Wenn man sich bereits mit „Hammer Of The Gods„, der Mutter aller Led -Zeppelin-Biografien auseinandergesetzt hat, darf man ruhigen Gewissens der Ansicht sein, dass man die wichtigsten Details über die Karriere der Band sowie den individuellen Werdegang ihrer Mitglieder bereits aufgesogen hat. Die skandalträchtige Ansammlung der wichtigsten Stationen einer wohlverdienten Legende mag sich zwar vorrangig von ihren düsteren Episoden nähren, gehört aber als nahezu lückenlose Zusammenstellung einer klischeehaften, daher vielleicht auch typischen Band-Laufbahn zu den essenziellen Werken des gesamten Musikbusiness‘.
Sucht man also noch nach fehlenden Informationen und gezielt recherchierten Einzelheiten, empfehlen sich Abhandlungen zu bestimmten Songs, Alben oder Schicksalen, von denen die Band in ihrer an sich gar nicht mal so langen Karriere einige hat ertragen müssen – und auch hier ist der Fan des bleiernen Luftschiffes ziemlich verwöhnt, da ich viele Experten und Kritiker in den letzten Jahrzehnten umfassend mit dem Lebenswerk des Quartetts auseinandergesetzt haben.
Diesen Anspruch hatte Neil Daniels indes nicht; stattdessen ging es ihm in erster Linie darum, den Menschen Robert Plant zu charakterisieren und damit in erster Linie auch den privaten Typen bzw. den Musiker, der auch vor und nach Led Zeppelin sehr aktiv war, und der sich am Ende nicht einzig und alleine darauf einschränken lassen möchte, Sänger und Frontmann der britischen Kult-Truppe gewesen zu sein.
Dieses schwierige Unterfangen – schließlich wird man das Bild des gelockten Vokalisten an Jimmy Pages Seite immer als Erstes im Auge haben – galt natürlich auch als Risiko, da es einen unabhängigen Plant in gewisser Weise nie geben wird. Ähnlich wie ein Paul McCartney immer ein Beatle sein wird, Ritchie Blackmore ohne Deep Purple wahrscheinlich nicht weiter beachtenswert wäre und man auch einen Ace Frehley immer auf seine Jahre bei Kiss reduzieren wird, so wird auch Plant aus dem Fokus eines Aushängeschilds einer Band niemals verschwinden können, nicht zuletzt, weil seine Solojahre nie von vergleichbarem Erfolg gekrönt waren wie jene an der Seite von Jimmy Page, John-Paul Jones und John Bonham. Doch sind sie deswegen weniger erwähnenswert? Mitnichten …
Allerdings ist der Grenzgang zwischen Legende und Musiker schließlich eine Nummer zu groß für den Plant-Biografen, denn letzten Endes fußen seine Erzählungen und Berichte größtenteils auf den Stationen, die der Sänger in den 70ern durchlaufen hat – und hier war er nun einmal der Frontmann der größten und womöglich wichtigsten Rockband auf dem gesamten Planeten. Doch auch die Herangehensweise, die Daniels wählt, scheint nicht sonderlich vorteilhaft. Der Autor zitiert nicht selten aus anderen Werken, die sich mit der Zeppelin-Karriere beschäftigen und beschränkt viele Episoden der Statements, die einstigen Weggefährten wie Ex-Judas Priest-Sänger Al Atkins, Michael Davis (MC5) oder Don Powell (Slade) auf ihre persönliche Erfahrungen mit dem Zeppelin – und so bleibt ihm die ersuchte Unabhängigkeit über weite Strecken von „Led Zeppelin, Jimmy Page & Die Solo-Jahre“ verwehrt.
Natürlich steuert auch Daniels Input bei, der in dieser Form noch nicht veröffentlicht wurde, darunter eben jene Interview-Schnipsel, die er aus persönlichen Gesprächen mit damaligen Zeitgenossen entnehmen durfte. Doch zu oft wird nur zitiert, Sequenzen aus Zeitschriften und Fachliteratur als Basis verwendet und die eigene Note, die diesem Buch so gut getan hätte, schmerzlich vernachlässigt. Ferner scheint der Autor überhaupt nicht kritisch mit seinem Titelhelden umzugehen; das Gros des Buches beschreibt Plants wundersame Aura, seine Bühnenpräsenz und seine Bescheidenheit, während die Fehltritte, die beispielsweise in „Hammer Of The Gods“ (s.o.) schonungslos offenbart werden, kaum Platz einnehmen. Man erkennt, dass Daniels in Robert Plant einen Helden sieht, ein Idol als Mensch und Musiker, und dass ihm daher auch hier eine gewisse Ehrerbietung entgegengebracht wird, die oftmals den objektiven Rahmen eines biografischen Werkes verliert – und das wirkt sich schließlich entscheidenden auf das Lesevergnügen aus, das im Vergleich zum genannten Referenzwerk deutlich gemindert ist.
Unterm Strich
„Led Zeppelin, Jimmy Page & die Solo-Jahre“ ist daher auch nur denjenigen zu empfehlen, die noch ein paar Randdaten sammeln und ein paar Bonus-Infos erhaschen wollen, die an anderer Stelle nicht näher beleuchtet oder sogar komplett ausgespart wurden. Doch als Musiker-Biografie, die zudem noch konsequent den wichtigsten Teil der Karriere klein halten möchte, ohne dass dies auch wirklich gelingt, taugt Daniels‘ Werk nur sehr bedingt, da es einerseits sehr gedrungen, andererseits aber auch nur selten unterhaltsam gestaltet wird. Es ist eine Ansammlung von Fakten und kurzen, persönlichen Statements – nicht mehr, aber, da muss man fair bleiben, auch nicht weniger.
Ein erster Griff für Zeppelin-Neulinge ist dieses Buch daher sicher nicht!
Hinweis der Redaktion: Robert Plant konnte kürzlich seinen 75. Geburtstag feiern. Das ist auch nicht jedem Rock’n’Roller beschieden gewesen.
Broschiert: 345 Seiten
Originaltitel: Robert Plant
ISBN-13: 9783854453000
http://www.hannibal-verlag.de