Köster-Lösche, Kari – Austernmörder, Der

_Inhalt:_

Frühjahr 1895. Am Strand von Föhr wird ein Boot mit einem Toten angetrieben, dem eine Auster auf die Brust geheftet ist. Wasserbauinspektor Sönke Hansen wird damit beauftragt, der Sache diskret auf den Grund zu gehen. Schon bald muss er feststellen, dass hinter dem Mord ein Kampf zweier Austerngesellschaften um die Pachtrechte steht. Doch als er kurz vor der Lösung steht, wird er wegen angeblicher Veruntreuung von Deichbaugeldern selbst vor den Anklagerichter geführt. Eine haltlose Verdächtigung, die offensichtlich nur darauf abzielt, ihn an weiteren Nachforschungen zu hindern. Denn die Hintermänner stehen Hansen näher, als er ahnt …

_Details und Eindrücke:_

Sönke Hansen erhält einen anonymen Anruf – der Unbekannte meldet einen Toten am Südstrand von Föhr, dem symbolisch eine Auster auf die Brust gelegt wurde. Darüber hinaus behauptet der Anrufer, dass Hansens Kollege Dr. Claussen, der die Aufsicht über die Austernbänke hat, nicht vertrauenswürdig sei.

Cornelius Petersen, Hansens Vorgesetzter, setzt Sönke Hansen auf den „Fall“ an. Hansen begrüßt die Unterbrechung seiner manchmal eintönigen Schreibarbeit. Darüber hinaus leidet er unter der Trennung von seiner dänischen Verlobten Gerda (Lehrerin), die seit einem Jahr verschwunden ist, da sie vor den preußischen Machthabern ins Ausland fliehen musste, weil sie dänische Kinder heimlich in ihrer Muttersprache unterrichtet hatte.

Sönke Hansen fährt per Dampfschiff nach Wyk auf Föhr. Sein erstes Ziel ist die kleine Zeitung „Föhrer Nachrichten“ und dort der Chefredakteur Hajo Clement. Zwischen den beiden Männern herrscht ein gespanntes Verhältnis. Dennoch erhält Hansen die Information, dass der bayrische Baron Eberle Gaispitzheim den Toten gefunden hat. Und so sucht Hansen diesen und seine Gattin im „Bayrischen Hirschen“ auf und erfährt einiges von dem sympathischen Ehepaar. Zum Beispiel, dass der Tote eine Tätowierung auf seinem Unterarm hatte: „La Perle de Cancale“. Cancale (in der Bretagne) ist berühmt für seine Fischerbootflotte, die meist in der Bucht von Mont Saint Michel bleibt, wo die Fischer ihre Austernbänke beackern. Die Baronin weist Hansen darauf hin, dass sie Würgemale am Hals des Toten bemerkte und somit davon auszugehen sei, dass er eines gewaltsamen Todes starb.

Als nächstes besucht Sönke Hansen seinen alten Bekannten Nummen Bandick und dessen Frau Matje und spricht mit ihm über den Fall. Danach trifft er auf Reimer, der früher zur Amrumer „Austernflotte“ gehörte und erfährt von ihm einiges über Austernfischerei. Hansen begibt sich danach in den Austernpark und trifft dort auf den Aufseher Erk Tammens; dieser erklärt ihm einiges über die Austernzucht und verrät auch, dass Dr. Claussen am Vortag im Austernpark war. Hansen stellt fest, dass dort zu wenig Arbeiter beschäftigt werden, und auch Erk Tammens hat das schon mehrfach bei Claussen bemängelt, ohne dass Abhilfe geschaffen wurde.

Sönke Hansen kommt das Ganze immer rätselhafter vor, da ihm kaum Austern gezeigt werden, und so stattet er dem Austernpark am nächsten Tag einen erneuten Besuch ab und macht dort die Bekanntschaft des jungen Austernbank-Pächters Carl Amsick. Mit ihm zusammen stellt Hansen fest, dass das Gros der Austern des Parks tot ist. Und somit wird schnell deutlich, dass es ihn diesem Buch um Austernmord im doppelten Sinne geht, denn es werden nicht nur Menschen, sondern auch Austern getötet.

Von Amsick hört Hansen auch, dass in der Nähe der Austernbänke ein englischer Lugger (Segler) gesichtet worden sei. Da sich Erk Tammens bisher stets so verhalten hat, als habe er etwas zu verbergen, geht Hansen erneut zu ihm, um die volle Wahrheit aus ihm herauszuholen. Als er im Austernpark ankommt, wird er Zeuge eines Streites zwischen Claussen und einem Mann, der sich später als James Dixon (Schotte) herausstellt, der darauf hofft, die preußischen Austernbänke zu pachten. Kurze Zeit spät kommt Erk Tammens zu Tode (laut Claussen handelt es sich um Selbstmord). Doch Hansen bezweifelt das sehr bald. Der Fall wird immer mysteriöser, als Hansen erfährt, dass von dem Lugger etwas ausgesät worden sein soll – im Auftrag des Wasserbauamtes.

Auch zwischenmenschlich geht es mit Hansen hoch her. Er begegnet bei einem weiteren Besuch, den er bei Nummen Bandick abhält, Jorke wieder, die ihn auf irgendeine Weise anzieht, trotzdem er sich noch an seine Verlobte Gerda gebunden fühlt. Jorke findet heraus, dass es sich bei der Auster, die man auf dem Toten gefunden hat, um eine französische Crassostrea gigas (Pazifische Felsenauster) handelt.

Je länger Sönke Hansen dem Fall nachgeht, desto verzwickter wird dieser. Meint man zu Anfang der Handlung, eine gewisse Beschaulichkeit des Plotaufbaus zu entdecken, merkt man sehr schnell, dass dem keineswegs so ist. Hansen gerät von einer Situation in die nächste: Da ist eine ominöse Einladung, eine Kutsche, die ihn zu überfahren droht, Hansen gerät in Verdacht, ein Spion im Austerngeschäft zu sein, er stößt durch den Hinweis eines Kollegen auf den Verbleib des mysteriösen Lugger, er lernt Dr. Marten Janssen, einen Malakologen (Spezialist für Muscheln und Schnecken), in der „Königlichen Biologischen Anstalt“ auf Helgoland kennen, kommt der „Austernpest“ (Pantoffelschnecke) auf die Spur – und da sind noch Gerda und Jorke, die beiden Frauen, die ihn beide emotional erreichen …

Kari Köster-Lösches Sönke-Hansen-Krimis zeichnen sich durch sehr gute Recherche, mehrdimensionale und fein gezeichnete Charaktere sowie sehr atmosphärisches Lokalkolorit aus. Darüber hinaus sind die Morde eher Beiwerk, im positiven Sinne. Hier schreibt eine Autorin, die nicht auf flache Effekthascherei aus ist, sondern mit sehr viel Liebe zum Detail ein buntes Gemälde erschafft, das viel über die Menschen, die Gesellschaft dieser Zeit und den Landstrich aussagt.

Mit wie viel Liebe zum Detail dabei vorgegangen wurde, zeigt auch, dass im Anschluss an den Romantext eine ausführliche Auflistung der Personen – sogar in der Reihenfolge, wie sie in der Handlung erscheinen – und ein kleines Wortverzeichnis (Glossar) sowie darüber hinaus das Rezept eines Austerngerichtes, das im Krimi vorkommt, angefügt werden. Überhaupt wird man auf perfekt in die Handlung eingebundene Weise umfangreich über die Austernzucht informiert, ohne geschulmeistert zu werden. Aber man erfährt auch viel über „Land und Leute“, und das macht den besonderen Reiz des Textes aus. Die Autorin vermittelt dem Leser den Eindruck, ihn in die Handlung einzuladen, zu den Menschen, die sie ausmacht – sozusagen einer von ihnen zu sein.

Ein Satz blieb mir besonders im Gedächtnis haften: |“Alle Abschiede sind schwer, besonders aber die, die einen Abschnitt des Lebens beenden.“|

_Fazit:_ „Der Austernmörder“ ist ein Sönke-Hansen-Krimi mit Lokalkolorit, mehrdimensionalen Akteuren, liebevollen Details und einer sehr dichten und stimmungsvollen Handlung.

_Die Autorin:_

Kari Köster-Lösche würde am 23. Januar 1946 als Kind deutsch-schwedischer Eltern in Lübeck geboren. Aufgrund der akademischen Tätigkeit ihres Vaters als Geologe verbrachte sie einen großen Teil ihrer Kindheit im Umfeld der Universitäten Uppsala und Lund in Schweden. In Gießen studierte sie Veterinärmedizin und promovierte in Bakteriologie. Sie war lange Jahre als Humanmedizinerin tätig und ging im Zuge ihrer Forschungen an BSE an die Öffentlichkeit, sehr zum Unmut führender Unternehmer in der Landwirtschaft. Die Autorin lebt mit ihrem Mann Karl-Heinz Lösche in Nordfriesland und hat bisher 29 Romane und zehn Sachbücher veröffentlicht, von denen einige in acht weiteren Sprachen erschienen sind. Der nächste Sönke-Hansen-Krimi „Die letzte Tide“ ist für den April 2009 angekündigt.

|400 Seiten
ISBN-13: 9783426636596|
http://home.arcor.de/koeloe/
http://www.knaur.de

_Kari Köster-Lösche auf |Buchwurm.info|:_

[„Mit der Flut kommt der Tod“ 1696
[„Das Blutgericht“ 1719 (Sachsen-Trilogie, Band 1)
[„Donars Rache“ 1729 (Sachsen-Trilogie, Band 2)
[„Mit Kreuz und Schwert“ 1730 (Sachsen-Trilogie, Band 3)

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