Fallon, Jennifer – Ritter des Throns (Die Chroniken von Hythria 2)

Band 1: [„Erbin des Throns“ 2877

Luciena hat gerade ihre Mutter verloren. Dafür hat sie einen ganzen Berg Schulden gewonnen. Obwohl sie nahezu ihren ganzen Besitz bereits verkauft hat, droht ihr die Sklaverei. Schuld daran ist Marla Wulfskling, die einst Lucienas Vater geheiratet hat, um sich dessen Vermögen unter den Nagel zu reißen. So sieht es zumindest Luciena. Als Marla ihre Schulden begleicht und ihr die Adoption anbietet – natürlich unter der Bedingung, dass Luciena künftig der Familie Wulfskling die Treue schwört -, ist Luciena zunächst äußerst misstrauisch. Bevor sie einen solchen Schwur leistet, will sie die Familie kennen lernen, vor allem Damin. Marla ist einverstanden.

Natürlich erfährt Alija Aarspeer, Marlas Erzfeindin, davon, dass Luciena Damin vorgestellt werden soll. Das ist die Gelegenheit, auf die Alija schon so lange wartet …

Mahkas Damaran, der Bruder von Damins verstorbenem Vater, führt derweil als Regent die Provinz Krakandar. Und er hat gute Arbeit geleistet. Allerdings fließen die Früchte seiner Arbeit in die Taschen des Erben. Deshalb will Mahkas unbedingt selbst Kriegsherr von Krakandar werden. Das einzige Mittel, dies ohne Hochverrat zu erreichen, wäre, seine Tochter Leila mit Damin zu verheiraten. Leider sind weder Damin noch Leila von dieser Aussicht begeistert. Und auch Marla, die in dieser Angelegenheit das letzte Wort haben wird, will diese Ehe nicht. Je älter Leila wird, desto nervöser wird Mahkas …

|Figurenreigen|

Zentrale Figur der Geschichte ist natürlich immer noch Marla. Inzwischen ist sie die mächtigste Person in ganz Hythria. Sie ist diejenige, die das Land regiert. Der letzte Tiefschlag am Ende des vorigen Bandes hat sie gestählt. Inzwischen ist sie eine ziemlich harte, strenge Frau. Widerspruch duldet sie nicht. Und wie viele andere Machtmenschen neigt auch Marla dazu, andere zu manipulieren. Vor allem aber will sie ihre Familie schützen. Ihre Kinder befinden sich seit den Mordanschlägen auf Damin in Krakandar, wo sie von Mahkas Frau Bylinda erzogen und von Almodavar ausgebildet werden. Als zusätzlichen Schutz hat Marla die Gedanken ihrer gesamten Familie und vertrauten Diener von Wrayan Flinkfinger mit einem Gedankenschild umgeben lassen, den Alija nicht durchbrechen, ja nicht einmal erkennen kann.

Neu sind Luciena und ihr Vetter Rorin.

Auch Mahkas nimmt einigen Raum ein. Der Mann, der mir am Ende des ersten Bandes fast leid tat, mutiert allmählich zum absoluten Unsympathen. Alija weiß wenigstens, dass sie ein Biest ist! Mahkas hält sich tatsächlich für einen freundlichen, wohlmeinenden Mann dank seiner Fähigkeit, anderen die Schuld zu geben und die Tatsachen so lange zu verdrehen, bis sie zu seinen Schuldzuweisungen passen. Sein manischer Ehrgeiz, seine Eitelkeit, seine Feigheit und sein Selbstbetrug machen ihn nicht nur zu einem totalen Versager, sondern regelrecht zu Abschaum.

Luciena ist ein stolzes Mädchen, das überhaupt nicht glücklich darüber ist, von Marla Wulfskling abhängig zu sein. Andererseits wünscht sie sich schon seit langem eine echte Familie. Rorin dagegen hat eine Familie, ist aber ansonsten bettelarm. Als sich herausstellt, dass er magisches Talent besitzt, muss er aus Fardohnja fliehen. Sehr viel mehr erfährt man von den beiden aber nicht.

Neben Marla rücken hauptsächlich ihre Kinder in den Vordergrund.

Damin zeigt jetzt schon sämtliche Charakterzüge, die er auch später noch besitzt: sein Draufgängertum, die unkomplizierte Art, mit allen Menschen gleich welchen Ranges umzugehen, seine Neigung, nichts ernst zu nehmen, aber auch die Fähigkeit, wenn es ernst wird, rasche, aber wohl überlegte Entscheidungen zu treffen.

Starros ist ernsthafter als sein Ziehbruder, ihm aber trotzdem völlig ergeben. Nur wenn Damin seine Cousine Leila wieder einmal zu sehr tratzt, fühlt Starros sich berufen, für Leila Partei zu ergreifen. Auch wenn er sich dann mit Damin prügeln muss, was der Freundschaft zwischen den beiden Jungen allerdings keinen Abbruch tut.

Leila ist ein recht zartes Pflänzchen, was meistens der Anlass für Damins Getratze ist. Selbst ihre jüngere Cousine Kalan ist mutiger und zäher als sie, wodurch Leila sich beschämt fühlt. Und dann noch ihr Vater, der ständig von nichts anderem redet, als sie mit Damin zu verheiraten. Aber Leila ist zu sanftmütig, um sich gegen all das zu behaupten. Umso freundlicher empfindet sie Starros‘ Unterstützung.

Kalan ist ein Wildfang. Alle Mädchenbeschäftigungen langweilen sie entsetzlich. Keinesfalls ist sie damit zufrieden, einfach nur verheiratet zu werden. Sie will etwas Sinnvolles tun, so wie ihre Mutter ja schließlich auch. Der einzige Weg zu diesem Ziel scheint die Magiergilde zu sein, aber davon muss Kalan ihre Mutter erst einmal überzeugen, immerhin ist die Großmeisterin dieser Gilde die größte Feindin der Familie, Alija Aarspeer.

|Handlungsbogen|

An dieser Stelle zeigte sich, dass es auch Vorteile hat, wenn man sich beim Lesen nicht mehr an alles aus den Vorgängerbänden erinnern kann. So dauerte es eine ganze Weile, bis mir endlich wieder dämmerte, dass es sich bei dem kleinen Wildfang Kalan um die spätere Großmeisterin der Magiergilde handelt! Bei Damin war die Anknüpfung an die Dämonenkind-Trilogie der Autorin stärker zu spüren. In diesem Band zeigt sich ganz deutlich, dass die |Chroniken von Hythria| das Prequel zur |Dämonenkind|-Trilogie darstellen: Der überwiegende Eindruck, der am Ende zurückblieb, war, dass hier die neue Generation aufgebaut wurde.

Dabei teilt sich die Handlung in zwei Zeitabschnitte, zwischen denen ganze zwölf Jahre liegen. Im ersten Zeitabschnitt ist Damin knapp dreizehn, im zweiten knapp fünfundzwanzig.

Damit der Leser über dem Aufbau der Charaktere von Marlas Kindern und ihrer Beziehungen untereinander nicht einschläft, wurde der erste Zeitabschnitt mit einem neuerlichen Attentatsversuch Alijas gewürzt. Alija benutzt dafür Gedankenmanipulation. Allerdings hat sie nicht mit Wrayan Flinkfinger gerechnet, den sie für tot hält. Obwohl die Autorin dafür gesorgt hat, dass Wrayan gerade nicht in der Stadt ist, als man ihn braucht, bleibt diese Intrige doch eher zahm. Sie genügt, um Langeweile fernzuhalten, aber nicht, um den Leser ernsthaft zu fesseln.

Der zweite Zeitabschnitt ist da etwas vielschichtiger geraten. Die Pest grassiert in Hythria, was einige unerwartete Auswirkungen hat. Fardohnja nutzt die Gelegenheit, um im Schutz der abgeriegelten Grenze Truppen zusammenzuziehen. Alija weilt am Bett des sterbenden Ruxton Tirstein, Marlas viertem Ehemann, und erfährt so durch Zufall von Wrayans Gedankenschild. Und Mahkas hat sich inzwischen derart in die Heirat zwischen Leila und Damin verbissen, dass er keinem Gegenargument mehr zugänglich ist. Als er entdeckt, dass Leila einen Geliebten hat, rastet er völlig aus! Das Hauptaugenmerk liegt allerdings auch in diesem zweiten Abschnitt wieder auf der Entwicklung innerfamiliärer Zusammenhänge, sprich auf Mahkas. Die Sache mit Leila ist die einzige, die bis zum Schluss ausgeführt ist. Natürlich bleibt Alija nach ihrer Entdeckung nicht untätig, und Damin trifft Entscheidungen im Hinblick auf die Bedrohung aus Fardohnja. Bevor diese Ansätze sich jedoch auswirken können, ist das Buch zu Ende.

|Insgesamt|

Der Leser stellt also nach knapp achthundert Seiten fest, dass im Grunde gar nicht allzu viel passiert ist. Hauptsächlich sind die Kinder erwachsen geworden. Alija hat sich die meiste Zeit eher ruhig verhalten, und als sie schließlich wieder aktiv wird, weisen ihre Maßnahmen hauptsächlich auf den nächsten Band. Mahkas hat sich in einen Wahn hineingesteigert, letztlich aber einen völligen Rückschlag erlitten. Wie er darauf reagieren wird, wird sich ebenfalls erst im nächsten Band zeigen.

Bleibt zu sagen, dass man den zweiten Teil dieser Trilogie nicht unbedingt als spannend bezeichnen kann. Dafür sind Alijas Attentatsversuch, aber zum Beispiel auch Rorins Rettung und andere Ereignisse ein wenig zu glatt verlaufen. Die Geschehnisse um Leila bieten eher Dramatik als Spannung. Trotzdem fand ich den Band interessant, nicht zuletzt dank der Charakterentwicklung, die hauptsächlich Damin und Kalan sowie Mahkas betraf. Denn obwohl mich der Mann als solcher ziemlich ärgerte, war die Darstellung seiner Entwicklung gut gelungen.

Wem es in diesem Band an Bewegung gefehlt hat, der darf sich damit trösten, dass es im letzten Teil der Trilogie höchstwahrscheinlich wieder wesentlich lebhafter zugehen wird. Immerhin muss Damin eine fardohnjische Armee abwehren, Marla ihren Machtkampf mit Alija endgültig entscheiden, Kalan Großmeisterin der Magiergilde werden und Mahkas ein hoffentlich verdientes Ende finden! Das sind interessante Aussichten …

_Jennifer Fallon_ stammt aus einer großen Familie mit zwölf Geschwistern. Sie hat in den verschiedensten Jobs gearbeitet, unter anderem als Kaufhausdetektivin, Sporttrainerin und in der Jugendarbeit. Letzteres scheint ihr immer noch nachzuhängen, unter ihrem Dach leben außer drei eigenen Kindern einige obdachlose Jugendliche als Pflegekinder. Schreiben tut sie nebenher. Die |Dämonenkind|-Trilogie war ihre erste Veröffentlichung. Außerdem stammt die Trilogie |Second Sons| aus ihrer Feder. Der letzte Band der |Chroniken von Hythria|, „Herrscher des Throns“, ist für Juni dieses Jahres angekündigt.

http://www.jenniferfallon.com/
http://www.heyne.de

|Ergänzend:|

[„Kind der Magie“ 1328 (Dämonenkind Band 1)
[„Kind der Götter“ 1332 (Dämonenkind Band 2)
[„Kind des Schicksals“ 1985 (Dämonenkind Band 3)

Schreibe einen Kommentar