Schlagwort-Archive: Horror

Roald Dahl – Hexen hexen

Der Darth Vader aller Hexen

«Im Märchen haben Hexen immer alberne schwarze Hüte auf, tragen schwarze Umhänge und reiten auf dem Besen. Diese Geschichte ist jedoch kein Märchen. Sie handelt von echten Hexen … echte Hexen tragen ganz normale Kleider und sehen auch wie ganz normale Frauen aus. Sie wohnen in normalen Häusern, und sie üben ganz normale Berufe aus. Deshalb ist es so schwer, sie zu erwischen.» (Verlagsinfo)

Zu empfehlen ab acht oder elf Jahren, je nachdem, wie gruselig die Eltern oder Kinder das Buch empfinden.

Roald Dahl – Hexen hexen weiterlesen

Joseph Delaney – Die Feinde des Geisterjägers (Spook 5)

Im kühlen Norden: Hexenjagd und Teufelsspuk

Der inzwischen 15-jährige Tom Ward ist der siebte Sohn eines siebten Sohns und daher zum Geisterjäger qualifiziert. Der Spook John Gregory nimmt ihn in die Lehre und zeigt ihm, was Tom über Hexen, Boggarts und Poltergeister wissen muss. Mehrere schwere Kämpfe muss Tom bestehen. Zum Glück kann sich Tom auf die Hilfe von Alice stützen. Dummerweise ist sie ebenfalls eine Hexe …

Inzwischen haben die Hexen von Pendle den Teufel auf die Welt gerufen. Es sieht ganz so aus, als sei Seine Satanische Majestät besonders hinter Tom her. Um ihn auf die drohende Gefahr vorzubereiten, schickt der Spook Tom zu einem ehemaligen Lehrling, der inzwischen im Norden selbst als Spook tätig ist. Doch Meister Arkwright ist dem Teufel Alkohol verfallen und begeht in seinem Kampf mit der schlimmsten Hexe des Nordens einen schweren Fehler. Tom ruft Alice und seinen Meister zu Hilfe, doch beim Treffen in der Stadt Caster scheint der Teufel die Nase vorn zu haben: Er hatte den drei Geisterjägern eine fiese Falle gestellt …

Joseph Delaney – Die Feinde des Geisterjägers (Spook 5) weiterlesen

Unsere Weihnachtsempfehlungen – Horror

Ihr habt immer noch keine Ahnung, was ihr an Weihnachten verschenken sollt? Bücher machen sich immer gut. Für die, die es in der besinnlichen Zeit nicht ganz so besinnlich mögen, hier die Empfehlungen unserer Redaktion für den Bereich HORROR!

Joe Hill: Christmasland, Heyne, 2013
„Kindermörder Manx verschleppt seine Opfer in eine Parallelwelt; als er sich den jungen Wayne greift, folgt ihm dessen Mutter in dieses fremde, von gefährlichen Kreaturen bevölkerte Zwischenreich, um den Sohn aus dem „Christmasland“ zu befreien. – Auf beiden Seiten des Dimensionsportals kommt es erwartungsgemäß zu seltsamen bis gruseligen Ereignissen; im Finalkampf triumphieren Familienwerte über das bisher übermächtige Böse. Da Hill sehr routiniert sein Handwerk versteht, ist sein allzu episch geratenes Garn Gruselfutter – wenn auch ohne besonderen Nährwert.“ (Michael Drewniok)
Bei Amazon kaufen

Adam Nevill: Der letzte Tag, Heyne, 2013
„Ein Dokumentarfilmer soll die Geschichte eines obskuren Kultes rekonstruieren und muss dabei feststellen, dass weiterhin sehr lebendig ist, was dieser einst aus der Hölle heraufbeschworen hatte. – Auch im Zeitalter des Splatter- und Zombie-Horrors kann sich die gute, alte Geistergeschichte problemlos behaupten, wenn sie so meisterhaft wie hier beschworen wird: inhaltlich wie sprachlich durchweg ein gruseliges Vergnügen und sicherlich der bisher beste Roman des Verfassers.“ (Michael Drewniok)
Unsere Rezension | Bei Amazon kaufen

Carsten Stroud: Die Rückkehr, DuMont, 2013
„In der US-Kleinstadt Niceville geht der Krieg mit den Mächten des Bösen in die nächste Runde, gleichzeitig spielen Gesetzeshüter und Kapitalverbrecher Katz und Maus miteinander; sie ahnen nicht, dass sie alle Spielbälle in einem gespenstischen Krieg sind, der vor mehr als anderthalb Jahrhunderten ausgebrochen ist. – Die furios gestartete Trilogie verliert im Mittelteil keineswegs an Schwung oder Spannung. Das Gewirr bisher rätselhafter Ereignisse bekommt allmählich Struktur, dahinter wird eine neue Dimension des Schreckens sichtbar: ein „Pageturner“ der Sonderklasse!“ (Michael Drewniok)
Unsere Rezension | Bei Amazon kaufen

Chuck Wendig: Blackbirds, Lübbe, 2013
„Wenn Miriam Black einen anderen Menschen berührt, kann sie seinen oder ihren Tod voraussehen. Ort und Stunde sind ihr ebenso bekannt. Kein schöner Tod, kein schönes Leben – so wandert Miriam durch North Carolina, bis sie eines Tages in einen Strudel von Ereignissen gezogen wird. „Blackbirds“ ist der Auftakt zu einer Romanreihe über Miriam Black. In diesem wie ein Comic im Präsens erzählten Roman geht es um Schicksal und dessen Überlistung. Der Plot erinnert an Stephen King. Solange sich der Leser nicht von der Gossensprache irritieren lässt, kann er ein durchdachtes Horrorgarn genießen.“ (Michael Matzer)
Unsere Rezension | Bei Amazon kaufen

Einen Überblick über alle Empfehlungen findet ihr hier!

Clark Ashton Smith – Die Stadt der Singenden Flamme (Die gesammelten Erzählungen – Band 1)

Mit Ironie und Eleganz in das Grauen der Welt

Dies ist der erste Band einer geplanten Gesamtausgabe der Erzählungen von Clark Ashton Smith (1893-1961), einem „vergessenen literarischen Gefährten von H.P. Lovecraft. Seine Dark Fantasy ist von halluzinatorischer Intensität. Viele Fans halten Smiths Werk sogar für bedeutsamer als das von Lovecraft.“ (Verlagsinfo)

Dieser Band sammelt dessen spannend-schwarzhumorige Geschichten über die vorzeitliche Insel Hyperborea; hinzu kommen Grusel- und SF-Storys, die Smith für zeitgenössische Magazine wie etwa „Weird Tales Magazine“ schrieb. Es gilt, einen Großmeister der Phantastik wiederzuentdecken.

Clark Ashton Smith – Die Stadt der Singenden Flamme (Die gesammelten Erzählungen – Band 1) weiterlesen

H. Russell Wakefield – Der Triumph des Todes und andere Gespenstergeschichten

wakefield-triumph-cover-klein13 Erzählungen erinnern an das Werk eines heute vergessenen Autors, dem wir einige großartige Gruselgeschichten verdanken. Wakefields Gespenster sind klassisch böse oder bizarr, und sie bescheren ihren Opfern ein Unbehagen, dass mindestens ebenso groß ist wie das Vergnügen des Lesers: Diese Sammlung gehört in jede Sammlung klassischer Spuk-Storys!
H. Russell Wakefield – Der Triumph des Todes und andere Gespenstergeschichten weiterlesen

Festa, Frank (Hg.) – Omen 3 – Das Horror-Journal

_Geduld zahlt sich (manchmal) aus_

Was lange währt, wird endlich gut, und was RICHTIG lange währt, wird manchmal sogar besser: Fünf Jahre liegen zwischen der zweiten und dritten „Omen“-Ausgabe, was durchaus ein Rekord sein könnte. „Omen 3“ ist damit auch trotziger Ausdruck einer Hartnäckigkeit, die dem Herausgeber durch ökonomisch schwere Zeiten geholfen hat. In den vergangenen Jahren war das Festa-Schiff in stürmisches Wetter geraten, das im Verlagsprogramm manchen angekündigten Titel spurlos versinken ließ. Herausgeber Frank Festa fasst die Problematik in seinem Vorwort zu „Omen 3“ knapp aber schlüssig in diese Worte: |“Aber so ist das Leben, genau so. Der Horror.“|

Die dritte „Omen“-Ausgabe blieb stets im Programm. Dass sie schließlich veröffentlicht wurde, darf man wie gesagt als Geste berechtigten, auch persönlichen Triumphes sowie – hoffentlich – als Indiz für eine Konsolidierung des Festa-Verlags werten, ohne dessen Bücher der deutsche Grusel-Fan fast gänzlich in einem von zahnlosen Vampir-Lovern bevölkerten Trash-Sumpf gefangen säße: eine schreckliche Vorstellung!

Inhaltlich blieb es bei der bewährten „Omen“-Mischung aus Kurzgeschichten und Artikeln, wobei primär im Verlagshaus Festa beheimatete oder dort kurz vor dem Einzug stehende Schriftsteller zu Wort kommen; eine legitime Selektion, da diese Mieter einerseits ihr Handwerk verstehen, während der Leser andererseits gern Näheres über sie bzw. ihre Werke wissen möchte.

Zudem beschäftigt sich der mit Abstand beste Beitrag dieses Bandes mit einem Non-Festa-Autoren (ein Zustand, der sich hoffentlich irgendwann ändern wird): Der Künstler und lebenslange Freund John Mayer erinnert (sich) in „Die dunkle Muse von Karl Edward Wagner“ an das tragische Schicksal dieses Horror- und Fantasy-Autoren, der den ungewöhnlichen |Sword-&-Sorcery|-Barbaren Kane schuf. Sein Text ist ebenso informativ wie ergreifend, da Mayer, der selbst auf ein schwieriges Leben zurückblickt, immerhin ansatzweise begreiflich machen kann, wieso ein talentierter Mensch wie Wagner sich selbst zugrunderichtete.

|Diverse Oden an Mr. Lumley|

„Omen 3“ ist seitens des Herausgebers ansonsten dem britischen Schriftsteller Brian Lumley gewidmet. Es gibt ein (inzwischen tüchtig angejahrtes) Interview mit ihm, dessen „Necroscope“-Saga wohl den zentralen Stützpfeiler des Festa-Verlagsprogramms bildet. Lumley gibt Auskunft über die Genese dieser vielbändigen Erfolgsserie und seine zahlreichen weiteren Werke. Herausgeber Festa erinnert sich in „Something about Brian“ an seine persönliche Verbindung mit Lumley, der ihm längst ein Freund geworden ist.

Ein weiterer Freund, der aus der Schweiz stammende Komiker Helmi Sigg, legt die Fan-Story „Silberne Ketten – Aus dem Leben von Brian L.“ vor, die möglicherweise tatsächlich komisch ist – der Rezensent ist zwar anderer Ansicht, beansprucht in dieser Hinsicht aber keine Urteilshoheit -, aber immerhin kompetent geschrieben Lumleys reales Leben mit der „Necroscope“-Reihe verknüpft und ungeahnte Parallelen enthüllt.

Der so Geehrte trägt drei frühe und vor allem unbekannte Storys bei. Während „Die Vorlesung“ auf einen Schlussgag hinausläuft, dessen Bart mindestens ebenso lang wie die Geschichte der modernen Phantastik ist, stellen „Die Muschel aus Zypern“ und „Die Tiefseemuschel“ zwei spannende Gruselgeschichten dar, die sich aufeinander beziehen und in „Omen 3“ wie die Schalen einer echten Muschel als erster und letzter Beitrag die übrigen Interviews, Berichte und Storys umschließen: eine hübsche Idee, die gut funktioniert.

|Deutsche Phantastik einst|

Wenn man die übrigen Erzählungen Revue passieren lässt, wirkt „Omen 3“ wie ein Nachtrag zur (leider) eingestellten Festa-Reihe „Die bizarre Bibliothek“. Vor allem Karl Hans Strobls (1877-1946) recht ausführliche Erzählung „Der betrogene Tod“ aus dem Jahre 1924 erinnert an die große Tradition der deutschen Phantastik, die durch den auch kulturellen Nazi-Terror einen Schlag erhielt, von dem sie sich nie wirklich erholte bzw. zu der sie den Anschluss nach 1945 nicht mehr fand. „Der betrogene Tod“ bietet nicht nur eine gruselige Geschichte, sondern auch ein Feuerwerk selten gewordener oder ausgestorbener Wörter und Formulierungen. Was sich anfangs mühsam liest, entfaltet schnell einen eigenen Zauber: Diese Geschichte wirkt heute noch mehr als 1924 wie eine Überlieferung aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges!

Was diese deutsche Phantastik auszeichnet, erläutert Strobls‘ Zeitgenosse Anton Altrichter (1882-1954) in einem Nachwort, das Frank Festa dessen Erzählung anschließt. Dieser Beitrag ist doppelt interessant: als Information und als historisches Dokument, wobei heute diese beiden Ebenen nicht voneinander zu trennen sind bzw. getrennt werden dürfen. Leider fehlt ein moderner Blick auf Strobl und Altrichter, die beide ihr Leben und Wirken ab 1933 eng mit dem Nationalsozialismus verknüpften. Altrichters Beitrag lässt entsprechendes „völkisches“ Gedankengut durchscheinen, und auch Strobl mischt bereits „Blut-&-Boden“-Elemente in seine Version der Vergangenheit.

Thematisch breiter geht Jakob Elias Poritzky (1876-1935) – der eigentlich Isak Porycki hieß – in seinem Beitrag „Fantasten“ auf zeitgenössische deutsche und europäische Autoren ein. Er weiß die eigentümliche Mischung aus Verfremdung, Halluzination und schwüler – schnell schwülstiger – Erotik deutlich zu machen, die Autoren wie Hanns Heinz Ewers, Karl Heinz Strobl, Alfred Kubin und andere kennzeichnen. Zudem legt Poritzky die Wurzeln solcher „bizarren Phantastik“ offen und folgt ihnen bis ins Mittelalter. Leider fehlt auch hier eine aktuelle Bewertung dieses Beitrags. So bleibt Poritzkys „Fantasten“ vor allem eine – interessant zu lesende – literaturhistorische Kuriosität.

|Deutscher Horror heute|

Hatte uns Frank Festa in den früheren „Omen“-Ausgaben vor dem deutschen Grusel des 21. Jahrhunderts bewahrt, mogelt er dieses Mal (versuchsweise?) zwei (glücklicherweise) kurze Storys aus diesem unseren Lande ein. Uwe Vöhls „Nyctalus“ und Christian Endres‘ „Instinktiv“ spiegeln ein bekanntes Dilemma wider: Handwerklich durchaus kompetent geschrieben, präsentiert der eine Autor ein tausendfach erzähltes (und in zweitausend Horrorfilmen verwurstetes) „Post-Doomsday“-Garn ohne Überraschungen und mit einem tragisch gemeinten aber kalt lassenden Schlussakkord. Der andere richtet den Blick in die in die Vergangenheit und produziert eine weitere jener Lovecraft-&-Poe-Pastiches, die vor allem in sich selbst ruhen, einer deutschen Phantastik aber keine neuen Impulse bringen.

|Was haben wir noch? – Storys|

In seinen Story-Sammlungen lässt Frank Festa gern Versuchsballons steigen. Dieses Mal lernen wir mit zwei Kurzgeschichten den in Großbritannien bereits bekannten, ausschließlich unter Pseudonym arbeitenden „John B. Ford“ (*1963) kennen. Auch er stützt sich schwer auf surreale Großmeister des Genres; Thomas Owen (1910-2002), Walter de la Mare (1873-1956) oder Jean Ray (1887-1964) kommen einem in den Sinn. Herausgeber Festa vergleicht ihn mit Thomas Ligotti, doch auch diese Fußstapfen sind definitiv zu groß. Tatsächlich bieten „Die Illusion des Lebens“ und noch mehr „Der Feind in uns“ leidlich groteske Stimmungsbilder, die in eine Handlung eingebettet werden, die sich sehr oder allzu bekannter Horror-Motive bedient.

„Der Wurm von Vendren“ ist eine weitere Geschichte, die Brian McNaughton (1935-2004) in einer an Clark Ashton Smith angelehnten „Weird-Fantasy“-Welt ansiedelt, wobei McNaughton die exotische Dekadenz des Vorbilds zugunsten eines trockenen, rabenschwarzen Humors in den Hintergrund rückt. Während McNaughton mit „Ringard und Dendra“ – einer u. a. in Festas Anthologie „Necrophobia II – Die graue Madonna“ aufgenommenen Story – eher witzlos blieb, erfüllt „Der Wurm von Vendren“ die Intentionen seines Verfassers deutlich besser.

|Was haben wir noch? – Interviews|

Seit einiger Zeit orientiert sich Frank Festa teilweise neu. Zu den klassischen Verlags-Standbeinen wie Lovecraft, Lumley oder F. Paul Wilson kommen verstärkt Autoren, die den Horror entweder hemmungslos bizarr (Carlton Mellick III) oder gnadenlos blutig (Brett McBean) servieren; oft gelingt ihnen sogar beides.

In den Startlöchern steht bei Festa Edward Lee, der in den USA seit Jahren mit morbid sexuellen, exzessiv gewalttätigen Horror-Thrillern für Furore sorgt. Was den Leser erwartet, fasst Frank Festa in „Einige Gedanken zu Edward Lee“ zusammen; er dürfte recht heftig über uns kommen …

Wie man die junge US-Generation mit religiösem Gedankengut vertraut macht, erläutert uns der Theologe und Horror-Schriftsteller Kim Paffenroth. So lässt sich beispielsweise das Phänomen der Auferstehung durch den Ausbruch einer globalen Zombie-Epidemie begreiflich machen. Paffenroth scheint dies ernst zu meinen. Seine beiden im Festa-Verlag erschienenen Romane lassen sich glücklicherweise auch unter Vernachlässigung solchen Subtextes gut lesen.

Schließlich gibt noch Laurell K. Hamilton Auskunft über ihren Werdegang und ihre Erfolgsserie um die Totenlenkerin & Vampir-Henkerin Anita Blake, mit der die Autorin nachdrücklich beweist, dass sexuelle Drastik dem Genre immer noch besser bekommt als die genitalfreie Minne jener Edwards & Bellas, die den Horror immer schlimmer in Verruf bringen.

|Unterm Strich|

Abgeschlossen wird „Omen 3“ durch ein Verzeichnis der bis Oktober 2011 (tatsächlich) erschienenen Festa-Titel – eine beeindruckende Liste, die verdeutlicht, welche Akzente ein ‚Kleinverlag‘ zu setzen vermag, der nicht mit dem Mainstream schwimmt, sondern nach neuen Namen und neuen Entwicklungen sucht.

Der Leser wünscht sich ein „Horror-Journal“ wie das „Omen“ öfter, der Realist muss anerkennen, dass der Markt für solche Werke begrenzt ist. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt: Wenn das Festa-Programm schon keinen vierten Band der „Necrophobia“-Reihe mehr beinhaltet, wird es – und sei es wieder erst in Jahren – vielleicht ein „Omen 4“ geben.

Paperback: 255 Seiten
Übersetzung: Alexander Amberg, Andreas Diesel
Cover: F. Fiedler
ISBN-13: 978-3-935822-74-9
[www.festa-verlag.de]http://www.festa-verlag.de

_Das |Omen|-Journal bei |Buchwurm.info|:_
[„Omen 2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1525

Algernon Blackwood – Die gefiederte Seele. Gespenstergeschichten

Blackwood Seele Cover kleinInhalt:

Mit zehn Kurzgeschichten und einer Novelle zielt der Autor nicht auf den Bauch-Grusel, sondern dringt – manchmal allzu behutsam aber eindrucksvoll und unsentimental – in die Schattenbereiche der menschlichen Seele vor:

Das dreifache Band (The Threefold Cord, 1931), S. 7-20: Die schöne aber unheimliche Frau hat bereits den Großvater und den Vater in den Tod getrieben, und nun macht sie sich an den Sohn heran.

Das Land des grünen Ingwer (The Land of Green Ginger, 1930), S. 21-29: Ein ebenso faszinierendes wie verstörendes Erlebnis lässt den späteren Schriftsteller seinen Lebensweg finden. Algernon Blackwood – Die gefiederte Seele. Gespenstergeschichten weiterlesen

Joseph Sheridan Le Fanu – Maler Schalken und andere Geistergeschichten

le-fanu-maler-schalken-cover-1983-kleinSechs Storys führen zurück in die „Frühzeit“ der modernen Geistergeschichte. Sie mögen stilistisch altmodisch wirken, sind aber inhaltlich erstaunlich zeitlos, d. h. spannend und schauerlich geblieben. Das Grauen trifft Schuldige wie Unschuldige und ist erschreckend unberechenbar, was der Verfasser mit manchmal dokumentarisch anmutender Präzision darzustellen weiß. Joseph Sheridan Le Fanu – Maler Schalken und andere Geistergeschichten weiterlesen

Algernon Blackwood – Rächendes Feuer. Erzählungen

blackwood feuer cover kleinInhalt:

Ein Kurzroman, zwei längere und zwei kurze Geschichten von Algernon Blackwood, Großmeister der klassischen Phantastik:

Rächendes Feuer (The Nemesis of Fire, 1908), S. 7-77: In einem englischen Landhaus treibt ein feuriger Elementargeist sein Unwesen. Als die Bewohner den Terror nicht mehr ertragen, holen sie Dr. John Silence, einen Spezialisten für das Übernatürliche, der den wahren und sehr exotischen Ursprung des Grauens offen legt.

Suspekte Schenkung (A Suspicious Gift, 1906), S. 78-89: Dem armen Schreiberling wird eine gewaltige Geldsumme in Aussicht gestellt, doch die scheinbare Bedingungslosigkeit dieser Gabe erweist sich als Teil eines geschickt eingefädelten, grausamen Plans. Algernon Blackwood – Rächendes Feuer. Erzählungen weiterlesen

Hill, Joe – Black Box

_“Best New Horror“_: Eddie Carroll ist Herausgeber der Buch-Reihe „Best New Horror“ und auf der Suche nach originellen Geschichten. Dabei wird ihm die Geschichte „Buttonboy“ empfohlen, die aufgrund ihrer schonungslosen Brutalität und ihres schockierenden Ausgangs für Aufruhr sorgte. Carroll beschließt, die Geschichte in seinem neuen Band abzudrucken, und macht sich auf die Suche nach dem exzentrischen Autor …

_“20th Century Ghosts“_: Im nostalgischen Kino „Rosebud“ spukt der Geist eines jungen Mädchens. Als Fünzehnjähriger begegnet Alec der verstorbenen Imogene zum ersten Mal. Jahre später ist er selber der Besitzer des Kinos, und immer noch erzählen verstörte Besucher von ihrer Begegnung mit der Gestalt, die sich neben einen setzt und ihre Lieblingsfilme anschaut …

_“Pop Art“_: Arthur Roth ist kein gewöhnlicher zwölfjähriger Junge. Geboren mit einem Gendefekt, besteht er aus aufblasbarem Gummi, ohne innere Organe und immer in Gefahr, zu zerplatzen. Da er stumm ist, kommuniziert er über Zettelbotschaften. Nur bei seinem besten und einzigen Freund kann er kurzzeitig ein normaler Junge sein, der gerne Astronaut wäre, alberne Scherze macht und sich fragt, wie das Leben nach dem Tod aussieht …

_“Der Gesang der Heuschrecken“_: In der Schule ist Francis ein Außenseiter, zuhause liefert er sich Streitereien mit seinem Vater und der ungeliebten Stiefmutter. Als Kind erwarb er sich bei Spielkameraden Aufmerksamkeit, indem er Insekten aß, heute trägt er dafür den verächtlichen Spitznamen „Mistkäfer“. Eines Morgens erwacht Francis im Körper eines riesigen Ungeziefers …

_“Abrahams Söhne“_: Max und Rudolf sind die kleinen Söhne des Vampirjägers Dr. van Helsing, der einst Jagd auf Graf Dracula machte. Heute lebt van Helsing mit seinen Söhnen in zweiter Ehe in Amerika. Die beiden Jungen wissen nicht viel vom Vorleben ihres strengen Vaters, doch sie leiden unter seiner beständigen Furcht vor Vampiren …

_“Besser als zu Hause“_: Der kleine Homer leidet unter Zwangsstörungen. Sein Essen muss er vor dem Verzehr erst genau prüfen und auseinander nehmen, störende Geräusche von Klimaanlagen oder Videorecordern können ihn in den Wahnsinn treiben und Familienstreits enden oft mit hysterischen Ausbrüchen. Nur sein Vater, ein Baseballtrainer, den Homer tief bewundert, versteht es, mit ihm richtig umzugehen …

_“Das schwarze Telefon“_: Der dreizehnjährige Finney wird von einem dicken Mann entführt. Als er in einem fremden Zimmer wieder zu sich kommt, ahnt er, dass er in die Fänge eines langgesuchten Kindermörders geraten ist …

_“Endspurt“_: In der Highschool war Wyatt ein erfolgreicher Baseballspieler, doch seine schlechten Noten bedeuteten das Aus in der Mannschaft. Zu allem Ärger verliert er auch noch den Job in der Videothek. Als er sich frustriert auf den Heimweg macht, begegnet er Mrs. Prezar, der er früher den Rasen mähte. Die völlig verstörte Frau bittet ihn um Hilfe …

_“Das Cape“_: Als Kind hat Eric eine Lieblingsdecke, die er überallhin mit sich trägt. Beim Spielen auf einem Baum wird er vom Cape in der Luft getragen, ehe der Wind ihn stürzen lässt. Die Decke verschwindet und Erics Leben nimmt einen normalen Lauf. Zehn Jahre später findet er das Cape im Keller seiner Mutter wieder – und schafft es erneut zu fliegen …

_“Ein letzter Atemzug“_: Eine Familie besucht das ominöse Atemmuseum von Dr. Alinger. Hier bewahrt der Leiter die letzten Atemzüge verstorbener Menschen, darunter auch vieler Prominenter, auf, die sich Besucher anhören können. Während Vater und Sohn von der makaberen Ausstellung begeistert sind, hält die Mutter die Sammlung für pervers …

„_Totholz“_: Nicht nur Menschen können zu Geistern werden, sondern auch Bäume …

_“Witwenfrühstück“_: Die Freunde Kilian und Gage ziehen als Landstreicher umher, bis Gage ums Leben kommt. Nach einem Sommer zielloser Herumreiserei landet Kilian beim Haus einer Witwe und ihren Töchtern, die ihm ein Frühstück anbietet …

_“Bobby Conroy kehrt von den Toten zurück“_: Nachdem seine Karriere als Komiker in New York gescheitert ist, kehrt Bobby als Schauspieler nach Pennsylvania zurück. Am Set für einen Zombiefilm von George A. Romero trifft er auf seine alte Jugendliebe Harriet …

_“Die Maske meines Vaters“_: Der dreizehnjährige Luke fährt mit seinen Eltern in die Hütte seines verstorbenen Großvaters. Seine Mutter erklärt ihm, es sei ein Spiel, bei dem sie auf der Flucht vor Spielkartenleuten seien. In der Hütte hängen seltsame Masken, die Luke beängstigen, und auf dem Waldpfad hat er eine seltsame Begegnung …

_“Die Geretteten“_: Jubal Scott macht sich mit seinem neuen Truck auf den Weg nach Norden, um nach drei Jahren seine Ex-Frau und endlich seine kleine Tochter Kelly wieder zu besuchen. Auf der verschneiten Fahrt nimmt Jubal einen Anhalter mit, der ein religiöser Fanatiker zu sein scheint …

_“Black Box“_: Nolans jüngerer Bruder Morris ist autistisch veranlagt. Mit aller Leidenschaft baut er im Keller des Hauses ganze Burgen und Irrgärten aus Pappkartons. Es erscheint wie ein harmloser Spleen, doch Nolan ahnt eines Tages, dass mehr dahintersteckt …

Mit seinem Debütroman [„Blind“ 3842 hat Joe Hill bewiesen, dass er mehr ist als nur der Sohn des berühmten Stephen King, sondern auch selbst durchaus respektablen Horror zu schreiben vermag. Mit seiner ersten Kurzgeschichtensammlung „Black Box“ unterstreicht Hill die Vermutung erst recht, denn während „Blind“ ein solider Roman war, wartet diese Sammlung gar mit einigen Juwelen auf.

Die Startgeschichte _“Best New Horror“_ spielt im Schriftstellermilieu, und allein schon die Wiedergabe der dort thematisierten Kurzgeschichte „Buttonboy“ versteht es, den Leser zu verstören. Hin- und hergerissen zwischen Faszination und Ablehnung, verfolgt man die Kontaktaufnahme zwischen Eddie Carroll und dem Autor. Über der ganzen Handlung liegt eine unheilvolle Atmosphäre, obwohl man diese lange nicht begründen kann, bis zum harten und unerbittlichen Ende. In _“20th Century Ghosts“_ erlebt man den Geist einer jungen Frau, die einst in ihrem Lieblingskino verstarb und sich auch nach dem Tod nicht davon trennen kann. Die Geschichte ist eher melancholisch als unheimlich und vor allem, aber nicht nur, für Cineasten interessant. _“Pop Art“_ ist Joe Hills eigene Lieblingsgeschichte und tatsächlich ein absolutes Glanzlicht, in dem Tragik und Komik in beeindruckener Manier miteinander verschmelzen, sodass sich berührende Momente und amüsante Szenen die Klinke in die Hand geben. In selbstverständlichem Tonfall erzählt der Ich-Erzähler rückblickend von seiner komplizierten und zugleich erfüllenden Freundschaft mit dem eigenartigen Gummijungen, einem verträumten Außenseiter mit liebenswertem Charakter, der auf seine Zettelchen mal trocken-ironische Bemerkungen und mal schlichte Weisheiten kritzelt. Ein origineller, bewegender Text, den man mit Sicherheit nicht mehr vergisst.

_“Der Gesang der Heuschrecken“_ ist unverkennbar eine Kafka-Hommage, doch anders als Gregor Samsa begnügt sich Francis nicht damit, im Bett liegen zu bleiben. Stattdessen fühlt er sich endlich von seinem alten Ich befreit und macht sich auf, sein neues Leben voll auszukosten … Eine brutale, dabei aber schon wieder amüsant-parodistisch anmutende Geschichte, die in vielen Momenten an die Monsterfilme der fünfziger Jahre erinnert. In _“Abrahams Söhne“_ bedient sich Joe Hill an Bram Stokers literarischer Figur Dr. van Helsing, ohne ihn jedoch in den Mittelpunkt zu stellen. Stattdessen konzentriert er sich auf das Schicksal seiner beiden Söhne, die unter der rigorosen Erziehung leiden und von klein auf zu Vampirjägern geschult werden sollen. Den Dracula-Bezwinger als brutal-düstere Vaterfigur darzustellen, ist eine originelle Idee und nicht nur für Dracula-Kenner faszinierend.

_“Besser als zu Hause“_ ist weit von Horror entfernt. Vielmehr präsentiert sie sich als Rückblick auf eine schwierige Kindheit, die mit einzelnen Glücksmomenten durchsetzt ist. Der Leser braucht kein Baseballfan sein, um mit dem Ich-Erzähler zu fühlen und die Verbundenheit mit seinem Vater, dem Trainer, zu spüren. Eine leise Vater-Sohn-Geschichte, wehmütig und nachdenklich. _“Das schwarze Telefon“_ bietet die Besonderheit zweier Enden, da Joe Hill einst die gekürzte Version veröffentlichte und hier eine Variante mit Anhang anbietet, auf dass der Leser selber entscheiden möge, welche Form ihm besser gefällt. In jedem Fall ist es eine gelungene, sehr spannende Geschichte über einen Jungen, der verzweifelt hofft, dem Schicksal als Mordopfer zu entkommen. Die beklemmend realistische Schilderung eines Entführungsopfers erhält durch das seltsame schwarze Telefon, das sich in seiner Zelle befindet, einen mystischen Beiklang. Die kürzere Version übertrifft die längere Variante, da der Anhang nichts wesentlich Neues mehr beitragen kann.

_“Endspurt“_ beginnt mit dem unrühmlichen Leben eines zornigen jungen Mannes und endet in einem Thrillerfinale mit recht offenem Ausgang. Eine gemäß dem Titel temporeiche Geschichte, die aber zu den schwächeren Beiträgen gehört, was auch am blassen Protagonisten liegt. _“Das Cape“_ ist eine herrlich böse Geschichte, die vor allem alle Freunde von Superhelden faszinieren dürfte. Lakonisch erzählt von einer unberechenbaren Hauptfigur, phantasievoll, mit einem würdigen Schluss. _“Ein letzter Atemzug“_ ist eine originelle Geschichte mit einer düsteren Romantik, die nicht zu Unrecht im Vorwort mit den Geschichten Ray Bradburys verglichen wird. Mit einer tragikomischen Selbstverständlichkeit präsentiert der Eigentümer seinen Besuchern die letzten Atemzüge von Edgar Allan Poe und Roald Dahl, aber auch ganz durchschnittliche Bürger haben hier ihr letztes Vermächtnis hinterlassen. Nur die Pointe, die etwas aufgesetzt und konstruiert wirkt, vermag den ansonsten sehr positiven Eindruck von der Geschichte zu trüben.

_“Totholz“_ umfasst nur zwei Seiten und ist daher weniger eine Geschichte als mehr eine Momentaufnahme, eine Ansammlung von Gedanken des Ich-Erzählers. Trotz der Kürze strahlt der Text eine hübsche, leicht morbide Poesie aus, kann aber nicht an die Intensität der meisten anderen Beiträge anknüpfen. _“Witwenfrühstück“_ ist ursprünglich ein Kapitel eines unfertigen Romans des Autors und setzt eine Nebenfigur daraus in den Blickpunkt der Handlung. Horror sucht man hier vergebens, stattdessen trifft man auf eine melancholisch-nachdenkliche Atmosphäre. Mindestens ebenso interessant wie die Haupthandlung sind die Andeutungen über die Vergangenheit, über den kürzlich verstorbenen Freund des Protagonisten und das Landstreicherleben während der dreißiger Jahre.

_“Bobby Conroy kehrt von den Toten zurück“_, doch es sind nur Zombiedarsteller, die hier grausig entstellt umhertorkeln. Inmitten von Dreharbeiten von George A. Romero und Tom Savini spielt sich eine humorvolle und einfühlsame Geschichte ab, als Bobby unverhofft auf seine frühere Romanze, ihren kleinen Sohn und ihren Ehemann trifft. _“Die Maske meines Vaters“_ ist eine surreale Erzählung, die Märchenmotive in eine moderne Welt einfließen lässt. Ein beklemmendes Spiel mit Phantasie und Realität voller (alb-)traumhafter Sequenzen. Nicht uninteressant, aber kein Höhepunkt der Sammlung. _“Die Geretteten“_ beginnt als alltägliches Drama eines Vaters, der einen verzweifelten Versuch unternimmt, seine alte Familie zurückzugewinnen. Die Mitnahme des seltsamen Anhalters nimmt eine unerwartete Wendung, der Horror fällt jedoch nicht so groß aus wie erwartet.

_“Black Box“_ gab der deutschen Sammlung nicht zu Unrecht ihren Namen, denn sie ist eine der besten Erzählungen des Bandes. Die Novelle vereint die berührende Geschichte zweier grundverschiedener Brüder, gewährt einen kleinen Einblick in das Leben eines Autisten sowie die Schwierigkeit der Familie, damit umzugehen, und enthält zugleich eine Prise sanften Horrors. Obwohl der Verlauf nicht wirklich überraschend ist, schafft es der Autor mühelos, eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen, die sich immer weiter zuspitzt und in einem melancholischen Abschluss endet.

_Als Fazit_ bleibt eine überzeugende Sammlung phantastischer, unheimlicher und nachdenklicher Geschichten, die bis auf ganz wenige Ausnahmen deutlich über dem Durchschnitt angesiedelt sind. Nur hartgesottene Horrorfans könnten enttäuscht werden, da der Fokus eher auf melancholischen Stimmungen liegt. Nachdem Hills Debütroman „Blind“ schon ein sehr positives Echo fand, darf man nach der noch gelungeneren Kurzgeschichtensammlung umso gespannter auf seine nächsten Werke warten.

_Der Autor_ Joe Hill, eigentlich Joseph Hillstrom King, ist ein Sohn des bekannten Autorenehepaares Stephen & Tabitha King. 2005 erschien seine Geschichtensammlung „20th Century Ghosts“, die 2007 bei |Heyne| unter dem Titel „Black Box“ auf Deutsch veröffentlicht wurde. Er ist Träger des |Ray Bradbury Fellowship|, wurde bereits zweimal mit dem |Bram Stoker Award| sowie dem |British Fantasy Award|, dem |World Fantasy Award|, dem |A. E. Coppard Price| und dem |William L. Crawford Award| als bester neuer Fantasy-Autor 2006 ausgezeichnet. Erst im Zuge des Verkaufs der Filmrechte von [„Blind“, 3842 seinem Debütroman, wurde das Pseudonym gelüftet. Joe Hill wurde 1972 in Bangor/Maine geboren und lebt mit seiner Familie in New Hampshire.

http://www.joehillfiction.com
http://www.heyne.de

Lovecraft, H. P. – Flüsterer im Dunkeln, Der

H. P. Lovecraft (1890-1937) war zu Lebzeiten keineswegs ein erfolgreicher Schriftsteller. Mit seinen eigenen Geschichten verdiente er längst nicht genug zum Überleben, stattdessen hielt er sich mit seinem spärlichen Erbe und als Ghostwriter über Wasser. Dass er seine Erzählungen selbst nie wirklich ernst genug genommen hat, um eine Publikation mit Nachdruck zu verfolgen, mag heute, da der Name Lovecraft als Synonym für subtilen Horror steht, unglaublich erscheinen. Und doch trat Lovecrafts Werk seinen Siegeszug erst nach dessen Tod an.

In die Riege der Bewunderer reiht sich |LPL records| nahtlos ein, die sich mit liebevoll produzierten Horrorhörbüchern einen Namen gemacht haben. Wer sich gepflegt gruseln will, der ist bei |LPL| an der richtigen Adresse. In loser Folge bringt der Hörbuchverlag seit 2003 in der Reihe „H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ Erzählungen des Großmeisters als Hörbücher heraus und verursacht damit garantierten Nervenkitzel.

Der vierte Teil der Reihe – nach „Der Cthulhu-Mythos“, „Der Schatten über Innsmouth“ und „Das Ding auf der Schwelle“/“Die Ratten im Gemäuer“ – ist nun erschienen: „Der Flüsterer im Dunkeln“, eine weitere im Cthulhu-Universum angesiedelte Geschichte.

Die Handlung beginnt 1927 in Neu-England. Hochwasser lassen die Flüsse über die Ufer treten, und nach den Überschwemmungen meint die abergläubische und ungebildete Landbevölkerung der Gegend, seltsame Leichen in den Flüssen treiben zu sehen. Literaturprofessor Albert Wilmarth findet das alles reichlich faszinierend, interessiert er sich doch schon seit langem für die Legenden der Gegend. Doch als Wissenschaftler und Rationalist nimmt er die umgehenden Schauermärchen nicht für bare Münze und tut sie als bloße Fantasterei der naiven Bewohner ab.

In den Zeitungen entspinnt sich eine rege Diskussion über die seltsamen treibenden Leichen und auch Wilmarth beteiligt sich mit Verve – bis ihn ein Leserbrief von Henry Akeley erreicht, der seine Sicht der Tatsachen gründlich auf den Kopf stellt. Akeley behauptet, Beweise für eine Rasse Außerirdischer zu haben, die die Berge bewohnen und dort Mineralien fördern. So abgehoben Akeleys Erläuterungen auch zunächst klingen, Wilmarth erfährt seinen neuen Briefpartner als vernünftigen und gelehrten Mann. Es entwickelt sich ein regelmäßiger Briefwechsel und Wilmarth taucht immer tiefer ein in verbotenes Wissen und geheime Gesellschaften.

Das Zwiegespräch zwischen Wilmarth und Akeley (wir hören die Erzählung aus Wilmarths Perspektive, mit einigen eingeschobenen Briefen von Akeley) wirkt wie ein Kammerspiel – es beginnt unschuldig genug, die Handlung spitzt sich aber zunehmend zu und endet schließlich im Chaos und der überstürzten Flucht Wilmarths. Wie der Ich-Erzähler misstraut man zunächst den Erklärungen Akeleys. Sie klingen zu wirr und fantastisch, um auf der Realität zu fußen. Doch Wilmarths Interesse ist geweckt und er ist ein dankbarer Empfänger für all die Botschaften von Außerirdischen und fremden Planeten. Akeley verspricht Beweise für seine Annahmen: Fotos, Tonaufnahmen und einen seltsamen schwarzen Stein. Doch die überzeugendsten Beweise gehen auf dem Postweg verloren: Eine Verschwörung? Oder haben die Beweise nie existiert? Überhaupt sind zum Zeitpunkt, da Wilmarth die Geschichte niederschreibt, alle Briefe Akeleys vernichtet. Welche „Beweise“ bleiben also? Was erzählt uns Lovecraft in „Der Flüsterer im Dunkeln“ eigentlich? Die Geschichte von Außerirdischen, die heimlich auf der Erde umgehen? Oder doch die Fabel eines Geistesgestörten, der zwischen Realität und Fantasie nicht mehr unterscheiden kann? Lovecraft hält sich beide Optionen offen, die Entscheidung liegt also beim Hörer.

Das wahre Grauen liegt, wie meist bei Lovecraft, im Nicht-Gesagten und Halb-Verschwiegenen. Geheimlehren und verschwundene Bücher werden erwähnt, doch nie erläutert. Das Gleiche gilt für die alten Gottwesen, die immer wieder in seinen Cthulhu-Geschichten auftauchen. Subtil offenbart sich auch das Unbehagen in der Landschaft Neu-Englands. Der Städter Wilmarth fühlt sich auf der Fahrt zu seinem einsam wohnenden Freund Akeley sofort in eine andere Realität versetzt: dräuende Wälder, reißende Flüsse, düstere Landschaften. All das beeinflusst die Grundstimmung der Erzählung.

Und dann sind da natürlich noch die Sprecher. David Nathan als Wilmarth ist eine exzellente Wahl, doch der wahre Star des Hörbuchs ist Torsten Michaelis als Mr Akeley. Michaelis, als Synchronstimme von Wesley Snipes chronisch unterfordert, ist in letzter Zeit bei einigen Hörbuchproduktionen positiv aufgefallen. Besonders auf [„Necrophobia 2“ 1073 konnte er als Sprecher die ganze Bandbreite seiner Fähigkeiten zeigen – als religiös verwirrter kindlicher Massenmörder, keine einfache Rolle. Auch Mr Akeleys Gefühlswelten kann er in den wenigen Auftritten, die er hat, suggestiv gestalten und überzeugt so als nüchterner Forscher wie auch als halbverrückter Irrer.

Als besonderes Extra gibt es eine Bonus-CD, auf der Dagmar Berghoff als Muriel E. Eddy ihre Erinnerungen an Lovecraft zu Gehör bringt. Zwischen Lieblingsessen und literarischen Arbeitsweisen schafft sie es so, ein lebendiges und gar unterhaltsames Bild von dem großen Unbekannten Lovecraft zu zeigen. Als Schmankerl hat |LPL| noch den „Soundtrack des Schreckens“ beigegeben: zehn Tracks von Andy Matern, dessen beunruhigende Klangwelten seit jeher die |LPL|-Hörbücher vervollkommnen. Es handelt sich hierbei ausschließlich um Tracks von vorherigen Lovecraft-Produktionen, Fans von |Necrophobia| oder |Necroscope| werden sich wohl noch gedulden müssen. Vielleicht werden Materns gesammelte Tracks auch dort einmal zu hören sein. Sie alle als einen Soundtrack auf einer Extra-CD zu veröffentlichen, ist zumindest eine geniale Idee und wird bei Langzeitfans des Labels sicher auf viel Gegenliebe stoßen.

„Der Flüsterer im Dunkeln“ ist erneut eine gelungene Gruseltour aus dem Hause |LPL|, die den Hörer diesmal sogar noch mit einer Bonus-CD beglücken kann. Da bleiben doch keine Wünsche offen!

|Die ersten drei LPL-Veröffentlichungen dieser Reihe:|
[„Der Cthulhu-Mythos“ 524
[„Der Schatten über Innsmouth“ 424
[„Das Ding auf der Schwelle“ & „Die Ratten im Gemäuer“ 589

http://www.lpl.de

Michael Marrak – Imagon

Aus H. P. Lovecrafts Elder Gods-Mythos entstand eine Geschichte, die eindrucksvoller nicht sein könnte. Nichts könnte die unheimlichen Großen Alten deutlicher, glaubhafter schildern, nichts vor der Gefahr eindringlicher warnen, die dem Cthulhu-Mythos innewohnt.

Der Autor

Michael Marrak wurde 1965 in Weikersheim geboren, ist gelernter Großhandelskaufmann und besuchte das Berufskolleg für angewandte Grafik in Stuttgart. Mittlerweile lebt und arbeitet er als freier Schriftsteller und Illustrator in Hildesheim.

Inhalt

Der dänische Geophysiker Poul Silis hasst Schnee. Eines Tages wird er von seinem Institut auf eine merkwürdige Sache angesetzt: In Grönland wurde ein Krater im ewigen Eis entdeckt, dessen Ausmaße nur von einem gigantischen Meteoriten herrühren können – doch keine Station auf der Erde hat seinen Einschlag beobachtet. Es gibt weder die typischen Aufwerfungen des verdrängten Substrats, noch die charakteristische Impaktwolke über dem Gebiet.

Man behandelt den Vorfall mit strengster Geheimhaltung. Silis wird nach Grönland verschifft und trifft auf das Team seines ehemaligen Mentors, Professor DeFries. Es stellt sich heraus, dass der Krater die Spitze eines uralten Tempels in der Front eines Berges freigelegt hat – älter als das intelligente Leben auf der Erde! Unheimliche Symbole zieren den einzig erreichbaren Eingang. Und ebenso unheimlich ist: Silis wird von Alpträumen geplagt, in denen er den Tempel (in seiner Gänze) sieht – mit seinen Bewohnern, grauenhaften Wesen, die das Tageslicht scheuen …

In der Mitte des Kraters findet man ein mehrere Meter durchmessendes Schluckloch, durch welches das Schmelzwasser von den Freilegungsarbeiten am Tempel zurück unter das Eis fließt. Wieder beobachtet Silis unheimliche Phänomene: Das Wasser fließt in der arktischen Kälte kilometerweit und schert sich dabei um keinerlei physikalische Gesetze. So fließt es in einem breiten, flachen Rinnsal schnurgerade zum Schluckloch und überwindet dabei sogar meterhohe Hindernisse.

Ein Experiment am Schluckloch zeigt, dass es seinen Namen zu Recht trägt. Es verschluckt sowohl Rauch (der sich in Spiralen abwärts dreht) als auch Schall! Zwei sich gegenüberstehende Menschen mit dem Loch zwischen sich vermögen sich nicht mehr zu hören. Als eine Magnesiumfackel von Silis in das Loch geworfen wird, bebt der Boden und eine gewaltige Fontäne befördert die Fackel zurück ans Licht. Silis‘ Begleiter wird von einem geleeartigen Klumpen der Masse berührt, die in seinen Körper eindringt. Er verliert das Bewusstsein und Silis erfährt von DeFries merkwürdige Geschichten über die Großen Alten, die Älteren Götter und unheilige Wesen.

Silis‘ Begleiter ist dem Tode geweiht, Silis selbst zweifelt an seinem wissenschaftlichen Verstand wie auch an dem seines ehemaligen Mentors DeFries. Ein Inuit-Schamane verhilft ihm zu einer Traumbegegnung mit Sedmeluq – danach ist nichts mehr, wie es vorher war. Silis steigt in den Tempel hinab, auf der Suche nach Antworten. Er betritt eine gigantische Halle, die er aus seinen Träumen zu kennen glaubt. In ihrer Mitte befindet sich eine Mulde, in der sich eine tiefschwarze Masse bewegt, die Silis sofort als Qur identifiziert: Das unheilige Medium, dem die Älteren Götter entstiegen. Hier ist das Tor zur anderen Seite, das nicht geöffnet werden darf. Doch keiner der Wissenschaftler zieht Silis endgültig ins Vertrauen, denn sie wissen, dass er ein Imagone ist, der als Schlüssel zu dieser Welt von Sedmeluq ausersehen wurde …

Kritik

Man rätselt mit dem Protagonisten. Es gibt Bücher, in denen man stets mehr weiß als die Handlungsträger und allzu oft denkt: Oh Mann, dies und das ist doch so und so, siehst du das nicht?
In „Imagon“ ist das anders. Man weiß immer nur so viel wie Poul Silis, und das ist deutlich weniger als die meisten anderen in der Geschichte wissen. Es scheint, als würde das Wissen vor ihm verborgen werden, und so erfährt man nur Schritt um Schritt die erklärenden Verhältnisse, Erzählungen aus dem von DeFries zusammengetragenen ‚Taaloq‘ und eigenen Gedanken aus den Erlebnissen des Ich-Erzählers, eben Poul Silis.

Man wird ebenso wie er vor den Kopf gestoßen von Dingen, die in unserem Verständnis der Welt unmöglich sind. Aber man rutscht auch ebenso wie er in die Finsternis hinein und beginnt, an diese Dinge zu glauben, zweifelnd erst, dann mit wachsender Überzeugung. Es ist unheimlich, wie Marrak es schafft, uns Lesern über unwirkliche, aber äußerst plastische Erlebnisse des Erzählers einen Pseudomythos als wirklichen, uralten Mythos vorzulegen und uns schließlich glauben zu machen, dass die wichtigen Details des Mythos wahr sein könnten …

Was schließlich wirklich mit Poul Silis geschieht, will ich hier nicht verraten, denn das würde eine Menge der Spannung nehmen, die dem Buch innewohnt. Wer Marraks „Lord Gamma“ gelesen hat, kann eine Ahnung von der Vielfalt und Abstrusität haben, die zu dem mitreißenden und ebenso kalten, unheimlichen Roman werden, der mich nicht mehr losgelassen hat, bis ich mit den letzten Seiten an einem Ende angekommen war, das mich für einige Minuten hilflos zurückließ, ehe es mit seiner ganzen Aussagekraft durchdrang und als Ende bedeutungsschwer stehen blieb.

Vor einigen Jahren schrieb Michael Marrak eine Novelle mit dem Namen „Der Eistempel“, deren Plot wohl nach Größerem rief. Auf ihr basiert der vorliegende Roman, wobei die Novelle wiederum von Lovecrafts Elder Gods- oder Cthulhu-Mythos inspiriert wurde. Wenn man sich jetzt an Lovecrafts Roman „Berge des Wahnsinns“ erinnert (so man ihn kennt), wird man in „Imagon“ kein simples Remake finden, sondern eine echte, hervorragende, eigenständige Geschichte zu einem gemeinsamen Thema, dem Mythos um die Älteren Götter.

Fazit

„Imagon“ ist kalt, hart, unheimlich, bizarr und spannend, aber in keinem einzigen Moment wirkt er unglaubwürdig, zäh oder plakativ. Man glaubt dem Erzähler, dass er seine Geschichte erlebt hat und von ihr geprägt wurde; man glaubt auch dem Autor jegliche Details, als wäre er gar nicht vorhanden, sondern als handle es sich um Fachwissen des Geophysikers Poul Silis. Man ist geneigt, einen Punkt für das Ende abzuziehen, bis man noch einmal darüber nachgedacht und die Geschichte sich hat setzen lassen. Ich zumindest bin der Überzeugung, dass es kein anderes Ende hätte geben können. Darum Hut ab vor Michael Marraks Leistung – und volle Empfehlung!

Wer es gern solider mag, findet das Buch übrigens auch noch in der Originalausgabe von Festa (2002) als Hardcover unter der ISBN 3-935822-12-X.

Das Titelbild stammt übrigens von Marrak selbst, und der Roman wurde ausgezeichnet mit dem Kurd-Laßwitz-Preis für den besten deutschen SF-Roman des Jahres 2002!