Schlagwort-Archive: Horror

Abraham Merritt – Madame Mandilips Puppen (Gruselkabinett 96 und 97)

Die Puppen der Teufelin: übernatürlicher Thriller

New York City 1931: Dr. Lowell ist ein bekannter Facharzt für Neurologie und Geisteskrankheiten, der in einem renommierten Krankenhaus Belegbetten hat. Eines Abends gerät er unversehens in einen Fall, in dem offenbar Kräfte am Werk sind, von denen er nicht geglaubt hat, dass es so etwas überhaupt gibt…

Madame Mandilip ist eine uralte Hexe. Sie erschafft dämonische Puppen, die ihrem Willen gehorchen und die sie als Waffen gegen ihre Feinde einzusetzen weiß… (Verlagsinfo)

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Abraham Merritt – Das Gesicht im Abgrund. Fantasy-Klassiker

Im Reich der Schlangenfrau

Von der Hoffnung erfüllt, mit Hilfe einer seltsamen Landkarte einen Schatz der alten Inkas zu finden, macht sich Nicholas Graydon, ein Bergbauingenieur, gemeinsam mit drei Abenteurern auf den Weg in ein Gebiet der Kordilleren, das bisher noch kein Weißer betreten hat. Habgier, Goldfieber und Hass lassen die Expedition zu einem Fiasko werden. Nur Graydon überlebt – und er gelangt nach Yu-Atlanchi, dem verbotenen Land. Dort – unter Geschöpfen, die zeitlos sind und für die der Tod unbekannt ist – lernt Graydon, der Mann des 20. Jahrhunderts, die Wunder und Schrecken eines Volkes kennen, das viel älter als die Menschheit ist… (Apex-Verlag)
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Abraham Merritt – Das Volk der Fata Morgana. Fantasy-Klassiker

Kampf gegen den Krakengott

Der junge Bergwerksingenieur Leif Langdon hat auf einer Expedition nach Zentralasien erlebt, dass ihn das aussterbende Volk der hellen Uiguren, wikingerartiger Krieger, für die Reinkarnation eines uralten Helden ihres Stammes hält – des unbesiegbaren Dwayanu. Für sie ruft er den furchtbaren Krakengott Khalk’ru und flieht entsetzt, als er seine Tat begreift.

Aber wer Khalk’ru gerufen hat, der muss auch seinem Ruf folgen – und Monate später ruft der Gott Leif, im äußersten Alaska, in einem Tal, das unter einer ewigen Fata Morgana verborgen liegt. Mit der Herrin der weißen Wölfe und dem gewaltigen Schmied Tibur kämpft Leif um die Macht und um das Leben der schönen Evalie, die zum Opfer für Khalk’ru bestimmt ist. Aber der heißeste Kampf tobt in ihm selbst, als Dwayanu, der grausame Krieger der Vorzeit, Macht über seine Seele zu gewinnen beginnt … (Verlagsinfo)
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Edgar Allan Poe – Der Fall des Hauses Usher. Meistererzählungen

Dieser Auswahlband mit Erzählungen von Edgar Allan Poe versammelt die bekanntesten Geschichten wie etwa „Der Untergang des Hauses Usher“ oder „Das verräterische Herz“, bringt aber auch weniger bekannte wie „Eine Geschichte aus den Ragged Mountains“ und „Metzengerstein“. Raritäten sind die Beiträge „Schweigen. Eine Fabel“ und Schatten. Eine Parabel“. Alle Geschichten entstammen der dreibändigen INSEL-Ausgabe von 1989.

Der Autor
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Brian Lumley- Necroscope 4 – Untot (Lesung)

Young & reckless: der Herr der Frauen

In England versammelt Harry Keoghs neuer Feind seine Vampyre um sich. Yulian Bodescu verwandelt das Haus seiner Ahnen immer mehr in einen Ort des Schreckens. Wird Harry vom Vampyr Thibor Ferenczy ein Geheimnis erfahren, um die Gefahr zu bannen? Eine Konfrontation scheint unausweichlich …

Der Autor
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Stephen King – Im Kabinett des Todes. Düstere Geschichten

Klassische Horrorgeschichten, erstklassig zubereitet

„Im Kabinett des Todes“ enthält vierzehn düstere Geschichten, die für jeden Leser etwas bereit halten.

King zeigt sich in „Der Mann im schwarzen Anzug“ in literarischer Höchstform und erhielt für diese Geschichte den O’Henry-Award. Jede der Geschichten dieser Sammlung ist absolut einzigartig und zieht den Leser in ihren Bann, egal ob er sich mit Howard Cottrell als Scheintoter im „Autopsieraum Vier“ befindet oder in „Alles endgültig“ mit dem jungen Dinky Earnshaw mitleidet, dessen Traumjob sich als höllischer Albtraum entpuppt.

Viele blutige und unblutige Überraschungen warten auf den Leser in diesen faszinierenden Geschichten – und sie zeugen alle von der unbändigen Schaffenskraft eines Autors, der zu den anerkannt Größten seines Faches zählt.

Stephen King schrieb seine erste Kurzgeschichte mit 21 Jahren. Seitdem hat er eine Vielfalt von Romanen veröffentlicht, die ihren Siegeszug um die Welt angetreten haben. Doch in seinem Werk hat die kürzere Form – die Novelle und die Story – nie an Bedeutung verloren, seine Story-Bände waren nicht minder erfolgreich. Das beweist er auch mit seiner neuen Sammlung von Kurzgeschichten. (Verlagsinfo)
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Kôji Suzuki – Ring. Horror-Roman

Dies ist die Romanvorlage für die japanische und die US-amerikanische Verfilmung „The Ring“: ein Gruselschocker, der in Japan eine Renaissance des Psychohorrors auslöste und acht Millionen Exemplare von der Ring-Saga verkaufte. Die Unterschiede zur US-Verfilmung, die ich kürzlich gesehen habe, sind erheblich. Ich gehe in meinem Bericht darauf ein. Wer den US-Film kennt, wird die Unterschiede interessant finden.

Der Autor
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Stephen King – Nachtschicht. Ein Stundenbuch des Grauens

Rasenfressende Monster

Die zwanzig Erzählungen in Nachtschicht sind Stephen Kings persönliche Auswahl vom Besten, was er je geschrieben hat: der Stoff, aus dem die Alpträume sind. Unter der Oberfläche unseres Alltags lauert der allnächtliche Wahnsinn. Nachtschicht ist ein Stundenbuch des Grauens. Stephen King blättert es auf. Seite um Seite fällt den Leser das Entsetzen an. Nachtschicht: kein Buch, um früh schlafen zu gehen! (Verlagsinfo)

Dies ist Stephen Kings erste Sammlung von Stories überhaupt – und wohl auch die wichtigste, denn sie umfasst beinahe alle Werke des Meisters, die er in seiner Anfangszeit schrieb. Das Qualitätsniveau ist leider recht unterschiedlich. 16 Geschichten waren bereits vorher in verschiedenen amerikanischen Magazinen erschienen, u.a. in Männermagazinen wie „Penthouse“ und in „The Cavalier„, die besser zahlten als Genremagazine.

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Wolfgang Hohlbein – Anubis (Lesung)

Auf Cthulhu-Jagd in Kaliforniens Untergrund

Mogens VanAndt ist Professor für Archäologie an einer kleinen Provinzuniversität an der amerikanischen Ostküste. Ihm stand einmal eine glänzende Karriere bevor. Doch es gibt einen dunklen Fleck in seiner Vergangenheit, der ihm anhaftet. Da erhält er eine neue Chance – aber ausgerechnet von dem Mann, den er hasst wie sonst keinen. Es geht um die größte archäologische Entdeckung auf amerikanischem Boden: einen unterirdischen Tempel in Kalifornien.

Der Autor

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George R. R. Martin – Traumlieder 2. Erzählungen

Meisterliche SF-Classics

Drei Bände von Martins Erzählungen bringt der Heyne-Verlag häppchenweise auf den Markt. Der zweite Band umfasst einige seiner besten Novellen, darunter „Sandkönige“ und „Nachtgleiter“, beide aus dem Jahr 1980.

Das Beste sind allerdings die autobiographischen Skizzen des Autors selbst. Wer Martin kennt, ahnt schon, dass darin eine Menge Selbstironie stecken muss.
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H. P. Lovecraft – Der kosmische Schrecken. Horrorgeschichten

Storyband für Bibliophile und Wissenschaftler

Der Band 17 der „Bibliothek des Schreckens“ enthält eine Reihe der bekanntesten und besten Erzählungen des Horrormeisters aus Providence, darunter „Die Ratten im Gemäuer“ und „Das Ding auf der Schwelle“. Was mir noch wichtiger erscheint: Es gibt S.T. Joshis und David E. Schultz’ erhellenden Aufsatz über die Horrornovelle „Der Schatten über Innsmouth“ endlich auch in deutscher Übersetzung nachzulesen. Er war zuvor auf dem Hörbuch von |LPL records| bzw. |Lübbe Audio| verfügbar.

Der Autor

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Lovecraft, Howard Phillips – Necronomicon

_Jenseits der Berge des Wahnsinns_

Dieser Erzählband versammelt sechs Geschichten vom Horror-Altmeister in neuer Übersetzung, darunter den Kurzroman „Berge des Wahnsinns“. Zusätzlich enthalten sind die Essays „Geschichte des Necronomicons“, „Katzen und Hunde“ und ein Gedicht Lovecrafts über Clark Ashton-Smith sowie Erinnerungen seiner Schriftstellerkollegin Hazel Heald.

_Der Autor_

Howard Phillips Lovecraft, 1890-1937, hatte ein Leben voller Rätsel. Zu Lebzeiten wurde er als Schriftsteller völlig verkannt. Erst Jahre nach seinem Tod entwickelte er sich zu einem der größten Horror-Autoren. Unzählige Schriftsteller und Filmemacher haben sich von ihm inspirieren lassen.

Howard Phillips Lovecraft wurde am 20. August 1890 in Providence, Rhode Island geboren. Als Howard acht Jahre alt war, starb sein Vater und Howard wurde von seiner Mutter, seinen zwei Tanten und seinem Großvater großgezogen. Nach dem Tod des Großvaters 1904 musste die Familie wegen finanzieller Schwierigkeiten ihr viktorianisches Heim aufgeben. Lovecrafts Mutter starb am 24. Mai 1921 nach einem Nervenzusammenbruch. Am 3. März 1924 heiratete Lovecraft die sieben Jahre ältere Sonia Haft Greene und zog nach Brooklyn, New York City. 1929 wurde die Ehe, auch wegen der Nichtakzeptanz Sonias durch Howards Tanten, geschieden. Am 10. März 1937 wurde Lovecraft ins Jane Brown Memorial Krankenhaus eingeliefert, wo er fünf Tage später starb. Am 18. März 1937 wurde er im Familiengrab der Phillips beigesetzt. Nach seinem Tod entwickelte er sich bemerkenswerterweise zu einem der größten Autoren von Horrorgeschichten in den USA und dem Rest der Welt. Sein Stil ist unvergleichlich und fand viele Nachahmer. (abgewandelte Verlagsinfo)

Lovecrafts Grauen reicht weit über die Vorstellung von Hölle hinaus: Das Universum selbst ist eine Hölle, die den Menschen, dessen Gott schon lange tot ist, zu verschlingen droht. Auch keine Liebe rettet ihn, denn Frauen kommen in Lovecrafts Geschichten praktisch nur in ihrer biologischen Funktion vor, nicht aber als liebespendende Wesen oder gar als Akteure. Daher ist der (männliche) Mensch völlig schutzlos dem Hass der Großen Alten ausgeliefert, die ihre Welt, die sie einst besaßen, wiederhaben wollen. Das versteht Lovecraft unter „kosmischem Grauen“. Die Welt ist kein gemütlicher Ort – und Einsteins Relativitätstheorie hat sie mit in diesen Zustand versetzt: Newtons Gott ist tot, die Evolution eine blinde Macht, und Erde und Sonne sind nur Staubkörnchen in einem schwarzen Ozean aus Unendlichkeit. Auf Einstein verweist HPL ausdrücklich in seinem Kurzroman [„Der Flüsterer im Dunkeln“. 1961

Mehr zu Lovecraft kann man in unserer [Rezension 345 seiner Biographie von Lyon Sprague de Camp nachlesen.

Kurz und bündig mehr über Lovecraft: http://www.orchesterderschatten.de/autor.htm

_Die Erzählungen_

1) _Stadt ohne Namen_

Der Ich-Erzähler ist entweder ein Abenteurer oder ein archäologischer Forschungsreisender. Er hat sich in tiefste arabische Wüste begeben, um jene Stadt ohne Namen zu suchen, die den Arabern solche Furcht einjagt. Er stößt zunächst auf harmlose Hausruinen, aber dann auch auf tempelartige Artefakte. Als er am Abend das Heulen eines Windes hört, das nicht aus der Umgebung, sondern aus einer Tempelöffnung hervordringt, begibt er sich sogleich mit einer Fackel dorthin und dringt in den höhlenartigen Tunnel ein.

Die Tunnel, durch die er kriecht, sind seltsam niedrig und eng. Sollten hier wirklich menschliche Bewohner gelebt haben? Gerade, als er in einer Halle anlangt, geht seine Fackel aus. Er gerät jedoch nicht in Panik, sondern setzt auf seinen Tastsinn. Nach einer Weile glimmt ein Leuchten auf, so dass er besser sehen kann. Da sind Massen von Kästen aufgestapelt, in denen reptilienköpfige Wesen in prächtigen Gewändern ruhen. Auf den Wandmalereien erblickt er die Geschichte einer vorsintflutlichen Zivilisation, ihren Aufstieg und Untergang. Auf dem letzten (jüngsten?) Bild ist dargestellt, wie ein Mann von den Reptilienwesen zerrissen wird.

Hinter dieser Freskenhalle führt ein Tor zu einer Treppe, die wiederum hinunterführt zu einer Ebene leuchtender Unendlichkeit. Doch die Treppenstufen sind wie die engen Tunnel offenbar nicht für Menschenfüße ausgelegt, sondern für jene Wesen, die er nun am Fuß der Treppe knurren hört. Da hebt der Wind wieder an, heulend und kreischend fährt er in jenen leuchtenden Schlund hinunter. Die Morgendämmerung hat begonnen. Die Wesen klettern die Treppe herauf. Sie tragen Reptilienköpfe …

_Mein Eindruck_

1921 veröffentlicht, ist die Geschichte zwar noch im Geiste Lord Dunsanys, HPLs erstem Lehrmeister, geschrieben, weist aber schon klare Einflüsse anderer Vorbilder auf, so etwa von Lost-Race-Autoren wie Henry Rider Haggard („Sie“) und Abraham Merritt („Das Volk der Fata Morgana“, „Das Gesicht im Abgrund“, „The Ship of Ishtar“ und viele weitere), die alle in jener Zeit reüssierten. Auch ein gewisser Edgar Rice Burroughs, der Schöpfer von „Tarzan“, war sich nicht zu schade für zwei solche Serien: „Pellucidar“ und die Marsianer, die nach Fantasyregeln leben.

Der typische HPL-Sound unterscheidet diese Story ganz beträchtlich aber von den Werken jener Konkurrenten. Erst einmal geht es sehr unheimlich, menschenleer und klaustrophobisch zu, zweitens ist der typische Schauplatz eine versunkene Stadt, die tief ins Erdinnere reicht und drittens sind am Höhepunkt der Story die vermuteten Kreaturen jener angeblich versunkenen Zivilisation immer noch quicklebendig. (Was die Frage nach dem Überlebenden des Chronisten aufwirft, aber die Antwort soll hier nicht verraten werden.)

2) _Das Fest_

Unser Chronist ist ein junger Mann, der zur Stadt seiner Väter am Ostmeer (= Providence an der US-Ostküste) gereist ist, von der er nur aus seinen Träumen weiß, aber wohin man ihn gerufen hat. Es ist die Zeit des Julfestes, das unter Christenmenschen als „Weihnachten“ bekannt ist. Nur ist unser Berichterstatter alles andere als ein Christenmensch. Das Land wurde vor 300 Jahren besiedelt, doch sein Volk ist weit älter und kam aus dem Meer, weshalb es noch die alten Riten ehrt.

Er trifft in Kingsport ein, der uralten, verwinkelten Stadt unter dem kirchengekrönten Berggipfel, wo der Friedhof noch viele alte Grabsteine beherbergt, darunter auch die von vier Verwandten, die im Jahr 1692 wegen Hexerei hingerichtet wurden. Er findet das Haus an der Green Lane, das noch vor dem Jahr 1650 erbaut worden ist.

Auf sein Klopfen öffnet ein alter Mann, doch weil der stumm ist, schreibt er dem Besucher seinen Willkommensgruß auf ein Stück Papier. Sein Gesicht ist so wächsern bleich, dass es aussieht, als trage er eine Maske. Zwischen Möbeln aus dem 17. Jahrhundert sitzt eine Alte an einem Spinnrad, die ihm zunickt. Nach der Lektüre bekannter Bücher wie dem verbotenen „Necronomicon“ schließt sich der junge Mann seinen Gastgebern an. In Kapuzenmäntel gehüllt, machen sich die drei auf den Weg, um am Julfest teilzunehmen. Er wundert sich, dass er und seine Begleiter im Schnee keine Fußabdrücke hinterlassen …

_Mein Eindruck_

In diesen beiden frühen Geschichten befolgt Lovecraft konsequent die Forderung des von ihm glühend verehrten Edgar Allan Poes, wonach eine „short story“ in allen ihren Teilen auf die Erzielung eines einzigen Effektes („unity of effect“) ausgerichtet sein solle, egal ob es sich um die Beschreibung eines Schauplatzes, von Figuren oder um die Schilderung der Aktionen handele, die den Höhepunkt ausmachen (können).

Um die Glaubwürdigkeit des berichteten Geschehens und der Berichterstatter zu erhöhen, flicht Lovecraft zahlreiche – teilweise verbürgte, meist aber gut erfundene – Quellen ein, die beim weniger gebildeten Leser den Unglauben aufheben sollen. Erst dann ist die Erzielung kosmischen Grauens möglich, das sich Lovecraft wünschte. Das heißt aber nicht, dass Lovecraft keine negativen Aspekte eingebracht hätte. Als gesellschaftlicher Außenseiter, der nur intensiv mit einer Clique Gleichgesinnter kommunizierte, ist ihm alles Fremde suspekt und verursacht ihm Angst: „Xenophobie“ nennt man dieses Phänomen. Zudem hegte er zunächst rassistische und antisemitische Vorurteile (wie leider viele seiner Zeitgenossen), so dass er von kultureller Dekadenz und genetischer Degeneration schrieb.

|Degenerierte Hauptfiguren|

Degeneration ist das Hauptthema in [„Die Ratten im Gemäuer“, 589 eine Story, die 1924 im gleichen Jahr wie „Der Hund“ entstand und nur ein Jahr vor „Das Fest“. In „Der Hund“ sind die beiden frevlerischen Grabräuber moralisch so weit herabgesunken, dass ihre Sünden einen rächenden Fluch heraufbeschwören, der für ihre Bestrafung sorgt. In „Das Festival“ gehört der junge Chronist, ohne es zunächst zu ahnen, einem uralten Geschlecht von Humanoiden an, das seit alters einem unheiligen Gott opfert, der vermutlich mit Cthulhu gleichzusetzen ist. Denn an einer Stelle heißt es, dass dieses Volk aus dem Meer kam, genau wie die sinistren Bewohner des unseligen Innsmouth. Und in Lovecrafts Meer herrscht immer nur „der träumende Cthulhu“ in der Unterwasserstadt R’lyeh.

Während die erste Story ebenso gut von Wolfgang Hohlbein (vgl. dazu seinen Roman [„Anubis“) 2826 stammen könnte und mit ihrer Grusel-Action jedem modernen Leser gefallen dürfte, ist „Das Fest“ doch ein ganz anderes Kaliber. Sie ist auf sehr spezifische Weise Teil des Lovecraft-Mythos, wonach in der Gegend von Providence und dem nahe gelegenen Salem im 17. Jahrhundert – historisch belegte – Hexenprozesse stattgefunden haben. Dabei habe es sich um echte Hexer und echte Hexen gehandelt, die und deren Verwandte jedoch überlebt haben. Und wenn nicht in Fleisch und Blut, so doch als Gespenst: als untote Erinnerung.

|Unheilige Riten|

Diese Geister, behaupten diese und andere Storys, versammeln sich zum Julfest, um unheilige Riten in den Tiefen der Hügel Neuenglands etc. zu feiern. Neuengland ist bei HPL der Hort von Dimensionstoren, aus denen die Großen Alten, die einst von Göttern vertrieben wurden, wieder in unsere Welt einbrechen, manchmal um unheiligen Nachwuchs zu zeugen („Das Grauen von Dunwich“), manchmal um Menschen zu ihren Jüngern zu machen ([„Der Fall Charles Dexter Ward“). 897 Dass die alten Salem-Hexer („Das Ding auf der Schwelle“) ihnen helfen, dürfte klar sein. Und dass Cthulhus Nachkommen hier ihre Feste feiern, ebenfalls.

Das alles kann aber nicht verhindern, dass dieser Story irgendwie die Pointe abhanden kommt. Denn was ganz am Schluss folgt, ist viel zu schwach in der Wirkung, um aus der Story viel mehr als eine stimmungsvolle Studie in Horrorphantasien zu schmieden.

3) _Das gemiedene Haus_

Providence, Rhode Island. Im Jahr 1763 legte der Kaufmann und Seefahrer William Harris den Grundstein zu seinem neuen Haus in der Benefit Street (ehemals Back Street), ohne zu ahnen, dass sich unter dem Keller etwas weitaus Älteres befindet: der Friedhof, auf dem Angehörige der Hugenottenfamilie Roulet begraben wurden. Der erste bekannte Vorfahr der Roulets war ein Wolfskind.

Nun, von dieser Vergangenheit ahnen er und seine vielköpfige Familie nichts, doch schon als das fünfte Kind nur tot geboren wird, merken die Leute, dass etwas nicht stimmt. Auch der durchdringend üble Geruch scheint der Gesundheit nicht förderlich zu sein. Selbst die kräftigsten Mitglieder der Familie sowie ihrer Bediensteten klagen unter fortschreitender Schwächung, und der Arzt stellt eine Blutarmut fest. Nach mehreren Todesfällen, unter denen auch Harris ist, lebt seine Frau wahnsinnig im Obergeschoss und ihre Schwester führt das Haus. Schließlich äußert die aus einem rückständigen Teil der Gegend stammende Zofe Ann White den schlimmsten Verdacht: dass ein Vampir den Bewohnern dieses Hauses die Lebenskraft entziehe.

Im Jahr 1919 hat der Ich-Erzähler Whipple zusammen mit seinem achtzigjährigen Onkel Elihu Whipple in mühseliger Kleinarbeit diese Zusammenhänge herausgearbeitet. Eine Inaugenscheinnahme vor Ort hat in der Tat einen penetranten Geruch wie von Salpeter oder Schwefel zutage gefördert, und Whipple vermeint einen Schatten von etwas Übelriechendem in den Kamin und durch den Schornstein verschwinden zu sehen.

Doch abschließende Sicherheit kann es nur geben, wenn die Beobachtungen nicht tagsüber, sondern in der Nacht durchgeführt werden. Also richten sich die beiden Gentlemen mit Erlaubnis des gegenwärtigen Besitzers, ebenfalls eines Harris, im Keller des gemiedenen Hauses ein, das seit langen Jahren als unvermietbar leersteht.

Einer von ihnen wird es nicht mehr lebend verlassen.

_Mein Eindruck_

Wer zuvor nur die früheren Erzählungen HPLs gelesen hat, wird von der sorgfältigen Ausarbeitung und der modern anmutenden geistigen Kultur in diesem gediegenen Stück Prosa überrascht sein. Die tiefste Vergangenheit – zunächst das Frankreich des 17. Jahrhunderts – ist den modernen physikalischen Theorien wie der Quantenmechanik gegenübergestellt. Dazwischen liegen die Familiengeschichten der Harris und der Roulets als Bindeglied.

Räumlicher Mittelpunkt ist stets das gemiedene Haus, insbesondere dessen tiefer, übel riechender Keller. Wie sich herausstellt, befindet sich dort ein Etwas, das noch älter (und größer) sein muss als der älteste hier begrabene Roulet. Denn vor den Kolonisten waren die Naragansett-Indianer hier sesshaft. An diesem Punkt knüpfen die Motive der Erzählung an andere Geschichten HPLs an, die im Hinterland von Neu-England spielen, so etwa „The Dunwich Horror“. Möglicherweise hat HPL auch vom indianischen Walddämon Wendigo gehört oder gelesen und dessen Bild übernommen. Daher ist die Geschichte keine Vampirstory, sondern etwas weitaus Komplexeres.

Dafür braucht der Autor allerdings sehr lange, um dem Leser klarzumachen, um was es eigentlich geht. Obendrein versucht er noch ein wenig Name-dropping, um das Interesse des Lesers zu reizen. Edgar Allan Poe sei einst täglich auf dem Weg zu Mrs. Whitman, der von ihm verehrten Dichterin, am gemiedenen Haus vorübergegangen. Isn’t it ironic?

Wie auch immer: „Das gemiedene Haus“ von 1928 ist eine ebenso gute Erzählung wie viele der auf mittelguter Ebene angesiedelten HPL-Storys und sollte jedem HPL-Verehrer bekannt sein. Der Italiener Ivan Zuccon verarbeitete die Geschichte zusammen mit „Die Musik des Erich Zann“ (1922) und „The dreams in the witch house“ (1932) zu einem Horrorfilm im Jahr 2003.

4) _In den Mauern von Eryx_

Was wie eine planetare Abenteuergeschichte beginnt, endet in einem Alptraum. Die Menschen haben die dschungelüberwucherte Venus erobert, um dort Kristalle abzubauen, die der irdischen Energieerzeugung dienen. Doch auf dem Planeten leben reptilienartige Echsenmenschen, denen die Kristalle offenbar heilig sind. Als ein Mitarbeiter der Crystal Company auf dem Plateau von Eryx einen Kristall entdeckt, sind daher Echsenmenschen nicht weit. Bestimmt beobachten sie sein Bemühen, sich des Kristalls zu bemächtigen. Doch wie sich herausstellt, handelt es sich um eine Falle.

In dieser Falle hat sich bereits ein anderer Mitarbeiter gefangen. Als sich der neue Mitarbeiter, unser Berichterstatter, vorsichtig nähert, stößt er auf eine unsichtbare Mauer. Schlammbewurf zeigt, dass sie mit sechs Metern Höhe zu hoch zum Überklettern ist. Es muss also Öffnungen geben. Der Chronist begibt sich in das Labyrinth von Eryx, um an den Kristall heranzukommen …

_Mein Eindruck_

Was sich wie nach dem Experiment mit der Ratte im Labyrinth anhört, ist auch genau das. Ist der gefangene Mensch schlau genug, um die Belohnung, den Kristall, zu schnappen und wieder herauszufinden? Die Echsen nehmen an, dass er dies nicht ist. Die Story ist eine der wenigen, die mich immer an gewisse frühe SF-Groschenheft-Erzählungen erinnern. Darin gerät der Held regelmäßig in die Bredouille und muss sich wie weiland Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Wie schon in „Stadt ohne Namen“ dominiert das Element der Klaustrophobie.

5) _Gefangen bei den Pharaonen_

Der berühmte Entfesselungskünstler Harry Houdini alias Erich Weisz erzählt von einem Erlebnis, das er 14 Jahre zuvor im Jahre 1910 in Ägypten hatte. In seinem anfänglichen Reisebericht erweist sich der Erzähler als kenntnisreicher Berichterstatter, der auch über Tutanchamun Bescheid weiß, dessen Grab bekanntlich erst 1922 entdeckt wurde. Geführt von einem Fremdenführer, der sich Abdul Reis Drogman nennt, besucht Houdini nicht nur Kairos Altstadt und Museen, sondern selbstverständlich auch die Pyramiden von Gizeh.

Ganz besonders fasziniert ist Houdini von der löwenköpfigen Sphinx, die das Gesicht des Königs Chephren trägt, der die mittlere der drei großen Pyramiden zwischen 2800 und 2700 v. Chr. erbauen ließ. Verblüfft stellt der Reisende eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Gesicht seines Fremdenführers und der Chephren-Statue im Ägyptischen Museum von Kairo fest.

Bei einem Streit zwischen Abdul Reis und einem jungen arroganten Reiseführer geht Houdini vermittelnd dazwischen. Beim folgenden Zweikampf darf er Abdul Reis sekundieren. Das Duell findet auf der Spitze der Cheops-Pyramide statt, welche bekanntlich keine Außenverkleidung mehr besitzt, wodurch die Spitze ziemlich breit ist. Doch der mitternächtliche Ringkampf stellt sich als Vorwand heraus, den die Araber benutzen, um den berühmten Entfesselungskünstler zu verhöhnen. Sie fesseln ihn und lassen ihn in einen sehr tiefen Schacht hinunter.

Sich zu befreien, ist einfach, doch nun geschieht etwas, mit dem Houdini nicht gerechnet hat. Die Geister von zusammengesetzten Mumien – Kombination aus Tier und Mensch – marschieren zu einem riesigen Tor in der Tiefe. Auch Chephren (Abdul Reis?) und dessen Königin Nitokris, die stets nur „Königin der Ghoule“ genannt wird, wohnen der Opferungszeremonie bei. Doch wem oder was opfern sie? Als Houdini dies herausfindet, rennt er um sein Leben.

_Mein Eindruck_

HPL schrieb diese wunderbar farbenfrohe Erzählung, die zunächst an Karl Mays Orient-Romane erinnert, 1924 für seinen Freund, den berühmten Entfesselungskünstler Harry Houdini. Selbstredend darf Houdini seine entsprechenden Fähigkeiten hierin eindrucksvoll demonstrieren. Zudem kommen die altägyptischen Gottheiten zu ihrem Recht und vollführen, ganz im Geschmack von Houdinis Zeit, einen theatralischen Bühnenzauber, der den ansonsten so wackeren Helden in die Flucht schlägt. Liebhaber von H. R. Haggard oder anderen Orientalisten könnten sich über Mangel an unterhaltsamem Kolorit und actionreicher Spannung nicht beklagen.

6) _Berge des Wahnsinns_

Was geschah auf der Expedition in jenes Bergtal in der Antarktis, dass der Student Danforth dem Wahnsinn verfiel? Als der Expeditionsleiter William Dyer Danforth in der Nervenheilanstalt besucht, berichtet Danforth wieder von den Alten Wesen, die in Wahrheit seit jeher über die Erde geherrscht hätten. Dyer widerspricht ihm nicht, denn er hat sie ja selbst gesehen.

Genau deshalb besucht er einen Professor in Boston, um ihn zu bitten, dass die neuerliche Expedition, die Starkweather und Moore 1932 organisiert haben, in die Antarktis aufbricht. Er warnt ihn eindringlich vor den Gefahren, nicht zuletzt vor dem schier unaussprechlichen Horror, auf den er und Danforth dort gestoßen sind. Dyer warnt ebenso vor dem Versuch, die Eismassen abzuschmelzen oder gar Bohrungen vorzunehmen, waren diese doch seiner eigenen Expedition zum Verhängnis geworden. Da der Professor mehr und vor allem deutlichere Begründungen fordert, muss Dyer genauer berichten, was sich vor zwei Jahren, anno 1930, zugetragen hat …

|Dyers Expeditionsbericht|

Prof. William Dyer ist Geologe an der Miskatonic University von Arkham, unweit Boston. Da Prof. Frank Pabodie neuartige Bohrer hergestellt hat, sieht sich Dyer in der Lage, auch in der Antarktis nach ungewöhnlichen Gesteinen zu suchen. Er lädt den von ihm bewunderten Anthropologen Prof. Lake ein mitzukommen, und dieser sagt freundlich zu. Außerdem werden die drei Profs von ihren jeweiligen Assistenten begleitet, darunter Danforth, Moulton und Gedney. Lake hält Danforth für einen „Backfisch“, aber immerhin haben beide das verfluchte Buch „Necronomicon“ des verrückten Arabers Abdul Alkazred gelesen, ein zweifelhaftes Vergnügen, das nicht jedem Menschen vergönnt ist, denn das Buch ist in einem verschlossenen Raum der Bibliothek der Miskatonic-Uni weggesperrt.

Die zwei Schiffe „Miskatonic“ und „Arkham“ gelangen schließlich unter dem Kommando von Kapitän Douglas ins Zielgebiet, das Rossmeer. Hier ragt der immer noch aktive Vulkan Erebus empor, und der Rossschelfeisgletscher bricht hier ins Meer ab. Die Gegend gemahnt Danforth an die kalten Ebenen von Leng, über die er bei Alhazred gelesen hat. Er vermeint ein sonderbares Pfeifen zu hören, das sich mit dem Wind vermischt, der von den Perry-Bergen herunterbläst. Eine Luftspiegelung gaukelt ihm emporragende Burgen auf diesen steilen Höhen vor.

Am Monte Nansen weiter landeinwärts schlägt die Expedition ihr Basiscamp auf, und mit den vier Flugzeugen erkunden sie das Terrain ebenso wie mit Hundeschlitten. Schon bei den ersten Grabungen stößt Prof. Lake auf höchst ungewöhnliche Fossilien, die es hier gar nicht geben dürfte. Zwar ist bekannt, dass vor 50 Mio. Jahren die Erde sehr viel wärmer war und Dinosaurier auch Antarktika bewohnten, doch all dies endete vor spätestens 500.000 Jahren mit der ersten Eiszeit, der weitere folgten. Lake, dessen Funde bis ins Präkambrium zurückdatieren, setzt seinen Willen durch, noch weitere Stellen zu suchen. Auf einer weiteren Schlittenexkursion findet er mehr solche Fossilien, die es nicht geben dürfte.

|Lakes Expedition|

Am 24. Januar, mitten im Hochsommer der Südhalbkugel, startet Lake, um ein Camp 300 Kilometer entfernt auf einem Plateau zu errichten. Dem Expeditionsleiter berichtet er mit Hilfe des Funkgeräts. Seine Stimme ist gut zu verstehen. Sie mussten notlanden, und das Camp ist von quaderförmigen Strukturen und Höhlen umgeben. Eine Bohrung führt dazu, dass ihr Bohrer in eine Höhlung unter dem Eis fällt. Beim Eindringen in diese Höhle stoßen Lake und Moulton auf Specksteine, die fünf Zacken ausweisen, also eindeutig bearbeitet wurden – mitten zwischen Saurierknochen und Abdrücken von Palmblättern. Außerdem stoßen sie auf große tonnenförmige Gebilde, von denen sie vierzehn Stück bergen und aufs Plateau schaffen, um den Inhalt zu untersuchen.

Die Hunde reagieren sehr aggressiv auf diese Gebilde, und als Lake sie seziert, erinnern sie ihn an die Cthulhu-Wesen, die Alhazred beschrieb: eine fünfeckiger Kopf mit einem Kranz seitlich angebrachter Wimpern usw. Und es hat fünf Hirnhälften. Lake erinnert sich: „Das ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt.“ In seiner letzten Nachricht berichtet Lake, die Köpfe seien von der Sonne aufgetaut worden. Dann meldet er sich nicht mehr.

|Die Rettungsexpedition|

Mit dem zurückgehaltenen fünften Flugzeug fliegt Dyer mit Danforth und Pabodie zu Lakes Camp. Sie finden entsetzliche Verwüstung vor. Alle Hunde wurden zerfleischt, von den Männern ist zunächst keiner zu sehen, obwohl überall Blut ist – und Gestank. Sie stoßen auf sechs Gräber, die sternförmig angelegt sind, aber wo sind die restlichen acht Wesen? Die Leichen von elf Männern sind zum Teil seziert, doch von einem Mann fehlt jede Spur: Gedney. Er hat auch einen Hund mitgenommen. Können sie ihn noch retten?

Dyer und Danforth machen sich auf den Weg, um die ausgedehnte fremde Stadt, die sie beim Anflug entdeckt haben, zu erkunden und vielleicht eine Spur von Gedney zu finden. Welches Wesen mag das Camp derartig verwüstet haben? Sie werden es herausfinden, und wenn es sie den Verstand kostet …

|In Boston|

Dyer schafft es nicht, den Professor davon zu überzeugen, die Starkweather-Moore-Expedition zurückzuhalten. Er ahnt das Schlimmste. Als er wieder einmal den verrückten Danforth besucht, rezitiert dieser nur aus dem verfluchten „Necronomicon“: „Die Farbe aus dem All … der Ursprung, Ewigkeit, Unsterblichkeit …“

_Mein Eindruck_

Lovecraft setzte mit diesem Kurzroman das Romanfragment [„Der Bericht des Arthur Gordon Pym“ 781 von Edgar Allan Poe fort. Wo Poes Romanfragment abbricht, greift er die Szenerie, wenn auch nicht die Figuren, wieder auf, insbesondere den unheimlichen Ruf „Tekeli-li! Tekeli-li!“ Diesen Ruf stoßen zwar bei Poe weiße Vögel aus, doch bei Lovecraft wird der Ruf einem weitaus gefährlichen Wesen zugewiesen. Um was es sich dabei handelt, wird nie hundertprozentig klar, denn es ist protoplasmisch und somit formlos.

|Der Privatmythos|

Innerhalb des umfangreichen Cthulhu-Mythos über die Großen Alten nimmt „Berge des Wahnsinns“ eine meiner Ansicht nach nicht allzu herausragende Rolle ein, denn der Geschichtsentwurf, den Lovecraft hier präsentiert, unterscheidet sich nur in geringem Maße von dem in [„Der Schatten aus der Zeit“, 2358 „Der Flüsterer im Dunkeln“ und anderen Erzählungen. Aber die Geschichte an sich bietet dem Leser mehr spannende Unterhaltung als andere Storys und vor allem einen weit gespannten Hintergrund, der im Vordergrund der Aktionen zum Tragen kommt.

|Die Stadt im Eis|

Durch ihre Necronomicon-Lektüre wissen Lake und Danforth schon, womit sie es zu tun haben: mit den Großen Alten und ihren Vorgängern, den Alten Wesen. Die Stadt ist die der Alten Wesen, die vor Jahrmillionen zuerst landeten und ihre Kultur auf der Erde errichteten. Seltsamerweise ist Expeditionsleiter Dyer, unser objektiver Chronist, nur mäßig darüber erstaunt, dass er nun über ausgedehnte Überreste einer versunkenen, prähistorischen Zivilisation stolpert. In der ersten großen Halle befinden sich jedoch so etwas wie Wandmalereien und Hieroglyphen, die ihm die Geschichte der Vorzeit erzählen. Diese ist so komplex, dass ich empfehle, sie selbst nachzulesen. Dyer müsste viel stärker verwirrt, wenn nicht sogar bestürzt sein, so wie es Danforth ist.

|Der Wächter in der Tiefe|

Für Dyer und Danforth wird die Lage jedoch brenzlig, als sie auf die enthaupteten Überreste der entkommenen Alten Wesen stoßen, die Professor Lake aus der Höhle unter dem Eis geholt hatte. Was hat die Wesen getötet? Gibt es einen Wächter in der Tiefe, ähnlich einem Balrog in den Tiefen der Minen von Moria? Na, und ob! Die spannende Frage ist nun, wie dieses Wesen aussieht und ob sie es vielleicht besiegen können. Der Anblick des Wesens lässt Danforth wahnsinnig werden und von einem Sieg kann keine Rede mehr sein. Was wiederum den Schluss aufzwingt, dass die Starkweather-Moore-Expedition dem Tod geweiht ist, sollte sie im gleichen Gebiet forschen.

|Verhängnis|

Dieses Gefühl des Verhängnisses überschattet den gesamten Text und suggeriert dem Leser bzw. Hörer, dass er allein schon durch die Kenntnis dieses geheimen Wissens, das ihm Dyer mitteilt, vielleicht in Gefahr sein könnte. Zweifellos wusste Lovecraft aus Zeitschriften nicht nur über Einsteins Forschungsarbeiten Bescheid, sondern auch über das Bestreben der Physiker, dem Atom seine Geheimnisse zu entlocken. Die Experimente von Rutherford und Nils Bohr waren ihm vielleicht bekannt, aber er dürfte kaum gewusst haben, dass Enrico Fermi an einem Atomreaktor baute und die deutschen Physiker von Hitler für eine ganz besondere Aufgabe engagiert wurden: den Bau der ersten Atombombe. Verbotenes Wissen – möglicherweise hat Lovecraft ganz konkret solche Kenntnisse und Experimente darunter verstanden.

|Poe lässt grüßen|

Das erzählerische Brimborum, dessen er sich im Original bedient, kommt uns heute überladen und bis zur Grenze des Lächerlichen überzogen vor. Der von Poe erfundene Ruf „Tekeli-li! Tekeli-li!“ wird x-mal wiederholt, und im Buch bildet er sogar den Schluss des letzten Satzes. Das verleiht ihm eine schaurige Bedeutungsschwere, die ich nicht nachzuvollziehen mag. Aber bei genauerem Nachdenken ist der Ruf eben jenem Wächter in der Tiefe zuzuordnen, und dann wird erklärlich, warum Danforth diesen Ruf nicht vergessen kann. Denn er weiß, dass wenn dieser Ruf erneut ertönt, es für die Menschheit zu spät sein wird. „Das ist nicht tot, was ewig liegt …“

|Einschätzung|

„Berge des Wahnsinns“ ist einer der bedeutenden Kurzromane, die Lovecraft am Ende seines Lebens – er starb ein Jahr nach der Veröffentlichung – innerhalb seiner Privatmythologie schrieb. Die Antarktis-Expedition des Geologen Dyer stößt auf eine uralte Stadt, die von einer außerirdischen, vormenschlichen Zivilisation errichtet wurde. Und Andeutungen legen nahe, dass auf dem Meeresgrund noch viele weitere solche Städte auf ihre Entdeckung warten. Ob das für die heutige Menschheit so gut wäre, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. In der Stadt unter dem Eis vertreibt ein unheimlicher Wächter die neugieriger Forscher, und solche könnte es auch in weiteren Ruinen geben. Dyers Assistent Danforth hat den Wächter und dessen Brut gesehen und ist darüber verrückt geworden …

Ähnlich wie in „Der Schatten aus der Zeit“ und „Der Flüsterer im Dunkeln“ entwirft Lovecraft die Grundzüge seiner Mythologie, wonach erst die Alten Wesen von den Sternen kamen und die Stadt unterm Eis bauten, bevor die Cthulhu-Wesen anlangten und mit ihnen einen Krieg führten, an dessen Ende Wasser und Land zwischen den Rassen aufgeteilt wurden. Überreste beider Zivilisationen sind für Expeditionen wie die Dyers noch aufzuspüren, natürlich nur an sehr verborgenen Orten.

|Die verlorene Rasse|

Das Motiv der „Lost Race“, das Lovecraft in nicht weniger als 18 Erzählungen verwendet, war schon 1936 nicht mehr neu und vielfach erprobt worden. Am kommerziell erfolgreichsten waren dabei wohl Edgar Rice Burroughs, der Schöpfer des Tarzan, und Henry Rider Haggard, der mit „König Salomons Minen“, „Allan Quatermain“ und „Sie“ einen sagenhaften Erfolg unter den Spätviktorianern verbuchte. Ob Poe mit „Arthur Gordon Pym“ diese Mode schuf, als er seinen Helden in der Antarktis eine unbekannte Zivilisation finden ließ, sei dahingestellt, aber sowohl Jules Verne mit „Eissphinx“ als auch Lovecraft mit „Berge des Wahnsinns“ folgten diesem Vorbild in den eisigen Süden. In letzter Zeit knüpfte auch Michael Marrak mit seinem Roman [„Imagon“ 480 erfolgreich an dieses Vorbild an.

|Initiationsritus|

Bei Lovecraft wird die Expedition zu einem Initiationsritus. Der moderne Mensch ist sowohl mit dem sehr Alten als auch mit dem Ungeheuerlichen konfrontiert, und beides scheint seinen Verstand zu übersteigen (siehe Danforths Wahnsinn). Unterschwellig vermittelt Lovecraft seinen Kulturpessimismus dadurch, dass er Dyer erkennen lässt, dass die Menschheit weder die erste Zivilisation auf diesem Planeten war, noch auch die letzte sein wird. Das wiederum könnte dem einen oder anderen Leser Schauer über den Rücken jagen. „Das ist nicht tot, was ewig liegt“ (oder „lügt“, denn das Verb ist doppeldeutig), wird immer wieder zitiert. Ein Menetekel, an das immer wieder mit dem Ruf „Tekeli-li! Tekeli-li!“ gemahnt wird.

7) _Geschichte des Necronomicons_

Ein kurzer Abriss über die Biografie Abdul Alhazreds, dem Autor von „Al Azif“, dem späteren „Necronomicon“. Der Araber habe es angeblich um 730 n. Chr. geschrieben. Eine Chronologie listet die allesamt unterdrückten Ausgaben auf. Aber nirgendwo steht, warum Alhazred das verfluchte Buch schrieb, noch, was darin steht. Eine Andeutung liefert lediglich der Umstand, dass der Autor angeblich von einem selbst beschworenen Dämon verschlungen worden sei. Motto: Caveat auctor!

_Mein Eindruck_

Eine pseudo-literaturhistorische Abhandlung, die zentrale Fragen außer acht lässt. Nur für HPL-Anhänger interessant.

8) _Katzen und Hunde_

In dieser langen Abhandlung vergleicht HPL Hunde und Katze, aber auch deren Besitzer und deren Kulturen. Dabei gibt er durchweg der Katze den Vorzug. Entsprechen dem Hund die ungebildeten Plebejer, so der Katze die gebildeten Aristokraten, Poeten und Philosophen, kurzum die Gentlemen.

Damit nicht genug, versteigt sich HPL sogar zu einer rassischen Einteilung. Den plebejischen Hundebesitzern entsprächen demnach das Mittelalter, wohingegen zu den Katzenverehren die stolzen Ägypter, die klassischen Griechen und – man lese und staune – die Arier sowie der nietzscheanische Herrenmensch zählen.

_Mein Eindruck_

Der Aufsatz geht noch lange weiter, mit etlichen weiteren Klassifizierungen und Gegenüberstellungen, hinsichtlich Ästhetik, Reinlichkeit usw. usf. Er ist unwissenschaftlich, weil völlig auf subjektivem Empfinden basierend. Mir war schon zuvor bekannt, dass HPL sich in einer bestimmten Phase rassistische Entgleisungen leistete, aber dies ist das erste Mal, dass ich sie auch gedruckt lese. Sie stammen aus dem Jahr 1926. Der Essay ist nicht nur nervtötend selbstgerecht, sondern nimmt auch Klassifikationen vor, die sich heutzutage niemand mehr trauen würde. Der Übersetzer hat die zahlreichen Verweise auf andere Autoren auf vorbildliche Weise in Fußnoten erklärt.

9) _Für Klarkash-Ton, Herr von Averoigne_

Ein HPL-Gedicht für seinen Kollegen Clark Ashton Smith. Die Rede ist darin von einem dunklen, unheimlichen Turm, in dem ganz oben bleich ein Lichtlein brennt. Das Original steht direkt neben der (ungereimten) Übersetzung, so dass sich ein direkter Vergleich anbietet.

10) _Hazel Heald: In memoriam_

Hazel Heald lobt, wie HPL sich für angehende und aufstrebende Schriftstellerkollegen einsetzte und was für ein generöser und intelligenter Gentleman er war. Eine wahre Eloge, wie sie sich niemand wohlwollender wünschen könnte, allerdings auch ziemlich einseitig.

_Die Übersetzung_

A. F. Fischer besorgte diese neue Übersetzung, welche die alten ablöst, die der |Suhrkamp|-Verlag bislang feilbot. Allein diese Ablösung ist bereits dankenswert. Die Diktion ist jetzt mehr dem modernen Sprachgebrauch angepasst, ohne an vielseitigem Vokabular und der HPL eigentümlichen Stilvielfalt einzubüßen. Druckfehler konnte ich überraschenderweise keine finden.

_Unterm Strich_

Das Hauptstück dieser Auswahl in neuer Übersetzung ist sicherlich der überzeugende Kurzroman „Berge des Wahnsinns“, daher habe ich mich in meiner Interpretation darüber ausführlicher ausgelassen. Aber auch so mancher kürzere Text wie etwa „Das gemiedene Haus“ weiß zu überzeugen. Die Kooperation „In den Mauern von Eryx“ (zusammen mit Kenneth Sterling, was aber in den Quellennachweisen verschwiegen wird) ist ein Stück Sciencefiction, und „Gefangen bei den Pharaonen“ wurde erst später der Ko-Autorschaft HPLs mit Harry Houdini zugewiesen.

Die verstreuten Nebentexte über das „Necronomicon“ sowie „Katzen und Hunde“ und Lovecraft selbst werfen ein Licht auf die vielfältigen Interessen dieses homme des lettres. Der Essay „Katzen und Hunde“ bildet für mich allerdings Anlass zu Kritik, denn hier zeigen sich rassistische Tendenzen in HPLs Gedankengut. Der Übersetzer hat die zahlreichen Verweise auf andere Autoren auf vorbildliche Weise in Fußnoten erklärt.

In diesem Band finden sich eine Reihe früher Erzählungen, die uns heute wie pure Fantasy anmuten, ja, die sogar antike Schauplätze haben. Sie sind unterhaltsam zu lesen, aber allzu viele dieser literarisch mittelmäßigen Leicht- oder Fliegengewichte möchte man dann doch nicht über sich ergehen lassen. Die Übersetzung ist sehr kompetent, was sich besonders an dem Gedicht zeigt, das dem Original nahekommt, welches daneben abgedruckt ist.

Für Sammler ist der Band eine wichtige Ergänzung und Abrundung der HPL-Werke, aber für Einsteiger bietet der Band teils leichte Kost, mit „Berge des Wahnsinns“ einen Blick auf das, worauf sich HPLs Einfluss gründet: auf den Cthulhu-Mythos.

Nachdem nun vier Bände der „Gesammelten Werke“ erschienen sind, sollen noch die zwei Bände „Cthulhu“ und „Die großen Alten“ folgen.

|332 Seiten
Aus dem US-Englischen von A. F. Fischer|
http://www.festa-verlag.de

James Herbert – Moon. Schauerroman

Unheimliches Mondlicht

Frieden, endlich Frieden… Jonathan hat die Insel seiner Zuflucht gefunden. Hier werden ihn die Schrecken der Vergangenheit nicht einholen.
Frieden, endlich Frieden – bis die Visionen kommen.
Schreckensvisionen, die Jonathans Gehirn grausame Bilder vorgaukeln. Und er weiß, dass diese Dinge wirklich geschehen; denn sein Bewusstsein verbindet sich mit dem Geist von jemand – von Etwas -, das sich im Licht des Mondes auf krankhafte Weise an Mord und Verstümmelung erfreut. Sehr bald spürt er die Anwesenheit des unsichtbaren Zeugen und macht sich auf die Suche nach ihm… (Verlagsinfo)

Der Autor
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James Herbert – ’48. Horror-Roman

Vampirjagd in der toten Stadt

London 1948: Trümmer, Ruinen, Leichen. Eine sogenannte Wunderwaffe der Nazis hat den Bluttod über die Weltstadt gebracht. Von dem schleichenden Tod bleiben nur wenige Menschen verschont, die der Blutgruppe AB-negativ angehören.

Fünf von ihnen suchen Zuflucht in den Ruinen eines verlassenen Grandhotels: Zwei junge Frauen, die über die Schranken unterschiedlicher gesellschaftlicher Herkunft hinweg eine tiefe Freundschaft verbindet; ein Deutscher mit undurchsichtiger Vergangenheit und ein weltfremder Engländer vom Zivilschutz. Und Hoke, der Kriegsfreiwillige aus Kanada, der seit drei Jahren auf der Flucht vor jenen Menschen lebt, die wissen, dass sie sterben müssen.

Ein nervenzerfetzendes Drama von ungeheurer Intensität entwickelt sich zwischen diesen fünf Menschen. (Verlagsinfo)

Der Autor
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James Herbert – Magic Cottage. Das Haus auf dem Land. Schauerroman

Magische Häuser und anderer Spuk

Midge und ich waren überglücklich: wir hatten unser Traumhaus gefunden. Es lag mitten im Wad, zauberhaft romantisch, und es strahlte eine Ruhe aus, die wir beide für unsere Arbeit als Künstler so dringend brauchten. Die erste Zeit in unserem kleinen Liebesnest erlebten wir wie im siebten Himmel. Es war, als läge über diesem Haus ein ganz eigenartiger Zauber, als hätte es magische Kräfte. Aber dieser erste Eindruck war gefährlich trügerisch.

Es geschahen Dinge, die einfach unglaublich waren und die mir bis heute unbegreiflich geblieben sind. Es geschahen Wunder, wirklich Wunder, Wunderheilungen.

Und dann diese Sekte, die unser Haus für sich allein haben wollte, die abscheulichen Kreaturen, die aus den unteren Regionen heraufgekrochen kamen, und die Fledermäuse, ja, die Fledermäuse, die werde ich wohl niemals in meinem Leben vergessen. Bis heute will ich das, was damals geschehen ist, nicht glauben. Aber es ist die Wahrheit. Die grausame Wahrheit. Also, seien Sie gewarnt. Dies ist – bei Gott – keine Gute-Nacht-Geschichte. (Verlagsinfo)

Der Autor
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James Herbert – Jenseits. Schauerroman

Horrorthriller mit psychologischem Tiefgang

Der Horrorautor packt ein heißes Eisen an: Experimente mit behinderten Menschen. Hinzu kommen ausgefallene Charaktere und unheimliche parapsychologische Phänomene. Verpackt in eine realistisch erzählte Krimihandlung, bietet die Handlung befriedigende Spannung bis zum langen Finale.

Ich dachte zunächst, dies wäre die Romanvorlage zu Nicole Kidmans erfolgreichem Horrorfilm „The Others“. Da hatte ich mich aber getäuscht. Dessen Drehbuch stammt von einem spanischen Autor. Und Herberts Roman ist auch schwierig zu verfilmen. Nicht wegen vieler Szenen, sondern wegen seiner Thematik: menschliche Missgeburten und ihr Missbrauch.
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Markus Heitz – Blutportale (Lesung)

Nicht willkommen: Freifahrschein für einen Höllenfürsten

Saskia führt eigentlich ein ganz normales Leben. Das ändert sich, als sie bei einem Fechtturnier gegen den geheimnisvollen Levantin antritt. Mit seinem Degen fügt er ihr einige tiefe Schnitte zu, die sich schon nach kurzer Zeit von selbst schließen. Saskia ahnt nicht, dass ihr Gegner ein Dämon ist, der seit Jahrhunderten nach ihr sucht. Er will, dass sie für ihn die Blutportale öffnet, durch die er endlich in seine Heimat zurückkehren kann. Doch niemand hat Saskia auf ihr dunkles Talent vorbereitet. Und so stößt sie unbeabsichtigt Türen auf, die nie geöffnet werden sollten … (Verlagsinfo)
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William Peter Blatty – Der Exorzist (Lesung)

Die junge Tochter einer erfolgreichen Schauspielerin wird zunehmend von einem Dämon in Besitz genommen. Die moderne Wissenschaft versagt bei der Diagnose und Heilung. Der verzweifelten Mutter bleibt nur die Zuflucht zu einem professionellen Teufelsaustreiber. Pater Merrin weiß, gegen wen er kämpft… (Verlagsinfo)
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Barker, Clive / Niles, Steve / Bolton, John – Ein höllischer Gast

Eine höllische Weihnachtsgeschichte

Ein exzellentes Comic-Book von Starautor Clive Barker, kongenial illustriert von Starzeichner John Bolton. Es ist die spannend-witzige Geschichte eines Duells, das am Weihnachtsabend seinen Höhepunkt findet. (Wer die Story nachlesen möchte, findet sie im [„1. Buch des Blutes“ 538 unter dem Titel „Das Geyatter und Jack“.)

Handlung

Die Herren der Hölle haben das Geyatter, das auf den netten Namen Cuazzel hört, in das Haus des Essiggurken-Importeurs Jack J. Polo abkommandiert, weil Polos Familie sie um eine Seele betrogen hat. Rache ist Blutwurscht, ist die Devise – Polos Seele muss her!

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Lovecraft, H. P. – Der Ruf des Dämon. Horrorgeschichten (Inszenierte Lesung)

Grusel-Hörbuch: Wahnsinn reitet den Sternenwind

H. P. Lovecrafts bizarre und hintergründige Geschichten „Der Hund“ und „Das Fest“ führen an sehr unterschiedliche Orte im Kosmos des Grauens und tauchen dabei hinab in die Abgründe der Angst. (aus dem Klappentext)

Das Hörbuch bietet eine deutsch-englische Lesung mit Musik vom „Orchester der Schatten“, die eigens hierfür eingespielt wurde.

Der Autor

Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) wird allgemein als Vater der modernen Horrorliteratur angesehen. Obwohl er nur etwa 55 Erzählungen schrieb, hat sein zentraler Mythos um die Großen Alten, eine außerirdische Rasse bösartiger Götter, weltweit viele Nachahmer und Fans gefunden, und zwar nicht nur auf Lovecrafts testamentarisch verfügten Wunsch hin.

Aber wie in den Zusatztexten zu „Innsmouth“ zu erfahren war, reicht Lovecrafts Grauen weit über die landläufige Vorstellung von Hölle hinaus: Das Universum selbst ist eine Hölle, die den Menschen, dessen Gott schon lange tot ist, zu verschlingen droht. Auch keine Liebe rettet ihn, denn Frauen kommen in Lovecrafts Geschichten praktisch nur in ihrer biologischen Funktion vor, nicht aber als liebespendende Wesen oder gar als Akteure. Daher ist der (männliche) Mensch völlig schutzlos dem Hass der Großen Alten ausgeliefert, die ihre Welt, die sie einst besaßen, wiederhaben wollen. Das versteht Lovecraft unter „kosmischem Grauen“. Die Welt ist kein gemütlicher Ort – und Einsteins Relativitätstheorie hat sie mit in diesen Zustand versetzt: Newtons Gott ist tot, die Evolution eine blinde Macht, und Erde und Sonne nur Staubkörnchen in einem schwarzen Ozean aus Unendlichkeit.

Kurz und bündig mehr über Lovecraft: http://www.orchesterderschatten.de/autor.htm.

Die Sprecher

Simon Jäger, geboren 1972 in Berlin. Seit 1982 arbeitet er als Synchronsprecher bei Film und TV. Er lieh u. a. Josh Hartnett, James Duvall, Balthazar Getty und River Phoenix seine Stimme, aber auch „Grisu der kleinen Drache“, und war auch in TV-Serien wie „Waltons“ oder „Emergency Room“ zu hören. Seit 1998 arbeitet er zudem als Autor und Dialogregisseur. (Homepage-Info)

Simon Newby, geboren 1961 in Long Eaton, England, studierte an der Guildhall School of Music & Drama (Bachelor-Abschluss in Dramatic Arts). Seit 1990 erledigte er zahlreiche Regiearbeiten an verschiedenen Bühnen Berlins, war als Voice-over- und Synchronsprecher sowie als Dialog-Coach tätig, seine Hobbys sind Trompetespielen und Tauchen. Zu seinen Sprachkenntnissen zählt er: „Englisch (Britisch und Amerikanisch), Deutsch (perfekt)“.

Die Musik: Das „Orchester der Schatten“

„Das Orchester der Schatten präsentiert klassische Geschichten von Kultautoren wie H. P. Lovecraft und E. A. Poe, die mit ihren bizarren Welten des Grauens schon Generationen von Lesern begeistert haben. Ohne vordergründige Effekte wird von Mythen, fremden Mächten oder einfach von dem Horror erzählt, der sich in der menschlichen Seele verbirgt. Begleitet werden die Erzählungen vom Orchester der Schatten, dessen Live-„Filmmusik“ komponierte Scores, Klangeffekte und improvisierte Elemente vereint.“ (Homepage-Info)

Matthias Manzke:

* 4.10.1971; Jazzstudium an der HdK Berlin sowie an der New School New York; Unterricht u. a. bei David Friedman, Peter Weniger, Richie Beirach, und Jane-Ira Bloom; Rumänien-Tournee 1997; Teilnahme am Jazzfestival Hradec Kralove, Engagements bei Theater- und Filmproduktionen; CD-Aufnahmen mit der Berliner Big Band JayJayBeCe (BIT-Verlag 1997), mit dem Sänger Robert Metcalf (Dt. Grammophon 1998) sowie mit dem FRAW FRAW Saxophon4tett (2002); zzt. regelmäßige Konzerttäigkeit mit dem FRAW FRAW Saxophonquartett in ganz Deutschland und mit Projekten im Berliner Planetarium am Insulaner

Stephan Wolff:

1956 in Berlin geboren; Jurastudium; Dirigierstudium, Kompositions-Unterricht bei N. Badinski; tätig als Komponist, Dirigent, Keyboarder; seit 1994 Lehrtätigkeit an der Leo-Borchard-Musikschule; stilübergreifende Kompositionen zwischen Klassik, Jazz und Pop. Produktion und Mitgestaltung diverser Live-Elektronik-Projekte, u. a. „Dialogues“ (1998), „Losing One’s Head“ (1999), Filmmusiken, Bühnenmusiken, Traumspiel-Oper „Abaddon“ (1998/2001); Zahlreiche Songs und Lieder, auch für Kinder, z. B. „Erdenklang & Sternenbilder“ (1996), „Songs aus dem All“ (2000/2001), „Cool & Cosi“ (2000)

Sven Hinse:

* 1974, Absolvent der UdK Berlin und des „Kontaktstudiengangs Popmusik“ an der Hamburger Musikhochschule, CD-Produktionen u. a. mit dem Berliner LandesJugendJazzOrchester (1998) und mit der Band „tritorn“ (2002), Konzertreisen u. a. nach Südamerika, Rumänien, Spanien

Merle Ehlers:

geb. 1974 in Hamburg, lebt in Berlin. Schlagzeugstudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Langjährige Bühnenerfahrung mit dem zeitgenössischen Tanzensemble „Contact 17“. Spielt Kompositionen für Gitarre und Schlagzeug im Duo „rant“ mit dem Gitarristen Torsten Papenheim, improvisierte Musik im Trio „Tunar“ mit Sabine Vogel (Flöten und electronics) und Dave Bennett (Gitarre) sowie dem Trio „Nom“ mit Dave Bennett und Antoine Chessex (Saxophone). Seit Sommer 2004 existiert das Trio „Tranceducer“ mit Tony Buck (hier:Gitarre, Voc) und Derek Shirley (Bass) für Songs von Tony Buck. Zusammenarbeit mit dem Performer Sten Rudstrøm. Mitinhaberin des Plattenlabels „schraum“ für gegenwärtige Musik.

Mehr Infos: http://www.orchesterderschatten.de.

Handlung von „Der Hund“ (Länge: ca. 36 Min.)

Der Berichterstatter hält während der Niederschrift der zurückliegenden Ereignisse bereits den Revolver bereit, um sich nach Abschluss dieser Aufgabe eine Kugel durch den verzweifelten Schädel jagen zu können. Denn die zurückliegenden Ereignisse lassen ihm keine andere Wahl …

Es muss sein Kumpel Saint John gewesen sein, der damit angefangen hat; ganz bestimmt. Zunächst waren sie nur vom Dasein gelangweilt, dann reichten ihnen auch der Nervenkitzel durch die verstiegenen Erzählungen und Gedichte der Dekadenten Baudelaire, Huysmans und wie sie alle heißen nicht mehr. Es war ganz bestimmt St. John, der auf die Idee mit der Grabräuberei verfiel, oder?

Sie richteten ein gut verstecktes Museum bei sich ein, in dem sie die Statuen von Dämonen, antike Mumien, Grabsteine und Schrumpfköpfe sammelten, natürlich auch Schmuckstücke aller Art. Es gab eine Mappe aus Menschenhaut, Musikinstrumente, die seltsame Disharmonien erzeugten. Die Raubzüge, die sich über die ganze Welt erstreckten, waren von der Umgebung, der Stimmung und der Jahreszeit bestimmt: Ein zugefrorenes Grab aufhacken zu müssen, ist sicherlich kein Vergnügen. Schließlich hörten sie von dem wertvollen Amulett im Grab eines 500 Jahre zuvor begrabenen holländischen Kapitäns. Das war der Anfang vom Ende.

Die holländischen Bauern erzählten ihnen, der Seemann sei seinerzeit von einer Bestie zerfleischt worden und seine Leiche verfluche jeden, der ihre letzte Ruhestätte berauben wolle. Sie hätten darauf hören sollen. Den Sarg zu öffnen, war erstaunlich leicht, doch dann grinste sie ein gut erhaltenes Gerippe an. Das Amulett auf seiner Brust ist aus grüner Jade und in Form eines Hundes oder einer Sphinx geformt, die Augen scheinen voll Bosheit zu funkeln. Die beigelegte Inschrift können sie leider nicht entziffern, doch offensichtlich sind sie auf einen Schatz gestoßen, der nur im verbotenen Buch „Necronomicon“ als Talisman eines Körperfresserkultes aus Zentralasien erwähnt wird.

Als sie sich gegenseitig auf die Schulter klopften, begann das Grauen. Fledermausschwärme stiegen auf, und ein großer Hund begann in der Ferne zu heulen …

Die drei Gedichte (ca. 7:40 Min.)

Lovecrafts Gedichte werden von Simon Newby vorgetragen. Die drei englischsprachigen Texte sind im Booklet abgedruckt (allerdings mit einem Druckfehler, auf den ich später zu sprechen komme.) Eine Übersetzung fehlt.

|The Cats|

In der erfundenen Albtraumstadt Arkham streunen nur die Katzen durch die nächtlichen Gassen. Alles ist öde und verlassen, von Verfall erfüllt, ein Inbild des Untergangs. Nichts geschieht außer dem unheilvollen „Heulen“ und „Schreien“ der geisterhaften Katzen.

|The Wood|

Der uralte majestätische Wald, der hier einst stand, hat dem Wald der hochragenden Wolkenkratzer weichen müssen; nur wenige Jahrhunderte waren dazu nötig. Doch der alte Wald war keineswegs unbewohnt. Die Bewohner der Marmortürme feierten bis zu jenem Tag, als ein unvorsichtiger Troubadour mit fluchwürdigen Worten einen alten Schrecken aus den Tiefen weckte. Nun steht hier, wo sich die Stadt einst befand, wieder ein urtümlicher Wald. Doch die Morgensonne weigert sich, dort zu scheinen.

|Festival|

Die Toten feiern das Julfest zur Wintersonnenwende an einem Altar, der inmitten von Druidengräbern in einem Eichenwald liegt. Und der Hörer mag ein Abt oder Priest sein, der sich dem Satan geweiht hat und dem Altar das „Zeichen des Tiers“ zeigt, von dem der Evangelist berichtet.

Handlung von „Das Fest“ (Länge: 44:44 Min.)

Unser Chronist ist ein junger Mann, der zur Stadt seiner Väter am Ostmeer (= Providence an der US-Ostküste) gereist ist, von der er nur aus seinen Träumen weiß, aber wohin man ihn gerufen hat. Es ist die Zeit des Julfestes, das unter Christenmenschen als „Weihnachten“ bekannt ist. Nur ist unser Berichterstatter alles andere als ein Christenmensch. Das Land wurde vor 300 Jahren besiedelt, doch sein Volk ist weit älter und kam aus dem Meer, weshalb es noch die alten Riten ehrt.

Er trifft in Kingsport ein, der uralten, verwinkelten Stadt unter dem kirchengekrönten Berggipfel, wo der Friedhof noch viele alte Grabsteine beherbergt, darunter auch die von vier Verwandten, die im Jahr 1692 wegen Hexerei hingerichtet wurden. Er findet das Haus an der Green Lane, das noch vor dem Jahr 1650 erbaut worden ist.

Auf sein Klopfen öffnet ein alter Mann, doch weil der stumm ist, schreibt er dem Besucher seinen Willkommensgruß auf ein Stück Papier. Sein Gesicht ist so wächsern bleich, dass es aussieht, als trage er eine Maske. Zwischen Möbeln aus dem 17. Jahrhundert sitzt eine Alte an einem Spinnrad, die ihm zunickt. Nach der Lektüre bekannter Bücher wie dem verbotenen „Necronomicon“ schließt sich der junge Mann seinen Gastgebern an. In Kapuzenmäntel gehüllt, machen sich die drei auf den Weg, um am Julfest teilzunehmen. Er wundert sich, dass er und seine Begleiter im Schnee keine Fußabdrücke hinterlassen …

((Weiterlesen auf eigene Gefahr!))

Auf dem Friedhof brennen Totenlichter, und sie betreten zusammen mit anderen Bewohnern der Stadt ein Kellergewölbe oder eine Krypta, in der eine Wendeltreppe weit hinab in die Tiefe des gewachsenen Felsens führt, durch die stinkenden Katakomben, bis zu einer ausgedehnten Höhle. Hier fließt träge ein Fluss, dessen ölig schwarzes Wasser im Schein einer grünlich leuchtenden Flammensäule glitzert. Neben Giftpilzen werden Pflanzenopfer dargebracht: Das Fest hat begonnen. Da kommen geflügelte Wesen an, die die Gläubigen besteigen, um in weitere Tiefen der Unterwelt zu fliegen, wer weiß, zu welchem Ziel.

Doch unser junger Mann ist mittlerweile derart von Grauen erfüllt, dass er sich weigert, den letzten geflügelten Vorboten des wahren Gottes zu besteigen. Zum Beweis dessen, dass er ein Teil dieser Bevölkerung ist und mitkommen muss, zeigt ihm der stumme Alte, offenbar ein Anführer, zuerst einen Siegelring und eine alte Taschenuhr – sie stammen aus dem Jahr 1698 – dann entfernt er seine Maske. Entsetzen packt den Erzähler, und er wirft sich in den Styx. Nur um im Krankenhaus von Kingsport zu erwachen, wo eine unangenehme Überraschung ihn erwartet …

Mein Eindruck

In diesen beiden frühen Geschichten befolgt Lovecraft konsequent die Forderung des von ihm glühend verehrten Edgar Allan Poes, wonach eine „short story“ in allen ihren Teilen auf die Erzielung eines einzigen Effektes ausgerichtet („unity of effect“) sein solle, egal ob es sich um die Beschreibung eines Schauplatzes, von Figuren oder um die Schilderung der Aktionen handele, die den Höhepunkt ausmachen (können).

Um die Glaubwürdigkeit des berichteten Geschehens und der Berichterstatter zu erhöhen, flicht Lovecraft zahlreiche – teilweise verbürgte, meist aber gut erfundene – Quellen ein, die beim weniger gebildeten Leser den Unglauben aufheben sollen. Erst dann ist die Erzielung kosmischen Grauens möglich, das sich Lovecraft wünschte. In den meisten Erzählungen gelingt ihm dies, und daher rührt auch seine anhaltende Wirkung auf die Schriftsteller weltweit. Erfolgreiche Serien wie Brian Lumleys „Necroscope“ oder Hohlbeins [„Hexer von Salem“ 249 wären ohne Poe und Lovecraft wohl nie entstanden.

Das heißt aber nicht, dass Lovecraft keine negativen Aspekte eingebracht hätte. Als gesellschaftlicher Außenseiter, der nur intensiv mit einer Clique Gleichgesinnter kommunizierte (er schrieb Briefe wie andere Leute E-Mails), ist ihm alles Fremde suspekt und verursacht ihm Angst: „Xenophobie“ nennt man dieses Phänomen. Darüber hinaus hegte er zunächst rassistische und antisemitische Vorurteile (wie leider viele seiner Zeitgenossen), so dass er von kultureller Dekadenz und genetischer Degeneration schrieb.

Degenerierte Antihelden

Degeneration ist das Hauptthema in „Die Ratten im Gemäuer“, eine Story, die 1924 im gleichen Jahr wie „Der Hund“ entstand und nur ein Jahr vor „Das Fest“. In „Der Hund“ sind die beiden frevlerischen Grabräuber moralisch so weit herabgesunken, dass ihre Sünden einen rächenden Fluch heraufbeschwören, der für ihre Bestrafung sorgt. In „Das Fest“ gehört der junge Chronist, ohne es zunächst zu ahnen, einem uralten Geschlecht von Humanoiden an, das seit alters her einem unheiligen Gott opfert, der vermutlich mit Cthulhu gleichzusetzen ist. Denn an einer Stelle heißt es, dass dieses Volk aus dem Meer kam, genau wie die sinistren Bewohner des unseligen Innsmouth. Und in Lovecrafts Meer herrscht immer nur „der träumende Cthulhu“ in der Unterwasserstadt R’lyeh.

Während die erste Story ebenso gut von Wolfgang Hohlbein (vgl. dazu seinen Roman [„Anubis“) 1356 stammen könnte und mit ihrer Grusel-Action jedem modernen Leser gefallen dürfte, ist „Das Fest“ doch ein ganz anderes Kaliber. Sie ist auf sehr spezifische Weise Teil des Lovecraft-Mythos, wonach in der Gegend von Providence und dem nahe gelegenen Salem im 17. Jahrhundert – historisch belegte – Hexenprozesse stattgefunden haben. Dabei habe es sich um echte Hexer und echte Hexen gehandelt, die und deren Verwandte jedoch überlebt haben. Und wenn nicht in Fleisch und Blut, so doch als Gespenst: als untote Erinnerung.

Unheilige Riten

Diese Geister, behaupten diese und andere Storys, versammeln sich zum Julfest, um unheilige Riten in den Tiefen der Hügel Neuenglands etc. zu feiern. Neuengland ist bei HPL der Hort von Dimensionstoren, aus denen die Großen Alten, die einst von Göttern vertrieben wurden, wieder in unsere Welt einbrechen, manchmal um unheiligen Nachwuchs zu zeugen („Das Grauen von Dunwich“), manchmal um Menschen zu ihren Jüngern zu machen („Der Fall Charles Dexter Ward“). Dass die alten Salem-Hexer („Das Ding auf der Schwelle“) ihnen helfen, dürfte klar sein. Und dass Cthulhus Nachkommen hier ihre Feste feiern, ebenfalls.

Das alles kann aber nicht verhindern, dass dieser Story irgendwie die Pointe abhanden kommt. Denn was ganz am Schluss folgt, ist viel zu schwach in der Wirkung, um aus der Story viel mehr als eine stimmungsvolle Studie in Horrorphantasien zu schmieden.

Die Gedichte

Auch den Gedichten mangelt es eklatant an Handlung. Dies sind allerdings keine Balladen von Goethe („Erlkönig“ lässt sich auch als Grusel interpretieren) oder Schiller (der hatte mit „Der Geisterseher“ richtig guten Grusel-Trash geschrieben), sondern eine Art pseudoviktorianische Dekadenzlyrik, wie man sie vielleicht von einem Epigonen Baudelaires erwarten könnte. Baudelaire schrieb richtig gute Vampirstorys in seinen Gedichten, die in „Die Blumen des Bösen“ veröffentlicht wurden (ab 1861 in mehreren, teils verbotenen und zensierten Ausgaben).

HPL zieht die gleichen Sujets heran, doch hat er es nicht so mit Vampiren (in keiner einzigen Story), sondern mit uralten Flüchen („The Wood“), mit pittoreskem Verfall („The Cats“) und den degenerierten Anhängern verbotener Riten („Festival“). Alle drei Themen gehören zu HPLs Standardrepertoire und bieten dem Kenner nichts Neues. Neu ist jedoch die Tatsache, dass sie erstmals in der Originalsprache auf einem deutschen Medium präsentiert werden, noch dazu von jemandem, der der englischen Sprache mächtig ist.

Leider weist der abgedruckte Text von „Festival“ einen bedauerlichen Druckfehler auf. In der ersten Zeile der vierten und letzten Strophe sollte es statt „myst“, welches kein englisches Wort ist (höchstens der Name eines Computer-Spiels), korrekt „mayst“ heißen. Diese archaische Form könnte direkt aus der King-James-Bibel von anno 1621 stammen und lautet übersetzt „mögest du“. Dazu passt auch das folgende „thou“, das alte englische Wort für „du“. „Mayst“ wird natürlich im Vortrag korrekt ausgesprochen.

Die Sprecher / Die Inszenierung

Simon Jäger, die deutsche Stimme von Heath Ledger und Josh Hartnett, ist ein sehr fähiger Sprecher für diese gruseligen Texte. In der actionbetonten Story „Der Hund“ hat mir sein Vortrag besser gefallen als in „Das Fest“, aber das liegt vor allem an der grundverschiedenen Machart der beiden Erzählungen. In „Das Fest“ muss die Musik einen ungleich größeren Beitrag zur gewünschten Wirkung leisten, was dazu führt, dass Jägers Vortrag ständig von Musik unterbrochen wird.

Auch Simon Newby, der in viel größerem Maße als Jäger als Schauspieler tätig gewesen ist, verfügt über eine ausdrucksstarke Stimme, die es ihm erlaubt, auch so schwierige Texte wie die auf alt getrimmten Gedichte HPLs vorzutragen. Über die korrekte Aussprache solcher exotischen Ausdrücke wie „fungi“ (= Pilze) und „foetor“ (eine Übersetzung dafür konnte ich in meinen Wörterbüchern nicht finden, aber es klingt nicht nach etwas Gesundem [Anm. d. Ed.: vermutlich „fetor“ = Gestank]) lässt sich wohl streiten.

Schwächen

Die Freude über die Premiere der Gedichtvorträge wird dadurch getrübt, dass der Englischkenner statt des erwarteten britischen Akzents, der der britischen Schreibweise der Texte („colour“ und „splendour“ statt des amerikanischen „color“ und „splendor“) angemessen wäre, einen Akzent zu hören bekommt, der mit dem amerikanischen R viel mehr gemeinsam hat als das Britische. Stellt man sich vor, ein BBC-Schauspieler wie, sagen wir mal, Ian Holm würde die Gedichte vorgetragen, so erhielten sie eine ganz andere Versmelodie, die einem kalte Schauer den Rücken hinunterjagen würde. Statt der vorhandenen, gewollt düsteren Wirkung bekäme ich einen nobel erhabenen Vortrag. So jedoch ließen mich die Gedichte unberührt.

Die Forderung nach einem britischen Akzent ist nicht abwegig, denn HPL war erstens ein äußerst gebildeter Bewohner Neuenglands (wo man eher die britische Aussprache pflegte), kein Hinterwäldler aus Texas, und zweitens ein Verehrer von anderen Horrorschriftstellern wie etwa Poe, der ebenfalls sehr klang-abhängige Gedichte („quoth the raven ›Nevermore‹“) verfasste, die für den Vortrag in einer Teegesellschaft bestimmt waren, nicht fürs Lesen. (Horror, richtig vorgetragen, packt das Gemüt des Zuhörers an Stellen, von denen dieser nicht einmal deren Existenz ahnte, und zerrt ihn dann unbarmherzig über die Kante des Abgrunds.)

Dass diese These hinsichtlich der Akustik zutrifft, belegt schon ein kurzer Blick auf das Klangschema der Verse von „The Cats“: Da wimmelt es nicht nur von streng ausgeführten Kreuzreimen, sondern auch von Alliterationen wie „Babels of blocks“ und „High heavens“. Verse wie „Colour and splendour, disease and decaying“ erwachen erst im angemessenen Vortrag zu Leben, um ihre gruselige Wirkung zu entfalten. Der Knackpunkt ist lediglich der „angemessene Vortrag“. An diesem hapert es. Eine Sache der Einstellung zum Text.

Die Musik

Da es keinerlei Geräuschkulisse außer ein paar Spezialeffekten (Hundegeheul etc.) gibt, beruht die emotionale Wirkung der Akustik einzig und allein auf dem Vortrag des Sprechers und auf der Musik. Die Musik stellt so etwas wie ein experimentelles Novum dar (wie so einiges auf dem Hörbuch). Sie wurde nicht von einem einzelnen Komponisten zwecks Aufführung durch ein Orchester geliefert, sondern wird von einem Musikerkollektiv erstellt und zugleich aufgeführt: dem „Orchester der Schatten“.

Wie uns ein Blick auf die Biografien von Stephan Wolff und Matthias Manzke informiert, so sind beide Komponisten, Wolff noch viel mehr als Manzke. Der Musikdozent Wolff bewegt sich als Komponist in Jazz und Pop ebenso gewandt wie in Klassik oder Filmmusik. Ja, selbst für Kinder hat er Songs und Lieder komponiert. Er spielt Keyboards. Manzke trat in Jazzensembles und Bigbands auf, dirigiert und komponiert; auf dem Foto hält er ein Saxophon, das auf der CD ebenso erklingt wie seine Flöte. Neben diesen beiden Herrschaften gehören zum „Orchester der Schatten“ noch Lady Merle Ehlers (drums, perc), Sven Hinse (bass) und Bernhard Suhm (cello).

Über den Einsatz von jazzbasierten Instrumenten und Musikmotiven in einer Gruselproduktion ließe sich trefflich streiten. Das Booklet behauptet, es handle sich um ein „Stummfilmorchester“. Ich für meinen Teil konnte mich nach einer Weile daran gewöhnen, besonders an die einfühlsam eingesetzte Percussion und an das in unheimlichen Kadenzen schwelgende Piano.

Soundqualität (DDD)

Da alle Produktionsstufen auf digitaler Technik basieren, ist der Qualitätsverlust beim Aufnehmen und Übertragen sowie bei der Wiedergabe absolut minimal. Der Zuhörer bekommt folglich optimale Qualität zu hören, sofern er über das angemessene Equipment verfügt. Einem Computerlautsprecher aus China würde ich die CD nicht unbedingt überantworten, eher schon meiner HiFi-Anlage oder auch meinem DVD-Spieler.

Unterm Strich

„Der Ruf des Dämon“ bietet dem Liebhaber gepflegten Grusels aus dem Hause Lovecraft eine interessante Mischung aus total Traditionellem – die Storys und Gedichte – und innovativ Neuem: die akustische Untermalung durch das „Orchester der Schatten“. Nicht jedem wird dieser zweite Aspekt schmecken, muss man doch erst einmal eingefahrene Hörgewohnheiten ablegen oder umstellen, um sich für das Neue zu öffnen.

Abgesehen von einigen kritischen Punkten hinsichtlich der Gedichte halte ich das Hörbuch für eine herausragende Produktion. Das Textmaterial ist ebenso anregend wie die kreativ gestaltete Musik, und das achtseitige Booklet wartet mit umfangreichen, ausreichenden Informationen zu Autor, Orchester, den Machern und mit den Gedichttexten (inkl. Druckfehler) auf. Mehr kann man zu diesem Preis kaum verlangen. Für Lovecraft-Puristen dürfte das ganze Ding der Horror sein.

89 Minuten auf 2 CDs
ins Deutsche übertragen von Susanne Althoetmar-Smarczyk
ISBN-13: 978-3821853918

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