_Besetzung_
David Copperfield – Stefan Schwade
Mrs. Copperfield – Reinhilt Schneider
Clara Pegotty – Karin Lieneweg
Mr. Pegotty – Andreas von der Meden
Emily – Manuela Dahm
Mr. Murdstone – Horst Breiter
Mrs. Murdstone – Heikedine Körting
Betsey Trotwood – Marga Maasberg
Mr. Dick – F. J. Steffens
Mr. Creakle – Peter Kirchberger
Mrs. Crakle – Marianne Kehlau
Mister Tungay – Klaus Klein
Mr. Micawber – Werner Cartano
Rosaly – Wanda Osten
_Story_
Der Halbwaisenjunge David Copperfield wächst wohlbehütet bei seiner Mutter und dem sympathischen Kindermädchen Clara Pegotty auf. Er ist ein glücklicher Junge, besonders in jenem Moment, als er im Urlaub mit Pegotty seine Jugendliebe Emily kennen lernt. Doch eben dieser Urlaub wird ihm später zum Verhängnis. Hinter seinem Rücken haben sich der kaltherzige Mr. Murdstone und seine Mutter das Jawort gegeben, ganz zum Unwillen Davids.
Fortan ändert sich sein Leben komplett: Aus dem liebevollen Umfeld wird ein erbitterter Kampf gegen seinen neuen Vater, den David durch seine Abschiebung ins Internat frühzeitig verliert. Ein halbes Jahr geht er durch diese harte Schule, bis ihm dann die Nachricht des Todes seiner Mutter ereilt. David ist tieftraurig über den Verlust, sieht darin aber auch die Chance, sich von seinem bösen Steifvater zu lösen. Allerdings endet seine Flucht vor dem angeheirateten Elternteil im totalen Elend, und mit einem Mal werden dem jungen Copperfield beinahe alle Hoffnungen entzogen, je wieder frei von Murdstone und dessen hinterhältiger Schwester zu sein.
_Meine Meinung_
Beim Namen „David Copperfield“ kommen einem natürlich erst einmal Gedanken an den weltberühmten Magier, der ja unlängst auch hierzulande wieder auf Tournee war. Allerdings arbeitet der Mann nur unter einem Pseudonym und verwendet für sein Künstlerleben den Namen einer tragischen Romanfigur aus dem Werk von Charles Dickens, der zu Lebzeiten auch die traurige Geschichte dieses hin und her geschubsten Waisenknaben erzählt. Dabei ist „David Copperfield“ im Vergleich zu den meisten anderen Werken des berühmten britischen Schriftstellers keine rein moralische Erzählung, sondern vielmehr der Bericht über einen Jungen, der sich trotz aller Gemeinheiten und Widrigkeiten nie hat unterkriegen lassen.
Copperfield hat es von Beginn an nicht gerade einfach. Er wächst ohne seinen Vater auf und hat als Bezugsperson nur die Haushaltshilfe Pegotty. Seine Mutter ist indes kaum für ihn da und lässt ihn erst recht im Stich, als sie gegen den Willen ihres Jungen mit dem strengen Mr. Murdstone anbandelt und ihn schließlich auch ehelicht. David ist entsetzt und erschrocken zugleich, denn ihm ist bewusst, dass die daraus resultierenden Entwicklungen ihn ausschließlich negativ berühren werden und er vom liebevollen Leben der Vergangenheit mit sofortiger Wirkung Abschied nehmen muss. Bereits wenige Tage nach der Hochzeit erklärt Murdstone ihm, was er von seinem neuen Sohn erwartet und lässt auch keine Zweifel daran kommen, dass er seinen drohenden Worten Taten folgen lässt. Die erste Auseinandersetzung endet für David in einer Ohnmacht, auf die schließlich die unfreiwillige Unterbringung im Internat folgt. Die Schicksalsschläge wollen auch im Folgenden nicht abreißen und bringen den jungen Mann ganz tief auf den Boden und in einen Zustand, von dem er sich kaum noch erholen kann.
Doch gerade jetzt, wo er weder Vertraute noch Fürsprecher an seiner Seite hat, ist er mehr denn je entschlossen, sich gegen alle Ungerechtigkeiten, die ihm in letzter Zeit widerfahren sind, zur Wehr zu setzen und auf eigenen Füßen doch noch glücklich zu werden. Doch seine Vergangenheit holt ihn ein weiteres Mal ein, und nur noch seine entfernte Familie, bestehend aus der barschen Betsey Trotwood, kann ihm in seiner Not noch beistehen.
Charles Dickens’ Drama wurde 1975 auch vom populären Hörspiel-Label |Europa| vertont, und zwar unter der Regie der erfahrenen Heikedine Körting, die nebenbei auch noch eine kleine Sprecherrolle innehatte. Damit war sie jedoch eine der wenigen bekannten Namen, die an dieser rund dreiviertelstündigen Produktion beteiligt waren, was „David Copperfield“ rein äußerlich schon mal zu etwas Besonderem macht. Auch inhaltlich ist die Geschichte in dieser Fassung sehr gut umgesetzt, kommt schnell auf den Punkt und wird deshalb auch nie wirklich langweilig, wenngleich es zwischendurch ein paar kurz andauernde Längen gibt, in denen die Handlung etwas träge voranschreitet. Doch Kritik wäre diesbezüglich nicht angebracht.
Viel kritischer hingegen muss man die einzelnen Sprecher betrachten, ganz besonders Stefan Schwade, dem hier die Titelrolle zukommt. Er spielt die Rolle des jungen, naiven Copperfield bis zu einem gewissen Punkt ganz ordentlich, schafft es aber nicht einmal im Ansatz, die verschiedenen melancholischen Emotionen des ständig erniedrigten Hauptcharakters den Anlässen entsprechend nach außen zu tragen. Sinnbildlich hierfür ist der Moment, als David vom Tod seiner Mutter erfährt; an dieser Stelle erwartet man zwar kein überzogenes Schluchzen, aber zumindest etwas mehr Sensibilität. Stattdessen wird das Geschehnis kurz kommentiert, mit aufgesetzter Traurigkeit diskutiert und danach schon wieder fast vergessen. Aber auch die Szenen, in denen David von seinem brutalen Ziehvater Schläge einstecken muss, sind recht unglaubwürdig dargestellt, zumal es schon mehr Bedarf als ein paar „Aua!“-Schreien, um die Tragweite dieses Ereignisses (immerhin wird der Junge dabei bewusstlos) entsprechend zu transferieren. Es sind zwar immer nur kleine Zeiteinheiten, die einen über die emotionalen Regungen des Hauptakteurs nachdenken lassen, doch in all jenen Augenblicken kommt man immer wieder zu dem Schluss, dass Schwade der Rolle als tragische Figur nicht wirklich gewachsen ist bzw. war.
Ansonsten gibt es aber kaum etwas an „David Copperfield“ auszusetzen. Mal davon abgesehen, dass die Erzählform mehr einem Bericht ähnelt und deswegen auch nicht ganz so spannend ist, entwickelt sich dieses legendäre Drama mit wohlgesetzten Schritten vorwärts und kann dank seiner rasch inszenierten Wendungen letztendlich auch über die Gesamtdistanz überzeugen. Für meinen Geschmack hätte das etwas abrupte Ende noch etwas ausgedehnt werden können, denn nach den vielseitig umschriebenen Jugendtagen, die Copperfield zu dem gemacht haben, was er in seinem Aufeinandertreffen mit Betsey Trotwood ist, geht es plötzlich richtig hurtig auf den Schluss zu, und bevor man sich versieht, hat einen die Geschichte schon überrumpelt und ist geendet.
Aber so sei es. „David Copperfield“ hat zwar bezüglich der Inszenierung einige dezente Schwächen, gefällt aber als unterhaltsames Hörspiel dennoch sehr gut. Für Anhänger der vorangegangenen Episoden der „Europa-Originale“, zu denen die neue Aufarbeitung dieses Hörspiels gehört, ist dies genau der richtige Stoff, nur eben mit der Einschränkung, dass die ‚Star‘-Sprecher durch die hier eingesetzten unbekannten Namen kaum ersetzt werden können.
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