Archiv der Kategorie: Musik

Ralph Hulett / Jerry Prochnicky – Whole lotta Led – Unsere Reise mit Led Zeppelin

Rockgeschichte durch die Augen – und Ohren – der Fans

Zwei langjährige Fans der Supergruppe Led Zeppelin erzählen von der Entstehung, dem Erfolg und dem Ende des britischen Quartetts, das zwölf Jahre lang die Rockszene dominierte und heute immer noch Millionenumsätze scheffelt. Die Autoren spüren den Gründen dafür nach, doch anschaulicher erzählen sie von ihrer eigenen Erfahrung als Fans. Zudem spannen sie zahlreiche Zeugen für ihre Darstellung ein, und zum Glück sind es nicht die üblichen Verdächtigen. Selbstgeschossene Fotos und eine umfangreiche Bibliografie ergänzen die Monografie optimal.
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Kendall, Paul / Lewis, Dave – Led Zeppelin – Talking

Dieses Buch besteht ausschließlich aus Zitaten und Fotos. Zu wenig? Kommt darauf an, für wen.

Der Titel kommt einem schon wie ein Widerspruch in sich vor: |Led Zeppelin| redet? Auf einmal? Wer die diversen Biografien der Band gelesen hat, weiß ja schließlich, dass die Band, die Jimmy Page 1967/68 auf die Beine stellte, zunächst Hohn und Spott, dann Unverständnis, schließlich blanke Ablehnung erntete, und zwar nicht nur bei den gestrengen Herren Kritikern – etwa beim Branchenfachblatt |Rolling Stone| -, sondern sogar bei Kollegen. (Ab Seite 101 setzen sich die Bandmitglieder mit der Presse auseinander.)

Und wer die fabelhafte Doppel-DVD von 2003 gesehen hat, der weiß auch, dass sich die Fernsehauftritte der Band sehr in Grenzen hielten – und zwar nicht nur wegen des zuweilen seltsamen Ambientes, sondern vor allem wegen des äußerst mangelhaften Sounds, den die Fernsehtechniker zustande brachten und den Page regelmäßig kritisierte (vgl. Booklet zur DVD). Infolgedessen verlegten sich die führenden Köpfe der Band – Page, Plant und Manager Grant – auf Live-Auftritte in den USA, wo man sie bereits frühzeitig feierte, als sie die beiden Fillmore-Klubs an Ost- und Westküste mit ihrer Musik begeisterten.

Die USA-Tourneen waren denn auch die größten kommerziellen Erfolge der Band in ihrer rund 13-jährigen Geschichte. Dokumentiert sind ihre Auftritte am besten auf den beiden einzigen Live-Alben „The Song remains the same“ (Filmsoundtrack, 1976) und „How the West was won“ (2003). Die zweite Doppel-DVD weiß einen exzellenten Sound vorzuweisen. Die Fernsehmedien verglichen sie mit den |Beatles| – und lagen damit um Lichtjahre hinter der Entwicklung zurück.

Die Bandmitglieder, so weiß auch Autor Dave Lewis zu erzählen, redeten praktisch nur mit Fans, über die sie Bescheid wussten. Das ist auch auf der DVD dokumentiert. Dort erzählt Plant sogar etwas über ihr kommendes Mega-Album „Physical Graffiti“ (1975), das unter der Musikkritik als eines der besten, wenn nicht sogar als das beste Rockalbum der Siebziger gilt. |Led Zep| redete – okay, aber nur mit den richtigen Leuten.

_Die Autoren_

Das Buch enthält keinerlei Angaben darüber, wer denn die Autoren sind und mit welcher Glaubwürdigkeit sie die gesammelten Zitate publizieren. Das finde ich ziemlich suspekt. Nicht einmal im „Vorwort“, das Dave Lewis im September 2003 schrieb, finden sich entsprechende Information. Es werden eine Menge Behauptungen über die Band aufgestellt, aber mit welcher Berechtigung? Wenigstens wird nicht aus der Pseudo-Biografie „Hammer of the Gods“ von Richard Cole zitiert. Das ist ja schon mal ein Fortschritt.

_Die Band_

Vocals and harmonica: Robert Plant
Acoustic and electric guitars: Jimmy Page
Bass guitar, keyboards, mandolin: John Paul Jones
Drums and percussion: John Bonham (gest. 1980)
Der 5. Zeppelin: Manager Peter Grant

_Die Inhalte_

Die folgenden ausgewählten Kapitelüberschriften verraten eine zunächst chronologische Ordnung des Materials, das wie gesagt ausschließlich aus Zitaten und Fotos besteht.

„Die frühen Jahre“ – „The Yardbirds“ – „Wie Led Zeppelin entstand“ – „Die Alben“ – „Die Solo-Jahre“- „Led Zeppelin Remastered“ – “ Led Zeppelin Reunited“ – „Coda“.

Man sieht also, dass der Schwerpunkt ziemlich eindeutig auf den Anfängen und den späten Jahren der Band-Mitglieder liegt. Rein an der Masse gemessen, sind die Zitate aus der Anfangszeit in der Überzahl, verdientermaßen, denn hier kann selbst der eingefleischte Fan noch etwas Neues finden. Jedes der Mitglieder – also auch Grant – erzählt, wie er jeweils zur Musik, zum Blues & Rock sowie schließlich zu |Led Zeppelin| gestoßen war. Mit Ausnahme von Jones hatten ja schließlich alle bereits Engagements in einer eigenen Band. Als Page die Band gründete, wurde sie auf ihrer ersten Tournee sogar als „The New Yardbirds“ angekündigt, sozusagen als Fortsetzung einer bekannten Band. Diese verwickelten Anfänge sind sehr interessant – aber wohl nur für den Fan.

Über die Alben wissen die Mitglieder nur wenig zu sagen, was doch ein wenig erstaunt. Immerhin erfährt man, unter welchen kuriosen oder stressigen Umständen die Platten zustande kamen. Singles wollte Page nicht, und er weigerte sich sogar strikt, den Megahit „Stairway to Heaven“ als Single zu veröffentlichen. Diese Strategie zahlte sich in hohen Albumverkaufszahlen aus. Außerdem fiel der ganze Promo-Zirkus bei den Radiosendern weg und man konnte sich auf Tourneen konzentrieren. Zitate zu „In through the Outdoor“ fehlen leider. Worte zu „Coda“, einem Aufräum-Album, fallen nur ein- oder zweimal.

Dass Plant eine wachsende Abneigung, ja sogar Aversion gegen den Song „Stairway to Heaven“ entwickelte, dürfte wohl bekannt sein. Hier erklärt er auch – ein wenig – wie es dazu kam. Insgesamt war ich etwas enttäuscht, nicht mehr über die einzelnen Songs zu erfahren. Immerhin gibt es ein aufschlussreiches Plant-Zitat (Plant schrieb die meisten Original-Lyrics) zu „Ten Years gone“ (1975). Er beschrieb eine Frau, in die er zehn Jahre zuvor verschossen war, doch sie stellte ihn vor die Wahl zwischen ihr und seinen Fans. „Dabei hatte ich überhaupt keine Fans.“

Das Kapitel Groupies wird sehr kurz unter den Überschriften „Lifestyle“ und „Ansichten“ abgehandelt. „In Texas gibt es die reichsten Groupies der Welt. Einige Groupies sind unserem Privatjet [einer umgebauten Boeing 727] in ihrem eigenen Privatjet gefolgt“, weiß Jimmy Page.

Auf diesen Tourneen kam es bekanntlich zu einigen Eskapaden, für die |Led Zep| schon bald berüchtigt wurde. Aber wenn man den Herrschaften glaubt, sind daran vor allem die Roadies schuld. Wie auch immer: Aus dem Fenster fliegendes Mobiliar und demolierte Hotelzimmer waren offenbar harmlose Begleiterscheinungen. Etwas verschärfter waren wohl die Streiche, die sie den Stubenmädchen (|room service|) spielten. Dazu gehörte offenbar auch ein Kleiderschrank voll kleiner Haifische… Nix Genaues wird hier nicht verraten.

Und so sieht sich der Leser – mal wieder – auf die vorhandenen Biografien verwiesen. Hier stößt man aber unweigerlich auf den Namen des von |Led Zep| geächteten Tournee-Managers Richard Cole. Seine zusammen mit R. Trubo verfasste Biografie „Led Zeppelin – Stairway to Heaven“ ist 1995 bei |Heyne| (01/9433) erschienen; das Original erschien 1993. Die Storys, die Cole dort zum Besten gibt (neben zahlreichen Privatfotos), sind sehr unterhaltsam. Auch die Story vom Raub im |Madison Square Garden| findet sich dort (S. 278): Der Band wurden sämtliche Einnahmen des Auftrittes in New York City gestohlen, rund 203.000 Dollar.

Die Versuche, die Band, die sich nach dem Tode des Schlagzeugers aufgelöst hatte, wiederzuvereinigen, waren zahlreich. Eine Menge Zitate in den Abschlusskapiteln beschäftigen sich damit. Es drängt sich einem der Eindruck auf, dass zwar Page und Jones der Idee sehr aufgeschlossen gegenüberstanden (von den Fans ganz zu schweigen), aber Plant hier der große Spielverderber war. Nach einer Episode „Page & Plant“, die gerade mal für zwei Alben und einige Tournee-Auftritte gut war (immerhin), gingen die beiden führenden Köpfe wieder getrennte Wege. Zukunft ungewiss, so lautet das Fazit. Wahrscheinlich will Plant nie wieder in die Verlegenheit kommen, „Stairway to Heaven“ singen zu müssen.

|Die Fotos|

Alle Fotos sind von exzellenter Qualität. Das verdient eine besondere Erwähnung, denn wie oft hat man schon Amateurfotos wie die von Herrn Cole gesehen, die mal nebenher bei einem Konzert vom Bühnenrand geschossen worden waren? Und die sind immerhin schon locker dreißig Jahre alt.

Wenn es also definitiv einen Pluspunkt in diesem Buch gibt, dann sind es diese Fotos. Und sie zeigen auch nicht irgendwelche Nebenfiguren, sondern ausschließlich die fünf Bandmitglieder. Einen Abstrich muss man dabei in Kauf nehmen: Sie liegen fast alle in Schwarzweiß vor. Nur im hinteren Drittel findet sich eine kurze Strecke mit sieben (darunter einem doppelseitigen) Farbfotos, die sich ebenfalls durch hohe Qualität auszeichnen. Mehrere Motive dürften dabei die Band bei ihrem legendären Auftritt im |Madison Square Garden| in New York City (1973) zeigen. Zwei Motive zeigen Plant, als er noch „Percy“, der Mann mit dem ritterlichen Schnurr- und Kinnbart, war. Das dürfte vor 1972 gewesen sein.

_Unterm Strich_

„Led Zeppelin Talking“ ist eine wertvolle Ergänzung im Dokumentenarchiv eines eingefleischten Fans. Denn dies muss man bereits sein, um die Zitate einordnen und bewerten zu können. Jemand, der die Band und ihre Umgebung nicht kennt, kann damit wohl herzlich wenig anfangen.

Ein Beispiel: Jimmy Page wurde in der englischen Presse mit okkulten Machenschaften (sprich: Satanismus) in Zusammenhang gebracht, denn nicht nur hatte er ein Anwesen gekauft, das dem Okkultisten Aleister Crowley gehört hatte, sondern er hatte das vierte Album der Band mit mystischen Zeichen verzieren lassen. Sein ausführliches Zitat zu diesen Vorgängen, das immerhin fast eine ganze Seite einnimmt, ist deshalb für einen Insider von hoher Signifikanz, wenn nicht sogar Brisanz. Einem Uneingeweihten dürfte es sich dabei lediglich um eine lokal aufgehängte Anekdote handeln. So unterschiedlich können also die Bewertungen ausfallen.

|Tipps:|

Dem Einsteiger helfen weder eine Chronologie noch eine Diskografie, die sich im Buch sehr gut gemacht hätten. Offenbar werden diese Kenntnisse vorausgesetzt. Dazu gibt es exzellente Bücher, auf die ich hinweisen möchte.

Chris Welch: „Led Zeppelin. Dazed and confused – The stories behind every song“ (ISBN [3-283-00359-9)]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3283003599/powermetalde-21
Cross/Flannigan/Preston: „Led Zeppelin. Heaven and hell – an illustrated history“ (ISBN 0-517-58308-9)

Die beiden (teuren) Bücher bieten auch dem Einsteiger zahlreiche wertvolle Informationen zur Geschichte der Band und vor allem ihrer Musik, die weiterhin lebendig nachwirkt und auf neue Musikergenerationen Einfluss ausübt (darauf gehen das Unterkapitel „New Wave“ ab S. 99 sowie Zitate ab S. 118 ein).

_Fazit_

Das vorliegende Buch bildet offenkundig den ernsthaft und ästhetisch gut gestalteten Versuch, die Band gebührend zu würdigen. Dabei bildet es aber von seinem Inhalt her das Sahnehäubchen im Archiv des bereits eingefleischten Led-Zep-Fans. Und das zu einem vertretbaren Preis.

Mein Spatz – Schön, dass Du da bist

Mein Spatz…

… schön, dass Du da bist. Genau diesen Satz denken alle Paare mit Kinderwunsch, nachdem sie die freudige Nachricht der Schwangerschaft erhalten haben.

Monate voller Emotionen stehen nun bevor. Eine aufregende Zeit, in der sich Euphorie, Angst, Erschöpfung und Glück ständig abwechseln. Aber auch Zeit, um genau in sich heineinzuhorchen und sich einmal nur Zeit für sich zu nehmen. Für solche Momente und für die Zeit nach der Geburt eignet sich diese CD besonders gut.

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Geoff Emerick / Howard Massey – Here, There and Everywhere. My Life Recording the Music of The Beatles

The BEATLES 1966-1969: Die Klang-Revolution der 60er Jahre

Der Autor war der Toningenieur, der bei der englischen Plattenfirma EMI jahrelang für die Aufnahmen der ersten Beatles-Alben zuständig war. Er revolutionierte deren Sound mit den Alben „Revolver“ und „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, die zu den einflussreichsten Platten der sechziger Jahre gehören. Dies ist seine Lebensgeschichte, fokussiert auf die Jahre, in denen er sich mit den Beatles herumschlug…

In diesem Buch findet der Leser heraus:

1) Welche BEATLES-Songs sofort nach Erscheinen von der BBC verboten wurden;
2) auf welchem Stück Paul McCartney (ganz leise) „F**king hell!“ flucht;
3) auf welchen zwei Stücken jeweils ein Ton fehlt;
4) wie der „endlose“ Klavierakkord am Ende von „A day in the life“ zustandegebracht werden konnte;
5) auf welchem Stück „Paul is dead“ gesagt wurde (oder auch nicht);
und vieles mehr.
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Robert Gordon – Elvis 1935-1977 (Buch & CD)

Elvis gesteht: „Ich wollte eigentlich Arzt werden“

Am 16. August 2002 feierten Millionen von Mitgliedern der Elvis-Fanclubs und viele weitere Menschen den 25. Todestag des Künstlers Elvis Aaron Presley. Wieder einmal fand in Graceland bei Memphis die Elvis-Woche statt. Anlass genug, auf besondere Weise den Künstler und Menschen Elvis Presley zu würdigen. Das vorliegende Buch, das zu diesem Anlass veröffentlicht wurde, ist dementsprechend ein ganz besonderes Werk.
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Moers/Meier/Bühring/Budéus – Die Beatles. Geschichte und Chronologie

Eine umfangreiche Beatles-Enzyklopädie

Dies ist die präzise und umfassende Chronologie des gesamten Schaffens einer Band aus Liverpool, die schließlich unter dem Namen „The Beatles“ doch noch recht bekannt wurde (statt unter „The Quarrymen“). Auf rund 700 Seiten Umfang liefert diese Chronologie eine Detailfülle, die den Leser schier erschlägt. Die Lust am Lesen kommt also erst am Detail. Man kann daher jede beliebige Seite außer dem Register aufschlagen und entdeckt interessante, kuriose oder einfach nur entdeckenswerte Informationen – und schon hat einen die Beatlemania am Wickel.
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Giles Smith – Lost in Music. Eine Pop-Odyssee

Eine Pop-Odyssee mit den Smiths

Der heutige Reporter und frühere „Popmusiker“ Giles Smith erzählt uns von seine lange währenden Liebesaffäre mit der Popmusik, die schon mit neun Jahren beim Hören eines T.Rex-Songs begann. Aber was heißt hier „Affäre“? Smith ist fest mit der kapriziösen Dame verheiratet, und das führte im Laufe der Jahre zu mehreren tragikomischen Situationen. Unterhaltsame, lesenswerte und informative Lektüre für jeden Pop-Fan (sind wir das nicht alle?) – und außerdem stellenweise saukomisch. In England zählt „Lost in Music“ neben Nick Hornbys „High Fidelity“ zum Standardwerk in Sachen Popliteratur.
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Chris Welch – Led Zeppelin: Dazed And Confused. The Stories Behind Every Song

Gute Band-Biografie mit Song-Kritiken

Als eine der zahlreichen Biografien über Led Zeppelin (LZ) herausgebracht, unterscheidet sich „Dazed and Confused“ grundlegend im Konzept: Der Hauptteil des Buches wird durch Besprechungen der Alben und ihrer Tracks bestritten. Diese Besprechungen reichen bis ins Jahr 1994/95, also auch bis Page/Plant’s „No Quarter“ und den Remasters/Remastered-Alben.
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Jerry Hopkins/Daniel Sugerman – Keiner kommt hier lebend raus. Die Jim Morrison Biographie

Jim Morrison wird (wieder einmal) exhumiert

Rechtzeitig zu Jim Morrison Exhumierung am 6. Juli 2001 erscheint bei Heyne erneut die bereits 1995 „erweiterte und überarbeitete Ausgabe“ der klassischen und umfassendsten Morrison-Biografie. Anno 1980 fachte diese Biografie durch ihren Erfolg den ganzen Star-Biografie-Rummel erst an. Doch die Erweiterungen beschränken sich vor allem auf den Epilog von Ko-Autor Jerry Hopkins und das Nachwort von Morrisons Dichterkollegen Michael McClure. Zudem wurden die Disko- und Bibliografien durch Updates ergänzt.
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Charles Cross/Eric Flanagan/Neal Preston – Led Zeppelin – Heaven and Hell. An illustrated history

Mit dem Zeppelin durch Himmel und Hölle

Diese „bebilderte Geschichte“ einer der wichtigsten Rockbands bringt zahlreiche unbekannte Informationen, einige hilfreiche Tipps zum Plattensammeln sowie ein enorm interessantes Interview mit Gitarrist und Bandgründer Jimmy Page – interessant deshalb, weil er sich lange Zeit strikt weigerte, ausführliche Interviews zu geben, nachdem die Presse die Alben der Band niedergemacht hatte. Ebenso wichtig wie die Texte sind für mich als Fan die fantastisch guten Fotos von der band und ihren Mitgliedern – weit höhere Qualität als man nach einem Film wie „The song remains the same“ erwartet hätte!
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Martin Pfeiffer – Alle meine… Klassiker zur guten Nacht

Guten Abend, gute Nacht…

Weit und breit auf der ganzen Welt singen Eltern mit ihren Kindern. Ebenfalls spielt Singen in allen Kursen und Krabbelgruppen eine sehr große Rolle, zu Recht. Singen fördert die Sprache, verbindet Menschen aller Altersgruppen miteinander, macht gute Laune und natürlich eine Menge Spaß.

Abends wenn es draußen dunkel, die Geräusche weniger und die Kinder ruhiger werden, dann ist es Zeit zum Kuscheln und Schlafen. Zum Glück gibt es Martin Pfeiffer‘s Klassiker zur guten Nacht. Mit den sanften Klängen der Instrumente und seiner warmen weichen Stimme, steht einem geborgenen Einschlafen und Träumen nichts mehr im Wege.

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Grünwald, Jan G. – Male Spaces – Bildinszenierungen archaischer Männlichkeit im Black Metal

Vor ein paar Monaten habe ich im Fernsehen eine Reportage über Männer auf der Suche nach ihrer Männlichkeit gesehen: Nachdem die Frauen heute alle Männerdomänen erobert haben – sei es nun in Sport, Beruf oder Politik -, treffen sich die suchenden Männer der Gegenwart beim Männerseminar im Indianercamp, springen nackt ums Feuer und spüren ihren verborgenen archaischen Anteilen nach.

Bands wie IMMORTAL, EMPEROR und DIMMU BORGIR haben es da einfacher. Sie dürfen sich unsanktioniert als archaische Kerle präsentieren, die den Frauen überlegen sind und die raue Natur beherrschen. Um all das auszuleben, erweist sich der Black Metal als ungemein praktisch. Mithilfe des Musikvideos steht den Künstlern eine geeignete Bühne zur Verfügung, auf der sie sich abseits des Zeitgeistes archaisch selbst inszenieren können.

Wen interessiert das? Die Rezipienten des Black Metal – vermutlich doch zu einem höheren Anteil Männer – werden kaum einräumen, dass Black Metal eine wunderbare Projektionsfläche für ihre archaischen Träume ist.

Bleibt also wieder mal nur die Wissenschaft, die den Metal und seine Spielarten als Forschungsfeld für sich entdeckt hat. Diesmal ist es der Fachbereich Neue Medien am Institut für Kunstpädagogik in Frankfurt am Main. Hier forscht Jan G. Grünwald, seines Zeichens Dr. phil. und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Dunstkreis von Prof. Birgid Richard, die dem forschungsinteressierten Metalfan bereits von der Braunschweiger Tagung „Metal Matters“ aus dem Jahre 2010 bekannt ist, bei der Richard und Grünwald sich mit einem Vortrag bereits des Themas „Mediale Bilder archaischer Männlichkeit im Black Metal“ annahmen.

Nun liegen unter dem Titel „Male Spaces – Bildinszenierungen archaischer Männlichkeit im Black Metal“ Grünwalds komplette Forschungsergebnisse vor. Und man muss es noch einmal deutlich sagen: Das ist eine wissenschaftliche Arbeit. Staubtrocken, mit vielen Fußnoten sowie der Anforderung an den Leser, Hintergrundwissen aus dem Bereich der Medienanalyse mitzubringen. Wer das nicht hat, für den wird die Lektüre des Buches zu einem harten Nüsschen.

Und so geht es auch inhaltlich überwiegend darum, darzulegen, mit welchen Methoden Filme gemacht und analysiert werden. Man lernt dabei, dass in einem Musikvideo unterschiedliche Räume inszeniert werden, die die Medienwissenschaftler als ‚Naturraum‘, ‚Filmraum‘, ‚Andere Orte‘ oder als ‚Heterotopie‘ kategorisieren. Wer Lust hat, sich mit derartig intellektueller Akrobatik zu befassen, der ist bei Jan G. Grünwald richtig.

Der Erkenntnisgewinn speziell zum Black Metal ist für mich hingegen nicht besonders groß. Die Hauptbotschaft legt ja bereits der Buchtitel offen, nämlich, dass Black Metal sich archaischer Männlichkeitsbilder bedient. Beim Durchkämpfen des Buches habe ich festgestellt, dass mich weniger die Frage interessiert, mit welchen Mitteln die dunklen Helden sich filmisch inszenieren als vielmehr a) warum sie das tun und vor allem b) warum archaische Männlichkeitsinszenierungen im 21. Jahrhundert, das den emanzipierten Mann kennt, so erfolgreich sind.

Aber das ist wohl eine andere Forschungsarbeit, die eher am Fachbereich Soziologie denn bei den Neuen Medien geleistet werden müsste.

Wer sich trotzdem an die Bildanalyse heranwagen will, der findet „Male Spaces“ für 34,90 € im Frankfurter |Campus|-Verlag.

|229 Seiten, Broschur
ISBN-13: 978-3-593-39645-3|
http://www.campus.de

_Erika Becker_

Cash, Johnny / Carr, Patrick – CASH. Die Autobiografie von Johnny Cash

Am 26. Februar 2012 hätte Johnny Cash seinen achtzigsten Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass wurde die Autobiografie „Cash“ neu aufgelegt, die bereits 2004 erstmals erschien. Sieht man sich dazu einmal die Vielfalt der Bücher an, so ist das nicht die einzige Biografie über den „Man In Black“. Allerdings hat Mr. Cash selbst an diesem Buch mitgeschrieben. Er selbst sagte dazu: „Dieses Buch ist meine eigene Geschichte – was ich fühle, was ich liebe, was geschah, so wie ich es erinnere …“

Das klingt auf den ersten Blick ja alles sehr vielversprechend. Mit dem Journalisten Patrick Carr sollte es also ein passables Werk werden. Doch das ist es nur in der Theorie. In der Praxis wirkt das Buch wie eine lieblose Aneinanderreihung von Fakten und Geschichten des Sängers. Das alles ist zudem sehr unstrukturiert und hinterlässt auf den außenstehenden Dritten einen ziemlich verwirrenden Eindruck. Wer sich das Buch als Einstiegslektüre zulegen will, sollte es lieber lassen. Ohne ein wenig Wissen über den Künstler oder den Film [„Walk The Line“]http://powermetal.de/video/review-1456.html ist man regelrecht aufgeschmissen.

Natürlich ist der große Pluspunkt des Buches, dass es Johnny Cash selber ist, der die Geschichten erzählt, und nicht ein anderer. Somit bleibt alles sehr persönlich und authentisch. Gerade das Kapitel mit dem Überfall auf sein Haus auf Jamaika zeigt gut den Grundtenor des Buches. Er erzählt alles sehr detailliert, kommt jedoch immer wieder vom Thema ab, und so dauert es einige Seiten, bis es zur eigentlichen Geschichte geht. Ob diese Nebeninformationen für den Leser immer so ausführlich sein müssen, ist fraglich. Positiv ist auf jeden Fall hervorzuheben, dass er nichts beschönigt, was in seinem Leben passiert ist, und er auch seine Fehler eingesteht. Die Erzählungen werden durch zahlreiche Fotos aufgelockert, was den Leser noch ein Stück weiter an das Leben von Cash heranrücken lässt.

Alles in allem kann man sagen: „Schuster bleib bei deinen Leisten!“ Cash hat ohne Zweifel geniale Songs geschrieben. Aber das Schreiben über sein Leben lag ihm nicht. Von Kris Kristofferson wird er im Vorwort als Rebell bezeichnet, der gegen öffentliches Unrecht und private Dämonen ankämpfte. Aber wenn man mit dem Buch durch ist, sieht es so aus, als ob er auch gegen einen strukturieren Aufbau in diesem Werk ankämpfte. Des Öfteren kehrt er in seinen Erzählungen zu einer anderen Begebenheit zurück, wenn ihm später noch etwas dazu eingefallen ist. Da fragt man sich ernsthaft, was da die Aufgabe von Patrick Carr war. Hier hätte er zwingend die Nachträge zu den entsprechenden Geschichten ergänzen müssen.

|350 Seiten, gebunden
Übersetzung: Sylke Wintzer, Peter Dürr
ISBN-13: 978-3-8419-0143-9|
http://www.edel.com

Mühlmann, Wolf-Rüdiger / In Extremo – Wir werden niemals knien – Die Geschichte einer unnormalen Band

Das Phänomen |In Extremo| war gerade in der ersten Phase des Banderfolgs nicht für jedermann nachzuvollziehen. Zwar schufen Michael Rhein und seine Spielleute von Beginn an etwas Einzigartiges, das auch weit über das hinausging, was ähnlich ausgerichtete Bands wie |Subway To Sally| in ihrer Musik vereinten, doch irgendwie blieb der Mittelalter-Posse gegenüber immer eine gewisse Skepsis bestehen, womöglich auch aus der Angst heraus, dass die gelegentlich etwas engstirnige Szene mit völlig neuen Tönen aus ihren Grundfesten herausgerissen würde. 15 Jahre später weiß man jedoch, dass auch |In Extremo| ’nur‘ eine Rockband sind, die sich dem Zeitgeist nicht ganz verschlossen hat, aber dennoch ihren persönlichen Wurzeln treu geblieben ist. Zwei Nummer-1-Alben, ein Abo auf den großen Festivalbühnen und unzählige ausverkaufte Gigs sprechen jedenfalls eine Sprache, die aussagekräftiger nicht sein könnte.

Nach anderthalb Dekaden hat sich das Mittelalter-Septett schließlich dazu entschlossen, die relativ wilde Geschichte von den frühen Anfängen in unterschiedlichen Punk- und Rock-Kapellen in der einstigen DDR bis zu den hohen Chartplatzierungen der Jetztzeit Revue passieren lassen. Gemeinsam mit |Rock Hard|-Redakteur Wolf-Rüdiger Mühlmann blickt man in „Wir werden niemals knien – Die Geschichte einer unnormalen Band“ auf die gemeinsame Zeit, persönliche Schicksale, unendliche Partys, Gastspielreisen der ganz außergewöhnlichen Art und auch Exzesse zurück, die vor allem eines konstatieren lassen: Bei |In Extremo| regiert das Chaos – und jenes beherrschen diese Spielleute wohl wie kaum eine andere Rock-’n‘-Roll-Band der heutigen Zeit.

So schaut man in den ersten Kapiteln dieser Biografie vor allem auf die vielen Rückschläge, die die einzelnen Musiker erfahren mussten, als sie mit ihren teils revolutionär ausgerichteten Bands ins Visier der Staatssicherheit gerieten. Auftrittsverbote, Inhaftierungen und eine stille Rebellion gegen den ‚demokratischen‘ Staatsapparat waren seinerzeit an der Tagesordnung, und dies lange Zeit vor der Entdeckung der mittelalterlichen Klänge. Immer wieder kreuzten sich dabei die Wege der Musiker, jedoch sollte es eine ganze Weile dauern, bis sie ihre gemeinsamen Passionen auch zusammen ausleben konnten. Und auch diese Zusammenkunft, von der man selber anfangs noch nicht abschätzen konnte, in welche Richtung sie führen wird, ist mit vielen scharfen Anekdoten beschrieben, die bereits früh das Feuer in den sehr extrovertierten Musikern entfachten.

Doch was danach folgen solle, ist – da übertreiben Mühlmann und die Beteiligten sicher nicht – eine ganz besondere Erfolgsstory, in den Augen vieler auch ein Phänomen. Denn |In Extremo| stürmten die Szene zunächst mit traditionellem Liedgut, hatten eine Vision, die sie auch in den moderneren Songs der letzten Alben nie aus den Augen verloren haben, und die Beharrlichkeit, mit der man jener Vision folgte, hat sich am Ende auf die Art und Weise ausgezahlt, die hinlänglich bekannt ist. Jedenfalls sollte es wohl kaum einen interessierten Rockmusik-Liebhaber geben, der von dieser Band noch nichts gehört hat.

In „Wir werden niemals knien“ sind es aber vor allem die zahlreichen Geschichten aus dem reichhaltigen Erfahrungsschatz der Musiker, die aus einer schlichten Biografie mehr als nur das machen. Natürlich hatten auch |In Extremo| mit schmierigen Managern, unzuverlässigen Business-Leuten und supportarmen Labels zu kämpfen. Und natürlich haben sie den harten Touralltag mit all seinen unschönen Nebenschauplätzen kennengelernt. Was die Band jedoch von den herkömmlichen Emporkömmlingen unterscheidet, sind der ungebrochene Optimismus und die Willensstärke, mit denen man all jenen Querelen begegnet ist. Vor allem die beiden Bandleader Pymonte und Rhein haben sich mit Leibeskräften gewehrt, ihre rebellische Grundhaltung nie aufgegeben und sich am Ende auch gegen die oberflächliche Vernunft durchgesetzt, die ihnen von außen auferlegt wurde. Und diese imposante Motivation, dieser ständige Glaube an sich selbst, auch in Zeiten, als die Zukunft arg auf der Kippe stand, genau dieser Aspekt hat |In Extremo| an die Spitze getrieben, von der die Musikanten nicht mehr wegzudenken sind.

Doch in erster Linie ist dieses Buch pures Entertainment, sehr locker geschrieben, mit sehr vielen Zitaten der Herren Musiker gefüllt, aber auch mit großem Humor dargestellt. Man erfährt von Michaels Raubzügen im Backstage-Bereich, von so mancher bewusstseinsrweiternder Hilfe (wobei die „Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll“-Attitüde teilweise schon sehr krass betont wird), aber auch von den unglaublichen Erfahrungen mit dem südamerikanischen Publikum und den Umständen, unter denen die Band dort umhergezogen ist. Oder man erlebt Herrn Rhein beim Stress mit einer spanischen Airline, die ihm dort ein lebenslanges Flugverbot beschert hat, von den teils sehr traurigen Entscheidungen, Bandmitglieder zu entlassen, umgekehrt aber auch von dem Gefühl, trotz MTV-Boykott die Mainstage von Festivals wie |Rock am Ring| oder |Wacken| zu verbrennen.

Angereichert wird die stellenweise bewegende, meist aber eher witzige Geschichte mit vielen Original-Songtexten, die nicht selten auch die Stimmung innerhalb der Band zur jeweiligen Entstehungszeit umschreiben. Und diese Mischung aus bissigen Worten, interessanten Anekdoten und sehr sympathischem Schreibstil verwandelt diese Biografie schließlich in ein Werk, das auch für diejenigen lesenswert erscheint, die nicht zwingend Interesse am musikalischen Output von |In Extremo| haben. Fans der Band sollten indes sofort zugreifen und ihre Lieblinge auf ihrem Lebens- und Leidensweg begleiten.

|270 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868832112|
http://www.m-vg.de/riva/

Uschmann, Oliver – Überleben auf Festivals

Jeden Sommer kommt es in ganz Europa zu einer wohl einzigartigen Rudelbildung. Tausende Fans der härteren musikalischen Gangart treffen sich bei einer Vielzahl stilistisch genau definierter Festivals zum Party-Wochenende und genießen zu leider immer weiter steigenden Preisen Musik, Drinks und das alljährlich-einzigartige Treiben. Doch was genau veranlasst den Liebhaber über seine musikalischen Interessen hinaus, Teil eines solchen Events zu sein? Warum treibt er sich über drei und mehrere Tage dazu, auf verdreckten Campingplätzen, in beengten Zelten und bei bedenklicher Nahrung seinem Dasein zu fristen, wo der Solo-Gig des Lieblingskünstlers doch weitaus entspannter zu genießen ist? Gründe für den Festivalbesuch gibt es schließlich zahlreiche. Doch wer sind diese Personen, die man auf einem Festival antrifft? Und welche eigenwilligen Rituale bestimmen ihr Leben während der heimischen Abstinenz?

Diesen Fragen ist Oliver Uschmann in seinem neuen Buch „Überleben auf Festivals“ recht intensiv nachgegangen. Und selbst wenn seine skurrile Darstellung über Typen, Personen, Persönlichkeiten und Gegebenheiten satirischer Natur ist, so wird man sich doch vor allem als Verfechter des sommerlichen Treibens sehr schnell in irgendeiner Form wiederfinden – oder gleich in vielfältiger Ausprägung.

Uschmann unterteilt sein Buch in mehrere Kapitel, deren einzelne Episoden nicht nur allzu typische Charakteristika jener Events beschreiben, sondern auch weit hergeholte Thesen über das Seelenleben der jeweiligen Besucherspezies aufstellen. Besonders experimentierfreudig gibt sich der Autor bei der Darstellung der Gattung der Besucher, die vom Barbaren über den Kümmerer bis hin zum modernen Twitterer reicht. Beschrieben werden typische Verhaltensmuster, die musikalisch-äquivalenten Vorlieben, prägende Erlebnisse aus der Vergangenheit und ihre ganzheitliche Konsequenz für den Aufenthalt.

Uschmann beweist dabei Fachkenntnis und Mut, lehnt sich manchmal bewusst sehr weit aus dem Fenster, übertreibt gerade bei der Verhaltensanalyse maßlos, verschafft sich und seinen Umschreibungen dabei aber wachsende Sympathiewerte, weil hier gelegentlich auch Schmerzgrenzen und Tabus überschritten werden, ohne den unteren Sektor der Gürtellinie zu streifen. Wenn hier beispielsweise eigenwillige, aber völlig normale Beziehungsgeflechte zwischen den einzelnen Besuchertypen analysiert werden, ist man erstaunt, dass selbst die völlig überspitzten Ausführungen einen gewissen Wahrheitswert haben, die „Überleben auf Festivals“ nicht bloß als Comedy-Werk wichtig machen. Fakten und Phantasie vermischen sich zu einer urkomischen Einheit, die gerade in den Zusammenfassungen über Menschen wie den Retro-Rocker und den Fachmann einen richtig tollen Unterhaltungswert aufbieten. Und dabei ist hier erst der Anfang gemacht …

In den weiteren Kapiteln werden einem die unterschiedlichen Musikergattungen nahegebracht, man erfährt von Riten und Bräuchen am Zeltplatz und bekommt auch einen ziemlich analytischen Einblick in die Wahl der Bauten und Siedlungen, in denen sich der Festivalbesucher während seines Wochenendausflugs einquartiert. Darüber hinaus widmet sich ein sehr spezieller Teilabschnitt den teils ekelerregenden kulinarischen Genüssen(?), denen man auf dem Gelände begegnet und die zum größten Teil wohl jedweder Hygieneprüfung zum Opfer fallen würden.

Interessant wird es schließlich, wenn sich die einzelnen Inhalte vermischen und beispielsweise bestimmte Rituale mit den dazugehörigen Charakteren in Verbindung gebracht werden. Oder wenn sich offenbart, warum diverse Speisen lediglich von einer bestimmten Gattung des Festivalgastes konsumiert werden. Hier greift Uschmann dann zum äußersten Extrem, würzt seine Darstellungen mit sehr pikantem, trockenem Humor und erreicht am Ende noch weitaus mehr Lacher als der umschriebene Menschentyp im Bierrausch vor der Hauptbühne – und das will ja schon mal einiges bedeuten!

Insofern wäre es eigentlich schon fatal, dieses Buch abzulehnen, weil Festivals und die Menschen, die sich dort Sommer für Sommer aufhalten, ordentlich durch den Kakao gezogen werden. Denn gerade diejenigen, die hier am ehesten betroffen sind, werden staunen, wie perfekt sie in manchen Abschnitten satirisch getroffen werden, welche Eigenbrödlereien sie selber ausleben, ohne sie als solche zu erkennen, und wie – plump gesagt – bescheuert man sich doch gerne schon einmal verhält, wenn man sein Haus für ein Wochenende verlässt und sein Leben in dieser Zeit in die Dienste des Rock ’n‘ Roll stellt. Von daher gehen für diesen ironischen, humorvollen und absolut gelungenen Beitrag zu einem Teil der zeitgemäßen Kultur beide Daumen absolut senkrecht nach oben!

|Paperback, Flexobroschur, 368 Seiten
ISBN: 978-3-453-26808-1|
http://heyne-hardcore.de
http://www.heyne.de

Daniels, Neil – Robert Plant – Led Zeppelin, Jimmy Page & die Solo-Jahre

Wenn man sich bereits mit [„Hammer Of The Gods“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5421, der Mutter aller Led -Zeppelin-Biografien auseinandergesetzt hat, darf man ruhigen Gewissens der Ansicht sein, dass man die wichtigsten Details über die Karriere der Band sowie den individuellen Werdegang ihrer Mitglieder bereits aufgesogen hat. Die skandalträchtige Ansammlung der wichtigsten Stationen einer wohlverdienten Legende mag sich zwar vorrangig von ihren düsteren Episoden nähren, gehört aber als nahezu lückenlose Zusammenstellung einer klischeehaften, daher vielleicht auch typischen Band-Laufbahn zu den essenziellen Werken des gesamten Musikbusiness‘.

Sucht man also noch nach fehlenden Informationen und gezielt recherchierten Einzelheiten, empfehlen sich Abhandlungen zu bestimmten Songs, Alben oder Schicksalen, von denen die Band in ihrer an sich gar nicht mal so langen Karriere einige hat ertragen müssen – und auch hier ist der Fan des bleiernen Luftschiffes ziemlich verwöhnt, da ich viele Experten und Kritiker in den letzten Jahrzehnten umfassend mit dem Lebenswerk des Quartetts auseinandergesetzt haben. Diesen Anspruch hatte Neil Daniels indes nicht; stattdessen ging es ihm in erster Linie darum, den Menschen Robert Plant zu charakterisieren und damit in erster Linie auch den privaten Typen bzw. den Musiker, der auch vor und nach Led Zeppelin sehr aktiv war, und der sich am Ende nicht einzig und alleine darauf einschränken lassen möchte, Sänger und Frontmann der britischen Kult-Truppe gewesen zu sein.

Dieses schwierige Unterfangen – schließlich wird man das Bild des gelockten Vokalisten an Jimmy Pages Seite immer als Erstes im Auge haben – galt natürlich auch als Risiko, da es einen unabhängigen Plant in gewisser Weise nie geben wird. Ähnlich wie ein Paul McCartney immer ein Beatle sein wird, Ritchie Blackmore ohne Deep Purple wahrscheinlich nicht weiter beachtenswert wäre und man auch einen Ace Frehley immer auf seine Jahre bei Kiss reduzieren wird, so wird auch Plant aus dem Fokus eines Aushängeschilds einer Band niemals verschwinden können, nicht zuletzt, weil seine Solojahre nie von vergleichbarem Erfolg gekrönt waren wie jene an der Seite von Page, John-Paul Jones und John Bonham. Doch sind sie deswegen weniger erwähnenswert? Mitnichten …

Allerdings ist der Grenzgang zwischen Legende und Musiker schließlich eine Nummer zu groß für den Plant-Biografen, denn letzten Endes fußen seine Erzählungen und Berichte größtenteils auf den Stationen, die der Sänger in den 70ern durchlaufen hat – und hier war er nun einmal der Frontmann der größten und womöglich wichtigsten Rockband auf dem gesamten Planeten. Doch auch die Herangehensweise, die Daniels wählt, scheint nicht sonderlich vorteilhaft. Der Autor zitiert nicht selten aus anderen Werken, die sich mit der Zeppelin-Karriere beschäftigen und beschränkt viele Episoden der Statements, die einstigen Weggefährten wie Ex-Judas Priest-Sänger Al Atkins, Michael Davis (MC5) oder Don Powell (Slade) auf ihre persönliche Erfahrungen mit dem Zeppelin – und so bleibt ihm die ersuchte Unabhängigkeit über weite Strecken von „Led Zeppelin, Jimmy Page & Die Solo-Jahre“ verwehrt.

Natürlich steuert auch Daniels Input bei, der in dieser Form noch nicht veröffentlicht wurde, darunter eben jene Interview-Schnipsel, die er aus persönlichen Gesprächen mit damaligen Zeitgenossen entnehmen durfte. Doch zu oft wird nur zitiert, Sequenzen aus Zeitschriften und Fachliteratur als Basis verwendet und die eigene Note, die diesem Buch so gut getan hätte, schmerzlich vernachlässigt. Ferner scheint der Autor überhaupt nicht kritisch mit seinem Titelhelden umzugehen; das Gros des Buches beschreibt Plants wundersame Aura, seine Bühnenpräsenz und seine Bescheidenheit, während die Fehltritte, die beispielsweise in „Hammer Of The Gods“ schonungslos offenbart werden, kaum Platz einnehmen. Man erkennt, dass Daniels in Robert Plant einen Helden sieht, ein Idol als Mensch und Musiker, und dass ihm daher auch hier eine gewisse Ehrerbietung entgegengebracht wird, die oftmals den objektiven Rahmen eines biografischen Werkes verliert – und das wirkt sich schließlich entscheidenden auf das Lesevergnügen aus, das im Vergleich zum genannten Referenzwerk deutlich gemindert ist.

„Led Zeppelin, Jimmy Page & die Solo-Jahre“ ist daher auch nur denjenigen zu empfehlen, die noch ein paar Randdaten sammeln und ein paar Bonus-Infos erhaschen wollen, die an anderer Stelle nicht näher beleuchtet oder sogar komplett ausgespart wurden. Doch als Musiker-Biografie, die zudem noch konsequent den wichtigsten Teil der Karriere klein halten möchte, ohne dass dies auch wirklich gelingt, taugt Daniels‘ Werk nur sehr bedingt, da es einerseits sehr gedrungen, andererseits aber auch nur selten unterhaltsam gestaltet wird. Es ist eine Ansammlung von Fakten und kurzen, persönlichen Statements – nicht mehr, aber, da muss man fair bleiben, auch nicht weniger. Ein erster Griff für Zepellin-Neulinge ist dieses Buch daher sicher nicht!

|Broschiert: 345 Seiten
Originaltitel: Robert Plant
ISBN-13: 978-3854453000|
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Bender, Hilmar – Violent Evolution: Die Geschichte von KREATOR

Es ist nicht der erste Frühling, den die Ruhrpott-Jungs von KREATOR dieser Tage erleben. Nach der Rückbesinnung zu ihren evidenten Wurzeln und der Neustrukturierung innerhalb der Band gelang Mille Petrozza und seinen Jungs mit dem Release von „Violent Revolution“ ein erneuter Durchbruch, den man zumindest nach der experimentellen Phase zu „Outcast“-Zeiten und dem sehr ruhigen „Endorama“-Album nicht mehr erwartet hätte. Es waren schließlich Scheiben wie „Enemy Of God“ und „Hordes Of Chaos“, die den wiederholten Aufwärtstrend des Altenessener Quartetts nicht nur bestätigten, sondern die Band als Nummer 1 in der europäischen Szene endgültig und bis zum heutigen Tag festigen sollten.

Gerade aufgrund der bewegten Ereignisse und der vielen prägnanten Karriere-Stationen, aber auch aus Anlass zum nunmehr fast 30-jährigen Bestehen der Band ist es daher sicher einmal Zeit, die Geschichte der einst noch stark im Punk verwurzelten Truppe aufzurollen und vor allem das in den Fokus zu nehmen, was die vielen Episoden in der KREATOR-Historie geprägt haben. Mit Hilmar Bender haben sich Petrozza und Co. nun einen externen Biografen ins Haus geholt, der zwar nicht als unmittelbares Bindeglied zur Band fungiert, deren Laufbahn aber intensiver verfolgt hat als manch eingeschworener Kuttenträger. Bender, ebenfalls ein Kind aus dem Pott, rollt in „Violent Evolution“ nicht nur Geschichtsträchtiges auf, sondern ist auch sehr bemüht, genau das darzustellen, was die einzelnen Köpfe und Charaktere innerhalb der Band und ihres direkten Umfeldes ausmacht. Doch mit einer Schwierigkeit musste sich der Autor hierbei ganz besonders auseinandersetzen: Wie kann man den Lebensweg einer Musikgruppe beschreiben, die in ihrem aktiven Handeln diverse, nur schwer nachvollziehbare Schritte unternommen hat, ohne dabei die Sicht des Fans zu verlieren? Denn genau in diesem Punkt gerät „Violent Evolution“ nicht nur einmal an seine neutralen Grenzen.

Der Fokus des Buches liegt dabei ganz klar auf der Entwicklung der Erstbesetzung bzw. der Truppe, die seinerzeit Alben wie „Pleasure To Kill“ und „Endless Pain“ mit einer Spontaneität eingespielt hat, die es im heutigen Thrash Metal nicht mehr geben kann. KREATOR bzw. die darin involvierten Personen sind Launenmenschen, deren vorrangige Ambition vor allem in den mittleren 80ern darin bestand, ihre Energien in Musik umzuwälzen. Gerade die Verwurzlung in der Ruhrpott-Szene ist dabei von entscheidender Bedeutung und wird detailreich mit einer Menge Augenmerk versehen. Lobenswert ist hierbei, dass sich Bender von Saufeskapaden und Vergleichbarem stark distanziert (man denke nur mal an die Gewichtung dieser Themen in der GRAVE DIGGER-Biografie), die Band zwar auch als partielle Party-Truppe charakterisiert, aber eben den Schwerpunkt ausschließlich auf die persönliche Entwicklung der Protagonisten sowie die einzelnen Kapitel in deren Leben als Band setzt.

Dennoch kann man das Geschriebene nicht ganz unkritisch sehen, da die Verteilung jener Prioritäten nicht wirklich gleichmäßig erfolgt. Man erfährt eine Menge über die Einstellung der Band zur Szene und deren Auf- und Niedergang, wird aber nur am Rande mit den eigenwilligen Entscheidungen konfrontiert, die zum zeitweiligen Untergang des Bandkonstrukts führten. „Renewal“ als zwiespältiges Album bekommt zwar noch etwas Aufmerksamkeit, die musikalischen Tiefschläge, die das Old-School-Publikum jedoch mit „Endorama“ verkraften musste, bekommen aber keinen großen Raum und werden quasi ausgeblendet.

An sich wird zwar nicht wirklich alles schön geredet, aber es fehlt nicht bloß einmal die offensive Auseinandersetzung mit den kritischen Entscheidungsschritten dieser Band, vielleicht auch vor dem Hintergrund, dass die Herrschaften aus Essen eines Tages doch wieder die Kurve bekommen haben. Aber schließlich sind es vielleicht gerade diese Inhalte, eben die weniger logischen Konsequenzen, über die man gerne lesen möchte. Die Chronologie der Dinge nachzuvollziehen, und das auch vergleichsweise ausführlich und faktisch, hat sicher auch einen Reiz. Aber was „Violent Evolution“ abseits der Fakten des Öfteren verloren geht, ist ein gewisser Tiefgang und ein Blick hinaus über den Tellerrand der Dinge, die im Zusammenhang mit KREATOR gerade für Fans eh schon wie in Stein gemeißelt sind.

Letztgenannter Umstand sollte aber keinesfalls ein Hindernis sein, „Violent Evolution“ im Händlerregal verstauben zu lassen. Nur, und das darf man eben nicht verschweigen, hat die Biografie der vielleicht wichtigsten Thrash-Band der Jetztzeit einige kleine Lücken, die man als beinharter Fan der Petrozza-Gang gerne gefüllt sehen würde. Und das ist schade, da eine solche Chance vielleicht nur einmal kommt – sofern es bei dieser Erstauflage bleibt!

|Hardcover: 221 Seiten
ISBN-13: 978-3866081444|
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Hudson, Saul / Bozza, Anthony – Slash – Die Autobiografie

Wäre mein Name Saul Hudson, würde ich jetzt einen Zylinder tragen. ich wäre ein hemmungsloser Rockstar, lebte in der ‚Paradise City‘ und wüsste nicht, wie ich meinen vernichtenden Hunger jemals stillen sollte. Vielleicht mit ein bisschen Koks? Oder am Ende doch mit einer gesunden Portion Rock ’n Roll? Womöglich darf es ja am Ende auch eine verbale Auseinandersetzung mit einem exentrischen Gegenspieler sein? Axl Rose eventuell?

Nun, der Lebenswandel des Herrn, der im Business eher unter dem Pseudonym Slash bekannt ist, hat viele exzessive Seiten. Der einstige Skateboard-Rabauke, der mehr oder weniger zufällig an die Gitarre geriet und hier auch anfangs kaum Talent zeigte, hat nicht nur in jungen Jahren, jede Line und jeden Whiskey mitgenommen, der ihm in die Hände fiel. Dem Alkohol verfallen, von den Drogen teilweise zerfressen, vom plötzlichen Reichtum übermannt und schließlich immer wieder vom Business und der Musik gerettet: Der Lebenslauf des Schlangenliebhabers liest sich wie die klischeehafte Abwandlung der Spinal-Tap-Story, ergänzt durch die symbolische Adaption der Eskapaden von Bands wie Led Zeppelin und Aerosmith und scheint in seiner Ausprägung noch maßloser übertrieben als Mötley Crües Schmierenschrift „The Dirt“. Doch man muss nicht weit vordringen, um in der nun veröffentlichten Biografie nachzuvollziehen, dass jedes Erlebnis, das hier in seiner teilweise beängstigenden Breite aufgegriffen wird, auch tatsächlich ein Teil des Lebens von Mr. Hudson ist – und genau dies macht dieses Buch von der ersten Seite an zu einem bemerkenswerten Schriftstück.

Dabei mag es in vielen Passagen des relativ dicken Schmökers unrealistisch erscheinen, dass der Namensgeber sich gerade an die kleineren Fehlgriffe noch bis ins kleinste Detail erinnert, schließlich hat der Kerl seinem Körper so viele bewusstseinserweiternde Mittelchen zugefügt, dass man meinen müsste, dass ganze Episoden aus seiner Jugend und den ersten Jahren bei Guns ’n Roses völlig aus seiner Erinnerung verschwunden sein müssten. Doch Slash nimmt den Faden in der Kindheit auf, spinnt ihn über eine schwierige Jugend, ergänzt die herben Rückschläge mit seinen ersten Bands, kommt schließlich mit ähnlich wuchtigem Tempo zum Durchbruch wie seine einstige Combo und verwandelt seine Autobiografie dann zwischenzeitlich in einen unvermeidlichen Abriss der Guns-’n-Roses-Story – allerdings aus einer sehr objektiven, nur selten kritischen Perspektive. Zwar räumt der Mann mit dem legendären Hut ständig Fehler wie der verschwenderische Umgang mit den enormen finanziellen Mitteln ein, begibt sich aber nicht in die Schlammschlacht, die man sicher zu befürchten gehabt hätte, würde sein Evil Twin Axl die Dinge aus seiner Sicht beschreiben. Stattdessen bleibt Slash seinem Naturell treu, gibt sich als der coole, lässige Typ von nebenan und macht nicht mal den Ansatz von nachtragenden Statements oder Negativ-Statements über die schleichende Auflösung seiner Truppe. Zumindest tritt er nicht nach, auch wenn ihm die Art und Weise – das liest man zwischen den Zeilen – absolut missfällt!

Letzten Endes ist es aber nicht in erster Linie das Leben mit jener Band, welches den Löwenanteil dieses Werkes ausmacht. Natürlich stehen die Ereignisse im Bandkontext über vielen elementaren Inhalten, doch in letzter Instanz ist es der Mensch und Musiker, der sich hier mit einer bemerkenswerten Selbstdarstellung Tribut zollt, und nicht sein Umfeld und all die Störenfriede, von denen dieses Buch erzählt. Und hier steht zwischen den Linien die ganze Spanne von Verzweiflung bis Euphorie, von selbstironischer Selbstzerstörung bis hin zum blindwütigen Eskapadismus und von Leidenschaft bis hin zur Totalaufgabe. Es sind so viele Episoden, die Erwähnung verdienen, vor allem aber die steten Unbekannten, über die man sich hier am meisten freut. Slash versteht sich nämlich blendend darauf, die Szenen herauszufischen, die jenseits von Ruhm und Ehre stehen, jene Seiten, die das humane Wesen hinter dem Rockstar analysieren, dabei aber nicht werten, sondern schlichtweg zu unterhalten wissen. Unterhaltung ist letztendlich auch das, was sich die Schöpfer dieser fantastischen Biografie auf die Fahne geschrieben haben. Lockeres Geschreibsel und reichlich Spontaneität bei der Auswahl der Kapitel stehen dem voraus und werden schlussendlich von einem Themenkreis ergänzt, der prinzipiell jede derbe Rockstar-Biografie in den Schatten stellt – einfach weil die Klischees hier glaubhaft an den Mann gebracht werden. Und auch wenn man am Ende nicht über jede Line und jeden Tupfer Crack informiert werden möchte: Es hat doch immer wieder was, wenn Slash in den Tiefen seiner Persönlichkeitsentwicklung gräbt und beschreibt, wie er sein Leben an den Grenzen jeglicher exzessiven Toleranz wieder in den Griff bekommen hat. Und dass zum Schluss hin eigentlich niemand weiter nach Guns ’n Roses bzw. dem Split fragt, ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Autor hier einen mehr als gesunden Mittelweg eingeschlagen hat – und eine Richtung, die man als Leser nicht nur begrüßen darf, sondern deren zahlreiche Anteile man mit einer unglaublichen Wolllust verschlingen wird!

|Hardcover: 512 Seiten
ISBN-13: 978-3927638457|
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Johnson, Brian – Rock auf der Überholspur

_Ein Mann und sein Auto …_ Der Leitspruch von Hasselhoffs alter Zauberkiste könnte auf kaum eine Person so genau abgestimmt sein wie auf AC/DC-Frontröhre Brian Johnson. Der Mann mit der Batschkapp, der seinerzeit das schier immens große Erbe der nach bester Rock & Roll-Manier verschiedenen Skandalnudel Bon Scott antreten durfte, stand lange Jahre im Schatten seines Vorgängers und er beiden Young-Brüder, die ihn anno 1980 zu jenen geschichtsträchtigen Auditions einluden, die wiederum langfristig zu den Aufnahmen des Klassikers „Back In Black“ führten. Und dabei war Johnson von Beginn an ein nahezu vergleichbar signifikantes Aushängeschild wie der viel zitierte Angus, nur eben dass er sich bei der Pressearbeit weitestgehend zurückhielt und lieber seinen Kollegen die großen Worte überließ. Mit der Zeit hat sich dieser Status jedoch zunehmend zugunsten des einstigen Geordie-Sängers geändert – bis dieser schließlich selber die Muße fand, seine ganz persönliche Biografie zu verfassen.

„Rock auf der Überholspur“ ist in diesem Sinne aber alles andere als eine typische Retrospektive eines namhaften Musikers. Johnson lässt zwar in den unzähligen Kapiteln seines ersten Buches viele knappe Zitate zu den Ereignissen rund um die Starkstrom-Rocker los, beschreibt im Kern jedoch nicht seine persönliche Entwicklung bzw. die Chronologie der Dinge, die den Monster-Act in die heutzutage vielleicht erfolgreichste Live-Band überhaupt verwandelt hat. Stattdessen beschränkt sich der charmante Sympathieträger auf seine Vorliebe für fahrbare Untersätze jeglicher Art und verknüpft die wichtigsten Episoden seines Lebens mit bestimmten Pkws, kultigen Oldtimern, flotten Flitzern und seinen Erlebnissen im Rennsport-Metier, die gerade in den vergangenen beiden Dekaden zum zweiten zeitraubenden Hobby des Sängers geworden sind.

Und dieser Schritt macht gleich aus mehreren Gründen Sinn, denn a) ist die Geschichte von AC/DC in zahlreichen inoffiziellen Biografie-Werken schon bis zum Abwinken durchgekaut worden, b) ist die Reportage des Arbeiterklassekinds, welches plötzlich seine große Chance bekam, auch nichts mehr, was noch irgendeinen Fan des Quintetts aus der Reserve locken könnte, und c) weiß man über Johnson und seinen medienscheuen Charakter einfach unheimlich wenig, weil er sich nie wirklich um sein Außenbild gekümmert hat – wenigstens nicht bewusst. Was liegt da also näher, als von Eskapaden auf der Rückbank zu berichten, unflätige Banausen abzustrafen, die den wahren Schatz ihrer Feuerstühle nicht richtig einzuordnen wissen, und dabei genau das nach außen zu kehren, was Johnson von jeher am meisten beschäftigt: Pferdestärken, Gleichgesinnte und darüber hinaus auch ein wenig der Rock & Roll!

_Die Art und Weise_, wie sich der Mann dabei in Szene setzt, mag natürlich hin und wieder ein wenig abgedroschen sein, was womöglich aber auch an der sehr umgangssprachlichen Übersetzung liegt. Dass hier beispielsweise manche deutschen Sprichworte verwendet werden, erscheint komisch, sichert aber den lockeren Sprachgebrauch, der auf den gut 220 Seiten garantiert ist. Lesenswert ist in diesem Sinne allerdings, dass der Autor ständig irgendwelche ziemlich abstrakten Vergleiche herzieht, um Ungeschicke oder Peinliches sinnbildlich zu beschreiben. Es ist einerseits der raue Ton der Straße, der sich hier Schritt für Schritt manifestiert, andererseits aber auch ein Gespür für humorvolle Redewendungen, deren wahrer Sinngehalt definitiv für Johnsons kreative Phantasien spricht. Kreativ kann man ja schließlich auch sein, wenn man bestimmte Begebenheiten mit den eingequetschten Genitalien eines Affen vergleicht.

Zum Beispiel … Der hohe Unterhaltungswert resultiert aber dennoch aus den kurzweiligen Texten, die immer wieder kleine Episoden aus Johnsons Leben ans Tageslicht bringen, ohne dabei den Tiefgang zu suchen oder zwanghaft das Leben mit der Band vorne an zu stellen. Lediglich Basser Cliff bekommt mehrfach sein Fett weg, da er bei der Wahl seiner Karossen stets in die Tonne greift. Ach ja, und dass Angus keinen Führerschein besitzt, möchte der Sänger natürlich auch noch einmal betonen, da diese Vorstellung für ihn einfach so absurd scheint, dass ihm für eine derartige Verschwendung eigener Ressourcen jegliches Verständnis fehlt.

Und die Autos? Oh ja, sie stellen den Löwenanteil. Aston, Bentley, Rolls Royce, zwischendurch mal ein pannenbehafteter Lotus: Brian weiß nicht nur, wovon er spricht, er hat auch schon mit allerlei Motoren Freundschaft geschlossen und Hasslieben entwickelt, ohne dabei irgendwie wählerisch zu sein. Er ist schlichtweg fasziniert vom Rennsport und der Power, die sich hinter den einzelnen Kraftfahrzeugen verbirgt und lässt dieser Leidenschaft in jedem Kapitel von „Rock auf der Überholspur“ freien Lauf. Und mehr als dies gibt er dabei so viel über sich und seinen Charakter preis, dass man spätestens mit dem unsicheren Schlusswort weiß, dass man den Menschen Brian Johnson nie besser hätte kennen lernen können, als über diesen begeisterungstüchtigen Report auf vier Rädern bzw. zwanzig Dutzend Seiten. Und da die Anekdoten nicht zwangsweise AC/DC-Stoff sind und sich nicht bloß an deren Publikum richten, muss man auch dem Universaltalent hinter diesem Buch applaudieren. Wobei: Gerade Fans der australisch-schottischen Combo sollten hier zugreifen, weil zwischen den Zeilen weitaus mehr Persönliches steht als in allen zweitklassigen Lizenzwerken um Young, Young, Williams, Rudd und Johnson! Sowohl vom Entertainment-Gehalt als auch hinsichtlich des feinen Humors ist diese „automobile Biografie“ wärmstens zu empfehlen!

|Gebunden: 220 Seiten
Mit 31 Fotos und Illustrationen
Originaltitel: Rockers and Rollers (2009)
ISBN-13: 978-3931624644|
[www.ip-verlag.de]http://www.ip-verlag.de

Canter, Marc / Porath, Jason – It\’s (not) so easy – Guns N\‘ Roses: Der steinige Weg zum Erfolg

_Die finale Doku für Fans: ein Fest fürs Auge, ein Füllhorn an Infos_

Marc Canter begleitete seinen Freund Saul Hudson, später bekannt als Gitarrist Slash, von der Highschool bis zum Olymp der Erfolgs. Er wurde Zeuge der Anfänge des Erfolgs von Guns N‘ Roses und der Entstehung ihres legendären Albums „Appetite for Destruction“. Canters Fotos und Tonaufnahmen fingen private Momente der Band ein und hielten fest, wie sich GNR in ihren Anfängen auf der Bühne durchkämpfte. Erinnerungsstücke wie Flyer, Kartenabrisse, Setlists, Presseberichte und handgeschriebene Songtexte runden die Texte, Fotos und Grafiken ab. In Interviews kommen die Bandmitglieder und Personen, die ihnen damals nahestanden, zu Wort.

_Die Mitwirkenden_

Marc Canter begleitete seinen Jugendfreund Saul Huson alias Slash sowie die Band von Anfang an, indem er sie dokumentierte: Ton, Video, Fotos von jedem Gig zwischen 1982 und 1987, Flyer zu Konzerten und vieles mehr – der Grundstock für diesen Fotoband. Canter ist im Hauptberuf Besitzer und Betreiber des in der Rock-’n‘-Roll-Welt berühmten Restaurants „Canter’s Deli“ in L.A. Er begleitete GNR vor allem bis zum Bestseller-Album „Appetite for Destruction“.

Jack Lues trug zusätzliches Fotomaterial bei,
Jason Porath die Interviews und Zwischentexte. Er ist Autor des Buches „Mugshots“ (wörtlich: Verbrecherfotos), einer fotojournalistischen Dokumentation über ehemals drogenabhängige Hollywood-Künstler. Als Drebuchautor und Regisseur arbeitete er für Non-Profit-Organisationen, Wirtschaftsunternehmen und TV-Sender, darunter Discovery Channel, Learning Channel, National Geographic Television, BBC, Ford, Volunteers of America und die Special Olympics.

_Die Band_

Saul Hudson / Slash: Gitarre
Bill Bailey / Axl Rose: Gesang
Izzy Stradlin: Gitarrist, gehörte bis 1991 zu Guns N‘ Roses
Duff MacKagan: Bass, gehörte bis 1998 zur Band
Steven Adler: Drums, bis er bei den Aufnahmen zu „Use your Illusion“ durch Matt Sorum ersetzt wurde

|Die Genesis von Guns N‘ Roses:|

– Slash gründete die Bands Tidus Sloan und Roadcrew, spielte bei London, Klass und Black Sheep, bevor er GNR beitrat.

– Axl Rose gründete die Bands Rapidfire und Rose, die dann zu Hollywood Rose, New Hollywood Rose, LA Guns und schließlich am 6.6.1985 GNR wurde, als Slash und Duff seiner Band beitraten.

– Izzy Stradlin spielte ab 1983 bei Naughty Women, The Atoms und Shire, bevor er Hollywood Rose beitrat. Spielte Oktober 1984 kurzzeitig bei London.

– Duff MacKagan spielte 1980-84 in Seattle bei The Vains, The Fastbacks, The Fartz und 10 Minute Warning, bevor er nach L.A. zog und Slashs Band Roadcrew beitrat.

– Steven Adler spielte kurz bei Roadcrew, bevor er Axl Roses Band Hollywood Rose beitrat.

_Inhalte_

Nach der Vorstellung dieser und anderer „Hauptdarsteller“ folgt das umfangreiche Inhaltsverzeichnis. Dem Fan bietet es durch ROTEN FETTDRUCK bereits den ersten Wegweiser auf die Tracks, die ihn am meisten interessieren, nämlich die auf „Appetite for Destruction“, der angeblich besten LP von GNR. Im Grunde ist das gesamte Buch ein umfangreiches Making-of dieser einen Platte, die nicht nur für GNR eine neue Ära einläutete.

|Der 1. Teil: Genesis (1981 bis 6.6.1985)|

Begleitet von umfangreichem Bildmaterial (mehr dazu unter „Mein Eindruck“), schildert der erste der drei Buchteile mit dem Titel „Anything Goes“ die Entstehungsgeschichte der Besetzung für die LP-Aufnahme. Wie sich schon oben aus den Hauptdarstellern und ihren diversen Bands ablesen lässt, ist diese Genesis verschlungen, verwickelt, von Rückschlägen und zahlreichen Wechseln gekennzeichnet. Man könnte, etwas unfair, sagen, dass GNR entstand, als sich Axl Rose und Slash zusammentaten.

|Der 2. Teil: Rise to Fame (28.6.-5.4.1986)|

Wie in allen drei Teilen, verzeichnet das extrem hilfreiche Inhaltsverzeichnis sämtliche wichtigen Auftritte der Band auf ihrem Weg zu Ruhm & Reichtum. Der zweite Teil sieht die Band endlich auf dem aufsteigenden Ast. Zwischen Juni 85 und dem November schaffen sie es das erste Mal, das Haus auszuverkaufen, ja, es kam sogar zu einer Schließung des ROXY wg. Überfüllung. Der stets streitbare Frontman Axl Rose legt sich mehrfach mit der Lokalpresse an, die heiß umkämpft ist, weil eine gute Konzertkritik über Aufstieg und Untergang einer Band entscheiden kann.

Neben der andauernden engen Beziehung zu den Stripperinnen der Stadt taucht erstmals eine ungewohnte Hörergruppe auf: Anzugträger. Es sind Scouts der Plattenfirmen. Erstmals wird auch Tom Zutaut, A&R-Manager der Plattenfirma Geffen Records, Zeuge eines ausverkauften Konzerts. Allerdings nicht, wie vom Inhaltsverzeichnis behauptet auf Seite 208, sondern erst auf Seite 215. So viel also zur Genauigkeit des Inhaltsverzeichnis.

|Der 3. Teil: Fame (26.4.1986-16.8.1988)|

Wir kommen auf die Zielgerade. Aber es wird eine immens schwere Geburt, das erste von sechs geplanten Alben, die Tom Zutaut mit den Jungs produzieren will. Und weil sich so viele Schwierigkeiten ergeben, kriegt Geffen Records langsam kalte Füße. Nur ein allerletzter Ruf von Zutaut an den Chef David Geffen höchstselbst rettet die Platte, die kurz vorm Scheitern steht (S. 330). Die Spannung steigt ins Unermessliche.

Der Grund für die Verzögerung ist das Insistieren der Band, allen voran Axl Rose, auf einen ganz bestimmten Sound, der auf der LP umgesetzt werden soll. Dieser Wunsch lässt zahlreiche Musikproduzenten, also bessere Aufnahmeleiter, schon in der Testphase ausscheiden. Und selbst wenn einer mal was aufnimmt, fliegt er wieder raus, wenn das Ergebnis nicht den Vorstellungen der Band entspricht. Erst als diese sich auf den Sound der britischen Rockgruppe UFO aus den Siebzigern und auf einem ganz bestimmten Konzert festlegt, kommt Bewegung in die Aufnahmen. Es gibt in den USA und Großbritannien tatsächlich noch einen einzigen Menschen, der diesen Sound reproduzieren kann! Der Mann hieß Mike Clink. Abgemischt wurde die Platte von Steve Thompson und Mark Barbiero – ohne die Hilfe eines einzigen Computers!

Ein Leckerbissen für Fans ist die Episode mit Adriana Smith. Die süße Freundin von Axl Rose, die im Buch x-fach abgelichtet auftaucht, wurde dafür gebraucht, einen ganz bestimmten Klang auf „Rocket Queen“ beizutragen: Stöhnen beim Orgasmus. Die Geschichte auf Seite 325 über diese eine Aufnahmesession dürfte zu den Episoden gehören, die jedem Leser (egal ob weiblich oder männlich) in Erinnerung bleiben werden.

Der Rest ist Geschichte. Mike Clink rechnete von Anfang an mit zwei Millionen verkauften Alben. Zutaut war optimistischer. Er tippte auf immerhin fünf Millionen. Aber es gab einen großen Haken: MTV wollte das Video zu „Welcome to the Jungle“ ums Verrecken nicht spielen! Erst durch Geffens Intervention (s.o., S.330 und 333) spielte MTV das Video nachts um zwei. Es wurde ein Hit (S. 335), die erste Million LPs ging praktisch über Nacht weg, und die LP hat sich bis heute mehrere zehn Millionen Mal verkauft.

|BONUSMATERIAL|

Das letzte Bild des Buches auf Seite 348 zeigt eine Eintrittskarte von GNR für ihre Tournee zu „Use Your Illusion“ aus dem Jahr 1991. Der Disclaimer mit seinen vielfältigen Verboten ist ein Zeichen dafür, dass die Band nun im Big Business angekommen war.

_Mein Eindruck_

|Die Texte|

Ein Phänomen wie GNR aus nur einer Perspektive darzustellen, wäre ziemlich vermessen – in jedem Fall aber stark verkürzend und somit entstellend. Daher hat Jason Porath, der Texter, die multiperspektivische Darstellung gewählt, die dazu führt, dass eine unglaubliche Fülle von Personen zu Wort kommt. Das spiegelt aber lediglich die Situation im richtigen Leben wider.

Jedes Zitat wird mit dem Namen des Zitatgebers versehen, der fett gedruckt vorangestellt wird. Alle diese Leute selbst zu identifizieren, gehört mit zu den Aufgaben des Lesers. Zum Glück sind die meisten in einem gesonderten Porträt vorgestellt, was dazu führt, dass es eine große Anzahl von Textkästen gibt. Diese sind manchmal interessanter als die Hauptstrecke, welche meist in einer Aneinanderreihung von Zitaten besteht.

Zu den Standardtexten bei den über 50 dokumentierten Konzerten gehören Zitate aus den Stage Announcements und Axl Roses fiesen Kommentaren auf die Lokalpresse, aber auch Bitten um Nachsicht, dass wieder mal ein Verstärker ausgefallen sei usw. Diese Texte bilden eine Einheit mit den dazugehörigen Konzertfotos und den Dokumenten wie etwa Plakaten, Eintrittskarten, Presseberichte und handgeschriebene Songtexte. Auf diese Weise lässt sich das Buch als Sequenz von Live-Auftritten lesen bzw. erleben, wenn die entsprechende Musik dazu läuft.

|Die Fotos|

Am 16. August 1988 spielten GNR im Giants Stadium zusammen mit Bands, da ganz oben angekommen waren: mit Aerosmith, ihrem vielfach gecoverten Vorbild, aber auch mit Deep Purple, den Rock-Dinosauriern, die den Boden für laute Gruppen wie GNR bereitet hatten. Dies war das Zeichen, dass GNR im Olymp angekommen waren.

Dieses Ereignis wurde wie so viele weitere von Marc Canter, dem Amateurfotografen, Restaurantbesitzer und ständigen Bandbegleiter, in Fotos festgehalten. Auch die frühesten Bilder von Anfang der achtziger Jahre stammen von ihm. Die Qualität ist durchweg sehr genießbar, denn schließlich will niemand etwas für verwaschene oder unscharfe Bilder zahlen.

|Das Artwork (Grafiken etc.)|

Das dritte Element sind Grafiken, wie man sie in einer Musikdoku weniger erwarten würde. Die Zeichnungen stammen in der Regel von Saul Hudson alias Slash, der sie entweder für seine Roadcrew, für ein Plakat oder für Freunde wie Canter anfertigte. Sie sind meist ziemlich frech, entsprechen aber genau dem Stil von GNR.

Wertvoll sind auch die Grafiken mit Übersichten, sowohl von den Klubs in L.A. als auch die Entstehungsgeschichte von GNR, die den Werdegang und das Zusammenkommen der verschiedenen Vorläuferbands optisch sinnfällig aufbereitet.

_Unterm Strich_

Bis heute ist „Appetite for Destruction“ eines der meistverkauften und –gespielten Rock-Alben aller Zeiten. Es wurde 30 Millionen Mal über die Ladentheke geschoben. Dabei ist sein Sound für die Zeit des Stadionsrocks ziemlich ungewöhnlich. Es klingt (mit voller Absicht), als würde die Band lediglich einen Klub von, sagen wir mal, 500 Sitzen beschallen wollen. Das rührt daher, dass es keinen oder kaum Hall gibt, wie er damals bei Plattenaufnahmen üblich bzw. |de rigeur| war.

Ein Song wie „Paradise City“ mit seinem volksliedhaften Refrain lässt sich eben am besten in einem Klub mitsingen. Dennoch klingen die Instrumente und der Gesang deutlich voneinander unterscheidbar, was beispielsweise Slashs Gitarre eine starke Präsenz verleiht. Dieser Sound hat zahlreichen Band als Vorbild gedient. Heute, da der Sound von Stadionrock mega-out ist (außer bei Classic-Rock-Sendern), klingt dieser Sound, der eigentlich aus den Siebzigern stammt, wieder modern bzw. zeitlos. Dabei war „Appetite“ eines der letzten Rock-Alben, das ohne Hilfe eines Rechenknechts abgemischt wurden. Alle diese Details findet der Fan im Buch erwähnt.

Jawoll, dieses Buch ist eindeutig nix für Einsteiger, sondern für bereits bekehrte Anhänger der Band. Das sichtbarste Anzeichen dafür ist, dass es an keiner einzigen Stelle im Buch die Tracklist dieser LP gibt. Es wird einfach als bekannt vorausgesetzt, dass beispielsweise „Sweet Child O’Mine“ das letzte Stück der zweiten Seite ist – gut versteckt vom A&R-Man Tom Zutaut himself. (Er erklärt auch genau die Gründe dafür.)

„Mit diesem Buch möchte ich erreichen, dass jeder, der die Band mag – und sogar die, die die Band nicht mögen – sehen kann, wie eine der größten Platten, die je gemacht worden sind, entstanden ist. Ich möchte, dass jeder, der das Buch gelesen hat, das Gefühl hat, dass er selbst dabei gewesen ist und direkt neben mir stand“, schreibt Marc Canter im Vorwort zu „It’s (Not) So Easy“. Das ist ihm gelungen. Wer also den steinigen Weg der Band zur ersten LP und der Ankunft im Rock-Olymp hautnah nachvollziehen möchte, dürfte an diesem Buch kaum vorbeikommen. Und dabei hat er auch noch jede Menge Spaß.

|Originaltitel: Reckless Road – Guns N‘ Roses and the Making of Appetite for Destruction, 2007
348 Seiten
Aus dem US-Englischen von Simone Blass
ISBN-13: 978-3-86543-361-9|
http://www.bosworth.de

|Siehe ergänzend dazu auch Swen Reuters [Rezension 5838 zum Buch.|