Englisch, Andreas – Wenn Gott spricht

_Prophezeiungen gibt es_ seit Anbeginn der Menschheit in ihren Mythen, Legenden und Religionen. Erinnern wir uns an die biblische Prophezeiung: Ein Messias – der Sohn Gottes – würde uns am Tag des jüngsten Gerichts besuchen. Oder Moses, der den Pharao (wahrscheinlich) Ramses vor dem Zorn Gottes warnt. Die Prophezeiungen aus dem alten Testament sind uns wohlbekannt, daneben gibt es noch unzählige andere Seher und Deuter, die manchmal in versteckten und verschlüsselten Botschaften zu uns sprechen. Manche erklären, dass sie das Wort Gottes verkünden, andere hingegen plappern vielleicht nur von kommenden Situationen, deren logische Konsequenz aus der Gegenwart resultiert.

Prophezeiungen sind tief in uns gläubigen oder auch ungläubigen Menschen verwurzelt. Genauso wie die Religion, bewegen sie sich zwischen Wahrheit und Fiktion, und der Zwischenraum ist ausgefüllt mit den Hoffnungen und Ängsten der Menschen, die aus reinem Optimismus daran glauben möchten.

Die Vergangenheit kann man nicht ändern, die Gegenwart beeinflussen und die Zukunft …? Nun ja, die Zukunft ist nicht greifbar und ändert sich mit jedem Tag. Sieht man allerdings die Prophezeiungen aus einer religiösen Perspektive, so spricht man von der Botschaft Gottes durch einen Propheten, einen heiligen Mann. Es können aber genauso arme Hirtenjungen und Mädchen sein. Gott scheint nicht besonders wählerisch zu sein, manchmal taucht auch die „Mutter“ Gottes auf und weist uns Wege und (oder) Auswege, gegebenenfalls warnt sie die Menschheit auch. Die Wissenschaft, der oftmals so betitelte „Erzfeind“ der Religion, belächelt eher müde diese Thesen oder verhält sich mathematisch eher logisch und rational.

Andres Englisch, der seit 1987 Vatikan-Korrespondent in Rom ist und engen Kontakt zum Jahrtausend-Papst Johannes Paul II. und auch zu dem deutschen Papst Benedikt XVI. pflegt(e), interpretiert die Worte und die Taten der „heiligen“ Männer als Gottes Botschaft. Waren oder sind einzelne tief gläubige Menschen oder gar Diener der katholischen Kirche Botschafter Gottes – spricht Gott bis heute so mit seinen Schäflein und hatte dies schon Auswirkungen auf historische Ereignisse?

_Kritik _

Andreas Englisch, der Autor des Buches, ist an erster Stelle Journalist. Mit seinem intensiven Wissen rund um die Interna des Vatikans, der Millionen von Menschen fasziniert, gehört er zu den wenigen mit der kirchlichen Kurie Vertrauten.

In seinem vorliegenden Buch gibt es eine Menge Wundergeschichten rund um Jonhannes Paul II. und das amtierende Oberhaupt der katholischen Kirche, Benedikt XVI. Zwar betont Andreas Englisch immer wieder, dass man die Prophezeiungen entweder aus der Perspektive eines gläubigen Christen sehen kann oder als Realist diese Vorhersehungen logisch rational erklärbar sieht. Zwar gibt sich der Autor Mühe, dies neutral zu sehen, doch merkt man nach wenigen Seiten, dass Andreas Englisch überzeugt ist, dass Gott durch den Menschen seine Botschaften sendet. Andererseits kritisiert er die oftmals konservative Politik des Heiligen Stuhls und berichtet von einigem Insiderwissen, was sich durchaus kritisch liest.

„Wenn Gott spricht“ von Andreas Englisch hat mich aber insgesamt nicht überzeugen können. Vielleicht liegt es daran, dass ich zwar gläubig, aber nicht naiv bin, dass ich durchaus differenzieren kann, aufgrund logischer Konsequenzen aus Handlungen heraus Situationen interpretieren und Details erkennen, dass es sich hier um keine Prophezeiung handeln kann, sondern nur um menschliche Schlussfolgerungen.

Die Leserschaft wird das Buch sehr konträr sehen. Die einen werden sagen: „Das ist keine Vorhersehung, sondern nur das Resultat von Ereignissen“, andere hingegen, wirklich gläubige Menschen, werden sich in ihren Gedanken sicherlich dort wiederfinden, wohin die Botschaften auch gelangen sollen.

Mit hohem Respekt, und da pflichte ich dem Autor bei, spricht er von den Entscheidungen und politischen Einflussnahmen von Papst Johannes Paul II., denn das katholische Oberhaupt war zugleich auch politischer Monarch seines Kirchenstaates und verstand es, Religion manipulierend einzusetzen.

Viel interessanter geht es im Buch zu, wenn der Autor über die Abläufe und Prozesse innerhalb der vatikanischen Mauern spricht. Sicherlich gibt es zu diesem Thema noch viel mehr Literatur, aber Andreas Englisch hat durchaus Talent darin, dies auch unterhaltsam für den Leser aufzuarbeiten.

_Fazit_

„Wenn Gott spricht“ ist nur bedingt empfehlbar. Wer sich mit dem Thema „Botschaften durch Gott“ oder Prophezeiungen beschäftigen möchte, dem sei von diesem Buch abzuraten. Vielmehr handelt das Buch vom Leben der beiden Päpste und sekundär erst von irgendwelchen Vorhersehungen, die man logisch erklären und deuten kann.

Wer allerdings viel darüber wissen möchte, wie es in Kirchenkreisen zugeht, der wird an dem Buch Gefallen finden, denn hierin liegt das große Wissen des Autors und dort kann er wirklich eindrucksvoll und mit Bravour erzählen.

_Autor_

Andreas Englisch, geboren 1964 in Werl, lebt seit 1987 als Vatikan-Korrespondent in Rom. Er hatte engen Kontakt zu Papst Johannes Paul II. und gehört zu den sechs Journalisten, die Benedikt XVI. auf allen Reisen begleiten dürfen. Er ist Autor der Bestseller „Johannes Paul II.“, „Habemus Papam“ und „Die Wunder der katholischen Kirche“.

_Andreas Englisch auf |Buchwurm.info|:_
[„Habemus Papam – Von Johannes Paul II. zu Benedikt XVI.“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2447

Schreibe einen Kommentar