Frank Herbert – Die Kinder des Wüstenplaneten (Dune 3)

DUNE: Muad’dibs Sohn siegt!

Zehn Jahre nach seiner Veröffentlichung 1965 war DUNE ein Riesenerfolg geworden. Frank Herbert sah sich daher gedrängt, mehrere Folgebände zu schreiben. Zunächst floppte „DUNE Messiah“ wegen seines pessimistischen Schlusses, doch mit „Children of DUNE“ landete Frank Herbert einen echten Hit, den er mit „God Emperor of DUNE“ (DUNE #4) nochmals wiederholen konnte.

Das bedeutet nicht, dass „Die Kinder des Wüstenplaneten“ einfach zu lesen wäre. (Das ist auch [DUNE 1662 nicht.) Doch der Erfolg, den die beiden Titelfiguren haben, stellt die Erwartungen der Leser zufrieden. Das umfangreiche Buch mag anstrengend sein, aber die Mühe lohnt sich.

Auch dieses Buch wurde von den Machern der TV-Miniserie „Frank Herbert’s DUNE“ verfilmt. Susan Sarandon übernahm die Rolle der intriganten Lady Wensicia.

Handlung

Im Jahre 10218, neun Jahre nach den in „Der Herr des Wüstenplaneten“ geschilderten Ereignissen, ändert sich die bis dahin relativ friedliche Lage auf Arrakis.

Der Djihad, der Heilige Krieg, der die Menschen des Imperiums zum rechten Glauben bekehren sollte, ist beendet. Die Macht des Planeten Arrakis hat sich gefestigt, aber sie trägt bereits den Keim des Zerfalls in sich. Die neue Religion mit ihren starren Ritualen hat dazu beigetragen, dass Scharlatane und Karrieristen das Sagen haben und niemand zu Reformen bereit ist.

Alia, Pauls geistig labile Schwester, geht inzwischen eigene Wege. Sie will von der Familie unabhängig werden und vor allem ihre einflussreiche Mutter Jessica entmachten, was ihr aber nicht gelingt, da sie selbst mittlerweile zum Objekt von allerlei Intrigen gemacht worden ist. Quasi mit dem Rücken zur Wand muss sie sich gegen selbstherrliche Priester zur Wehr setzen.

Schließlich wird Alias Bewusstsein vom Geist des toten Barons Wladimir Harkonnen, einem ihrer Vorfahren, übernommen (die Bene Gesserit übertragen Geistesinhalte von Persönlichkeiten in einer Blutlinie), und eine der Töchter des entthronten alten Padischah-Imperators, Lady Wensicia, unternimmt alle Anstrengungen, um Muad’dibs zwei Kinder, den ebenfalls hellseherisch begabten Jungen Leto und seine Schwester Ghanima, aus dem Weg zu räumen, weil sie der Ansicht ist, der Thron stünde ihrem eigenen Sohn Farad’n zu.

Ein mit Hilfe von abgerichteten katzenähnlichen Bestien ausgeführter Mordanschlag auf die Zwillinge misslingt, wird aber zum Ausgangspunkt eines von den Kindern ausgeklügelten Plans: In der Öffentlichkeit soll der Eindruck entstehen, Leto sei umgekommen.

In Wirklichkeit zieht sich Leto in die Wüste zurück, folgt seiner Vision vom Goldenen Pfad und begibt sich auf die Suche nach einem namenlosen, blinden Prediger, der seit einigen Monaten durch die Städte zieht, wider die erstarrte Religion wettert und den Untergang prophezeit. Man munkelt, er sei der zurückgekehrte Muad’dib.

Während die Intriganten zum Generalangriff auf die Macht blasen, und Alia einen verzweifelten Kampf mit dem Geist des sie beherrschenden Wladimir Harkonnen durchstehen muss (dem sie schließlich unterliegt), kehrt Leto Atreides mit dem blinden Prediger aus der Wüste zurück. Er demonstriert den verräterischen Mächten und den Priestern seine durch einen Metamorphoseprozess neu gewonnene Macht. (Näheres wird nicht verraten!)

Während der blinde Prediger, dessen Identität niemals eindeutig gelüftet wird, einem Attentat zum Opfer fällt und stirbt, dringt Leto wie ein Racheengel in den hermetisch abgeriegelten Palast Alias ein, übernimmt die Macht und verbindet seine Schwester Ghanima mit Farad’n, der im Gegensatz zu seiner Corrino-Mutter keine Herrschaftsambitionen hat und dem neuen Führer, welcher verspricht, die erstarrte Religion mit neuem Leben zu erfüllen, von nun an zur Seite stehen will.

_Mein Eindruck_

Der spirituelle Werdegang des jungen Leto erinnert stark an den Aufstieg Pauls in DUNE. Daher handelt es sich bei diesem Buch im Grunde um eine Wiederholung des in DUNE bereits Erzählten. Natürlich gibt es hie und da Unterschiede, und die Wandlung Letos zu einem nichtmenschlichen Wesen ist so gewiss noch nicht dagewesen. Dennoch sind die Parallelen und Ähnlichkeiten unübersehbar.

Der Erfolg dieses Buches beruht auf einer einzigen Zahl: 1,5 Millionen verkaufte Hardcover-Exemplare! Das hatte es bis dato noch nicht in der Science-Fiction-Literatur gegeben. Dieser Erfolg läutete das Zeitalter der Science-Fiction-Bestseller, der „Blockbuster“, ein.

Aber dieser umwerfende Erfolg ist ja eher auf die Beisterung der unter DUNE-Entzug leidenden Anhänger zurückzuführen als auf die Qualität des Buches selbst. Sieben harte Jahre hatten sie auf diese Fortsetzung warten müssen. In der Zwischenzeit hatte Herbert andere Zyklen begonnen und Einzelwerke wie „Die Leute von Santaroga“ verfasst – leider mit geringem Erfolg. Er untersuchte den Einfluss der Religion und des Numinosen auf die menschliche Kultur.

Doch erst die Mischung mit Ökologie und mittelalterlichen Gesellschaftsstrukturen wie im „Wüstenplanet“ vermochte die Fans zu begeistern. Also musste Herbert den Zyklus bis zu seinem Tode weiterschreiben: ein Gefangener seines eigenen Erfolgs. DUNE ist eine Saga geworden, die so unaufhaltsam war wie der Djihad, den Paul mit solchem Bedauern voraussah.

Der Umstand, dass Feudalstrukturen, Bewusstseinsveränderung und messianische Gestalten bei den Lesern gefragt waren und immer noch sind, gab so manchem Kritiker Anlass zu Besorgnis. Sind die Leser potenzielle oder gar schon verkappte Faschisten? Wo bleibt denn ihre vernunftgestützte Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Welt? Ich kann nur vermuten, dass dieser Science-Fiction-Modus (den es durchaus gibt) mehr Anlass zu Frust und Unlustgefühlen gibt als zu dem, was Herbert bietet. Nicht umsonst begann DUNE seinen Höhenflug als Untergrundbibel an amerikanischen Unis, und zwar ab 1963, als die erste DUNE-Story in |ANALOG| abgedruckt wurde. Als Campus-Bibel teilt DUNE sein Schicksal mit „The Lord of the Rings“ (US-Taschenbuch-Ausgabe 1966) und Heinleins [„Fremder in einer fremden Welt“ 43 (Taschenbuch-Ausgabe ab ca. 1963).

|Für wen sich dieses Buch eignet|

Wer nichts mit der eigenartigen Mischung von DUNE anfangen konnte, wird es auch nicht mit DUNE III können. Umgekehrt gilt das Gleiche: Jeder von DUNE Begeisterte kann sich an den gleichen Zutaten ergötzen: lange Motti aus fiktiven Werken, seltsame Gruppierungen wie die Bene Gesserit und Bene Tleilax, philosophische Diskurse, Palastintrigen und Klone, Bewusstseinsveränderung, die edlen Wilden der Fremen, die Sandwürmer, edle Kämpfer und aufrechte (oder falsche) Propheten.

Wer an Letos Mission – oder vielmehr Vision – glaubt, der wird glückselig werden, wenn Leto schließlich obsiegt und seine Gegner in den Staub tritt, allen voran die imperiale Lady Wensicia. Dumm nur, dass Leto nun kein Mensch mehr ist … Doch wo bleibt die Liebe?, fragt sich der Romantik-Fan. Da kann man leider lange suchen und wird allenfalls in der lieben Ghanima fündig, die schließlich mit Farad’n liiert ist. (Wer jedoch nicht an den EINEN glaubt, sollte gleich die Finger von der ganzen DUNE-Saga lassen.)

|Schwächen|

Was mich am meisten an diesem Buch genervt hat, ist der Umstand, dass hier endlos gequasselt wird. Sogar wenn die Figuren denken, quasseln sie. Und wenn sie schizophren sind wie Alia, quasseln sie umso mehr. Das alles ist nicht sonderlich lustig, sondern nur selbstverliebt und prätentiös.

Kaum eine Beschreibung von Arrakis, Land und Leuten – wozu auch? Das wurde ja alles schon in Band 1 geschildert. Diese Hard-SF-Seite von DUNE habe ich hier schmerzlich vermisst, denn dies ist das wirklich Faszinierende an DUNE: die fremde Welt und ihre Charakteristika. Schon der alte Homer wusste ja um den Reiz der Berichte von fremden Ländern und ihren Ungeheuern.

Diesem Reiz, dem |sense of wonder|, näherte sich Frank Herbert nur in seiner vierbändigen Space-Opera an, dem Schiff-Zyklus. Dieses rückwärts erzählte Evangelium ist jedoch nur in den Bänden „Der Jesus-Zwischenfall“ und „Der Lazarus-Effekt“ wirklich erträglich, denn sonst wird vor allem – na, was wohl? – gequasselt.

|Hinweis zu den Ausgaben|

Die |Heyne|-Originalausgabe wartet mit Vierfarbtafeln und Schwarzweiß-Illustrationen im Text auf. In der aktuellen Ausgabe von 2001 sind diese Bilder nicht mehr enthalten. Schade.

|Originaltitel: Children of DUNE, 1976
Aus dem US-Englischen übertragen von Ronald M. Hahn|