen Kräften, wie Einfühlungsvermögen, Telepathie, Hellseherei und dergleichen.
Davon sind die hier vertretenen Amerikanerinnen weit entfernt. Carol Emshwiller beklagt satirisch das Verschwinden der Frauen, während Kate Wilhelm die Unterdrückung junger Frauen durch hasserfüllte „Gründerinnen“ einer neoviktorianischen Repressionsgesellschaft anprangert. Kit Reed haut auf völlig andere Weise in die gleiche Kerbe.
Sonya Dorman warnt vor der Reduktion der Frau auf ihre Gebärfähigkeit, Hilary Bailey tut dies ebenfalls, stellt die Gebärfähigkeit aber positiv der Vermännlichung der Frau gegenüber, die in einer unmoralischen Machtausübung zu resultieren droht. Durchgehend sind die Warnungen vor der Verdinglichung und Vermännlichung der Frau nicht zu übersehen.
Der Herausgeber hat diskussionswürdige Entwürfe zusammengetragen und sie mit biobibliografischen Daten unterfüttert. Merkwürdig ist aber schon, dass es keine einzige deutsche Autorin in diese Auswahl geschafft hat, gerade so, als fände hierzulande keine SF-mäßige Beschäftigung mit Emanzipation und gesellschaftlicher Zukunft statt – was keineswegs der Fall ist, wie viele Anthologien gezeigt haben, etwa aus dem Wurdack-Verlag (siehe meine Berichte zu „Die Audienz“ und „Molekular-Musik“).
Fazit: vier von fünf Sternen.
|Taschenbuch: 169 Seiten
Info: Originalanthologie
Aus dem US-Englischen und Französischen von Helga Abret und Michael Nagula
ISBN-13: 978-3472616337|
http://www.randomhouse.de/luchterhand
Russland in der nahen Zukunft. Nach dem Krieg sind ganze Landstriche verseucht, die Flüsse vergiftet. Die einzelnen Städte haben kaum noch Kontakt zur Regierung in Moskau. Schon seit Jahren harrt Jegor im Außenposten in Jaroslawl aus. Sein Stiefvater Polkan, der Kommandant des Postens, macht ihm das Leben schwer, und die schöne Michelle interessiert sich nicht für ihn. Jegor träumt von der Welt jenseits der Eisenbahnbrücke, auf der anderen Seite des Flusses. Doch schon seit Jahrzehnten ist niemand mehr über diese Brücke gekommen. Bis heute …
(Verlagsinfo)
Zumindest dem Namen nach wird man als genreaffine Lesenden nicht an Glukhovsky vorbeigekommen sein, wurde doch seine Romanreihe um die Moskauer Metro in einer postapokalyptischen Welt mit zahlreichen Preisen überhäuft und entwickelte sich zu einem Hype. Diverse Romane später entwirft er nun mit Outpost neuerlich eine postapokalyptische Situation im Moskauer Raum, diesmal und vorerst zwar unter freiem Himmel, aber gleichfalls in giftiger Umwelt. Hier liegt der letzte Posten der noch zivilisierten russischen Welt an einer der wenigen nach dem Krieg noch erhaltenen Brücken über die Wolga, deren Wasser von tödlichem Gift verseucht sind, so dass sich die Brücken auch ohne Gasmasken ob der Gase und Nebel, die vom Fluss aufsteigen, nicht überqueren lassen. Und tatsächlich ist bei unserem Eintreffen an diesem Vorposten seit vielen Jahren niemand mehr über die Brücke gekommen. Was verbirgt sich jenseits der Wolga? Ist dort alles totes Land voller unaussprechlicher Monster, oder floriert dort womöglich das wiedererwachte Leben, während die Reste der alten Menschheit sich hinter giftigem Nebel verschanzen?
Ihr ganzes Leben lang hat die junge Spensa davon geträumt, als Raumschiff-Pilotin ihre Heimatwelt gegen die übermächtigen Krell zu verteidigen. Doch als sie endlich am Ziel ist, warten zwischen den Sternen nur bittere Wahrheiten: Alles, was über Spensas Vater behauptet wird, stimmt – er war ein Feigling und ein Verräter, der sein eigenes Team angegriffen hat! Dafür ist alles, was man Spensa über den Krieg erzählt hat, eine Lüge …
Seit sie die Sterne gehört hat, weiß Spensa nicht mehr, was sie glauben darf. Aber eines weiß sie mit Sicherheit: Wenn sie bis ans Ende der Galaxie reisen muss, um die Menschheit zu retten, dann wird sie genau das tun!
(Verlagsinfo)
Spensa fliegt wieder. Sie ist als Teil der Jägerstaffeln der Menschen auf dem Gefängnisplaneten Detritus dabei, die einschließenden Angreifer der „Krell“ genannten Aliens immer weiter zu verdrängen und den Kontrollbereich der Menschen zu vergrößern. Dank ihrer Gabe, in das „Nirgendwo“, eine übergeordnete Dimension, in der überlichtschnelle Kommunikation und auch interstellare Reisen möglich sind, blicken und eindringen zu können, wird sie von einer gleichartigen Alienpilotin erkannt und um Hilfe gebeten. In einer überstürzten Aktion nimmt Spensa den Platz der Fremden ein und dringt in den Herrschaftsbereich der Alienzivilisationen vor, um deren technische Variante des Überlichtfluges zu stehlen und ihrer Art damit die Rückkehr zu den Sternen und die Flucht von der Gefängniswelt zu ermöglichen.
Doch im Nirgendwo lauert eine viel größere Gefahr, die alle Zivilisationen der Galaxis gleichermaßen bedroht: Die Delver, unbegreifliche Wesen, fühlen sich von der Überlichttechnik gestört und drohen, alles Leben der Galaxis zu vernichten. Nur jemand mit Spensas Gabe wäre in der Lage, die Bedrohung abzuwenden …
Die Nominierungen für den Kurd-Laßwitz-Preis (KLP) 2022 für die besten Science-Fiction-Werke des Jahres 2021 wurden bekannt gegeben.
Der KLP wird seit 1980 in bis zu acht Kategorien vergeben. Die Nominierung wie auch die eigentliche Wahl erfolgt durch professionell mit der Science Fiction im deutschsprachigen Raum beschäftigte Personen, insbesondere Autoren, Verleger, Lektoren, Fachjournalisten, Herausgeber, Grafiker, bisherige Preisträger und Übersetzer. Die Wahlphase endet mit dem Mai, die Preisverleihung soll am 17.09.2022 im Rahmen des 16. ElsterCon, einer Veranstaltung zur SF-Literatur in Leipzig, erfolgen.
Wir gratulieren allen Nominierten!
In der Kategorie „Beste deutschsprachige Kurzgeschichte“:
Acheronian, Galax: Der stille Besucher
Krieg, Lisa Jenny: Notizen zur Beobachtung von Schildkröten nach einer Bruchlandung
Kugler, Hans Jürgen: Davida
Lengauer, Sybille: Salvation
Mira, Aiki: Das Universum ohne Eisbärin
Mira, Aiki: Vorsicht Synthetisches Leben!
Mira, Aiki: Utopie27
Müller, Markus: Regenmädchen
Rehak, Janika: Onkel Nate oder die hohe Kunst, aus dem Fenster zu schauen
Stöbe, Norbert: Das Ding
In der Kategorie „Bester deutschsprachiger Roman“:
Brandhorst, Andreas: Mars Discovery
Edelbauer, Raphaela: Dave
Haupt, Sven: Stille zwischen den Sternen
Hermann, Uwe: Nanopark
Kugler, Hans Jürgen: Von Zeit zu Zeit
Montemurri, Jacqueline: Der Koloss aus dem Orbit
Post, Uwe: Klima-Korrektur-Konzern
Ruth, Janna: Memories of Summer
Vogt, J. C.: Anarchie Déco
Weise, Kathleen: Der vierte Mond
In der Kategorie „Bestes ausländisches Werk“:
Ishiguro, Kazuo: Klara und die Sonne Johnson, Micaiah: Erde 0
Lam, Laura: Das ferne Licht der Sterne
Le Tellier, Hervé: Die Anomalie
Robinson, Kim Stanley: Das Ministerium für die Zukunft
Stålenhag, Simon: Things from the Flood Weir, Andy: Der Astronaut
Wells, Martha: Der Netzwerkeffekt
Vor Jahren sandte die Erde Ordensschwestern in die weit entfernte Dunkelheit des kolonisierten Weltalls aus, bewaffnet nur mit Kruzifixen und eisernem Glauben. Jetzt befinden sich die Schwestern des Ordens der Heiligen Rita in interstellarer Mission auf einem lebenden, atmenden Schiff, das entschlossen scheint, einen eigenen Willen zu entwickeln. Als der Orden einen Notruf von einer neu gegründeten Kolonie erhält, entdecken die Schwestern, dass nicht nur das Seelenheil ihrer weit verstreuten Gemeinde auf dem Spiel steht. Es droht tödliche Gefahr – und diese geht nicht zuletzt von der eigenen Kirche aus …
(Verlagsinfo)
Missionierende Nonnen im Weltraum? Diese Idee ist nicht unbedingt neu, wurde in unterschiedlichsten Interpretationen mit unterschiedlichsten Ergebnissen nicht selten formuliert – preisgekröntes Beispiel etwa Mary Doria Russel mit „Sperling“ oder aus jüngerer Vergangenheit Kai Meyer mit der Trilogie um die Maschinengötter. Auch der vorliegende Roman wird als erster Teil beworben, erscheint mit 155 Seiten nun jedoch ziemlich schmal. Diesen Umfang benötigen manche Autoren zumindest, um ihre Prämisse zu formulieren. Was erwartet uns Lesende also in diesem dünnen Büchlein, dass es als eigenständiger Band Bestand haben kann?
Bei der Detonation einer Sternenbrücke geht das Raumschiff von Yul Debarras Frau im Hyperraum verloren. Seitdem zweifelt Yul am Sinn seines Lebens, doch dann erhält er ein einmaliges Angebot: Als Bordarzt heuert er auf einem Raumschiff der Starsilver Corporation an, das die zerstörte Sternenbrücke reparieren soll. Yul nimmt den weiten Unterlichtflug in Kauf, da er hofft, so etwas über das Verschwinden seiner Frau herauszufinden. Doch wird er nach eineinhalb Jahrhunderten in einer Kälteschlafkammer wirklich das im Zielsystem vorfinden, was er sich erhofft hat?
(Verlagsinfo)
Yul lebt in einer Welt, in der es keine Nationalstaaten mehr gibt. Allerdings gibt es gigantische Konzerne, die den Status der Regierung übernommen haben. Hier wird der Angestellte nach Produktivität eingestuft, und offensichtliches Zeichen seiner Stellung ist ein farbiger Speicherkristall, der in die Stirn eines jeden Menschen eingelassen wird. So weiß jeder sofort über den Status seines Gegenüber Bescheid.
Die Implikationen dieser Situation lassen sich leicht extrapolieren aus heutiger Sicht, und so veranschaulicht Robert Corvus im ersten Abschnitt die verfahrene Situation des Protagonisten, der als Arzt eine eigentlich angesehene Stellung innehaben könnte, jedoch aufgrund persönlicher Schicksalsschläge abgestürzt ist.
Auf Athos, einem kleinen Neptunmond, stirbt ein Mönch. Rüd Kartheiser, Inquisitor und Spezialist für lebenserhaltende künstliche Intelligenzen, ermittelt. An seiner Seite: Seine Assistentin Zack. Schön, intelligent und bedingungslos gehorsam. Ein Hologramm. Für Rüd die perfekte Frau. Doch das Kloster des Athos verbirgt ein altes, dunkles Geheimnis. Rüd erkennt: Um zu überleben, muss er Zack freischalten.
Das Jahr 2643: Der Neptunmond Athos ist zum Schauplatz eines unerklärlichen Verbrechens geworden. Die lebenserhaltende KI des Klosters steht im Verdacht, gemordet zu haben. Inquisitor Rüd Kartheiser, ein Spezialist im Verhören künstlicher Intelligenzen, wird mit dem Fall beauftragt. Zusammen mit seiner attraktiven holografischen Assistentin Zack, die ihm durch eine Reihe von Sicherheitsbeschränkungen absolut ergeben ist, erreicht er den kleinen, zerklüfteten Mond. Doch die Ermittlungen der beiden treffen auf Widerstand. Während Zacks anziehende Erscheinung bei den Mönchen Anstoß erregt, entpuppt sich die KI des Klosters als gerissene Taktikerin, die ihr Handeln geschickt verschleiert. Als sich unter den Mönchen ein zweiter Todesfall ereignet, begreift Rüd, dass er mehr als je zuvor auf Zacks Hilfe angewiesen ist. Um ihr Potential auszuschöpfen, trifft er – hinsichtlich ihrer Sicherheitsbeschränkungen – eine folgenschwere Entscheidung.
»Frauen gehören in die Küche, nicht in den Weltraum« – eine weit verbreitete Meinung in den USA der 1950er Jahre. Die junge Physikerin Dr. Elma York, die als menschlicher »Computer« täglich die Flugbahnen von Raketen berechnet, lässt sich davon jedoch nicht abhalten.
Schließlich steht die Menschheit vor ihrer größten Herausforderung: Ein gigantischer Meteoriteneinschlag hat das Klima für immer verändert, sodass die Eroberung des Alls sehr viel dringlicher geworden ist. Die Widerstände sind zahlreich, doch als erste Astronautin in den Weltraum zu fliegen ist Elmas größter Traum – und niemand wird sie daran hindern!
Ausgezeichnet mit dem Hugo-, Nebula- und Locus-Award
In ihrem Roman »Die Berechnung der Sterne« zeichnet die Autorin Mary Robinette Kowal eine alternative Version der Geschichte, in der in den 1950er Jahren ein Meteorit auf die Erde stürzt, der das Weltklima so stark aus dem Gleichgewicht bringt, dass die Menschheit auf lange Sicht dort nicht mehr wird weiterleben können.
Somit besteht die Notwendigkeit, weitaus größere Anstrengungen zu unternehmen, ein Raumfahrtprogramm auf die Beine zu stellen, als das in der Realität der Fall war. Von dieser großen Ausnahme abgesehen, basiert der Roman jedoch weitgehend auf tatsächlichen historischen Fakten. Nicht nur die Auszüge aus Zeitungsartikeln oder Radioberichten an den Kapitelanfängen sind zu einem Teil authentisch – auch die Situation der Frauen, die Karriere im Raumfahrtprogramm machen wollten, ist von wahren Begebenheiten inspiriert.
(Verlagsinfo)
Die 17-jährige Eve kann sich gerade so mit Roboterkämpfen über Wasser halten – bis sie vernichtend geschlagen wird und auch das letzte Geld verliert. Auf der Suche nach einem Ausweg findet sie Ezekiel, ein Lifelike-Androide, die wegen ihrer Ähnlichkeit zu Menschen und überlegenen Kampfkunst verboten sind. Unerklärlicherweise vertraut sie ihm, obwohl seine Behauptungen ihr gesamtes Leben infrage stellen. Eve bricht in die Wüste aus schwarzem Glas auf, um die Wahrheit über ihre Vergangenheit und sich selbst herauszufinden. Aber manche Geheimnisse sollten besser ungelüftet bleiben …
(Verlagsinfo)
Der deutsche taschenbuch verlag hat mit diesem Roman ein schön aufgemachtes Hardcover verlegt. Der Unter- oder Obertitel „Das Babel-Projekt“ legt die Vermutung nahe, es handle sich hierbei um den ersten Teil eines Mehrteilers. Und ein Blick in das Buch zeigt auf den ersten Seiten gleich eine interessante Reminiszenz an den Vater der Roboter- und KI-Geschichten Isaac Asimov, dessen Roboter-Gesetze hier eine tragende Rolle spielen. Dass Kristoff bisher Autor vor allem düsterer Fantasy in Deutschland in Erscheinung trat, lässt für den Roman auch einiges an unliebsamen Überraschungen vermuten. Er selbst gibt in seiner Vorstellung an, keinen Sinn für Happy-Ends zu haben. Nun, ein Jugendbuch soll es sein.
Stell dir vor, du kannst in andere Welten reisen – aber nur wenn du dort bereits tot bist …
Ausgerechnet ihre Herkunft, die ihr bislang immer im Weg stand, wird für die junge Cara zum Ticket in ein besseres Leben: Der charmante Wissenschaftler und Firmenmogul Adam Bosch sucht Menschen aus prekären Verhältnissen, denn er hat einen Weg gefunden, in parallele Welten zu reisen – doch dieser Weg steht nur denen offen, die in der Parallelwelt bereits tot sind.
Als Weltenspringerin soll Cara möglichst viele Informationen für Adam sammeln. Bei einem ihrer Sprünge begegnet sie jedoch einer Version von Adam, die als despotischer Herrscher die ganze Welt unterdrückt. Kann Cara Adam und dem, was er angeblich für die Erde 0 plant, wirklich trauen?
Die amerikanische Autorin Micaiah Johnson legt mit »Erde 0« einen Science-Fiction-Roman vor, der nicht nur mit detailliert und glaubwürdig ausgearbeiteten Parallelwelten, vielfältigen Charakteren und einer rasanten Story besticht, sondern fast nebenbei auch hoch aktuelle Themen wie Diversity, Armut und gesellschaftliche Ausgrenzung behandelt.
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Vier unfreiwillige Zeitreisende finden sich wieder in einer Zeit, da noch der Minos in Kreta herrschte und Atlantis noch nicht untergegangen war: Duncan Reid, der Architekt aus dem 20.; Oleg, ein Wikinger aus Nowgorod aus dem 11.; Uldin, der Hunne aus der Ukraine aus dem 4. Jahrhundert; und Erissa, die minoische Stiertänzerin aus dem Jahr 1400 vor Christus – mitgerissen von einer verunglückten Zeitmaschine, deren Pilot ihnen unter den Händen stirbt.
Als sie einander sahen, schrien sie auf, doch dann schlossen sie sich zusammen, um sich zu behaupten – und die Zukunft der Welt zu sichern. Doch ist die Vergangenheit manipulierbar oder ist ihr Bemühen so vergeblich wie das Flattern eines Vogels im Käfig der Zeit..? (verlagsinfo)
Poul Andersons Eltern stammten von eingewanderten Dänen ab. Poul, der vor dem Zweiten Weltkrieg kurze Zeit in Dänemark lebte, interessierte sich für diese Herkunft so sehr, dass er mehrere Romane an dem Schauplatz Skandinavien zur Zeit der Wikinger spielen ließ, darunter den vorliegenden, aber auch „Krieg der Götter“ und die Trilogie „The Last Viking“ (unübersetzt). Ansonsten ist Anderson für seine zahlreichen Science-Fiction-Romane bekannt, von denen „Brain Wave“ (1954) wohl der innovativste ist.
Der 1926 geborene Physiker, der schon 1947 zu veröffentlichen begann, starb 2001. Er ist Greg Bears Schwiegervater. Seine Werke hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, denn allein in der „Encyclopedia of Science Fiction“ ist sein Eintrag nicht weniger als sechs Spalten lang … Er gewann sieben |Hugo Awards| und drei |Nebula Awards|, viermal den |Prometheus Award|, den |Tolkien Memorial Award|, den |August Derleth Award| und 1978 den |Gandalf Grand Master Award| sowie 1997 den |Grand Master Award| der |Science Fiction and Fantasy Writers of America| und 2000 den |John W. Campbell Memorial Award| – mehr und Höheres kann man in diesen Genres fast nicht gewinnen.
Handlung
Der vierzigjährige Architekt Duncan Reid ist mit seiner ein Jahr jüngeren Frau Pamela auf der Überfahrt von Seattle nach Yokohama. Während der Amerikaner über seine wackelnde Ehe und die Unendlichkeit des Universums nachdenkt, erfasst ihn plötzlich ein Wirbel und entführt ihn in eine andere Dimension der Zeit …
Er erwacht in einer Wüste. Dann sieht er die anderen drei Menschen und schreit auf. Es sind zwei bewaffnete Krieger, die ihre Waffen zücken, und eine schöne Frau in einem weißen Leinenkleid. Diese rast nicht mit ihrem Bronzedolch auf ihn los, sondern umarmt ihn, gerade so, als würde sie ihn wiedererkennen: „Duncan!“ Man kann ihm nicht verdenken, dass er erst einmal verblüfft ist. Sie kniet sich vor ihn, als halte sie ihn für einen Gott.
Den beiden Kriegern streckt Reid die offenen Handflächen entgegen und fragt sie aus. Der blonde Axtkämpfer stellt sich als Russe aus dem Großfürstentum Kiew heraus: Oleg. Der Bogenschütze mit den vielen Narben im schlitzäugigen Gesicht ist der Hunne Uldin. Als Reid ihn nach Attila fragt, erntet er allerdings kein Wiedererkennen: Nach der Hunne die Alanen und Ostgoten besiegt hatte, wollte er eigentlich Römer besiegen. Uldin muss wohl aus dem 4. Jahrhundert stammen, Oleg hingegen aus dem 11. Jahrhundert.
Der Urknall 1.0 für das Cyberpunk-Genre erfolgte 1983/1984 mit der Veröffentlichung der zwei Romane „Stadt geht los“ von John Shirley und „Neuromancer“ von William Gibson (nach sieben Jahren des Publizierens von Kurgeschichten). Wortführer des neuen SF-Stils war jedoch keiner von beiden, sondern der Texaner Bruce Sterling.
Mit „Spiegelschatten / Mirrorshades“ (das bezeichnet eine verspiegelte Sonnenbrille) hat Bruce Sterling 1986 die wichtigste Sammlung von Cyberpunk-orientierten Erzählungen überhaupt herausgegeben. Diese Anthologie etablierte als Urknall 2.0 die darin vertretenen AutorInnen. Viele von ihnen arbeiten bis heute. Ironischerweise bezeichnete diese Blütenlese bereits den Endpunkt der Mirrorshades-Bewegung. Danach folgten vor allem Epigonen, die aber auch nicht von Pappe waren – siehe dazu das Nachwort von Michael Nagula. Bruce Sterling (Hrsg.) – Spiegelschatten. Cyberpunk-Erzählungen weiterlesen →
Als Dr. Sarah Berger an einem friedlichen Morgen vor die Tür ihres Hauses tritt, erkennt sie, dass Hills View nicht nur ruhig ist – es ist zu ruhig. Über Nacht sind alle Bewohner verschwunden. Aber wohin? Wie konnte eine ganze Stadt völlig lautlos evakuiert werden und warum haben die Bewohner ihre Häuser penibel aufgeräumt, bevor sie die Stadt verließen?
Als die junge Ärztin erkennt, was hinter den rätselhaften Ereignissen in Hills View steckt, befindet sie sich bereits mitten im Ewigkeitsprojekt. Daraus zu entkommen, wird selbst mit aller wissenschaftlichen Logik nicht einfach, denn die Gesetze der Physik gelten nicht länger und selbst eine Tasse Kaffee ist nicht, was sie zu sein scheint …(Verlagsinfo)
Der Romanerstling einer neuen Stimme der SF aus Österreich – aktuell und tiefgründig …
Eine Forschungsexpedition landet anno 2056 auf dem Planeten Luzifer und findet zwei humanoide Rassen auf primitiver Kulturstufe vor: Rothäutige Pygmäenvölker, die untereinander grausame Vernichtungskriege führen, und gutmütige pelzige Riesen, die von den Pygmäen systematisch ausgerottet werden.
Sollen die Forscher sich isolieren und einen Rest menschlicher Kultur bewahren oder ihre technische Überlegenheit nutzen, den Eingeborenen zu einer höheren Zivilisation zu verhelfen? Bald stellt sich heraus, dass dies eine rein akademische Frage ist, denn unversehens geraten sie zwischen die Fronten… (gekürzte Verlagsinfo) Edgar Pangborn – Westlich der Sonne. SF-Roman weiterlesen →
Michael Matzer unterhielt sich auf der Frankfurter Buchmesse 2015 mit Andreas Eschbach über dessen jüngsten Roman AQUAMARIN.
Frage: Von der Wüste an den Ozean, und rund 140 Jahre in der Zukunft. Heißt das nun: Die Zukunft der Menschheit liegt im Meer?
Eschbach: Auf jeden Fall ist das Meer ein noch ziemlich unerschlossener, unbekannter Raum. Darauf hat uns ja vor einiger Zeit auch Frank Schätzing sehr prägnant aufmerksam gemacht. Und ehe man so Projekte angeht wie „Wir besiedeln den Mars“, wäre es vielleicht sinnvoll, sich mal zu überlegen, ob es nicht gescheiter wäre, erst einmal ein paar Städte auf dem Meeresgrund zu bauen. Ist nicht so weit weg und auch nicht so strapaziös, was den Transport und die Umweltbedingungen anbelangt. Und selbst die Antarktis zu besiedeln wäre weniger aufwendig als den Mars.
„In der Nacht des 22. Dezember 2032 hörte das Universum, wie wir es kennen, auf zu existieren: Die Menschheit hat es nur noch nicht bemerkt…“ (Verlagsinfo) Die Fortsetzung von Ian McDonalds SF-Klassiker „Chaga oder Das Ufer der Evolution“ spielt 15 Jahre nach jenen Ereignissen, in denen die halbe Welt unter der außerirdischen Vegetation der Chaga begraben wurde. Die irische Exreporterin Gaby McAslan tritt ebenso wieder auf wie die sibirische Pilotin und Schamanin Oksana Michalowna.
Eine Hauptrolle spielt natürlich die Chaga sowie die menschlichen Staaten, die sich darin entwickelt haben: die Harambee. Chaga-Technologie hat sich global verbreitet, und das weckt Begehrlichkeiten. Über allem schwebt jedoch das Große Dumme Objekt (GDO), und immer wieder schaut Gaby McAslan hinauf zu den Ringen des Saturn: Dort oben ist im GDO Shepard, der Vater ihrer Tochter Serena, verschwunden. Eines Tages werden sie oder Serena dort nachschauen… Ian McDonald – Kirinja. SF-Roman weiterlesen →
Der Plastikmüll wächst der Menschheit über den Kopf. Seine Beseitigung kostet immense Summen und belastet zudem die Umwelt. In den Labors der Gentechniker wird deshalb schon 1971 nach Möglichkeiten geforscht, ihn „biologisch“ abzubauen. Sie experimentieren mit mutierten Bakterien, um endlich eine Variante zu finden, die Appetit auf das lästige Zeug entwickelt.
Mutant 59 ist der ersehnte Kandidat. Das Dumme ist jedoch, dass er von seinem Schöpfer nicht als solcher erkannt wird. Als der Wissenschaftler einen Hirnschlag erleidet, gerät Mutant 59 in die Abwasserkanäle der Londoner Innenstadt. Dort überwintert er zunächst, denn hier unten gibt es kaum die Nahrung die er gewohnt ist: proteinähnliche Polymere.
Als jedoch eine zweite Erfindung in Gestalt eines Plastiks, das unter bestimmten Bedingungen selbst zerfällt, gemacht wird, wird sein Nahrungsangebot fast unbegrenzt, denn sorglos werfen die Menschen diesen biologisch abbaubaren Kunststoff weg. Doch der Mutant, der Plastik zu Nahrung und Methangas verarbeitet, entwickelt sich zu einer (brennbaren) biologischen Bombe, die geeignet ist, die menschliche Zivilisation in die Knie zu zwingen. London bricht zusammen und wird zum Sperrgebiet erklärt. Der Mutant wird in die Themse geleitet… (korrigierte und erweiterte Verlagsinfo) Kit Pedler & Gerry Davis – Mutant 59: Der Plastikfresser weiterlesen →
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