Pevel, Pierre – Drachenklingen

Über die legendären Musketiere der Literatur, drei an der Zahl – Athos, Porthos, Aramis und dem vierten Neuankömmling D’Artagnan -, die alle der Feder Alexandre Dumas dem Älteren entsprangen, existieren drei Romane und noch viel mehr Verfilmungen und Nebengeschichten, in denen einer der vier eine Rolle spielt. Ebenso oft spielt Kardinal Richelieu als Marionettenspieler eine zentrale Rolle und lässt die vier Helden zum vorgeblichen Wohle des Königreichs Frankreichs leiden und bluten. Die vier Musketiere sind zwar Romanfiguren, doch es gab tatsächlich historische Vorbilder, deren Namen auch ähnlich lauteten. Richelieu hingegen war tatsächlich der Lenker und Denker Frankreichs, nicht unumstritten, aber gefürchtet, geachtet von Freund und Feind und ein großer Staatsmann seiner Zeit.

Die Musketiere waren elitäre Fußsoldaten, aber auch Kavalleristen, deren primäre Waffe allerdings die schwere Muskete war, und nicht der elegante Degen. Diese eindrucksvollen und gut ausgebildeten Soldaten waren nur dem König und dem Land verpflichtet und diesen gegenüber sehr loyal. Viele verdingten sich nach ihrer Dienstzeit als Söldner und standen im Dienste der Garde des scharlachgewandeten Kirchenfürsten Richelieu.

Seine Gardekämpfer waren oftmals Auftragsmörder oder gingen der Spionage nach. Ihre Befehle bekamen sie direkt vom Kardinal, und dieser regelte seine Staatsgeschäfte oftmals ohne die offizielle Zustimmung des Königs. Im Jahre 1633 waren Europa und seine Königreiche, Grafschaften, Baronessen und Herzogtümer zwar eine einzige große Verwandschaft, doch mehr noch waren sie zerstritten und wechselten beständig die Herrscher. Religionskriege dienten als Deckmantel für Machtspiele und zahllose Verbrechen, und Frankreich hatte mehr als nur einen Feind: Ihm entgegen standen die benachbarten Königreiche England und Spanien, und auch das Heilige Römische Reich war alles andere als ruhig und friedlich.

Mantel-und-Degen-Geschichten um die Musketiere faszinieren seit jeher zahllose Leser. Der französische Autor Piere Pevel lässt seinen Roman „Drachenklingen“ in genau diesem Genre spielen und debütiert damit auf dem deutschen Buchmarkt. Allerdings verbindet er seinen historischen Roman mit einigen fantastischen Elementen – in diesem Fall sind es geheimnisvolle Drachen.

_Inhalt_

Frankreich, 1633. Louis XIII. ist zwar König dieses Landes, die Staatsgeschäfte und das politische Spielfeld überlässt er jedoch seinem Berater Kardinal Richelieu, der im unruhigen Europa seiner Zeit Ränke schmiedet, um Frankreich zu stärken. Sorgen bereiten Richelieu die Anzeichen, dass eine mysteriöse Loge, die „Schwarze Kralle“, zurückgekehrt und stärker denn je ist. Ihr konspiratives Netz durchdringt inzwischen ganz Europa, und ihr Ziel ist es, einzelne Länder beherrschen zu wollen. Allein Frankreich trotz den Intrigen und der Gefahr, die nicht von Menschen kommen. Die Mitglieder der „Schwarzen Kralle“ sind Nachkommen eines uralten Drachengeschlechtes, welche die äußere Form von Menschen angenommen haben und ihre Magie bedroht ganze Regierungen und Königshäuser ins Chaos zu stürzen.

Richelieu plant einen Kontrakt mit Spanien, um wenigstens im Rücken des Landes etwas Ruhe zu bekommen, doch die Verhandlungen gehen nur langsam voran und Spanien bitte um Hilfe: Ein sehr junger Adeliger aus dem Königreich Spanien ist in der französischen Hauptstadt untergetaucht und soll gefunden und wieder zurückgebracht werden. Richelieu sieht zur Erfüllung dieses Wunsches nur die Möglichkeit, eine nur ihm unterstellte Spezialtruppe einzusetzen: Die Klingen des Kardinals werden noch einmal zusammengerufen, um diesen Auftrag auszuführen.

Seit fünf Jahren sind die alten Kämpfer nicht mehr zusammengekommen. Einige dienen in der Garde der Musketiere, andere hingegen arbeiten als Fechtlehrer in Paris oder leben in den Tag hinein. Doch von ihrer alten Kampfkraft und ihrer Loyalität haben sie nichts verloren, und so sind sie bereit, für Frankreich wieder zum Degen zu greifen. Doch die „Schwarze Kralle“ ist ein brutaler und einfallsreicher Gegner, bei dem selbst die Veteranen der „Klingen“ nicht nur mit Stahl und Feuer, sondern auch mit List und Verstand kämpfen müssen …

_Kritik_

Pierre Pevel erweckt die Geschichte um Ehre, Verrat und Leidenschaft wieder zum Leben. „Drachenklingen“ ist so geschliffen wie die Spitze eines Degens und spannend so actionreich, wie der Titel es schon vermuten lässt. Neben packenden Duellen, düsteren Verfolgungsjagden in den Straßen von Paris und vielen rasanten Kämpfen gibt es eine spannende Geschichte zu erzählen, in der die verschiedenen Protagonisten abwechselnd agieren.

Ähnlichkeiten mit den drei bzw. vier Musketieren sind indes nicht zu überlesen, ganze charakterliche Merkmale und Eigenschaften wurden kopiert, zum Beispiel diejenigen des rauflustigen, etwas heißspornigen Gascogners. Neben Richelieu, bei dem wie gewohnt alle Fäden zusammenlaufen, trifft der Leser auf alte Bekannte wie zum Beispiel Rochefort oder Treville, den Hauptmann der Musketiere und sogar Athos taucht kurz auf, spielt aber in diesem Teil keine tragende Rolle. Obwohl man sich dabei ziemlich schnell die Frage stellt, warum die Protagonisten nicht gleich die vier Musketiere darstellen.

Es gibt nicht viele Nebenhandlungen, und das tut dem Roman recht gut, denn so konzentriert sich das Drama auf den Kreis der Klingen des Kardinals und ihre Gegner, die Loge der „Schwarzen Kralle“. Diese Bezeichnung ist allerdings symbolisch zu sehen, denn hier kämpfen keine Menschen mit dem Degen oder dem Schwert in der Hand gegen krallenbewehrte, feuerspeiende Drachen, sondern nur gegen die Magie dieser Wesen.

Die Protagonisten werden schnell ins Spiel gebracht, und über ihre Vergangenheit und Laufbahn erfährt man in den darauffolgenden Seiten recht viel, obwohl noch viele Details in den nächsten Romanen geklärt werden könnten. Obgleich nicht viele Nebengeschichten abzweigen, so ist die Anzahl der handlungsrelevanten Personen recht groß gewählt, und diese wechseln ihre Schauplätze und Perspektiven mannigfaltig. Doch die Spannung bleibt erhalten, nicht zuletzt wegen der vielen sehr detailreich geschilderten und actionreichen Kämpfe, denen viel Raum gegeben wurde. Die Fantasy dagegen ist wohlweislich gut portioniert und wirkt ausreichend phantastisch, ohne dabei überzogen oder irrwitzig zu erscheinen. Die Figur des undurchschaubaren Richelieu drückt „Drachenklingen“ auch ihren Stempel auf, denn es gibt Intrigen, Verrat und einige Überraschungen, die interessant und einfallsreich inszeniert sind.

Viel an historischen Elementen weist „Drachenklingen“ allerdings nicht auf, und auch die damalige politische Ebene bleibt bis auf wenige Ausnahmen im Schatten. Von dieser Erwartungshaltung, das weiß man nach wenigen gelesenen Seiten, verabschiedet man sich recht schnell.

_Fazit_

Was bleibt? Eine spannende und actionreiche Geschichte, die wohl den Auftakt einer unterhaltsamen Reihe bilden wird. Es hat Spaß gemacht, „Drachenklingen“ zu lesen; besonders, wer gerne Alexandre Dumas und seine Abenteuer rund um die Musketiere gelesen hat, wird von dem Werk begeistert sein.

Das Tempo des Romans ist schnell, und manchmal kann es passieren, dass man den Überblick verliert, aber noch rechtzeitig gelingt es dem Autor, sich zu mäßigen, so dass man der Geschichte gut folgen kann. Ich bin gespannt auf die nächsten Teile, denn das Ende ist eines, das ich so überhaupt nicht vermutet hätte, so dass man, wenn die Lektüre dem Leser gefallen hat, sofort zum zweiten Teil greifen wird.

_Der Autor_

Pierre Pevel, geboren 1968, ist einer der bekanntesten Fantasy-Autoren Frankreichs. Seine Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet – unter anderem mit den renommierten Grand Prix de l’Imaginaire. Mit „Drachenklingen“ hat er bisher seinen größten Erfolg gelandet.

|Originaltitel: Les Lames du Cardinal
Aus dem Französischen von Carolin Müller
429 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-52485-9|
http://www.heyne.de
http://www.artagnan.de
[Wikipedia]http://de.wikipedia.org/wiki/Die__drei__Musketiere

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