Vor einigen Jahren erschien das historische Epos [„Das Lächeln der Fortuna“ 1522 der deutschen Autorin Rebecca Gablé. Diese Geschichte rund um die ritterliche Laufbahn des Robin of Waringham faszinierte mich; am Ende des Romans habe ich jedoch nicht erwartet, dass es einen zweiten Teil geben könnte, der die Familiengeschichte weitererzählt.
Nun erschien im |Ehrenwirth|-Verlag der Fortsetzungsroman „Die Hüter der Rose“, der innerhalb der Geschichte einen Generationswechsel vorsieht. Die Hauptrollen spielen natürlich die Warninghams, die treu und ergeben dem englischen Königshaus dienen.
Mit recht hoher Erwartungshaltung las ich diesen Nachfolger und kann bereits vorwegnehmen, dass er zwar gut ist, aber nicht so fesselnd, so durchdacht und bildlich dargestellt wie „Das Lächeln der Fortuna“.
_Die Geschichte_
Waringham, England, April 1413.
Earl Robin of Waringshams Sohn John ist mit dreizehn Jahren der jüngste Spross seines Vaters und steht im ständigen, ruhmreichen Schatten seiner Brüder Raymond und Mortimer. Immer wieder versucht er zielstrebig und ehrgeizig, seinen Brüdern und seinem Vater zu beweisen, dass er ein echter Waringham und zu großen Taten bestimmt ist.
Als die Familie Besuch von Bischof Henry Beaufort, dem Onkel des derzeitigen Königs Henry V. (genannt Harry), bekommt und John ahnt, dass ihn sein Vater in eine kirchliche Laufbahn drängen will, reißt er aus und macht sich auf den Weg nach Westminster, um ein Diener und Ritter des Königs zu werden.
Doch bevor er sich Ehre und Ruhm verdient, muss John in den nächsten Jahren als gewöhnlicher Knappe, genau wie sein Vater zuvor, lernen, was es heißt, ein Ritter zu werden. Ernüchternd stellt er schnell fest, dass auch Ritter nicht immer selbstlos und edel sind, sondern genauso grausam und hartherzig sein können wie Normalsterbliche auch.
An der Seite des Königs erlebt er erst als einfacher Knappe die Schrecken und die Grausamkeit des wieder aufkeimenden Hundertjährigen Krieges gegen die französische Krone. Kurz vor der legendären Schlacht von Agincourt (Frankreich) wird John vom König zum Ritter geschlagen. König Henry V. geht als ruhmreicher Sieger aus der Schlacht hervor und John wird einer der Vertrauten des jungen Königs, genauso wie seine Freunde und sein Bruder Raymond.
Auch am königlichen Hofe gibt es Intrigen sowie kleinere und größere Machtspielchen um die Krone Englands. Die Familie Lancaster, welcher der König angehört und deren Wappen eine rote Rose ist, steht gegen die Yorks (weiße Rose). Der Krieg steuert aber noch immer das Leben der Lords und Ladys, der Kirche und der Ritterschaft.
Auch an John gehen die Schrecken des Krieges gegen die französischen Soldaten und auch an der Zivilbevölkerung nicht spurlos vorbei. Als Bote des Königs wird er von französischen Rittern gefangenen genommen, schwer gefoltert und misshandelt. Nur durch die geschickte Diplomatie des Bischofs Henry Beaufort kann John freigekauft werden. Einige Zeit verbringt dieser noch in Frankreich und bringt der zukünftigen Ehefrau Katherine de Valois auf Wunsch seines Gönners Kardinal Beaufort die englische Sprache bei.
Inzwischen verstirbt sein Vater Robin of Waringham, der nächste Earl of Waringham wird sein Bruder Raymond, der aber wenig Interesse an den wirtschaftlichen Leistungen des Hofes besitzt. Er bestimmt seinen jüngeren Bruder John zum Leiter seiner Grafschaft.
Der Krieg geht derweil weiter, die Ränkespiele am Hofe ebenso. John, der die uneheliche Tochter des Bischofs, Juliana of Wolvesey, kennen und lieben gelernt, brennt mit ihr durch, heiratet sie und geht zurück nach Waringham. Obwohl John nun ohne die Zustimmung des Bischofs und des Königs eine Lancaster geheiratet hat, vergibt ihm der Bischof und spätere Kardinal Beaufort, und wenig später auch der König selbst, der doch zunächst recht verstimmt war.
Mitten im Feldzug verstirbt König „Harry“, jedoch, ohne einen Sohn zu hinterlassen, der ihm auf den Thron folgen könnte. Ein Machtvakuum entsteht, dessen Gefährlichkeit dem Krieg in Frankreich in nichts nachsteht.
Der sterbende König vertraut John of Waringham seinen Sohn an – Henry VI. Von nun an an liegt es an der Familie von John und seiner Frau und ebenso seinen Freunden, den zukünftigen König von England zu erziehen, um diesen zu einen ruhmreichen und ehrlichen Herrscher zu formen.
Inzwischen taucht auf den französischen Schlachtfeldern eine Frau auf – Jeanne von Domrèmy, die die englischen Besatzer aus Frankreich verjagen soll und will – die Frau, die später als Johanna von Orléans in die Geschichte eingeht …
Das Kriegsglück der Engländer scheint sich zu wenden, und auch John wird immer stärker bewusst, dass nicht nur der junge König gefährdet ist, sondern auch seine eigene Familie. Die Lords der „Rose“ kämpfen mit allen Mitteln um die Macht der Krone …
_Kritik_
Je länger ich den Roman las, je schneller sich die Geschichte entwickelte, desto enttäuschter wurde ich. Rebecca Gablé ist sicherlich eine gute Autorin im Genre der gistorischen Romane, aber bei „Die Hüter der Rose“ fiel auf, dass sie immer wieder auf den gleichen Stil und Aufbau zurückgreift und sich erneut ein ähnlicher roter Faden durch die Geschichte zieht.
Gablé könnte viel mehr aus ihren Geschichten machen, denn farbenfroher kann eine Autorin das Mittelalter dem Leser kaum vermitteln. In „Das Lächeln der Fortuna“ waren die Charaktere besser und tiefer dargestellt, mit viel mehr Schwächen und Stärken. Der Titelheld John of Waringham kam mir immer sehr wohlbehütet vor, immer ein Glückspilz und immer wird befreit, gerettet, geliebt … Auch bei den anderen Figuren wiederholt sich vieles; die Männer sind stolze Recken, die Frauen holde Burgfräulein. Ich hätte mir gewünscht, dass die Charaktere deutlich besser ausgebaut wären und sich die Beschreibungen nicht immer so glichen.
Die Figur des Bischofs und späteren Kardinals Henry Beaufort finde ich am gelungensten; der Charakter ist vielschichtig, interessant und bewegt sich nicht nur in eine Richtung. Besonders gefallen haben mir die Gespräche zwischen dem Kirchenfürsten und dem oft naiven John. Die Sichtweise zum Krieg in Frankreich, die Rolle der katholischen Kirche und nicht zuletzt die nationale Politik Englands werden hier dem Leser detailliert vermittelt, ohne langweilig zu sein.
Die Handlung selbst ist historisch korrekt. Allein schon wegen der vielen historischen Persönlichkeiten ist dieser Roman Interessierten zu empfehlen; die einzigen nicht historischen Figuren sind die der Waringhams. Die Vorliebe der Autorin für England ist natürlich kein großes Geheimnis. Manchmal hätte ich mir allerdings gewünscht, dass der Hundertjährige Krieg in der Geschichte etwas neutraler dargestellt worden wäre. Selbst die Figur von Jeanne von Domrèmy (Johanna von Orléans) wird völlig überzogen dargestellt; in dieser Geschichte kommt sie nicht gerade gut davon, ihre Rolle hätte ich mir ausführlicher gewünscht.
Man kann „Die Hüter der Rose“ als eigenständigen Roman lesen, ohne vorher „Das Lächeln der Fortuna“ gekannt zu haben, doch empfehle ich es nicht. Als Fazit bleibt zu sagen das der Roman nicht mehr als akzeptabel ist. „Das Lächeln der Fortuna“ war dagegen grandios und wird wohl das beste Werk der Autorin bleiben. Bleiben wir jedoch gespannt darauf, was uns der dritte Band erzählen wird. Vielleicht geht es die so genannten „Rosenkriege“ der Lancasters und Yorks? Ich werde den nächsten Roman sicherlich lesen, und sei es nur in der Hoffnung, dass Rebecca Gablé nicht wieder zu sehr ihrem Stil treu bleibt und die Geschichte vielleicht etwas weniger transparent gestaltet. Für Liebhaber historischer Romane ist dieses Buch sicherlich empfehlenswert. Wer allerdings bereits einige Romane der Autorin gelesen hat, wird vielleicht enttäuscht sein.
_Die Autorin_
Rebecca Gablé ist ein Künstlername. Geboren wurde die Autorin als Ingrid Krane-Müschen 1964 in Wickrath bei Mönchengladbach.
Nach dem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau, bevor sie sich völlig neu orientierte und an der Düsseldorfer Universität Anglistik und Germanistik studierte. Seit 1999 hat sie einen Lehrstuhl für altenglische Literatur an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf inne.
1995 erschien ihr erster Roman – kein historischer, sondern ein Kriminalroman mit dem Titel „Jagdfieber“. Der Durchbruch kam aber mit dem historischen Epos „Das Lächeln der Fortuna“. Es folgten weitere historische Romane wie „Das zweite Königreich“ und „Der König der purpurnen Stadt“.
Neben ihrer Neigung zur Literatur ist sie interessiert an Theater und Musik. Sie spielt Klavier und singt.
Historische Informationen bei |Wikipedia|:
[Hundertjähriger Krieg]http://de.wikipedia.org/wiki/Hundertj%C3%A4hriger__Krieg
[Jeanne d’Arc]http://de.wikipedia.org/wiki/Jeanne__d%E2%80%99Arc