Abraham Merritt – Das Volk der Fata Morgana. Fantasy-Klassiker

Kampf gegen den Krakengott

Der junge Bergwerksingenieur Leif Langdon hat auf einer Expedition nach Zentralasien erlebt, dass ihn das aussterbende Volk der hellen Uiguren, wikingerartiger Krieger, für die Reinkarnation eines uralten Helden ihres Stammes hält – des unbesiegbaren Dwayanu. Für sie ruft er den furchtbaren Krakengott Khalk’ru und flieht entsetzt, als er seine Tat begreift.

Aber wer Khalk’ru gerufen hat, der muss auch seinem Ruf folgen – und Monate später ruft der Gott Leif, im äußersten Alaska, in einem Tal, das unter einer ewigen Fata Morgana verborgen liegt. Mit der Herrin der weißen Wölfe und dem gewaltigen Schmied Tibur kämpft Leif um die Macht und um das Leben der schönen Evalie, die zum Opfer für Khalk’ru bestimmt ist. Aber der heißeste Kampf tobt in ihm selbst, als Dwayanu, der grausame Krieger der Vorzeit, Macht über seine Seele zu gewinnen beginnt … (Verlagsinfo)

Der Autor

Abraham Merritt lebte von 1884 bis 1943 und war als Journalist, Chefredakteur von „The American Weekly“, Immobilienmakler und Schriftsteller tätig. Er verfaßte vor allem Fantasy, obwohl er auch SF-Leser und -Autoren stark beeinflußte. Wegen seines Berufs war er sehr beschäftigt, was seinen Ausstoß nicht besonders groß werden ließ. 1917 erschien seine erste Story, 1918 mit „The Moon Pool“ sein erster Roman. Dieser enthielt bereits die Merritt-Standardingredienzien der Aliens und der „Lost Race“, die irgendwo auf unserer Erde im Verborgenen überlebt hat – ähnlich wie King Kong. „The Metal Monster“ (1920) beschreibt ein fremdes Kollektivwesen aus Metallteilchen.

Weitere Werke: „The Ship of Ishtar“ (1924/26), „7 Footprints to Satan“ (1928, verfilmt), „The Face in the Abyss“ (1923; ebenfalls bei S. Fischer), „Burn Witch Burn!“ (1932/33), „Creep, Shadow!“ (1934, verfilmt), „The Fox Woman and Other Stories“ (Collection, 1949).

Merritts Einfluss rührte weniger von seinen unoriginellen Handlungsverläufen oder seinem überbordenden Stil her als vielmehr von der wirklich originären Kraft, mit der er sich alternative Welten und Realitäten vorstellen konnte. Sam Moskowitz: „Merritt war das überragende Fantasy-Genie seiner Zeit“ („Explorers of the Infinite“, Kap. 12, 1963). Nichtsdestotrotz war Merritts Prosa wortreich und gefühlsbetont. Wiederholt benutzte er das romantische Frauenbild der Viktorianer (für die eine Frau entweder Jungfrau oder Teufelin war) in den schönen, doch bösartigen Priesterinnen, die bei ihm auftauchen. In seiner Zeit, der Great Depression, drückte er die eskapistische Sehnsucht nach Andersartigkeit und Geheimnissen mit einer emotionalen Kraft aus wie kein anderer.

Die Reihe

„Das Volk der Fata Morgana“ ist in der (inzwischen eingestellten) „Bibliothek der phantastischen Abenteuer“ des S. Fischer Verlags, Frankfurt/M., erschienen. Hier erschien auch „Das Gesicht im Abgrund“, „Der Mondteich“ und „Die Metallstadt“. Die Reihe zeichnete sich durch ausgezeichnete Übersetzungen wie auch durch phantasievolle und aufwendige Titelillustrationen aus – vom hohen Preis ganz zu schweigen. Ein wichtige Leistung lag auch in der Veröffentlichung der wichtigsten Werke von Thorne Smith (z.B. „Meine Frau, die Hexe“, verfilmt mit Cary Grant und Kim Novak).

Handlung

Leif Langdon ist ein junger Bergwerksingenieur. der sich einer geologischen Expedition nach Zentralasien angeschlossen hat. Dort lernt er die uigurische Sprache so schnell, als habe er sie nur eine Weile vergessen gehabt. Schließlich führen ihn die Uiguren, ein sterbendes Volk, in ihr weit entfernt gelegenes Felsenheiligtum. Ein alter Schamane begrüßt Leif als Dwayanu, den wiedergeborenen Helden des Volkes, und erstaunt sieht Leif, daß die Hochadligen des Volkes wie blasse Kopien seines eigenen Typus‘ aussehen.

Merkwürdige Erinnerungen beginnen ihn zu quälen, manches davon ist ihm jedoch sonderbar selbstverständlich, und hin und wieder scheint es ihm, als sei er tatsächlich der geheimnisvolle Dwayanu. In dieser Rolle nimmt er an einem Menschenopfer in einer Höhle teil. Eine junge Frau wird dem Krakengott Khal’kru übergeben, der sie verschlingt. Leif selbst leitet, in Trance versunken, das Ritual. Als ihm bewusst wird, was er getan hat, flieht er entsetzt.

Die Uiguren halten ihn nicht zurück, doch der alte Schamane warnt ihn: Wer Khal’kru gerufen und von ihm Antwort erhalten habe, der müsse auch selbst antworten, wenn der Gott ihn rufe…

Der Ruf des Gotts

Und schließlich kommt, was kommen muss: Der Gott ruft Leif, in einem fernen Tal in Alaska, das unter einer Fata Morgana verborgen auf ihn wartet. Mit Lur, der Herrin der weißen Wölfe, und dem hünenhaften Schmied Tibur kämpft Leif um die Macht und um das Leben der schönen Evalie, die zum Opfer für Khal’kru bestimmt ist. Aber der härteste Kampf tobt in Leif selbst, als Dwayanu, der grausame Krieger aus der Vorzeit, Macht über seine Seele zu gewinnen beginnt. Der Konflikt spiegelt sich in seinem Verhältnis zu den beiden Frauen wider: auf der einen Seite die dominante Wolfsherrin Lur, auf der anderen die liebliche, aber schwache Evalie.

Hinweis

Die Konventionen – und die Redakteure – des Jahres 1932 verhinderten den Schluss, den Merritt seinem Roman zunächst geben wollte. Sie ließen, ebenso wie in der vorliegenden Ausgabe, Leif die liebliche „Jungfrau in Not“ Evalie retten, auf dass sie zusammen glücklich und zufrieden bis an Ende ihrer Tage lebten. Merritts eigener Schluss wurde erst neun Jahre (1941) später gedruckt.

Unterm Strich

„Das Volk der Fata Morgana“ ist ein abenteuerlicher Action-Fantasy-Roman, den man nur schwer aus der Hand legen kann. Der spannende und farbige Roman verrät zahlreiche Anleihen bei Henry Rider Haggard (1856-1925) und dessen bekannten Romanen um verlorene Rassen bzw. Völker, beispielsweise „Sie“ und „Ayesha“. Die Göttin SIE entspricht in Merritts Roman der hexenhaften Wolfsherrin Lur, einer Art Femme fatale. Sie findet ihr Gegenstück in Dwayanu, dem Krieger. Doch der sterbliche Leif bekommt eben die sterbliche Evalie.

Merritt benutzt alles, was gut und teuer in der Fantasy der 30er Jahre ist. Meiner Erfahrung nach gefällt das auch noch Lesern aus den Neunzigern. Lediglich die Darstellung der Frauen (-Wesen) dürfte niemanden zufriedenstellen.

Taschenbuch: 303 Seiten
Originaltitel: Dwellers in the mirage, 1932 (Ausgabe von 1960)
Aus dem Englischen von Marcel Bieger
ISBN-13: 9783596227037

https://www.fischerverlage.de/verlage/fischer_taschenbuch

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