Meyer, Stephenie – Bis(s) zum Morgengrauen (Bella und Edward 1, Hörbuch)

_Keusche Vampire und verliebte Jungfrauen_

Damit hat Bella, das Mauerblümchen, nicht gerechnet, als sie aus dem sonnigen Arizona in das verregnete Nest an der Nordwestküste umzog: Der Star der ganzen Klasse wirbt um sie. Edward Cullen sieht einfach fabelhaft aus, ist witzig und – gefährlich. Er fasziniert sie, obwohl hinter seinen veränderlichen Augen ein düsteres Geheimnis verborgen liegt. Wer ist er? Was meint er mit seiner Warnung: „Ich bin kein guter Freund für dich“? Doch bevor sie ihm auf die Spur kommen kann, ist es bereits um sie geschehen. Rettungslos hat sie sich in ihn verliebt. Und er? Hat er sie nur zum Fressen gern – oder steckt mehr dahinter? (abgewandelte Verlagsinfo)

_Die Autorin_

Stephenie Meyer, 1973 geboren, lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in Arizona, USA. „Bis(s) zum Morgengrauen“ ist ihr erstes Buch und wurde 2008 unter dem Titel „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ verfilmt. Das Buch ist der Auftakt zu ihrer Vampirtrilogie. Außerdem veröffentlichte sie den Zukunftsroman [„Seelen“, 5363 den es ebenfalls als Hörbuch gibt.

Die Vampirquadrologie:

1) [Bis(s) zum Morgengrauen 4600
2) [Bis(s) zur Mittagsstunde 4647
3) [Bis(s) zum Abendrot 5456
4) [Bis(s) zum Ende der Nacht 5508

_Die Sprecherin_

Ulrike Grote spielte nach der Schauspielausbildung im Ensemble des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg und an der Wiener Burg. Seit 2001 ist sie in diversen Film- und Fernsehrollen zu sehen, wie etwa „Das Kanzleramt“ und „Tatort“. Seit 2003 arbeitet sie auch als Regisseurin. Für ihren Kurzfilm „Ausreißer“ gewann sie 2005 den Internationalen Studenten-Oscar in der Kategorie Bester ausländischer Film; ein Jahr später erhielt der Kurzfilm eine Oscar-Nominierung.

Regie führte Gabriele Kreis. Die Aufnahme erfolgte im Eimsbütteler Tonstudio, Hamburg, im Jahr 2007.

_Handlung_

Isabella Swan ist gerade mal siebzehn, als ihre Mutter Renee sie zu ihrem getrennt lebenden Vater Charlie schickt. Das bedeutet eine Reise aus dem sonnigen Phoenix, Arizona, ins regnerische Fawkes an der Nordwestküste. Charlie, der hier als Sheriff arbeitet, hat ihr einen gebrauchten Wagen gekauft, damit sie leicht zur Schule kommt. Bellas Haut ist elfenbeinweiß und ihr Körper von zarter Konstitution, außerdem, glaubt sie, hat sie zwei linke Hände und fällt über jedes Hindernis, das ihr nicht aus dem Weg geht.

|Die Schule|

Fawkes Highschool hat immerhin 358 Schüler, ist also recht groß. Die Verwaltung schickt sie in die nächste Klasse auf ihrem Stundenplan. Was man hier im Englischunterricht durchnimmt, kennt sie alles schon, und sie langweilt sich. Immerhin sind alle Klassenkameraden hilfsbereit und auskunftsfreudig. In der Schulkantine bemerkt sie eine abseits sitzende Gruppe von fünf Schülern. Sie essen nicht und reden nicht, diese drei Jungs und zwei Mädchen. Sehr merkwürdig. Alle sind kreidebleich, haben dunkle Augen mit Schatten darunter. Bella fragt nach ihnen und erfährt, dass die Fünf alle bei Dr. Cullen leben, einem brillanten Chirurgen in der Stadt. Er habe sie alle adoptiert.

|Ein seltsamer Mitschüler|

In der nächsten Stunde sitzt Edward Cullen neben ihr, hält aber Abstand zu ihr. Sein Blick scheint voller Abscheu zu sein, und kaum klingt die Glocke, verduftet er. Sie fragt ihren Mitschüler Mike Newton, ob sie etwas verbrochen habe. Natürlich nicht. Die Cullens sind alle etwas komisch. Mike ist sehr nett und hilfsbereit. Aber Edward ist interessanter. Als er am folgenden Montag wieder in die Schule kommt, hat er sich völlig verändert: Er ist nicht nur freundlich und zuvorkommend, sondern hat auch andere Augen. Waren sie zuvor schwarz, so sind sie nun ockerfarben, passend zu seinem rötlich blonden Haar. Leider sind seine Finger eiskalt, was Bella ziemlich nervös macht. So nervös, dass sie auf dem Schulparkplatz fast einen Unfall baut.

|Wundersame Rettung|

Am folgenden Tag liegt Glatteis auf den Straßen, doch ihr Wagen verfügt über Schneeketten. So vorsichtig wie möglich parkt sie auf dem Schulparkplatz ein und steigt aus. Auf einmal hört sie ein hohes Kreischen, und sie sieht, wie Edward sie anstarrt. Was ist los? Da erst sieht sie, wie ein Wagen unaufhaltsam auf sie zuschlittert und der Fahrer vergeblich versucht, den drohenden Crash zu vermeiden: Sie wird zerquetscht werden! Bella ist wie erstarrt.

Doch in Windeseile schnappt Edward sie aus dem Weg der Gefahr und schiebt sogar noch den anderen Wagen von ihr Weg. Ein Scheppern und Klirren signalisiert den Zusammenstoß. Edward beugt sich über Bella: Sie ist in Ordnung, aber auch völlig erstaunt über seine Rettungsaktion. In Nullkommanix liegt sie im Krankenhaus, wo sein Adoptivvater ihre Behandlung überwacht. Dr. Cullen sieht ebenso gut aus wie Edward. Aber ein paar Fragen drängen sich in Bellas Hirn und wollen ausgesprochen werden: Wie ist es Edward nur gelungen, so rasend schnell zu ihr zu gelangen und dann auch noch den heranrollenden Wagen zur Seite zu lenken? Edward vertröstet sie auf später. Erstmals träumt sie auch von ihm.

Bald ist Frühlingsball, und alle Schüler suchen einen Tanzpartner. Doch obwohl Bella von allen netten Jungs gebeten wird, gibt sie allen einen Korb. Doch der eine, dem sie zugesagt hätte, fragt sie erst gar nicht: Edward. Verdrossen behauptet sie, am Balltag in Seattle zu sein. Am nächsten Tag bietet er ihr an, sie dorthin mitzunehmen. Im Biologieunterricht kippt sie beim Anblick eines einzigen Blutstropfens um. Edward bringt sie zur Krankenstation. Mike ist eifersüchtig. Erst später erinnert sie sich, dass sie das Blut des anderen Patienten riechen konnte.

|Die Kalten Wesen|

Mike lädt sie und andere Freunde zu einer Strandparty an der Küste ein. Dort lernt sie ein paar junge Lapash-Indianer kennen. Der 15-jährige Jacob Black, der Häuptlingssohn, gefällt ihr besonders und es gelingt ihr, mit ihm allein spazierenzugehen. Er kennt die Cullens und erzählt ihr eine interessante Legende, die ihm sein Urgroßvater erzählte.

Als vor tausenden von Jahren die Sintflut die Landbrücke zwischen Asien und Alaska unterbrach, auf der die ersten Menschen nach Amerika gelangt waren, kamen neben den befreundeten Wölfen auch die „kalten Wesen“, die die Feinde der Wölfe waren. Sie waren immer selten, aber damit sie den Wölfen und Menschen nicht nachstellten, schloss sein Urgroßvater einen Pakt mit ihnen. Er würde sie vor den Weißen schützen, wenn sie dafür keine Menschen mehr jagten und aussaugten. Dieser Pakt gelte bis heute. Die Cullens seien eine größere Gruppe dieser kalten Wesen, und Carlyle Cullen ihr Anführer. Er sei sehr alt. Bella ist erschüttert. Auf was hat sie sich da bloß eingelassen?

Die Websuche nach dem Begriff „Vampire“ ergibt, dass es sowohl böse als auch gutartige Vampire geben soll. Die guten heißen stragorni benefici. Zu welcher Sorte gehört wohl Edward? Nun, er hat ihr immerhin das Leben gerettet. Wie böse kann er also sein? Und doch sagt er immer, es sei besser für sie, Bella, wenn sie nicht mit ihm befreundet sei. Doch sie verlieren will sie ihn auch nicht. Nicht mehr, denn sie ist bereits Hals über Kopf in ihn verliebt, ohne es gemerkt zu haben.

Sie ahnt nicht, welche Feinde ihr geliebter Edward hat und dass diese auch ihr gefährlich werden können.

_Mein Eindruck_

Na, das ist doch mal Vampirromantik, mit der auch zwölfjährige pubertierende Teeniegirls etwas anfangen können! Hier brauchten sie sich nicht den Kopf über das Ausgesaugtwerden zu zerbrechen und oder darüber, welche Folgen es haben könnte, mit einem solchen Vampir intim zu werden, von einem dicken Bauch ganz zu schweigen. Bei der Mormonin Stephenie Meyer sind die zahnlosen Vampire gesittet und rücksichtsvoll, die verliebte Heldin mit 17 Jahren immer noch Jungfrau und obendrein auf ihre Unschuld bedacht. Man kommt sich glatt ins viktorianische Zeitalter versetzt vor. Bei fundamentalistischen Christen in den USA und Keuschheitsfanatikern dürfte dieser Aspekt auf große Zustimmung treffen.

Edward ist in vielerlei Hinsicht ein Übermensch. Er kann ewig lange an sich halten und fällt nie über sein wehrloses Opfer Bella her. Er weiß ganz genau, dass sein Biss und Aussaugen das Einzige, was er liebt, zerstören würde. Na, das nenne ich einen rücksichtsvollen Gentleman. Eine seiner faszinierenden Eigenschaften als Angehöriger der Kalten Wesen, vulgo: Vampire, besteht darin, sein Opfer durch Schönheit und Pheromone anzuziehen und willenlos zu machen. Da hat er bei der schwachen Bella ja leichtes Spiel. Außerdem versteht er sich auch noch auf Telepathie und Fernortung. Kein Wunder, dass die junge Bella auf diesen Superman abfährt.

Für jugendliche Leserinnen besteht sicher ein großer Reiz darin, für den schönen und geheimnisvollen Edward zu schwärmen und mit Bella seine Geheimnisse zu ergründen. Aber man sollte auch beachten, dass Bella, die Heldin, aus einer zerbrochenen Familie stammt und nun in den Cullens eine Ersatzfamilie findet. Sie wird sozusagen adoptiert. Und das, obwohl Edward weiß, dass sie ein paar Eigenschaften hat, die sie ungeeignet machen: Sie ist zwar anämisch wie die Cullens, kann aber kein Blut sehen, ohne in Ohnmacht zu fallen. Die Cullens werden nicht nur eine Ersatzfamilie, sondern auch eine Sekte, denn sie ziehen Bella in einen eigenen Kreis von Lebensgesetzen und Beziehungen. Daraus resultiert der finale Konflikt.

Das Auftauchen „normaler“ Kalter Wesen rückt nämlich die wahren Verhältnisse zurecht: Die Cullens sind die Ausnahme, nicht die Regel. Sie sind die domestizierte, fast schon zivilisierte Variante der wilden Bestie. Der Grund dafür liegt offenbar in dem Pakt, den Jacob Blacks Urgroßvater mit ihnen abgeschlossen hat. Die Cullens jagen nur wilde Tiere wie etwa Bären statt Menschen.

Solche Skrupel haben ihre Feinde nicht. Diese entführen Bella kurzerhand, um alle möglichen schweinischen Sachen mit ihr zu machen, die sie nicht überleben dürfte. Klar, dass Edward & Co. nun zur Rettung eilen müssen. Ob sie noch rechtzeitig eintreffen können, soll hier nicht verraten werden, aber da die Serie ja noch weitergeht, ist wohl davon auszugehen. Auf dass irgendwann Hochzeit gefeiert werden kann.

|Die Sprecherin|

Ulrike Grotes Stärke ist die Umsetzung von Emotionen in Sprechweisen. Ihr fällt es leicht, eine Figur durch die Art, wie sie sich ausdrückt und in bestimmen Situationen verhält, zu charakterisieren. Edward ist meist sehr zurückhaltend, es sei, denn, er ist irgendwie besorgt oder verärgert. Bella hat sehr viel weniger Selbstbewusstsein gegen ihn aufzubieten, und so werden Ed und seine adoptierten Verwandten zu ihrer Ersatzfamilie.

Sehr lustig fand ich, wenn sie so nervös ist, dass ihre Stimme nur piepsig artikuliert werden kann. Das bedeutet nicht, dass sie nicht auch schnippisch oder gereizt klingen kann. Je weiter die Handlung jedoch fortschreitet und sich ihrem dramatischen Höhepunkt nähert, desto tiefer werden Bellas Emotionen, so dass sie auch mal verzweifelt klingt. Das steht im Gegensatz zu dem meist beherrschten Edward, der nur selten besorgt oder zärtlich um sie bemüht klingt.

Mit der englischen Aussprache hat Ulrike Grote allerdings noch Probleme, wie so viele deutsche Sprecher. Schon in der ersten Viertelstunde verwirrte sie mich mit ihrer Aussprache von Bellas Nachnamen. Swan spricht sie nicht [swån] aus, sondern mit einem Ä: [swän]. Darauf muss man erst mal kommen.

Auch die korrekte Aussprache des Wortes „wilderness“ sollte Ulrike Grote noch lernen. Es sollte nicht [waild(e)nes] ausgesprochen werden, sondern mit einem i, also [wild(e)nes].

_Unterm Strich_

Auf der dargestellten Art von Schulmädchen-Vampirismus baut Stephenie Meyer ein romantisches Märchen auf, das nur in seiner eigenen abgeschlossenen Welt funktioniert. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange man das Märchen als solches erkennt: die Geschichte vom Aschenputtel, das den Prinzen kriegt, und was für einen! Den Wolf gibt’s nämlich gratis dazu.

Die Spannung ergibt sich zunächst aus dem Geheimnis, das Edward umgibt, dann aus der Frage, ob er Bella zu seinem Opfer machen wird, und schließlich aus dem finalen Konflikt mit den undomestizierten Kalten Wesen, bei dem Bellas Leben auf dem Spiel steht. Stets ist Bella das Zentrum des Begehrens, und die Frage kann nicht ausbleiben, was sie denn so ungeheuer besonders und anziehend macht. Diese Frage wird im ersten Band nur ansatzweise beantwortet, weitere Erklärungen müssen in den Folgebänden folgen.

Mich hat an diesem Plot am meisten die Lebensgeschichte der Cullen-Vampire interessiert. Carlyle, der Chef, stammt beispielsweise aus dem 17. Jahrhundert, einer Zeit zahlreicher religiöser Konflikte. Edward stammt vom Anfang des 20. Jahrhunderts und hat keine so interessante Zeit, bevor er zum Vampir wurde. Durch diese Biografien bekommt die abgedroschene Story eine historische Tiefe, die dem amerikanischen Leser wenigstens ein wenig Sinn für Geschichte und Herkunft vermittelt.

|Das Hörbuch|

Die Sprecherin Ulrike Grote verleiht den Szenen ihre emotionale Tiefe und erweckt die Figuren zum Leben, indem sie möglichst emotional vorliest. Zum Glück nicht so, dass sie übertrieben wirkt, sondern so, dass sie hinter den Figuren zurücktritt. Leider unterlaufen ihr Aussprachefehler, die mich etwas irritiert haben.

|Originaltitel: Twilight, 2005
Aus dem Englischen übersetzt von Karsten Kredel
471 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3-89903-826-2|

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