Scott Lynch – Die Republik der Diebe (Gentleman-Bastards 3)

Gentleman-Bastard

Band 1: Die Lügen des Locke Lamora“
Band 2: Sturm über roten Wassern“
Band 3: „Die Republik der Diebe“
Band 4: „The Thorn of Emberlain“ (noch ohne dt. Titel)
Band 5: „The Ministry of Necessity“ (noch ohne dt. Titel)
Band 6: „The Mage and the Master Spy“ (noch ohne dt. Titel)
Band 7: „Inherit the Night“ (noch ohne dt. Titel)

Locke und Jean ist es zwar gelungen, den Archonten von Val Terrar zu stürzen, der Coup aber, dessentwegen sie sich überhaupt dort aufhielten, ist gründlich schief gegangen, und außerdem hat er ihnen noch eine hübsche Überraschung eingebracht: ein heimtückisches Gift, das Locke von innen zu zerfressen droht, und das offenbar niemand behandeln kann. Niemand außer Karthains Soldmagiern …

Vater Chains ist der Meinung, es sei Zeit für seine Truppe, mal wieder produktiv zu werden. Also schickt er sie zu einem Freund nach Espara, um dort das Theaterspielen zu lernen. Als Gegenleistung soll die Gang dem Freund und seiner Theatertruppe aus der finanziellen Patsche helfen. Doch als Locke und seine Freunde dort ankommen, ist die Lage bereits ziemlich eskaliert!

Hat sich Scott Lynch im zweiten Band auf eine Zeitebene beschränkt, so ist der dritte wieder mit einer Menge Rückblenden gespickt. Tatsächlich sind es so viele, dass man schon nicht mehr von Rückblenden reden kann. Im Grunde werden zwei Geschichten gleichzeitig erzählt: die um Lockes Deal mit den Soldmagiern, und die über den Einsatz der Gang in der Welt des Theaters.

Den inneren Zusammenhang bildet dabei Lockes Beziehung zu Sabetha, die bereits in den Vorgängerbänden immer wieder angedeutet, aber nie genauer ausgeführt wurde. Das holt Scott nun nach. Weder Locke noch Sabetha sind einfache Persönlichkeiten, insofern gestaltet sich die Entwicklung in beiden Zeitebenen ziemlich kompliziert. Man könnte es fast schon als dritten Handlungsstrang bezeichnen, der aber aufgrund der erwähnten Komplikationen und einer augenzwinkernden, angenehm kitschfreien Erzählweise auch für männliche Leser erträglich sein dürfte.

Zumal die Enwicklung der Beziehung einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Ereignisse in Karthain hat. Denn spannenderweise beinhaltet Lockes Abmachung mit den Soldmagiern, daß er in einem Wettbewerb ausgerechnet gegen Sabetha antreten muss! Zum ersten Mal hat er einen Gegner, der seine Eigenheiten und seine Arbeitsweise genau kennt! Und natürlich weiß Sabetha auch, dass sie selbst Lockes größte Schwäche ist!

Während Locke also Sabetha einerseits ein spannendes Duell liefert und sie gleichzeitig erneut umwirbt, schlägt sich parallel dazu Locke mit seinen Pubertätshormonen und die alte Gang mit einem selbstherrlichen, geilen Adligen und einem aufbrausenden, sehr von sich selbst eingenommenen Theaterdirektor herum, und nur ein absolut dreister Notfallplan kann am Ende noch verhindern, dass sie alle am Strick landen!

Scott Lynch hat all diese Aspekte geschickt miteinander verknüpft. Eines ergibt das andere, alles greift nahtlos ineinander. Und auch diesmal ist es ihm gelungen, zahllose Wendungen und Überraschungen so aufeinander aufzubauen, dass keine logischen Brüche entstanden. Es macht mindestens so viel Spaß, Locke und Sabetha bei ihren Winkelzügen und Tricks zuzusehen, wie der Inszenierung eines Stücks durch eine abgedrehte Schauspieltruppe zu folgen. Zu all dem hat es der Autor auch noch geschafft, einen dünnen Randteil der Handlung zu einer formidablen Bedrohung für den nächsten Band aufzubauen.

Kurz und gut, der dritte Band konnte in jeder Beziehung mit den ersten beiden mithalten. Man muss schon ein extremer Gegner von Romanzen sein, um sich am Liebesleben des Protagonisten, das eher den Charakter eines weiteren Duells besitzt, zu stören, und der Esprit, der Ideenreichtum und das Improvisationstalent, das Locke bei seinen Aktionen stets aufs Neue an den Tag legt, ergeben zusammen mit Jeans trockener Art eine immer wieder unwiderstehliche Mischung. Ich hoffe sehr, dass bis zum Erscheinen der Fortsetzung nicht, wie dieses Mal, erneut mehrere Jahre vergehen! Das wäre schlicht Folter!

Scott Lynchs beruflichen Werdegang, bevor er seinen ersten Roman veröffentlichte, könnte man salopp mit über-Wasser-halten umschreiben, als Tellerwäscher, Kellner und dergleichen. Locke Lamora und seine Gentleman-Gauner machten ihn zum hauptberuflichen Schriftsteller. Drei Bänden und einem Prequel, das bisher nur auf Englisch erhältlich ist, sollen noch vier weitere folgen. Ein Veröffentlichungsdatum für den nächsten mit dem Titel „The Thorn of Emberlain“ ist noch nicht bekannt.


Taschenbuch 944 Seiten
Originaltitel: „The Republic of Thieves“
Deutsch von Ingrid Herrmann-Nytko

www.scottlynch.us
www.lockelamora.co.uk
www.heyne.de

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