Jedes Jahr im Frühling kehren sie nach dem Winter in ihr »Sommerland« am See im Nordwesten Schwedens zurück. Doch in diesem Frühjahr ist alles anders: Als die dreizehnjährige Iŋgá mit den Rentieren, Mutter und Tante das Tal erreicht, ist ihr Dorf versunken. Birken, Hütten, das Hab und Gut der Familie und vor allem das Grab des Vaters – alles unter Wasser, rücksichtslos geopfert für die Wasserkraftproduktion und den Profit der Städte im Süden. Es beginnt ein jahrzehntelanger Kampf gegen die Mächtigen des Landes, der nicht nur die drei Frauen, sondern das ganze sámische Dorf vor eine Zerreißprobe stellt. (Verlagsinfo)
Die Musikerin Johaenne steht auf ihrem Fenstersims im fünften Stock, und der Friedhof ist praktischerweise nebenan. Der Mann, den sie unbändig geliebt hat, ist aus ihrem Leben verschwunden, die Liebe zu ihm jedoch ist geblieben. Was nun?! Es ist Nacht, nur der Mond kann sie sehen, und er hat Fragen.
Johaenne begreift, dass sie keine Selbstmörderin ist, und setzt tastend ihre Schritte in ein neues Leben. Doch die Welt ist aus den Fugen: Ein Nebel bedeckt die halbe Welt, Feuersbrünste und Heuschreckenschwärme wüten. Aus der Stadt flieht Johaenne aufs Land, in den Bungalow ihres verstorbenen Vaters. Hinzu stoßen ihre neuen Freundinnen Jamal und Shenmi, die Pianistin Ayo und ein kleiner Hund. Bedrohlich wirkt das Nachbarhaus, und kann der Nebel wirklich Dinge und Lebewesen für immer verschlucken?
Bald sind die Frauen abgeschnitten von allen Informationen über die Außenwelt. Während der Nebel das Haus umhüllt, klären die vier Frauen für sich die Verhältnisse. In einer Welt, in der alles verschwindet, leben sie Solidarität und Liebe. Und Johaenne erkennt, dass sie sich erlauben muss, glücklich zu sein. (Verlagsinfo)
Vier Frauen, vier Leben und die Sehnsucht nach Sichtbarkeit, Liebe und Selbstbestimmung. Der lang erwartete neue Roman von Chimamanda Ngozi Adichie. Spiegel-Bestsellerautorin, literarischer Superstar und feministische Ikone.
Chiamaka ist Reiseschriftstellerin, navigiert zwischen ihrer nigerianischen Heimat und ihrem amerikanischen Zuhause und versucht, sich im Rückblick auf die Männer ihres Lebens zu erklären, wann genau ihr ihre Träume abhandengekommen sind. (Verlagsinfo)
Eine Frau läuft durch den Wald. Eigentlich bereitet sie sich auf einen Marathon vor, aber getrieben ist sie von etwas anderem. Alles, was sie vergessen will, kehrt zu ihr zurück, und so nähert sie sich Atemzug für Atemzug dem sechzehnjährigen Mädchen, das sie einmal gewesen ist. Der erste Kuss auf einer Party. Der erste überwältigende Rausch, der den Körper so leicht werden ließ. Die Mutter, die mit Argusaugen über sie wacht und ihren unbändigen Lebenshunger kontrolliert. Der Vater, der sich immer weiter distanziert.
(Verlagsinfo)
»Ich habe mich von deinem Vater befreit und dachte, jetzt wird alles besser.« Édouard Louis kehrt zur Geschichte seiner Mutter zurück. Zu einer Frau, die sich schon einmal befreit hat. Von Alkohol, Gewalt und Scham, vom Schweigen. Und deren Geschichte sich zu wiederholen droht, als sie eines Nachts den Sohn anruft, während ihr neuer Partner sie im Hintergrund rüde beschimpft. Schritt für Schritt plant der Sohn mit ihr den Ausbruch, ein neuer Anfang gelingt, aber wie geht das Leben weiter, wenn man Freiheit nie gelernt hat? (Verlagsinfo)
Vytautas Vargalys wurde vor der sowjetischen Besatzung Litauens geboren, avancierte zum Freiheitskämpfer, wurde daraufhin gefoltert und in ein Arbeitslager in Sibirien deportiert. Er überlebt, wird aber fortan von rätselhaften Visionen und Erinnerungen heimgesucht und auch von paranoidem Verfolgungswahn. Denn Vytautas, der seit seiner Rückkehr als Bibliothekar arbeitet, ist überzeugt: Die bröckelnde sowjetische Macht lauert hinter jeder Straßenecke, und jede Vorstellung von Wirklichkeit trägt eine Alternative schon in sich. Seine Affäre mit der Bibliothekskollegin Lolita wird jäh durch einen Mord beendet – und mündet in eine Anklage gegen Vytautas. Im Prozess beschreibt jeder der aufgerufenen Zeugen eine ganz eigene Wahrheit. Wem kann man glauben? Ist es am Ende die eigene Wahrnehmung, die einen täuscht? Das monumentale »Vilnius Poker« ist der wichtigste litauische Roman des 20. Jahrhunderts und ein schillerndes Kaleidoskop, das mit jeder Bewegung ein neues Bild ergibt. (Verlagsinfo)
Herbert Grönemeyer – die erste umfassende Gesamtdarstellung zu Leben und Werk
Zum ersten Mal sah ihn die halbe Nation in dem Film »Das Boot«. Dann kam der große Erfolg als Musiker mit »4630 Bochum«, das zusammen mit »Mensch« bis heute zu den zehn meistverkauften Musikalben in Deutschland gehört. Mit Versen wie »Gib mir mein Herz zurück / Bevor es auseinanderbricht« hat Grönemeyer deutsche Popgeschichte geschrieben. Wer aber ist dieser Herbert Grönemeyer? Wie lässt sich die Wucht und Energie, auch das Tröstliche seiner Musik erklären? Wie gelang es ihm über Jahrzehnte hinweg, sich selbst treu zu bleiben? Und warum sieht man in ihm wie bei keinem anderen Star in Deutschland einen von uns? (Verlagsinfo)
Jayne Anne Phillips‘ Kurzgeschichten beschreiben junge Leute um die Dreißig, Leute in einer Übergangsphase. Die preisgekrönte Autorin zeichnet Stimmungen, Bildern, Situationen mit einer Leichtigkeit, als habe sie das schon immer gemacht. Sehr beeindruckend: Die Frau kann wirklich erzählen.
Im Jahre 1887 unternimmt der junge Oberleutnant André de Saint-Avit einen Erkundungsritt in das nordafrikanische Hoggar-Massiv. Ihn begleiten Jean-Marie-Francois Morhange, ein Armee-Geograph und Gelehrter, und ein Beduine. Nach einigen Wochen überfällt sie in den Tifedest-Bergen ein furchtbares Unwetter, das das kleine Seitental, in dem sie lagerten, in einen reißenden Strom verwandelt. Mühsam retten sie sich in eine Höhle. Dort entdeckt Morhange eine uralte Inschrift, die in der Tuareg-Sprache den Namen „Antinea“ bildet. Ihn trägt die Urenkelin des Poseidon und letzte Königin von Atlantis, in deren gewalt die Franzosen sich bald befinden werden… (gekürzte Verlagsinfo)
Der Autor
Der Franzose Pierre Benoit wurde 1886 im südfranzösischen Albi geboren und starb 1962 in St. Jean de Luz. Er schrieb eine Menge spannender Abenteuerromane, die sofort populär, in zahlreiche Sprachen übersetzt und teils auch verfilmt wurden.
Von der Hoffnung erfüllt, mit Hilfe einer seltsamen Landkarte einen Schatz der alten Inkas zu finden, macht sich Nicholas Graydon, ein Bergbauingenieur, gemeinsam mit drei Abenteurern auf den Weg in ein Gebiet der Kordilleren, das bisher noch kein Weißer betreten hat. Habgier, Goldfieber und Hass lassen die Expedition zu einem Fiasko werden. Nur Graydon überlebt – und er gelangt nach Yu-Atlanchi, dem verbotenen Land. Dort – unter Geschöpfen, die zeitlos sind und für die der Tod unbekannt ist – lernt Graydon, der Mann des 20. Jahrhunderts, die Wunder und Schrecken eines Volkes kennen, das viel älter als die Menschheit ist… (Apex-Verlag) Abraham Merritt – Das Gesicht im Abgrund. Fantasy-Klassiker weiterlesen →
Der junge Bergwerksingenieur Leif Langdon hat auf einer Expedition nach Zentralasien erlebt, dass ihn das aussterbende Volk der hellen Uiguren, wikingerartiger Krieger, für die Reinkarnation eines uralten Helden ihres Stammes hält – des unbesiegbaren Dwayanu. Für sie ruft er den furchtbaren Krakengott Khalk’ru und flieht entsetzt, als er seine Tat begreift.
Aber wer Khalk’ru gerufen hat, der muss auch seinem Ruf folgen – und Monate später ruft der Gott Leif, im äußersten Alaska, in einem Tal, das unter einer ewigen Fata Morgana verborgen liegt. Mit der Herrin der weißen Wölfe und dem gewaltigen Schmied Tibur kämpft Leif um die Macht und um das Leben der schönen Evalie, die zum Opfer für Khalk’ru bestimmt ist. Aber der heißeste Kampf tobt in ihm selbst, als Dwayanu, der grausame Krieger der Vorzeit, Macht über seine Seele zu gewinnen beginnt … (Verlagsinfo) Abraham Merritt – Das Volk der Fata Morgana. Fantasy-Klassiker weiterlesen →
Wer in den zwölf weißen Bänden von Christoph Ransmayrs »Spielformen des Erzählens« nach dem klassischen Ton großer Erzählungen sucht, wird jene 13 Geschichten entdecken, die nun erstmals in einem Band versammelt sind. Die Entdeckungsreise führt von Irland in den Transhimalaya, aus dem oberösterreichischen Bergland zu den Bürgerkriegsschauplätzen Sri Lankas oder in die Sahara, in den Frieden afrikanischer Nebelwälder und ins Südchinesische Meer. (Verlagsinfo)
Michael Lentz erinnert sich in »Heimwärts« an die unheimlichen Jahre der alten Bundesrepublik. Zwischen Apfelkuchen und Zorn, zwischen Matchboxautos und Metaphysik spielt sich in seinem neuen Roman eine westdeutsche Kleinstadt-Kindheit ab. Regelmäßig rutscht dem Vater die Hand aus, oder man begegnet sich wortlos im Haus. Es gibt viel zu essen, und die Mutter sorgt für Ordnung und schlechtes Gewissen. Unterbrochen werden die Erinnerungen von der Stimme eines Kindes, das die alte Bundesrepublik nur noch vom Hörensagen kennt und mit all dem alten Kram heute nicht mehr viel anfangen kann. (Verlagsinfo)
Eine junge Frau reist nach Togo, im Gepäck ein Aufnahmegerät und den Auftrag, zu Flucht- und Migrationsursachen zu forschen. Vor Ort trifft sie Menschen, die ihr von sich erzählen: eine Schneiderin, die ihrer Abschiebung aus Deutschland zuvorkam, einen jungen Mann, der mit seinem Dienst im Waisenhaus hadert, und den Bibliothekar, der sie aufmerksam macht auf die Europäerinnen und Europäer, die wie Gespenster das Land bevölkern. (Verlagsinfo)
Auf den ersten Blick scheint dieser Roman nichts mit Schwarzafrika zu tun zu haben. Susan Barton, von meuternden Matrosen auf einer Insel irgendwo im Atlantik ausgesetzt, trifft auf Robinson und Freitag. Doch anders als in dem berühmten Roman von Defoe gibt es auf der Insel keine Abenteuer zu bestehen, gibt es keine wilden Tiere und keine Kannibalen.
Die Rückkehr in sein ungarisches Heimatland konfrontiert den Nachfahren einer historischen Serienmörderin nicht nur mit den Verbrechen alter und neuer Kriegsgewinnler, sondern lässt ihn auch fürchten, dass seine böse Ahnin aus dem Jenseits zurückkehren will … – Positiv anstrengende, weil unerhört intensive Lektüre, die nicht nur eine spannende Geschichte erzählt, sondern auch dem Wesen des Bösen nachspürt: ein Buch, das in Erinnerung bleiben wird! Andrei Codrescu – Die Blutgräfin weiterlesen →
»Blaubarts Burg« ist der letzte Teil der Terra-Alta-Trilogie von Javier Cercas: Melchor hat seinen Job als Polizist endgültig an den Nagel gehängt. Er arbeitet in der Terra Alta als Bibliothekar, die Bücher und seine 17-jährige Tochter Cosette erfüllen sein Leben.
Als Cosette von einer Reise nach Mallorca nicht zurückkehrt, wird Melchor nervös. Ist es bloß die Laune eines Teenagers? Oder ist sie auf den wilden Partys der Insel in die falschen Hände geraten?
Doch dann bricht der Kontakt zu seiner Tochter vollständig ab, und Melchor muss handeln. Mit Hilfe seiner ehemaligen Polizeikollegen gelingt es ihm, die Spur aufzunehmen. Sie führt in die Villa eines Oligarchen, in der immer wieder junge Frauen verschwinden.
Auf der verzweifelten Suche nach seiner Tochter sieht sich Melchor Marín mit der Korruption und Vetternwirtschaft der Urlaubsinsel konfrontiert. Doch er weiß sich zu helfen. (Verlagsinfo)
»Kein Schlussstrich!« Das war die Forderung vieler Stimmen aus der Nebenklage nach dem Urteil des NSU-Prozesses. Zu wenig wurde aufgeklärt, zu viel politisch versprochen. Was genau aber passiert mit einem Prozess, um dessen Grenzen so nachhaltig gestritten wird? Wer beobachtet die dritte Gewalt bei ihrer Arbeit, wenn es um rassistischen Terror und den Angriff auf unsere Demokratie geht? Kathrin Röggla erzählt nicht in der üblichen Vergangenheitsform von einem abgeschlossenen Fall, und sie nimmt die bewusst unprofessionelle Perspektive eines »Wir« ein, das oben auf den Zuschauerrängen sitzt. Doch wer sind »wir« eigentlich, wenn jedes »Wir« durch den Prozess in Frage gestellt wird? Mit großer Genauigkeit, aber auch mit erstaunlicher Komik und Musikalität erzählt Rögglas Roman von den Rollen und Spielregeln des laufenden Verfahrens, um zu einer radikal offenen, vielstimmigen Form der Aufklärung zu kommen. Es ist ein Buch über die aktive Teilhabe all der Menschen, die das Gericht zu einem lebendigen Ort der Demokratie machen. (Verlagsinfo)
Im November 1918 konnte und wollte die Welt endlich aufatmen: Der „große“, der (Erste) Weltkrieg hatte nach vier grausamen Jahren endlich sein Ende gefunden. Millionen waren auf den Schlachtfeldern gefallen, die Überlebenden wollten endlich heim und ihr ziviles Leben aufnehmen. Doch die Ruhe währte nur einen Monat: Im Dezember 1918 brach die „Spanische Grippe“ über die Welt herein, keine Seuche, sondern eine Pandemie, die über den gesamten Globus raste und 700 Millionen Menschen infizierte. Als sie 1920 allmählich abebbte, waren mindestens 20, womöglich aber 100 Millionen Menschen tot – ertrunken im eigenen Blut, das die Lungen füllte und sie zum Kollaps brachte.
Die Überlebenden waren schockiert, ja traumatisiert. Kaum eine Familie gab es, die keine Opfer zu beklagen hatte. Unheimlicherweise waren es vor allem die Starken und Jungen, die unter der Grippe fielen. Unbeschreibliche Szenen spielten sich ab. In den Städten vermummten sich die Bürger mit Gesichtsmasken, Särge füllten ganze Straßenbahnwaggons, Massengräber mussten ausgehoben werden. Es schien keine Rettung zu geben. Machtlos beobachteten Ärzte und Wissenschaftler, wie kräftige Männer und Frauen binnen weniger Stunden erkrankten und kurz darauf starben.
Als dann die Grippe so spurlos verschwand, wie sie gekommen war, wurde sie aus dem kollektiven Bewusstsein verdrängt. Niemand wollte über den Horror sprechen, der über die Menschen gekommen war. Nur eine Handvoll verstreuter Forscher wollte wissen, was da geschehen war, denn sie fürchteten eine Rückkehr dieser Grippe, die so schlimm wütete wie die legendäre Pest des Mittelalters. Sie mussten um Fortschritte kämpfen – mit ihrem Unwissen, mit den Unzulänglichkeiten einer Technik, die der Suche nach mikroskopisch kleinen Krankheitserregern nicht gewachsen war, mit dem Neid und der Gleichgültigkeit von Kollegen und Politikern. Die Suche nach dem „Killervirus“ von 1918 wurde zu einer mehr als acht Jahrzehnte währenden Odyssee, welche die Mediziner in ihrer Verzweiflung zu drastischen Maßnahmen Zuflucht suchen ließ: So wurden Jahrzehnte nach der Großen Grippe Gräber geöffnet, die man 1918 in Dauerfrostböden angelegt hatte. In den Lungenflügeln der gefrorenen Leichen hoffte man endlich den Virus zu finden, damit man ihn erforschen und ein Gegenmittel herstellen konnte.
Denn eines war den Wissenschaftlern trotz aller Rückschläge bald klar geworden: Jede Grippe birgt das Potenzial einer tödlichen Pandemie in sich; sie spielt es allerdings nur selten aus. Was sind die Auslöser, wie kann man die Anzeichen erkennen, welche Vorsorgen treffen, wie sieht eine Behandlung aus? Um diese Fragen zu beantworten, muss man den „Gegner“ freilich kennen. Wie aktuell dieses Thema ist, erwies sich Anfang des 21. Jahrhunderts, als sich in Asien eine Vogelgrippe entwickelte, die beunruhigt viele Elemente der Seuche von 1918 in sich vereinigte und gen Westen vordrang. Die angstvolle Frage war und ist: Schafft es der Virus zu mutieren, vom Vogel auf den Menschen zu „springen“ und ihn mit einer Krankheit zu infizieren, gegen die es wiederum kein wirksames Gegenmittel gibt?
Mein Eindruck
Es kratzt im Hals und die Nase läuft – soll das der Stoff sein, aus dem ein historisches Drama rekonstruiert wird? Er ist es, und bereits nach der Lektüre des Vorworts ist man sicher, dass die Verfasserin ihr Thema weder verfehlen noch ihre Leser langweilen wird. Gina Kolata baut „Influenza“ wie einen Wissenschaftsthriller auf, wobei sie der tatsächliche Ablauf der Ereignisse unterstützt: Den Auftakt bildet die eigentliche Katastrophe von 1918, welche die Autorin in eindringlichen, gut recherchierten Bildern aufleben lässt. Dann geht es mit einer Schar idealistischer Wissenschaftler auf den steinigen Weg der Erkenntnis, der mehr als einmal die Grenze des gruselig Bizarren streift und dabei das Hohelied des grimmig entschlossenen, forscherlichen Einzelkämpfers singt, der auf der Suche nach dem Virus gefrorene Eskimoleichen ausgräbt. Ein erster Höhepunkt zeichnet sich ab, als Kolata an das große Grippe-Desaster von 1976 erinnert: In der Furcht vor einer Rückkehr des Killer-Virus von 1918 setzte die US-Regierung eine Impfung sämtlicher Bürger an; die Grippe kam nicht, stattdessen ließ ausgerechnet der Impfstoff viele Menschen krank werden. Schließlich folgt das Finale: Nach über 80 Jahren kann der Killer-Virus von 1918 endlich gefunden und entschlüsselt werden. Aber das Happy-End fällt aus, stattdessen kündigt sich eine Fortsetzung an: Der nächste Virus naht, und er ist mysteriöser und gefährlicher als sein „Vorgänger“!
Zur Eindringlichkeit der Darstellung trägt bei, dass Kolata viele biografische Details in ihre Darstellung einfließen lässt. Sie hat tief in alten Unterlagen gegraben und wenn (noch) möglich mit den Beteiligten gesprochen. Hier und da drängt sie diese ein wenig zu sehr in „Rollen“ – der genial-bescheidene Landarzt, der karrieregeile Blender, der idealistische Rund-um-die-Uhr-Forscher usw.: eine US-typische Methode, (historische) Fakten „menschlicher“ wirken zu lassen.
Zu den im Gedächtnis haftenden Fakten, die uns in diesem Sachbuch erläutert werden, gehört die einleuchtende Erklärung der Tatsache, dass „Grippe“ viel mehr ist als ein lästige Krankheit, die höchstens uralte oder geschwächte Menschen gefährden kann. Normalerweise wird die körpereigene Abwehr, unterstützt durch diverse Medikamente, mit dem Virus mehr oder weniger schnell fertig. Doch stets ist da die Gefahr, dass ein Virus entsteht, der sich nicht auf diese Weise niederringen lässt. Viren sind sehr mutationsfreudige Wesen, die sich jederzeit in einen Erreger verwandeln können, gegen den buchstäblich kein Kraut gewachsen ist.
Im Jahre 2000 schien es wieder so weit zu sein. Unter dem irreführenden und verharmlosenden Namen „Vogelgrippe“ arbeitete sich ein Virus aus dem asiatischen Raum in die westliche Hemisphäre vor. Er befällt bisher nur Vögel, aber sollte er so mutieren, dass er in Säugetieren und Menschen gedeihen kann, gibt es ein ernstes Problem. Wie ernst es werden könnte, verdeutlicht Gina Kolata am Beispiel der Grippe von 1918. Ihr Buch erschien bereits 1999, doch wurde das Thema im Licht der Vogelgrippe so aktuell, dass die Verfasserin ihr Werk 2005 um ein entsprechendes Kapitel erweiterte.
Dies ist die Fassung, die nun auch in Deutschland neu veröffentlicht wurde – eine gute Entscheidung, da dieses quasi von der Realität geschriebene Schlusskapitel die Argumentation abrundet: Die Verbindung zwischen den Grippen von 1918 und 2000ff. wird geschlossen, die Bedeutung der Jagd auf den Grippevirus leuchtet plötzlich sehr viel stärker ein, aus einer Rekonstruktion längst vergessener medizinischer Triumphe und Niederlagen wird ein Thema mit unmittelbarer Gegenwartsrelevanz. Insofern ist der zwecks Verkaufsförderung der deutschen Fassung aufgeklebte Sticker mit der Aufschrift „Vogelgrippe – Das geschieht, wenn wir nicht handeln“ durchaus mehr als bloße Marktschreierei.
Autorin
„Gina Kolata gehört zu den anerkanntesten Wissenschaftsjournalisten in den USA. Nachdem sie für das Science Magazine arbeitete, schreibt sie seit 1987 regelmäßig für die New York Times. Sie hat Mikrobiologie und Mathematik studiert und veröffentlichte mehrere Bücher, u.a. zur Gentechnik. Für ihr Talent, komplizierte Wissenschaftsthemen anschaulich zu beschreiben, erhielt Gina Kolata zahlreiche Auszeichnungen.“ (Amazon.de)
Gina Kolata wurde 1948 in Baltimore, Maryland, geboren. Sie studierte Mikrobiologie und Mathematik und arbeitet seit 1974 als Wissenschaftsjournalistin. Seit 1987 ist sie für die „New York Times“ tätig. Kolata hat sich auf medizinische Fragen und hier auf die Themen „Epidemien/Pandemien“ und „Gentechnik/-ethik“ spezialisiert. In ihren mehr als 600 Artikeln scheute sie nie vor Kontroversen zurück, kritisierte Politiker, Mediziner und andere Interessengruppen und konfrontierte sie mit unangenehmen Fragen und Wahrheiten. Ihre Gegner gestehen ihr journalistische Kompetenz und die Fähigkeit zu, komplizierte Sachverhalte allgemeinverständlich auszudrücken, werfen ihr jedoch vor, voreingenommen zu sein und Interviewpartner zu beeinflussen. Kolata lebt mit ihrer Familie in Princeton, New Jersey, wo sie an der Universität als Gastprofessorin lehrt – eine Tätigkeit, die sie auch an andere US-Universitäten führt.
Ergreifend und ungeschönt erzählt Elliot Page von seinem langen Weg zu sich selbst.
Mit seiner Hauptrolle in »Juno« hat Elliot Page die Welt in seinen Bann gezogen. In seinem ersten Buch erzählt er endlich seine Wahrheit: vom Aufwachsen in der kanadischen Hafenstadt Halifax, vom Erwachsenwerden im von traditionellen Geschlechterrollen besessenen Hollywood. Von Sex, Liebe, Trauma und phantastisch anmutenden Erfolgen. »Pageboy« ist die Geschichte eines Lebens, das an den Rand des Abgrunds gedrängt wurde – und eine Feier des Moments, in dem wir, frei von den Erwartungen anderer, mit Trotz, Mut und Freude uns selbst entgegentreten. Ein Buch von aufwühlender Schönheit und politischer Schlagkraft. (Verlagsinfo)
Gebundene Ausgabe : 336 Seiten
S. Fischer
Geist ist geil! Seit 2002 – Ständig neue Rezensionen, Bücher, Lese- und Hörtipps