|“Zehn Jahre ist es her, seit Lulatsch, Clown, Grizzly und Madame Trix ihren letzten Coup gelandet haben. Und ein Jahrzehnt ist in der sechsten Welt eine lange Zeit, vor allem für die kurzlebigen Orks und Trolle. Sie haben die Straßen der ADL hinter sich gelassen, aber wie heißt es so schön: Niemand verlässt die Schatten ganz. So holt die Vergangenheit die Runner ein und lässt sie erkennen, dass sie im Jahr 2064 vor allem eines sind: Altes Eisen …“| (Klappentext)
_von Chris Sesterhenn
mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins http://www.ringbote.de/ _
_Trockene Fakten – die äußeren Werte:_
„Altes Eisen“ ist ein weiterer „Shadowrun“-Roman aus dem |Heyne|-Verlag. Wie schon so oft, passt das Titelbild nicht besonders gut zu dem Roman, aber es kommt auch viel mehr auf den Inhalt an. Die Geschichte verteilt sich in dem Taschenbuch auf 426 Seiten, was einem sehr guten Durchschnittswert entspricht.
_Worum geht es überhaupt? – zum Inhalt:_
André Wiesler präsentiert mit „Altes Eisen“ einen neuen Roman aus der Welt von „Shadowrun“. Die gesamte Handlung dreht sich um die Runnergruppe „Die Crew“, bestehend aus dem Riesen Lulatsch (Joseph), dem Troll Grizzly (Marko), den beiden Orks Trix (Helen) und Clown (Nikolai) sowie der Elfe Winter und dem Mensch Dietrich. Vor zehn Jahren gelang diesen Runnern ein großartiger Coup. Sie widmeten sich ihrem Privat- und Familienleben, zogen sich mehr oder weniger aus den Schatten zurück. Doch dann ist es nach der langen Zeit des Wartens soweit: Helen, die nach dem erfolgreichen Coup für die Crew ins Gefängnis gegangen ist, wird aus der Haft entlassen und der Zeitpunkt ist gekommen, die verbleibende Beute unter den Teammitgliedern aufzuteilen und einen Lebensabend im Wohlstand zu garantieren. Doch dann kommt alles ganz anders als geplant. Die ehemaligen Runner sind gezwungen, noch einmal zu zeigen, was die Crew wirklich vermag. Und dabei gilt es, die Schatten der Vergangenheit zu bewältigen.
_Zuckerbrot und Peitsche – Pro und Contra:_
Der Roman „Altes Eisen“ von André Wiesler präsentiert eine wirklich gelungene Geschichte. Die einzelnen Szenen sind sehr detailliert und plastisch beschrieben. Jeder Abschnitt lädt zum zügigen Weiterlesen ein, Langeweile kommt in diesem Buch nie auf. Von Kapitel zu Kapitel wechselnd, erfährt der Leser in zwei Handlungssträngen von den aktuellen Ereignissen und den Geschehnissen vor zehn Jahren. Zusammen ergibt dies auf sehr geschickte Art und Weise ein rundum gelungenes Gesamtwerk.
Die Charaktere der Geschichte waren vor zehn Jahren professionelle und sehr begabte Runner. Mit ihren Talenten und ihrer Cyberware gelingt es ihnen, einen nicht für möglich gehaltenen Raub zu begehen. Auch wenn dieser nicht hundertprozentig glatt verlief, so wartet in der „Gegenwart“ dennoch eine beachtliche Beute auf die Helden von damals. In den vergangenen Jahren wurden aus den einzelnen Teammitgliedern ein angesehener Imageberater für Metamenschen (Joseph), das Oberhaupt einer großen Orkfamilie (Nikolai), ein Häufchen Elend, welches nur von der Verpflichtung, einen Hund zu füttern, noch am Leben gehalten wird (Marko) oder eine selbstbewusste Orkfrau, die ihren Lebensabend in Ruhe verbringen will (Helen). Und dieses ‚alte Eisen‘ muss nun zeigen, was es in der Gegenwart noch alles auf dem Kasten hat.
Allein die Idee ist schon lesenswert, aber die Umsetzung macht das Ganze zu einem besonderen Lesevergnügen für „Shadowrun“-Fans und solche, die es noch werden wollen. Sehr gelungen sind die teilweise enormen Unterschiede der einzelnen Charaktere in den beiden Handlungssträngen. Es entbehrt nicht eines gewissen Humors, wenn beispielsweise der ehemalige Straßensamurai eine Waffe aufnimmt und seine Smartgun-Verbindung meldet, dass die Cyberware ein dringendes Update benötigt.
Wer unbedingt auch einen Punkt auf der Contra-Seite haben will, muss schon etwas länger suchen. Unter Umständen könnte die phasenweise etwas sehr auf Erwachsene bezogene Schreibweise nicht gerade für junge Leser geeignet sein (wobei Gewalt eher als letzter Ausweg beschrieben wird). Aber es gibt noch wesentlich schlimmere Szenen in anderen Publikationen.
_Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:_
Der Roman von André Wiesler ist ein richtiges Highlight unter den Romanen aus dem „Shadowrun“-Universum. Ich kann jedem SR-Fan (und allen, die es noch werden wollen) diesen Roman nur wärmstens ans Herz legen. Der Leser erhält für sein Geld viel Unterhaltung und Kurzweil – seit langer Zeit wieder einmal ein wirklich überzeugender SR-Roman.
_Fazit:_ „Altes Eisen“ von André Wiesler bietet eine hervorragend umgesetzte Idee. Im Vergleich mit anderen Romanen aus der Welt von Shadowrun liegt dieser Roman eindeutig im oberen Bereich der Rangliste. Fans sollten sich dieses Highlight nicht entgehen lassen, daher kann ich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung geben. Um es mit Grizzlys Worten zu sagen: „So wird das gemacht!“