Minninger, André (Adaption) / Buchna, Hendrik; Wenderoth, Tim; Menger, Ivar Leon (Autoren) – Die drei ??? und der dreiTag (Special) (Hörspiel)

Die oft gestellte Frage, ob Huhn oder Ei zuerst dagewesen sei, trifft im übertragenen Sinne wohl auch manchmal auf die Hörspieladaptionen der drei Fragezeichen zu. Im Falle des Specials „dreiTag“ fällt die Antwort jedoch ganz eindeutig in Richtung „Ei“ aus. Denn noch bevor der Stammverlag |KOSMOS| mit der Buchfassung im Herbst 2011 endlich die Händlerregale beglückte wie -stückte, rotierte die gleichnamige 3er-CD von |EUROPA| schon fast ein ganzes Jahr lang bei den Fans in den Playern. Kunststück, schließlich wurde dieses „spezialgelagerte Sonder-Projekt“ der Hörspiel affinen Autoren Buchna, Menger („Darkside Park“) und Wenderoth vorrangig als solches konzipiert, sodass in der langjährigen Geschichte der Serie erstmals ein Hörspiel noch vor dem Buch erschien.

_Zur Story_

Ein einziger Tag und drei ganz unterschiedliche Geschichten. Ein Imbiss in „Jill’s Place“ nach einem erfolgreichen Projektorkauf und eine Cola sind die Ausgangslage. Alle Storys sind absolut eigenständig und ihre Reihenfolge somit eigentlich unerheblich. Hinweis auf die „offizielle“ – also vermeintlich „richtige“ – Reihenfolge gibt allerdings das dreiteilige (Triptychon-)Cover, sowie die Nummerierung von |EUROPA| (In der Artikelnummer versteckt: 1/3, 2/3, 3/3) preis. Gekennzeichnet sind die drei Fälle mit „J“ (weiß), „B“ (rot) und „P“ (blau) – was natürlich für Justus, Bob und Peter sowie die ihnen zugeordnete Fragezeichenfarbe steht. Gleichzeitig verdeutlicht es indirekt den jeweiligen Figuren-Schwerpunkt jeder Geschichte: Logik, Recherche und Action.

Beim „Fluch der Sheldon Street“ entpuppt sich der Projektor als Aufbewahrungsort für einen mysteriösen wie unheimlichen Super-8-Film. Dieser führt die drei Detektive 27 Jahre in die Vergangenheit und scheint ein Verbrechen zu dokumentieren, bei welchem ein geisterhaft bleicher Mann mit Augenklappe offenbar eine Frau bedroht. Mrs Sullivan, die Vorbesitzerin des Projektors engagiert die drei Fragezeichen buchstäblich Licht ins Dunkel zu bringen, denn die fragliche Aufnahme stammt wohl eindeutig von ihrem Großvater, einem begeisterten Hobbyfilmer. Das abgelegene Haus, in dem sich die Szene abspielt, befindet sich in einem Waldstück nahe der Sheldon Street. Mrs Sullivan erinnert sich, dass die Familie damals quasi Hals über Kopf von dort wegzog. Als Kind hatte sie nie nach den Gründen gefragt. Als die Jungs vor Ort bei den ehemaligen Nachbarn recherchieren wollen, begegnet ihnen nur eine Mauer aus Schweigen, Angst und sogar Feindseligkeit. Wen oder was fürchten die Anwohner?

„Im Zeichen der Ritter“ geht auch in der Zeit zurück. Wobei diesmal der Projektor eine untergeordnetere, wenn auch wichtige, Rolle spielt. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen jedoch geheimnisvolle, rote Graffitis, die in der Stadt derzeit vermehrt auftauchten. Als sie Jungs, im Auftrag des vom Sprayer heimgesuchten Mr Bush, mit ihrer Arbeit beginnen, funkt ihnen ausgerechnet Dick Perry dazwischen. Der ist ebenfalls – von einem anderen Betroffenen – engagiert worden. Sein Klient will den Täter gar als seltsam gekleideten Außerirdischen identifiziert haben. Im Laufe von Bobs Recherche stellt sich allerdings heraus, dass die Symbole einen Geheimcode darstellen – und zwar einen, den der sagenumwobene Orden der Tempelritter verwendete. Und die dortige „Dienstkleidung“ bestand aus einem weißen Habit mit rotem Kreuz. Das passt zur Täterbeschreibung. Doch welcher Zusammenhang besteht zwischen den scheinbar so unterschiedlichen Opfern und dem mittelalterlich gekleideten Schmierfink?

Ein „Fremder Freund“ sorgt für einige Dissonanzen bei den drei Fragezeichen. Peter erleidet grade einen ziemlichen Höhenflug, denn ein überaus attraktives Mädchen hat sich ihm gegenüber als sein glühendster Fan geoutet. Sogar ein Autogramm musste er ihr geben. Zuhause erwartet ihn ein köstlicher Schokoladenkuchen und ein kurioser Brief, was er allerdings beides seiner Mutter zuschreibt. Kurz darauf trifft er bei seiner fast allabendlichen Jogging-Runde um den Mysery Lake auf einen Jungen, der sich ihm als „Peter“ vorstellt. Bei der Namensgleichheit soll es nicht bleiben, auch jener Peter läuft angeblich ebenfalls regelmäßig um den See. Darüber hinaus fährt auch er einen roten MG und scheint überhaupt in vielen Punkten ein netter Gleichgesinnter zu sein – bis hin zum Klamottengeschmack. Was er nicht ahnt, ist, dass er an einen perfide agierenden Stalker geraten ist. Der schrickt sogar nicht davor zurück in die Zentrale einzubrechen und Maskottchen „Blacky“ zu entführen. Seine Forderung: Peter steigt bei den drei ??? aus oder der Mynah stirbt!

_Eindrücke_

Ein Tag, der vollkommen unterschiedlich verlaufen kann – je nachdem welches Detail man verändert. Oder besser gesagt: wie die vorhandenen (und vermutlich untereinander abgesprochenen) Elemente miteinander kombiniert wurden. Das Ergebnis ist jedenfalls ein sehr originelles Special. Dabei schien 2011 ja das Jahr der Spezialveröffentlichungen zu sein, man denke nur an die wiederentdeckten „Top Secret“ Fälle und den 150er Dreier-Jubiläumsband „Geisterbucht“ nicht zu vergessen. Doch der „dreiTag“ ein Jahr zuvor steckt sie immer noch alle in die Tasche. Es lohnt sich die drei Hörspiele mehrfach zu hören und zu durchforsten, um all die kleinen Gemeinsamkeiten mit ihrer teils vollkommen anderen Gewichtung des jeweiligen Autoren zu entdecken. Egal ob der Projektor, der Cameo-Auftritt von Enid Blytons „Fünf Freunde“ oder der „Meadow Fresh“ Eiswagen. Die Geschichten stecken voller Querverweise und Ähnlichkeiten zueinander, sind aber vom Prinzip her absolut autark und könnten auch solo sehr gut bestehen. So macht es natürlich dreimal so viel Spaß.

Ein weiteres – und überaus wichtiges – Mosaiksteinchen zum guten Gelingen dieses Specials liefert selbstverständlich die gewohnt gekonnte Produktion der |EUROPA|-Studios, wo in letzter Zeit alles rundzulaufen scheint. Mehr noch: Die Hamburger riefen und viele kamen – vermutlich auch sehr gern. Neben den üblichen Stamm- wie Gastsprechern der Serie spiegelt sich im Line-Up ein nämlich kleines Who-is-Who der TV- und Synchronsprecherlandschaft wider. Sky Du Mont, Patrick Bach, Dirk Bach, Bastian Pastewka, Jürgen Thormann (gelegentlich Stimme von Sir Ian McKellen), Udo Schenk (u. a. Stimme von Gary Oldman, Ray Liotta sowie Ralph Fiennes), Hansi Jochmann (Bekannt an der Seite von Ottfried „Pfarrer Braun“ Fischer) oder auch Schauspiel-Urgestein Ernst H. Hilbich als Detektiv-Konkurrent Dick Perry („Die drei ??? – Gift per E-Mail“). Zudem noch Maud Ackermann („Fünf Freunde“) und Sascha Draeger („TKKG“) – ebenfalls aus dem Hause |EUROPA|. In kleinen Nebenrollen finden sich sogar zwei der Autoren wieder.

_Die Produktion_

Erzählt von Hendrik Buchna, Tim Wenderoth und Ivar Leon Menger
Nach Motiven von Robert Arthur
Buch und Effekte: André Minninger
Redaktion und Geräusche: Wanda Osten
Regie und Produktion: Heikedine Körting
Musik: Hagitte & Bertling (STIL), Morgenstern, George, Conrad, Zeiberts
– Song „A brand new Day“ performed by Splendid Mud

|Sprecher und Figuren|

Oliver Rohrbeck (Justus Jonas), Jens Wawrczeck (Peter Shaw), Andreas Fröhlich (Bob Andrews), Thomas Fritsch (Erzähler), Karin Lieneweg (Tante Mathilda), Hans Meinhardt (Onkel Titus), Holger Mahlich (Inspector Cotta), Douglas Welbat (Officer Doyle), Bastian Pastewka (Sebastian Dawson), Udo Schenker (Gil Renard), Jürgen Thormann (Matthew Cabbin), Sascha Draeger (Steve), Ernst H. Hilbich (Dick Perry), Maud Ackermann (Georgina), Tobias Meister (Radiosprecher) uva. sowie in Gastrollen: Harry Rowohlt, Dirk Bach, Patrick Bach, Hansi Jochmann, Sky Du Mont, Hendrik Buchna und Tim Wenderoth

_Fazit_

Alle drei Fälle wissen komplett zu überzeugen und man kann nicht sagen, welcher davon nun der Beste wäre, da das natürlich stark vom eigenen Hörempfinden und Geschmack abhängt. Ihre volle Wirkung entwickeln die intelligent arrangierten wie erzählten Geschichten ohnehin aber erst in Kombination miteinander. Darüber hinaus würde man solche originellen Projekte sicher gerne öfter präsentiert bekommen, welche die inzwischen zuweilen fest eingetreten scheinenden Pfade auch mal verlassen. Von der Produktion her gibt es auch nur Positives zu berichten. So ist der „dreiTag“ nicht nur für Hardcore-Fans ein Pflichtkauf – Die Nostalgiker darunter können sich den Drilling nicht nur auf CD/MC, sondern sogar ganz klassisch auf Vinyl gönnen. Ohne zu zögern schnellt daher der Rezensentendaumen in die Höhe und – was selten ist – folgt diesem der Zweite auch noch.

|3 Audio-CDs mit einer Laufzeit von ca. 80 (J), 74 (B) und 74 (P) Minuten
EUROPA / Sony Music Entertainment, 2010
EAN: 886976866624|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de

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