McKiernan, Dennis – Elfenzauber (Dragonstone 1)

_Story_

Im „Schlupfwinkel“, der Taverne des beliebten Wirts Tryg, staunt man nicht schlecht, als eines Tages eine Elfin, dazu noch in seltsamer weiblicher Begleitung, eintritt; schließlich hat man ihresgleichen hier schon lange nicht mehr gesehen. Alos, einem geheimnisvollen Trunkenbold, der auf bis heute unbekannte Art und Weise das Licht eines Auges verloren hat, ist bei der Vorstellung nicht geheuer, sich in solcher Umgebung zu befinden, zumal die beiden Damen ausgerechnet nach einem Einäugigen suchen. Als dann jedoch kurze Zeit später der schwer verletzte Egil in die Schenke gebracht wird, löst sich seine Anspannung auf, denn auch er hat nur noch ein Auge und ist so möglicherweise der Gesuchte.

Arin und Aiko, die beiden seltsamen Besucher, heilen den lange vermissten Seeräuber und erzählen dabei, was sie hierher verschlagen hat: Einst hatte Arin eine ihrer Visionen, dieses Mal aber eine sehr düstere. Sie sah in ihren Gedanken die Wiederkehr der Drachen, die durch den Diebstahl des mächtigen Drachensteins herbeigeführt wurde. Gemeinsam mit weiteren Elfen ihres Volkes ritt sie in die Zauberfeste am Schwarzen Berg, wo sie Aiko traf und nähere Informationen über den tatsächlich verschwundenen Stein erlangte. Gemeinsam mit der treu ergebenen Schwertkämpferin folgte sie fortan einer Prophezeiung, die sie über mehrere Rätsel bis zum Drachenstein führen sollte – und eines davon handelt von einem einäugigen Mann.

Doch auch Egil hat in den vergangenen vier Jahren Finsteres erlebt und erzählt den beiden Gästen sowie dem stets betrunkenen Alos von seiner niederträchtigen Begegnung mit Ordrune, der damals einen Pakt mit den Drachen schloss und als einer der mächtigsten Zauberer in ganz Mithgar gilt. Überzeugt von Arins Vorhaben und aus Liebe zu der kaum zugänglichen Elfin reist er mit ihr und Aiko fort, um Schritt für Schritt die mysteriösen Rätsel zu lösen. Mit an Bord: der von schrecklichen Visionen geplagte Alos, der seine grausame Vergangenheit bereits seit 33 Jahren kontinuierlich im Alkoholkonsum zu vergessen sucht.

_Meine Meinung_

Nach der Lektüre des ersten Bandes des neuen Zyklus von Dennis L. McKiernan bin ich wirklich sehr zufrieden mit der Geschichte und ihrem Verlauf und blicke auch schon mit großer Spannung auf die Fortsetzung im Nachfolgeband „Elfenkrieger“. Doch danach sah es lange Zeit nicht aus, denn der Autor brauchte beinahe 200 Seiten, bis es ihm endlich gelang, den Rahmen der Handlung klar abzustecken und so allmählich für eine steigende Spannungskurve zu sorgen.

Gerade zu Beginn entwickelt sich die Story ungeheuer zäh, weil sich McKiernan zusehends in Ausschweifungen und für den Inhalt unwichtigen Dingen verstrickt. Außerdem vertieft er Arins Geschichte zum Ende hin viel zu sehr und missachtet dabei, dass bereits einige Zeit vor ihrem Eintreffen im „Schlupfwinkel“ keine weiteren Informationen mehr nötig sind, um den chronologischen Ablauf zu verstehen. Lediglich die Begegnung mit den Zauberern in der Feste am Schwarzen Berg kann den Bann kurzzeitig brechen, doch leider bleibt die Geschichte im direkten Anschluss nicht auf dem gleichen Spannungsniveau und fällt wieder leicht ab.

Dann aber fügt der Autor die Puzzlestücke konsequent zusammen, indem er zunächst die furchtbaren Ereignisse, die sich in Egils jüngster Vergangenheit zugetragen haben, reflektiert, Alos‘ düsteres Geheimnis lüftet und so dann endlich die Voraussetzungen für eine stringente, aber dennoch ausreichend komplexe Geschichte schafft, die gerade im Schlussdrittel wirklich genial erzählt wird.

Im ersten Band des „Mithgar“-Zyklus spinnt McKiernan die Story um eine Vielzahl von Geheimnissen herum und lässt den Leser permanent im Dunklen verharren. Bei allen vier Protagonisten weiß man zwar von Beginn an, dass sie etwas zu verbergen haben, doch der Autor liefert dem Leser im Laufe der Geschichte kaum Hinweise, was dies sein könnte. Erst nach und nach deckt er einige Details auf, lässt aber dennoch große Lücken, die sich – darauf arbeitet die Story nämlich hin – wahrscheinlich erst viel später füllen lassen. Sowohl Alos als auch Egil haben den wohl schwärzesten Teil ihres Lebens in einer Art Trancezustand verbracht und wollen nun ein- für allemal in Erfahrung bringen, was während ihres Dämmerzustands geschehen ist. Arin hingegen macht sich um ihre Vergangenheit kaum Gedanken; sie fürchtet die Zukunft und all die grausamen Dinge, die sich in ihren Visionen abgespielt haben. Und anscheinend versteht auch nur sie alleine, welche Tragweite die Geschehnisse haben können, falls der Drachenstein, die Jadeseele, nicht umgehend wieder an ihren Platz gebracht wird. Denn sollte der Pakt mit den Drachen durch sein Verschwinden erlöschen, dann ist in ganz Mithgar niemand mehr sicher.

Der hier begonnene Zyklus, so viel kann ich bereits nach dem ersten Band „Elfenzauber“ sagen, hat definitiv ein sehr hohes Potenzial und beginnt hier trotz zunächst trägen Fortschreitens sehr vielversprechend. Dennis McKiernan hat in diesem Roman die Weichen für ein sehr umfassendes Fantasy-Spektakel gestellt, das rein inhaltlich – sollte der Autor ähnlich detailliert weiterarbeiten – sicher noch einige Bücher wird füllen können. Allerdings ist hierbei auf jeden Fall Vorsicht geboten, denn weitere ausschweifende und eben nicht zweckdienliche Beschreibungen kann die Geschichte auf Dauer nicht verkraften, zumindest nicht, wenn dabei die Spannung ähnlich leidet wie in der ersten Hälfte von „Elfenzauber“. Und auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung seiner Charaktere muss sich der Autor noch ernsthafte Gedanken machen, denn jeder von ihnen hat bereits im ersten Roman seine wohl größten Geheimnisse preisgegeben und dazu auch noch eine enorme persönliche Entwicklung durchgemacht. Es wird sicher nicht einfach, diese Fortschritte konstant weiterzuführen und die Charaktere dabei glaubwürdig zu gestalten.

Als Letztes fände ich eine Einschränkung der vielen Worte aus der Elfensprache angebracht. Es ist ja nett, wenn der Autor so nach Authentizität strebt, doch wenn der Leser nicht versteht, was er da gerade liest, ergibt das nicht sonderlich viel Sinn.

McKiernan wird sicherlich noch einiges verbessern müssen, um das hier geweckte Interesse auch über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Grundsätzlich wäre es fast ausreichend, die Spannungskurve ähnlich zu gestalten wie auf den letzten hundert Seiten in „Elfenzauber“, denn hier offenbart der Roman keine wirklichen Schwächen. Aus diesem Grunde darf man auch optimistisch sein, dass das zuletzt gestiegene Niveau sich nun im zweiten Band fortsetzen wird, denn immerhin sind jetzt alle Einleitungen überstanden und die Handlung in vollem Gange. Warten wir ab, was McKiernan aus seinen Möglichkeiten in „Elfenkrieger“ machen wird.

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