Compton, Jodi – Kälter als der Tod

Detective Sarah Pribek war bereits in Jodi Comptons Debüt „Sechsunddreißig Stunden“ die Hauptperson und hatte mit der zwielichtigen Vergangenheit ihres Ehemanns zu kämpfen. Im Nachfolger „Kälter als der Tod“ macht ihr ihre eigene Vergangenheit zu schaffen.

In „Sechsunddreißig Stunden“ wurde Royce Stewart, der die kleine Tochter von Sarahs Partnerin vergewaltigt und umgebracht hatte, getötet und niemand weiß, dass dies durch Sarahs Partnerin geschah. Offiziell ruhen die Ermittlungen, weil es keinen Verdächtigen gibt, doch eines Tages taucht der karrieregeile Anwalt Gray Diaz in Minneapolis auf. Er möchte Sarah den Mord anhängen, verhört sie dazu und konfisziert ihr Auto. Sarah hält sich an die Version der Tat, die sie mit ihrer verzogenen Partnerin besprochen hat, doch Gray ist gut in seinem Job und spürt Beweise auf, von denen die junge Detective nichts gewusst hat …

Gleichzeitig kommt die siebzehnjährige Marlinchen Hennessy, Tochter eines bekannten Schriftstellers, in Sarahs Büro und möchte ihren Zwillingsbruder Aidan als vermisst melden. Aidan lebte bei einem Freund der Familie in Georgia und ist dort seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen worden. Als Sarah nachfragt, wieso Marlinchen ihren Bruder jetzt erst meldet und was mit ihrem verwitweten Vater ist, stößt sie auf Ablehnung. Je länger sie sich mit der Familie Hennessy beschäftigt, umso deutlicher wird, dass sich in dem niedlichen Landhaus ein düsteres Geheimnis verbirgt …

Gleichzeitig wird sie von ihrem Chef auf eine Undercoverermittlung angesetzt, denn seit der Sache mit Royce Stewart wurde sie zum Mädchen für alles degradiert und darf nur noch die undankbaren Jobs übernehmen. Sie soll einen Mann suchen, der in einer Sozialwohnung als Arzt praktiziert, aber keine Approbation hat. Unter dem Vorwand einer Erkältung begibt sie sich bei Cisco, wie sich der Pseudoarzt nennt, in Behandlung, doch ihre Ermittlungen laufen aus dem Ruder. Sie schafft es nicht, den emotionalen Abstand zu halten, der für ihren Beruf angebracht wäre …

Das Buch beginnt mit einem nicht sonderlich interessant gestalteten Rückblick auf die Handlung von Jodi Comptons Debüt und schließt daran eine nichtstringente Handlung an, in deren Mittelpunkt Sarah steht. Sie ist diejenige, die die losen Handlungsenden, die in der Inhaltsangabe ersichtlich wurden, mittels des dichten Erzählstils zusammenhält.

Es sind weniger Mord und Totschlag, die „Kälter als der Tod“ zu Ruhm verhelfen, als vielmehr die zahlreichen zwischenmenschlichen „Fälle“, welche die Autorin in ihre Geschichte einwebt. Obwohl an sich wenig Spannung im eigentlichen Sinne dabei aufkommt, schafft sie es, den Leser mit Sarahs Ich-Perspektive zu fesseln.

Sarah ist zwar kein besonders origineller Charakter, aber im Laufe des Buches zeigt sich, dass sie auch nicht ganz ohne ist. Compton stellt sie sehr anschaulich dar, erzählt viel aus ihrem Privatleben und aus ihrer Vergangenheit. Diese Begebenheiten sind zumeist mehrere Seiten lang, aber trotzdem gerafft. Sie sorgen dafür, dass man Sarah besser versteht und kennen lernt, und sie lenken keineswegs von der Haupthandlung ab.

Gestützt wird die Protagonistin von einem sauberen, sehr persönlichen Schreibstil, der sich vor allem durch seine Tiefe hervortut. Compton erschafft keinen neuen Stil, sondern sie benutzt eine nüchterne, bodenständige Sprache mit wenigen rhetorischen Mitteln. Sie arrangiert diese so geschickt, dass sie den Leser einwickelt und ihn zwingt, das Buch zu Ende zu lesen. Sarah Pribek wächst dem Leser einfach so ans Herz, dass es ihm schwerfällt, den Roman aus der Hand zu legen.

Mit dieser fatalen Sogwirkung, einer sehr gut ausgearbeiteten Protagonistin und einer Handlung, die nicht wirklich spannend, aber faszinierend entwickelt ist, hat Jodi Compton ein Buch geschaffen, das weniger ein waschechter Krimi als vielmehr ein richtig schön erzählter Roman ist.

|Originaltitel: Sympathy between Humans
Originalverlag: Bantam Dell
Aus dem Amerikanischen von Sabine Lohmann
Taschenbuch, 416 Seiten
2005 erschienen als Bertelsmann-Club-Ausgabe unter dem Titel „In der Angst meines Herzens“ unter Lizenz des Heyne-Verlags|
http://www.heyne.de

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