Justin Cronin – Ferryman. Der Tod ist nur der Anfang

Die Handlung:

Die Inseln von Prospera liegen in einem riesigen Ozean, idyllisch abgeschieden vom Rest der Menschheit. Die Bewohner genießen ein unbeschwertes Leben voller Privilegien, umsorgt von dienendem Hilfspersonal. Neigt sich die Lebenszeit der Prosperaner dem Ende zu, werden sie auf eine geheimnisvolle Nachbarinsel geschickt, um dort neu gebootet zu werden und ein weiteres Leben zu beginnen. Proctor Bennett ist der Fährmann, der die Prosperaner dorthin geleitet. Er hat seine Arbeit nie in Frage gestellt, bis er eines Tages eine kryptische Nachricht erhält. Sie bestätigt, was er insgeheim immer befürchtet hat – denn sie birgt eine Wahrheit, die das Schicksal der Menschheit auf ewig verändern wird … (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Dass Justin Cronin die Themen „Apokalypse“ und „Dystopie“ prima bedienen kann, wissen wir seit seiner PASSAGE-Trilogie. Erfolgreich war er damit auch … von daher … warum nicht noch eine Geschichte ähnlicher Art erzählen? Aber, diesmal nicht als Mehrteiler, sondern als Einzeltitel. Und offenbar genau deshalb ist diese Story auch so abgedreht.

In der ersten Hälfe des Buches besuchen wir Prospera. Wie der Name schon andeutet, ist das eine idyllische Insel, die von einer undurchdringlichen Barriere vom Pöbel der Außenwelt geschützt ist. Die Bewohner haben den ganzen Tag nichts weiter zu tun, als kreativ sich ihrer persönlichen Selbstverwirklichung hinzugeben. Klingt auf der einen Seite wunderschön … auf der andere sterbenslangweilig.

Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Und dieses Dasein fristen die Bewohner von Annex. Einer Nachbarinsel, auf der die biologisch und sozial Minderwertigen wohnen und dienen müssen. War ja klar, dass so was kommt.

Die ach so tollen, aber eigentlich biologisch tatsächlich unvollendeten Bewohner von Prospera sind zwar „defekt“, aber technisch so weit fortentwickelt, dass sie ihre Leben einfach immer wieder als frisch geschlüpfte 16-Jährige neustarten können. Dazu haben sie alle diese supermodernen „Fitnesstracker“, die Bescheid geben, wenns mal wieder Zeit für eine Erneuerung ist. Nicht, dass wir noch alt oder krank oder beides werden.

Dem kommen auch die meisten gern und brav nach … aber nicht alle. Und dann brauchts etwas Nachhilfe, damit auch die sich brav erneuern lassen.

Hier treffen wir auf unseren Protagonisten und Titelgeber. Proctor Bennett arbeitet als Fährmann, der die zur Erneuerung vorgesehen Bewohner zur Insel der Erneuerung bringt. Das macht er auch mit Stolz und Freude, bis er eines Tages seinen eigenen Vater (der mittlerweile 126 Jahre alt ist) zur Erneuerung bringen soll.

Dann, der Aufruhr, Proctors Vater weigert sich. Wieso das denn? Es ist und wird doch alles so toll werden!? Proctor ist verunsichert und das wollen die Rebellen für ihre Zwecke nutzen. Ja, wo es eine Oberschicht gibt, gibts auch immer Rebellen, das ist halt normal.

Und als es dann zum erwarteten Klassenkampf kommt, zieht der Autor uns und Proctor den Boden unter den Füßen weg.

Ab jetzt wird das Ganze abgedreht, was offenbar auch die Absicht von Justin Cronin war. Was ist real? Was nicht? Wo zur Hölle bin ich hier eigentlich? Und wie gehts von da weiter?

Hätte es den Teil nicht gegeben, es wäre eine runde Geschichte geworden … aber langweilig … und bereits mehrfach von anderen erzählt.

Also gibts eine Wendung mit der kaum jemand gerechnet hat … ich auf jeden Fall nicht.

Der Autor:

Justin Cronin wurde 1962 in New England geboren. Er studierte in Harvard und besuchte den renommierten Iowa Writers‘ Workshop. Für seine Romane wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet. Die Übersetzungsrechte an seiner Passage-Trilogie, die mit »Der Übergang« begann, wurden innerhalb kürzester Zeit in 23 Länder verkauft. Justin Cronin lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Houston, Texas. (Verlagsinfo)

Mein Fazit:

Justin Cronin dreht mir in „Ferryman“ ein wenig zu stark an der surrealen Schraube. Ambitioniert in der Absicht, eine Story zu erzählen, die verwirrt, berührt, verstört und extrem mit der Realität spielt, hat es der Autor am Ende für mich etwas übertrieben.

Spannend und abgedreht auf jeden Fall und es würde mich auch nicht wundern, wenn dieser Stoff hier verfilmt würde, aber für mich war grad die Auflösung etwas drüber.

„Inception“ gegen „Matrix“ gegen „Total Recall“ und dann noch was obendrauf als Nachschlag. So könnte man „Ferryman“ beschreiben.

Gebunden: 720 Seiten
Originaltitel: The Ferryman
Aus dem Amerikanischen von Rainer Schmidt
1. Auflage, Mai 2024

https://www.penguin.de/Verlag/Goldmann

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)