Brad Taylor – Schwarze Witwe (Pike Logan 04). Thriller

Actionthriller: Vorgeschmack auf den Biokrieg

In Südostasien gerät ein Virus, das einen Großteil der Weltbevölkerung auslöschen könnte, in die falschen Hände.

Unterdessen versucht Spezialagent Pike Logan trotz aller Widerstände, seinen Mitarbeiter „Knuckles“ aus einem thailändischen Gefängnis zu befreien. Dabei kommt er eher durch Zufall einem iranischen General auf die Spur, der einen biologischen Angriff auf die USA plant.

Für das Selbstmordattentat ist eine junge Tschetschenin vorgesehen, eine sogenannte Schwarze Witwe („shahid“). . Um Rache für ihr trauriges Schicksal zu nehmen, hat sich die Frau dem bewaffneten Kampf für ihr Volk angeschlossen – nicht ahnend, dass sie von den Terroristen eigentlich nur für deren Ziele missbraucht wird.

Wird es Pike Logan und seiner Taskforce gelingen, die Schwarze Witwe aufzuhalten? Und können sie den Feind in den eigenen Reihen aufspüren? (Verlagsinfo)

Der Autor

Brad Taylor wurde auf Okinawa, Japan, geboren, wuchs aber im ländlichen Texas auf. Nach seinem Uni-Abschluss ging er zur US-Armee und verließ sie nach 21 Jahren als Oberstleutnant. Während dieser Zeit war er in der Infanterie und in Spezialeinheiten tätig, darunter acht Jahre in der Delta Force. Er befand sich in Einsätzen im Irak und in Afghanistan. Wenn er nicht schreibt, arbeitet Taylor für verschiedene Firmen als Sicherheitsberater. Er lebt in Charleston, South Carolina, mit seiner Frau und zwei Töchtern.

Pike Logan Serie

Mann in Wut (One Rough Man,2011)
Todeszone USA (All Necessary Force, 2012)
Von Feinden umzingelt (Enemy of Mine, 2013)
Schwarze Witwe (The Widow’s Strike, 2013)
The Polaris Protocol (2014)
Days of Rage (2014)
No Fortunate Son (2014)
The Insider Threat (2015)
The Forgotten Soldier (2015)
Ghosts of War (2016)
Ring of Fire (2017)
Operator Down (2018)
Daughter of War (2019)
Hunter Killer (2020)
American Traitor (2021)

Handlung

Der Afghanistan-Veteran Pike Logan leitet eine amerikanische Taskforce, die einem geheimen Komitee des US-präsidenten unterstellt ist, um heikle Undercover-Operationen auszuführen. Sie verfügt über ausgefeilte Abhörmethoden und geschultes Personal, darunter auch eine Frau namens Jennifer. Unterstützt wird sie vom Personal der überall verteilten US-Botschaften einerseits und von einheimischen Mitarbeiter andererseits.

Thailand

In Bangkok fliegt eine Einbruchsaktion auf, die dem Abhören eines Ministeriums dient. Um „Knuckles“ aus dem Gefängnis herauszuholen, muss sich Pike zusammen mit Jennifer, seinem Lockvogel, wirklich etwas einfallen lassen. Im Zuge der Befreiungsaktion kreuzen seine Leute den Weg eines iranischen Generals der Revolutionsgarden. Dieser Malik lässt gerade einen jungen Mann entführen, um dessen Vater zu erpressen: einen Forscher an biologischen Stoffen.

Die Iraner haben herausgefunden, woran die Singapurer Firma Cailleach Labs vergeblich forschte und nun im Archiv weggeschlossen hat: ein tödliches H5N1-Virus, gegen das es nun ein Gegenmittel gibt. Da die Iraner dank der Israelis noch keine Atombombe haben, erscheint ihnen dieses Virus als ideale Waffe, um den Großen Satan zu vernichten – die Vereinigten Staaten.

Hongkong, Macau, Singapur

Pikes Team kann zwar den jungen Mann vor einem nassen Tod retten, doch dessen Vater hat in Singapur das Virus bereits an Malik übergeben. Um Sekundenbruchteile kommt das Team zu spät. Der Forscher lebt, doch das Virus ist weg. Die Jagd auf Malik und das Virus führt erst nach Hongkong, dann ins benachbarte Macau. Doch Malik und seine Leute wissen nun ganz genau, dass ein Profi-Team der Gegenseite ihnen auf die Pelle rückt. Für diesen Fall haben sie eine tschetschenische Freiheitskämpferin namens Elina für ihre Mission eingespannt. Sobald sie sich das Virus gespritzt hat, soll sie mit einem litauischen Pass in die USA reisen und dort das Virus auf die Menschheit loslassen.

Jennifer hat durch Handyortung die Tschetschenin entdeckt und bis nach Macau verfolgt. Entsetzt verfolgt sie in einem Café, wie Malik der jungen Frau ein Päckchen übergibt. Der anrückende Pike befiehlt ihr, die Frau zu verfolgen und zu stellen, um ihr das Virus abzunehmen. Nach einer Verfolgungsjagd durch das Labyrinth eines Casinos stehen sich die zwei Frauen gegenüber. Die andere hebt eine gefüllte Spritze empor, bereit zum Zustechen…

Mein Eindruck

Natürlich wartet jeder Action-Fan auf die groß angelegten Actionszenen, und die werden auch in regelmäßigen Abständen geboten. Im Unterschied zu gewissen Jason-Bourne-Sequels und -Ablegern („Treadstone“) ist Pike Logan jedoch keine Ein-Mann-Armee, der alles im Alleingang durchzieht. Ganz im Gegenteil verwendet er regelmäßig ein umfangreiches Team, um seinen ebenso gewieften Gegner einzukreisen. Das zeigt sich vor allem in der groß angelegten Einkreisungsszene in Singapur. Die Schwierigkeit bei solchen Einsätzen besteht darin, den lokalen Polizeibehörden nicht zu verraten, dass gerade ein US-amerikanisches Spezialkommando auf ihrem Grund und Boden aktiv ist. Was das bedeutet, hat ja „Knuckles“ in Thailand am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Der iranische General hat ebenfalls ein Team zugeteilt bekommen. Leider muss er feststellen, dass diese Jungs zwar ideologisch einwandfrei auf der Linie der Ayatollahs sind, aber von ihrem Job herzlich wenig verstehen. Dass einer von ihnen sogar seine Vielfliegernummer bei den Buchungen verwendet hat, verhilft der Gegenseite zu einem willkommenen Ansatz bei der Identifizierung und Nachverfolgung des Generals.

Politiker

Sowohl Amis als auch Iraner stehen unter dem Kommando eines Vertreters der politischen Ebene. Im Fall des Generals ist es ein Imam, der seine Anweisungen direkt aus Teheran bekommt. Im Fall von Pike Logan wird er von Kurt Hale geführt, der dem entsprechenden Aktionsausschuss angehört, den der Präsident persönlich als Oberster Befehlshaber leitet.

Als der Präsident grippehalber ausfällt, geht alles gründlich in die Hose. Der Grund sind die Fehlinformationen, die ein Verräter liefert. Chip Deepak ist der Besitzer jener Cailleach Labs in Singapur, die den tödlichen Stoff erst hergestellt und dann unsicher gelagert haben. Er weiß es, aber niemals darf das herauskommen. Also muss er entsprechende Anfragen in die Irre führen. Wird er damit davonkommen?

Nicht wenn es nach Kurt Hale geht: Er kündigt lieber, als seinen eigenen Mann Pike Logan und dessen Kollegin Jennifer Cahill in Haft zu nehmen und für unbestimmte Zeit in Quarantäne zu stecken: Die Idioten wollen kein Risiko mit Jennifer eingehen, obwohl klar ist, dass sie nicht infiziert worden sein kann. Jennifer ist jedoch die einzige Amerikanerin, die die Schwarze Witwe identifizieren kann. Für Kurt wie für Pike ist der Haftbefehl gegen Jennifer daher der Gipfel der Dummheit. Das hilft ihnen aber nicht: Ein alter Gegner Pikes schnappt die beiden – eine weitere packende Szene.

Die Schwarze Witwe

Wo die schwarzen Witwen Tschetscheniens in der Lage sind, hat der Westen staunend mitverfolgt, als ein oder zwei Dutzend von ihnen ein Theater mitten in Moskau stürmten und die Besucher als Geiseln nahmen. Die Moskauer Spezialkommandos von OMON tat, was sie immer tun: Stürmen, alle niedermachen und zivile Opfer in kauf nehmen. Erst im März 2024 zeigte sich erneut, wie verwundbar Moskau ist, als ein islamistisches Kommando einen Konzertkomplex stürmte, alle Besucher erschoss und das Gebäude in Brand steckte. Es dauerte mehrere Stunden, die Täter ausfindig zu machen.

Die Schwarze Witwe hat einen guten Grund, an der Aktion Teherans teilzunehmen: Erstens hat sie in den zwei Tschetschenienkriegen viele Familienangehörige verloren und will nun Gerechtigkeit; ihr Führungsoffizier hat ihr zudem gesagt, wenn sie für die Iraner und gegen die Zivilisten des Großen Satans kämpfe, erlange sie Gerechtigkeit. Das ist eine glatte Lüge und macht deutlich, wie leicht sich Kämpfer im Terrorismus für falsche Ziele missbrauchen lassen. Es ist bemerkenswert, dass sich der Autor bemüht, die Elina Maschchadow als Opfer darzustellen.

Frauen im Kampf

Noch in den meisten Jason-Bourne-Romanen bis ca. 2010 traten Frauen als Zivilisten und Nonkombattanten auf, die vom Kriegsrecht und den Menschenrechten geschützt war. Diese Zeiten sind endgültig vorbei, spätestens seit dem Angriff der Schwarzen Witwen in Moskau. Der vorliegende Roman erschien 2013. Wie Lustbaders Thriller-Serie um Evan Ryder gezeigt hat, sind Frauen ebenso kompetente Kämpferfiguren wie die Kerle. Elina ist zur Selbstvernichtung durch ihren Sprengstoffgürtel entschlossen, doch Jennifer muss mehr mitbringen: Sie will Elina zur Aufgabe überreden, ist aber auch bereit zu kämpfen. Allerdings geht dieser finale Kampf völlig anders aus als geplant. Dass Pike dieser Kampf total an die Nieren geht, liegt in erster Linie daran, dass er Jennifer liebt. Wird er sie je zurückbekommen?

Die Übersetzung

Der Text ist erstaunlich frei von Druckfehlern – ich fand nur einen. Der Leser muss sich allerdings gut mit Handys, Computern und allen möglichen Waffen auskennen.

S. 121: „peranakanische Küche“ ((https://en.wikipedia.org/wiki/Peranakan_cuisine)), auch Nyonya-Cuisine: eine Mischung aus chinesischen, malaiischen, javanischen und südindischen Einflüssen.

S. 296: „Schichtbeton“: Müsste es nicht besser „Sichtbeton“ heißen?

S. 338: „Decoy and Blood“: Da ist dem Übersetzer leider ein „and“ durch die Lappen gegangen. Es müsste „und“ heißen. Decoy (Lockvogel) und Blood sind Decknamen für Mitglieder von Pikes Team.

Unterm Strich

Thriller über Spezialkommandos gibt es wie Sand am Sand, und „Schwarze Witwe“ sticht in seinem Fundament nicht aus der Masse heraus. Ich habe den spannenden Actionthriller in wenigen Tagen gelesen, zumal die große Schrift das Lesen sehr erleichtert. Die Action wird mit romantischer Liebe und politischer Dummheit mehr als reichlich gewürzt. Die Politiker auf beiden Seiten sind so dumm, dass es schon, wie Pike Logan sagen würde, wehtun muss.

Was den Thriller so relevant macht, ist erstens die titelgebende Figur, wie ich sie oben beschrieben habe. Denn sie verweist auf das bis heute andauernde Leid der unterdrückten tschetschenischen Bevölkerung, um das sich niemand im Westen kümmert. Und es geht um das Thema der biologischen Waffen. Wie verheerend ein Vogelgrippe-Erreger auf die Weltbevölkerung wirken kann, haben mehrere Epidemien gezeigt, wovon die Covid-19-Pandemie nur die letzte gewesen ist. Mehrere hundert Millionen Menschen sind daran gestorben, an Long Covid leiden heute noch viele Opfer. Jeder Leser dürfte daher die bereits anno 2013 an die Wand gemalte Warnung inzwischen also absolut ernstnehmen.

Drittens führt dieser Thriller deutlich vor Augen, wie weit die elektronische Überwachung und Kriegsführung bereits reicht. Und das war vor elf Jahren. Inzwischen ist der Überwachung von Handys und iPhones das zweite Standbein der Kriegsführung geworden: Der hybride Krieg, der alle denkbaren elektronischen Kampfmittel nutzt, ist harsche Realität. Dass auch Apples iPhones missbraucht werden können, mag Apple-Fans – zu denen Jennifer nicht gehört – zwar enttäuschen, aber sie wundern sich, wie das gehen kann. In diesem Thriller zeigt ihnen Autor, wie so etwas funktionieren kann (damals zumindest).

Wie man sieht, lohnt sich die Lektüre selbst nach elf Jahren noch. Drei Themen machen die Handlung immer noch aktuell. Das ist einerseits ziemlich traurig, andererseits gut für Thriller-Freunde.

Taschenbuch: 490 Seiten.
O-Titel: The Widow’s Strike, 2013.
Aus dem US-Englischen von Alexander Amberg.
ISBN 9783865529206.

www.festa-verlag.de

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