Kelley Armstrong – Pakt der Hexen

Nach den turbulenten Ereignissen im Sorgerechtsstreit um ihre Stieftochter Savannah hat die Hexe Paige Winterbourne noch immer alle Hände voll zu tun. Da sie aus dem Hexenzirkel ausgeschlossen wurde und nun in der paranormalen Welt etwas verloren dasteht, versucht sie selbst eine zauberhafte Vereinigung von Hexen ins Leben zu rufen, was gar nicht so einfach ist.

Doch es gibt auch viel Neues und Positives in ihrem persönlichen Umfeld. Paige hat nun einen Mann an ihrer Seite, und dieser ist alles andere als normal. Lucas Cortez ist Magier, Rechtsanwalt und Erbe des wohl mächtigsten Magierclans. Bisweilen ist er ein wenig eigensinnig, sieht sich als glorreicher Ritter und bekämpft Ungerechtigkeiten, wo er sie nur finden kann, doch er hat ungeahnte Talente und ein Selbstbewusstsein, das nur schwer zu erschüttern ist.

Die Ruhe findet ein plötzliches Ende, als Lucas Vater Benicio, das Oberhaupt des Magierclans, während der Abwesenheit seines Sohnes bei Paige erscheint. Indirekt bittet Benicio Cortez Paige und Lucas um Hilfe. In Miami, dem Sitz des Cortez-Clans, gibt es einen Mörder, der die Kinder der Magierfamilien bedroht. Es ist schon zu ersten Todesfällen gekommen und ein Mädchen liegt noch im Koma. Paiges innerliche Alarmglocken schlagen schon an, und gemeinsam mit Lucas und Savannah reist sie nach Miami.

In der sonnigen Stadt erwartet sie aber das „Böse“. Nicht nur der Cortez-Clan hat mit der Bedrohung durch den Killer Angst und Schrecken erlebt, auch der Boyd- und der Nast-Clan sind schon von ersten Angriffen eines höchstwahrscheinlich paranormalen Mörders bedroht.

Lucas und Paige, die beide Angst davor haben, dass auch Savannah getötet werden könnte, vertraut ihren Freunden Elena und Clay Savannah an – beides Werwölfe und damit durchaus imstande, jegliche Bedrohung auszuschalten.

Gemeinsam mit einer Nekromantin und einer schon sehr alten Vampirin, die Lucas und Paige bei ihren gefährlichen Ermittlungen unterstützen, werden auch sie selbst das Ziel des Killers und geraten in tödliche Gefahr …

Kritik

„Pakt der Hexen“ von Kelley Armstrong ist der vierte Teil der Reihe „Woman of the Otherworld“. Armstrongs Protagonisten sind zumeist Frauen, die in den Geschichten ihren Mann stehen müssen. Waren es in den ersten beiden Romanen weibliche Werwölfe, so spielt in dem dritten und vierten Teil Paige Winterbourne in ihrem Wesen als Hexe die Hauptrolle, im fünften Teil wird Eve, die verstorbene Mutter von Savannah, als Geist die Geschicke lenken.

Sicherlich ist „Pakt der Hexen“ unabhängig von den anderen Teilen zu lesen, doch empfehle ich, bei Band eins anzufangen, da alle Protagonisten, weibliche wie auch männliche, in fast allen Bänden manchmal sogar eine tragende Rolle spielen. Manche Dialoge und Rückblenden sind also erst für den Leser verständlich, wenn er die Vergangenheit der Figuren nachvollziehen kann.

Gerade das etwas schwierige und angespannte Verhältnis zwischen Lucas und seinem Vater Benicio findet in Band 3 eine erste Erklärung, die in diesem Band weiter vertieft wird. Lucas im Schutze und Schatten seines mächtigen Vaters aufgewachsen, weiß um die Strukturen und Gesetze des Magierclans, sieht aber in vielen Situationen Ungerechtigkeiten, die das ganze System für seine Augen als unglaubwürdig darstellen. Sein Vater dagegen, der das rebellische Verhalten seines Lieblingssohnes eher für jugendlichen Übermut hält, unterstützt ihn finanziell und behindert ihn auch nicht.

In Kelley Armstrongs magischer Welt geht es natürlich auch wie im realen Leben der Menschen nicht ohne Konfrontationen zu. Auf der einen Seite gibt es die Magier, die sich arrogant und selbstsicher als Denker und Lenker verstehen; daneben existieren die Hexen, die mit den Magiern seit den Anfängen konkurrieren, aber aus verschiedenen Ängsten nicht an Boden gewinnen können. Innerhalb dieser Welt mischen dann noch Nekromanten, Schamanen, Druiden und natürlich auch Dämonen, die den Magiern zumeist dienen, mit. Etwas abseits davon und für sich selbst verantwortlich, trennen sich die Vampire und Werwölfe von den anderen Gruppierungen und haben ihre ganz eigenen Probleme. Schon als Minderheit und vom „Aussterben“ bedroht, beteiligen sich diese nicht an den Vorherrschaftskämpfen und magischen Auseinandersetzungen um wirtschaftliche und politische Macht.

Man erkennt also: Kelley Armstrongs magische Welt ist komplex und kompliziert, was in den Handlungen der einzelnen Romane die Spannung und Abwechslung sehr nach vorne treibt.

„Pakt der Hexen“ ist ein magischer Thriller mit vielen unterschiedlichen Ansätzen, was den Protagonisten positiv anzurechnen ist. Jede Spezies hat so ihre eigenen Fähigkeiten und Eigenarten und selbst erschaffenen menschlichen Probleme. Paige Winterbourne, eine noch junge, aber talentierte Hexe, ist eher überheblich und aufbrausend, wohingegen ihr Freund Lucas als Magier ruhig und sachlich versucht, die Situationen zu entschärfen. Eine Mischung im Duo, die sich wunderbar ausgleicht und ergänzt.

Aber sie kommt nicht ohne Konfliktpotential in der Beziehung aus. Paiges Ziehtocher hat enormes magisches Potential, was sie ihrer verstorbenen Mutter Eve zu verdanken hat, aber mit ihren jungen Jahren und ihrer noch lange nicht abgeschlossenen Ausbildung bietet sie ein leichtes und viel beachtetes Ziel für einige Interessenten.

Kelley Armstrong hat in „Pakt der Hexen“ der Spannung, die auch schon im dritten Teil konstant und sogar steigend war, einen weiteren Schubs nach vorne geben können. Da sich die Charaktere und ihre einzelnen Geschichten immer weiter vertiefen, nehmen der Anspruch und die Spannung auch weiter linear zu. Zwar gibt es immer den gleichen engeren Kreis paranormaler Personen und es kommen auch immer einige dazu, doch gibt es auch Opfer, die nach ihrem (un)natürlichen Tod wohl nicht wieder auferstehen werden.

„Pakt der Hexen“ ist spannend und weiß zu überraschen. In diesem Thriller, auch mit seinen phantastischen Elementen, verfolgt der Leser die Serienmorde eines paranormalen Killers und die Ermittlungen unserer zwei mit magischen Fähigkeiten gesegneten Protagonisten. Der Leser ist zwar versucht, auch selbst den Täter zu ermitteln, aber aus Unkenntnis der nicht menschlichen Verdächtigen kann das gar nicht gelingen. Trotz allem, die Spannung steigt, für Action ist vielfach gesorgt und als besonderes Schmankerl kommt der Humor erst recht nicht zu kurz. Paiges etwas aufbrausendes Temperament und ihre erzählerische Perspektive sind gleichsam zynisch lustig wie auch ansprechend der Situation abgestimmt.

Der Roman ist zwar in sich abgeschlossen, doch weiß man als Leser nach der letzten Seite, dass es noch weitergehen muss. Allein schon die Familienverhältnisse innerhalb des Clans der Cortez geben viel Handlungsspielraum und Ideen für zukünftige Projekte.

Fazit

„Pakt der Hexen“ kann ich sehr empfehlen. Nicht nur für Frauen wird der Roman spannend, vielseitig und interessant sein, auch wenn in den Romanen jedes Mal der weibliche Part die Zügel in der Hand hält. Sicherlich ist hier auch für Romantik gesorgt, und auch wenn die Protagonisten untot, unheimlich und irreal agieren, so sind sie – oder waren es zumindest – auch menschlich. Für Leser, die komplexe Verflechtungen, Intrigen und Magie lieben, wird dieser Roman viele Überraschungen bereithalten.

Kelley Armstrong schreibt erstaunlich frisch und flüssig, sie hält sich nicht lange in Beschreibungen auf, sondern legt viel Wert auf prickelnde, zynische Dialoge und ansteigender Spannung.

Der Roman sollte, und das empfehle ich wärmstens, nicht als erstes Buch der Serie gelesen werden. Der vorherige Titel – „Nacht der Hexen“ – in dem auch die Hexe Paige die Hauptrolle spielt, sollte zumindest schon gelesen sein. Besser noch, man fängt gleich mit den beiden Romanen „Blut der Wölfin“ und „Rückkehr der Wölfin“ an, denn damit beginnt die magische Saga. Somit ist dem Leser gewährleistet, dass er einige Personen, die dort auftauchen, wie eben die Werwölfe, schon kennen und lieben gelernt hat.

Taschenbuch: 576 Seiten
Originaltitel: Industrial Magic
ISBN-13: 978-3426638071

http://www.droemer-knaur.de

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