Delaney, Matthew – Dämon

Schwarz und Weiß, Tag und Nacht, Gut und Böse, Engel und Dämonen. Zu jedem Positiven existiert das Negative Pendant in dieser Welt, um ein Gleichgewicht herzustellen oder um eine Weiterentwicklung durch dynamische Prozesse zu ermöglichen.

Weiß die katholische Kirche mehr über die aus dem Himmel gestürzten Engel, die in fast jeder Kultur und auf jedem Kontinent als böse Geister oder Dämonen bekannt sind? Gibt es Überlieferungen, nicht nur im Alten Testament, gibt es Beschwörungen, um sich einen Dämon zu Willen zu machen? Gibt es Exorzisten? Das Thema „Dämonen“ ist so alt wie die Menschheit und Inhalt unzähliger Erzählungen, Fabeln und Mythen, Überlieferungen und nicht zuletzt der faustischen Literatur und des Filmes.

Zuletzt habe ich zu diesem Thema den Roman „Dämon“ von Matthew Delaney geradezu verschlungen:

_Die Geschichte_

1943. Der zweite Weltkrieg findet nicht nur in Europa statt, auch auf den nördlichen Pazifikinseln wird gekämpft; auf zumeist kleinen, strategisch oftmals unwichtigen Inseln stehen sich die kaiserlichen Soldaten Japans und die amerikanischen Truppen gegenüber.

Bei der Invasion dieser von Japanern besetzten Inseln kommt es zu unerklärlichen Zwischenfällen. Die ersten gewaltsamen Tode lassen die erfahrenden Soldaten angsterfüllt zurück. Wer ist der geheimnisvolle Feind, der ein ganzes Lager von Japanern auslöscht und eine Brutalität an den Tag legt, die nie zuvor jemand erlebt hat? Wer tötet so bestialisch und hinterlässt geheimnisvolle Schriftzeichen und Sätze, die niemand versteht?

Die amerikanische Einheit wird fast aufgerieben und nach und nach fallen die Soldaten einem Wesen zum Opfer das über unnatürliche Kräfte verfügt. Trotzdem überleben Teile der Einheit und werden von nachrückenden Soldaten auf dem Truppentransporter |Galla| in Sicherheit gebracht. Doch nicht nur verletzte Soldaten finden Zuflucht auf diesen Schiff … Bei einem Flugzeugangriff der Japaner wird die |Galla| versenkt und findet in mehreren tausend Metern unter dem Meeresspiegel vorerst ihre letzte Ruhestätte, wie so viele Schiffe im umkämpften Pazifik.

Fast 75 Jahre später unternimmt ein privates Forschungsschiff eine Expedition in diese Gewässer. Die Meeresforscher finden den gesunkenen Truppentransporter |Galla|, bergen einen Großteil des Wracks, das merkwürdig gut erhalten ist, und bringen ihren Fund in das Meeresmuseum in Boston.

Kurz darauf geschehen in der Stadt bizarre Morde, brutal und immer nach gleichem Muster. Die Opfer weisen immer drei Schnitte auf, die kein Mensch verursachen könnte, und immer wieder begegnen den Kriminalbeamten merkwürdige und offenbar mit einem verborgenen Sinn behaftete Sätze. Hinweise oder Warnungen – |mea est ultio|.

Der Kreis um die Opfer schließt sich immer mehr. In einem getöteten Körper findet ein Gerichtsmediziner DNA-Spuren nichtmenschlichen Ursprungs. Die Strukturen der DNA weisen keine Elemente auf, die Erbanlagen tragen bzw. diese weitergeben können – es scheint fast so, als würde die DNA im Stande sein, sich individuell und aus sich selbst heraus zu verändern.

Der Gerichtsmediziner vertraut sich den ermittelnden Beamten an und weist darauf hin, dass in den Zwanzigerjahren ein Skelett gefunden wurde, dessen DNA identisch ist. In St. Petersburg liegen die Überreste des Skelettes, der Öffentlichkeit nicht zugänglich, weil jeder logisch denkende Wissenschaftler der Ansicht ist, es könne nur eine perfekte Fälschung sein. Denn dieses Skelett ist teilweise menschlich, teilweise gleicht es einem Raubtier mit Fangzähnen und einer erschreckenden Knochenstruktur.

In St. Petersburg erklärt der Museumsdirektor den erschreckten Beamten seine Theorie von vier Dämonen, gefallenen Engeln, die seit der menschlichen Zeitrechnung auf Erden wandeln. Diese Dämonen wurden um 1187 von Tempelrittern besiegt und getötet, ihre Überreste auf verschiedenen Kontinente vergraben, versteckt in der Hoffnung, dass diese niemals gefunden werden. In Bann geschlagen durch vier Grabtuchteile Christi – zusammen mit Pergamenten, welche die Geschichte der Dämonen überliefern. Diese gefallenen Engel können, wenn sie von Menschen „eingeladen“ werden, deren Körper übernehmen; dadurch erschienen sie mit ihren übernatürlichen Kräften als perfekte Krieger, die aber an ihre Körper gebunden sind, auch nach deren natürlichem oder unnatürlichem Tod.

Diese Dämonen, ihre bösen Seelen, suchen einander in teilweise unkörperlicher Gestalt und wechseln ihren Körper nach belieben. Es ist so ähnlich wie bei den drei Musketieren: Einer für alle, alle für einen.

In den Katakomben befindet sich aber auch die letzte Ruhestätte eines der Tempelritter, der die Dämonen besiegt hat. In diesem Grab befinden sich die Aufzeichnungen über die Kämpfe mit den „Engeln des Bösen“ und darüber, wie man diese vielleicht besiegen kann. Aber die letzten Seiten dieses Manuskript fehlen. Wer hat außerdem Interesse an den Dämonen?

_Kritik_

Es mag erscheinen, als hätte ich vieles schon verraten. Dem ist nicht so, denn allein Delaneys Theorie um die gefallenen Engel würde diese Rezension sprengen. Der Schriftsteller erzählt diesen theoretischen Aufbau spannend und detailreich genug, um neugierig auf mehr Hintergrundwissen zu machen.

Matthew Delaney beschreibt in „Dämon“ seine Hauptcharaktere nicht als übermenschlich gute, ohne dunkle Momente handelnde Menschen, sondern lässt diesen auch durchaus Zeit und Raum, ihre eigenen Dämonen und Geschichten zu erklären, und auf keiner der 764 Seiten lässt das erzählerische Talent Delaneys nach.

Als Kritikpunkt sei allerdings anzumerken, dass der Autor sich teilweise in seinen Theorien widerspricht, und leider hatte ich oftmals auch den Eindruck, dass er verschiedene Gedankensprünge etwas verwirrend erklären wollte und dabei den eigentlichen Weg ein wenig aus dem Blick verloren hat. Trotzdem kann ich jedem Leser, der spannende Geschichten rund um das Okkulte liebt, diesen Roman empfehlen.

http://www.bastei-luebbe.de
|Siehe ergänzend die [Rezension 1108 von Dr. Michael Drewniok.|

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