Hawking, Stephen / Mlodinow, Leonard – kürzeste Geschichte der Zeit, Die

Wissen ist „in“! Heutzutage gilt es nicht mehr als schick, wenn man von der Relativitätstheorie noch nie etwas gehört hat, wenn man nicht weiß, wieso der Himmel blau ist, oder nicht einmal eine ungefähre Ahnung davon hat, warum Flugzeuge sich in der Luft halten können. Der Wissenschaftsjournalismus boomt mehr denn je, im Fernsehen häufen sich die Wissens-Sendungen, die für Cleverness beim Zuschauer sorgen sollen, aber auch die erfolgreichen Tages- und Wochenzeitungen geben ihre eigene Wissenschaftszeitschrift heraus. Da wundert es nicht weiter, dass auch Stephen Hawking, der sich nicht nur einen Namen als theoretischer Physiker, sondern auch als Wissenschaftsautor gemacht hat, seine ehemals „kurze Geschichte der Zeit“ in aktualisierter und noch stärker vereinfachter Form herausbringt.

„Die kürzeste Geschichte der Zeit“ widmet sich den modernen Theorien der Physik und bringt diese dem interessierten Leser ganz ohne Formeln näher. Stephen Hawking führt uns zurück an den Anbeginn der Zeit, als sich sämtliche Materie bzw. Energie der Welt in einem Punkt vereinigt befand und es dann zum so genannten Urknall kam. Seit dem Urknall dehnt sich das Universum aus und kühlt sich immer weiter ab. Dass dem so ist, haben Experimente bewiesen, was uns Hawking ebenfalls eindrucksvoll vor Augen führt.

Auch die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie stellt uns Stephen Hawking vor, indem er die wesentlichen Argumente der beiden Theorien herauspickt und uns diese phänomenologisch verdeutlicht. Hawking spricht von Relativität von Raum und Zeit, er zeigt uns, dass unsere Welt aus mindestens vier Dimensionen besteht, nämlich aus den drei bekannten Raumdimensionen und der Zeitdimension. Wir erfahren, was unter dem Zwillingsparadoxon zu verstehen ist und warum Reisen folglich jung hält. Auch dass Räume gekrümmt sind und der direkte Weg nicht immer der kürzeste ist, lernen wir auf fast spielerische Art und Weise.

Natürlich versäumt Stephen Hawking es auch nicht, uns einige aktuelle Bestrebungen der Forscher vorzustellen, wie die Suche nach der großen vereinheitlichenden Theorie. Ganz nebenbei erfahren wir, woran eine Theorie meistens scheitert, nämlich am Unendlichen. Am Ende widmet sich Stephen Hawking der Stringtheorie, die davon ausgeht, dass Teilchen als Strings vorliegen, die Längen-, aber keine Breitenausdehnung haben. Warum diese Theorie nur für einen 10- oder 26-dimensionalen Raum widerspruchsfrei ist, habe ich zwar nicht verstanden, aber die Erklärung dafür bleibt uns Hawking auch – glücklicherweise – schuldig.

Abgerundet wird das Buch durch drei Kurzbiografien und ein Glossar, in dem die wichtigsten Begriffe des vorliegenden Buches noch einmal kurz, knapp und verständlich erklärt werden.

Stephen Hawking schafft auf weniger als 180 Seiten einen Rundumschlag über die gesamte moderne Physik. Ganz ohne Formeln und in einfachen und verständlichen Worten führt er uns sämtliche wichtigen Theorien vor Augen, an denen aktuell geforscht wird oder die zu entscheidenden Durchbrüchen in der Wissenschaft geführt haben. Hawking bricht dabei auch die komplizierteste Physik auf ein Niveau herunter, welches auch ein Nicht-Physiker leicht verstehen kann. Das führt allerdings dazu, dass Hawking sich bei seinen Ausführungen auf die wesentlichen Punkte einer Theorie beschränken muss und nie in die Details gehen kann. Der Leser erhält einen oberflächlichen, aber dennoch sehr faszinierenden Überblick über aktuelle Forschungsthemen.

„Die kürzeste Geschichte der Zeit“ richtet sich dabei an interessierte Laien, die kurz und knapp darüber informiert werden möchten, woran Physiker heutzutage forschen, mit welchen Problemen sie konfrontiert sind und wieso Relativitätstheorie und Quantenmechanik sich eigentlich widersprechen. Vorkenntnisse sind zum Verständnis des Buches eigentlich nicht erforderlich, da Hawking sich auf phänomenologische Ausführungen beschränkt und nie so weit ins Detail geht, dass der Nicht-Physiker aussteigen müsste. Ganz im Gegenteil, an manchen Stellen fand ich Hawkings Schilderungen fast schon zu simpel, denn dass Wellen aus Hügeln und Täler bestehen, muss man nicht dreimal innerhalb kürzester Zeit wiederholen, damit der Leser es versteht. Aber das trübt den Gesamteindruck des Buches nicht wirklich.

Absolut faszinierend fand ich, mit welcher Leichtigkeit Stephen Hawking selbst die komplizierteste Physik so darstellen kann, dass der Leser gar nicht merkt, wie schwierig das in Wirklichkeit ist, was er hier gerade präsentiert bekommt. Mit seiner spektakulären Themenwahl schafft er es außerdem, noch mehr Interesse an der Physik zu wecken, denn gerade die Fragen nach dem Ursprung der Zeit oder der Entwicklung des Universums verleiten zu weiteren Spekulationen, denen der Leser sich nach der Lektüre hingeben kann.

Auch optisch sticht das Buch ins Auge, denn die „kürzeste Geschichte der Zeit“ ist auf glänzendem Papier gedruckt, auf dem die Grafiken besonders gut zur Geltung kommen. In zahlreichen Abbildungen wird das verdeutlicht, was Stephen Hawking uns in Worten erklärt. Etwas befremdlich fand ich, dass der Autor selbst auf vielen der Bilder zu sehen ist, aber vielleicht gehört das zum Hawking’schen Humor?!

Insgesamt ist „Die kürzeste Geschichte der Zeit“ ein faszinierender, spannender und leicht zu lesender Überblick über die moderne Physik, der sich an interessierte Laien richtet. Ein studierter Physiker erfährt zwar nicht wirklich etwas Neues, aber trotzdem kann man sein eigenes Wissen noch einmal auf den neuesten Stand bringen und gerade, wenn es um Themen wie die Stringtheorie geht, kann eigentlich fast jeder nur dazulernen, denn wer hat die schon wirklich verstanden? Unter dem Strich bleibt ein äußerst positiver Eindruck zurück, auch wenn ich wohl eher nicht zur Zielgruppe des Buches gehöre.

http://www.rowohlt.de

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