Deas, Stephen – goldene Feuer, Das (Drachenthron 3)

Der Drachenthron:

Band 1: „Der Adamantpalast“
Band 2: „Der König der Felsen“
Band 3: „Das goldene Feuer“
Band 4: „The Black Mausoleum“ (noch ohne dt. Titel)

Kithyr, der Blutmagier, hat den Adamantspeer des Sprechers gestohlen. Doch obwohl er nicht an die Mythen glaubt, die sich um dieses uralte Artefakt ranken, scheint der Speer tatsächlich mehr zu sein als nur eine Waffe …

Jehal, der nur zu bereit war, den Speer für sein Leben einzutauschen, muss derweil feststellen, dass Zafir nicht nur den Angriff bei Evenspire überlebt, sondern auch sofort zum Gegenschlag ausgeholt und Lystra samt ihrem Neugeborenen als Geiseln genommen hat.

Hyrkallan schäumt seit dem Untergang Evenspires vor Wut und würde am liebsten einen Krieg vom Zaun brechen. Solange er allerdings nicht mit Jaslyn verheiratet ist, hat er keinerlei Befehlsgewalt, und Jaslyn weigert sich, den Drachen zu verlassen, den sie für ihren wiedergeborenen Vidar hält …

Jeiros versucht derweil, den Zankhähnen klar zu machen, dass die Drachen eine weit größere Gefahr darstellen als politische Rivalen, weil die alchemistischen Tränke zur Neige gehen.

Schneeflocke wiederum hat beschlossen, dass sie Kemir für ihren weiteren Feldzug zur Befreiung der anderen Drachen nicht mehr braucht …

Der dritte Band des Drachenthron-Zyklus wartet mit Charakterentwicklungen der eher unerwarteten Art auf:

Kemir war als Söldner schon immer hart gesotten, und inzwischen wird ihm nicht einmal mehr schlecht, wenn Schneeflocke mit ihren Opfern spielt. Und doch hat der enge Kontakt mit der Gleichgültigkeit der Drachen gegenüber jedwedem menschlichen Leid Spuren hinterlassen. Kemir scheint der Gewalt müde.

Aber auch Schneeflocke hat sich offenbar durch den verstärkten Kontakt mit Artgenossen verändert. War sie im letzten Band noch bereit, sich auf Kemir einzulassen, scheint er ihr inzwischen nur noch lästig zu sein.

Am verblüffendsten jedoch war Jehals Entwicklung. Er scheint das Schicksal seines Onkels tatsächlich zu bedauern, noch erstaunlicher war sein versiegendes Interesse an allem, was mit Politik und Intrige zu tun hat. Sein plötzlich erwachtes Verantwortungsbewusstsein setzte dem Ganzen schließlich die Krone auf.

Eine Enttäuschung war dagegen Jaslyn. Sie taucht lediglich in zwei oder drei Szenen auf, und ihr Drachenwahn hat sie so eindimensional werden lassen, dass sie kaum noch als Person zu bezeichnen ist.

Einerseits war das alles durchaus gut gemacht. Andererseits mangelt es dem Buch mehr denn je an einer Identifikationsfigur, denn Jaslyn taugt aufgrund ihrer Einschränkung bestenfalls noch als Spielstein. Außerdem ist der Handlung durch Jehals Entwicklung derjenige Charakter mit dem meisten Biß verloren gegangen. Bleiben Zafir, Kithyr und Schneeflocke. Und Vidar… obwohl dieser als eigenständiger Charakter bisher nicht allzu viel verspricht. Vorerst ist er – Schneeflockes Aussagen zum Trotz – einfach nur rachedurstig und mordlüstern, von den Überlegungen, der Intelligenz und Lernfähigkeit, die Schneeflocke an den Tag legt, war bei ihm in diesem Band nichts zu spüren. Ob sich das noch ändert, wird sich zeigen.

Tatsächlich ist die Person Kithyrs wohl die interessanteste von allen. Die Informationen, die der Leser gleich zu Beginn des Buches erhält, werfen eine Menge neuer Fragen auf. Und sie verschieben die Gewichtung hin zu den Taiykatei, die am Ende dieses ersten Bandes zum ersten Mal als eigenständige Personen auftauchen, und nicht nur als Bezeichnung für eine fremde Rasse. Ihre Motive, Ziele und Pläne bleiben allerdings noch immer unerwähnt. Der Leser weiß, dass sie unbedingt Drachen wollen, aber nicht wofür. Dasselbe gilt für den Adamantspeer.

Die Verlagerung dieses Artefaktes aus einem staubigen Keller hinein ins Geschehen verändert ebenfalls die Balance der Geschichte. Auf einmal wird die Vergangenheit des Kontinentes interessant, all die alten Geschichten, die von Königen, Alchemisten, Gardisten und Drachenreitern gleichermaßen für bloße Legenden gehalten werden. Und mit ihr die Magie. Die silbernen Männer, um die Schneeflocke bisher bewusst einen weiten Bogen gemacht hat, scheinen über Fähigkeiten zu verfügen, die sich von denen Kithyrs oder denen der Alchemisten grundlegend unterscheiden.

Letztlich läuft es darauf hinaus, dass die Demontage von Figuren wie Jehal, Jaslyn und Kemir den Weg freigemacht haben für eine Ausweitung des Ereignishorizonts. Das Geschehen des nächsten Bandes wird sich nicht mehr auf kleine Konkurrenzkämpfe zwischen rivalisierenden Königen um Macht und Reichtum beschränken, sondern ein zweites, ein fremdes Volk miteinbeziehen, das mit dem bisher beschriebenen lediglich durch die Existenz der Drachen verbunden zu sein scheint. Auf jeden Fall bietet sich hier eine Fülle von Möglichkeiten in jeglicher Hinsicht: Magie, historischer Hintergrund, Kultur.

Vielleicht wird es dann auch ein wenig spannender. Denn Spannung ist noch immer das eine Detail, das diesem Zyklus ein wenig fehlt. Daran haben weder die vielen Ärgernisse, mit denen Kemir sich herumschlagen muss, etwas geändert, noch das Duell zwischen Zefir und Lystra, nicht die große Schlacht zwischen zwei Dracheheeren und auch nicht der Kampf um den Adamantpalast. Nicht einmal das drohende Verhängnis, das der Leser dank Jeiros auf die Welt zukommen sieht, schafft das. dass es Stephen Deas gelungen ist, immer wieder für Überraschungen zu sorgen, dass die Entwicklung der Handlung nie wirklich vorhersehbar ist, reichte für Abwechslung, für Kurzweil, für wachgehaltenes Interesse. Aber nicht für feuchte Hände oder gar abgekaute Nägel.

Ich persönlich würde ich diesen Band nur knapp auf denselben Rang wie Band eins einstufen. Die Drachen haben sich in der Tat zu den mächtigsten und gefährlichsten Geschöpfen der Fantasy entwickelt, das Attribut geheimnisvoll trifft allerdings kaum noch zu. Bestenfalls könnte man sie noch als unberechenbar bezeichnen. Für mich haben sie damit jegliche Anziehungskraft verloren, was übrig bleibt, ist lediglich einer von mehreren Machtfaktoren. Die Charakterzeichnung ist von gleicher Qualität wie bisher, bietet aber noch immer keinen Sympathieträger. Dieses Manko stellt den Hauptspannungskiller dar, denn wenn einem die Leute, von denen man umgeben ist, bestenfalls gleichgültig sind, mit wem soll man dann mitfiebern?

Was das Buch trotz all dem lesenswert macht, ist die Entwicklung der Handlung. Stephen Deas sorgt geschickt dafür, dass immer, wenn das Potenzial eines Aspektes ausgeschöpft ist, ein anderer bereitsteht, um die Lücke zu füllen. Und der Ausblick auf den nächsten Band verspricht eine ganze Menge neues Potential, auch in Bezug auf die Figurenriege, die durch die Taiytakei zwangsläufig eine Erweiterung erfahren wird. Vielleicht findet sich unter den neuen Charakteren ja endlich auch jemand, der sympathisch genug ist, um den Leser auf seine Seite zu ziehen.

Stephen Deas ist Engländer und arbeitete nach einem abgeschlossenen Physikstudium in der Raumfahrttechnik, ehe er mit „Der Drachenthron“ seinen ersten Roman veröffentlichte. Seither ist er fleißig mit Schreiben beschäftigt. Der vierte Band des Zyklus erschien in England im August letzten Jahres unter dem Titel „The Black Mausoleum“. Außerdem ist der Zyklus Memory of Flames inzwischen bis Band vier gediehen, auf Deutsch bisher aber nicht erhältlich.

Taschenbuch 528 Seiten
Originaltitel „The Order of the Scales“
Deutsch von Beate Brammertz
ISBN-13: 978-3-453-52532-0

www.stephendeas.com
www.randomhouse.de/heyne

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