David Pedreira – Killing Moon

SF-Thriller: Ein kleiner Mondkrieg

Wo lauert der wahre Feind? Vor dieser Frage steht Caden Dechert, Leiter der amerikanischen Mondmission SMA zum Abbau des Energielieferanten Helium-3. Im Jahre 2072 streiten fünf Großmächte um die Vorherrschaft auf dem Erdtrabanten. In der lebensfeindlichen Umgebung war die Sicherheit der Crews trotzdem stets das oberste Gebot. Doch als eine Bombe ein US-Teammitglied tötet, muss Dechert nicht nur den ersten Mord auf dem Mond aufklären, um das Überleben seines Teams sicherzustellen. Er muss auch einen offenen Krieg zwischen den Parteien verhindern, die nur zu willig scheinen, die Situation eskalieren zu lassen … (Verlagsinfo)

Der Autor

Der US-amerikanische Autor David Pedreira war lange Jahre als Journalist tätig, u.a. für die „Tampa Tribune“ und die „St. Petersburg Times“, Zeitungen in Florida. In dieser Zeit wurde er vielfach für seine Arbeit ausgezeichnet. Heute ist er Mitinhaber einer Firma für Personalwesen. Er lebt mit seiner Familie in Tampa, Florida. „Killing Moon“ ist sein Debütroman.

Handlung

Die Amis von der Space Mining Administration SMA müssen sich anno 2072 die Ausbeutung des Mondes leider, leider mit den Russkis, den Chinamännern und sogar den Brasilianern teilen. Welcher von denen hat die Bohrstation BS-7 in einem Ami-Krater sabotiert? Um diese knifflige Frage zu beantworten, begibt sich Dechert in einem Raketenanzug auf den Grund dieses Kraters. Er hofft, dass ihn die Raketen nicht ins luftleere Vakuum des Weltraum katapultieren. Sein Gebet wird erhört und er landet sicher an der Station, die im Mondboden nach Wasser bohrt. Wasser, das auf dem Erdtrabanten dringend benötigt wird.

Irgendjemand hat den Atomantrieb der Station raffiniert wie ein Experte derartig sabotiert, dass kein Alarm ausgelöst wurde, sondern ihr einfach langsam der Saft ausging. Wer könnte über dieses Expertenwissen verfügen? Auch die Fußspuren sind kein Indiz: Sie führen ins Nichts. Jetzt ist guter Rat teuer.

Mord oder mehr?

Beim nächsten Störfall kommt Dechert seine Erfahrung als Soldat in den Libanonkriegen zugute: Eine gezielt angebrachte Sprengladung hat den US-Mitarbeiter Cole Benson aus seinem beschädigten EVA-Modul an die Mondoberfläche gerissen – ohne Helm. Er erstickte und erfror auf der Stelle. Coles Kollege Thatch hat, durch eine Schleuse geschützt, im Hauptmodul überlebt und wird evakuiert. Der Vorfall, soviel ist Dechert und den anderen Veteranen klar, war eiskalter Mord. Gleich darauf schwebt ein Shuttle der SMA ein und versiegelt den Tatort, nimmt Cole mit.

Ungebetener Besuch

Es folgt ein Besuch vom SMA-Kommandozentrum. Ein Bürokrat, ein Soldat und ein Reporter. Der Bürokrat schiebt die Schuld an diesem Mord den Chinesen in die Schuhe. Bislang stand Dechert mit Dechert auf freundschaftlichem Fuß, doch auf der Erde gab es einen hässlichen Zwischenfall. Langer Rede kurzer Sinn: Der Mond wird militarisiert. Der Bürokrat kündet die Ankunft von vier Marinesoldaten an, die der Offizier befehligen werde. Der Reporter werde über die ganze Sache berichten – zensiert natürlich. Als Dechert nachhakt, wird klar, dass die SMA nur ihrem Dienstherrn gehorcht: der Regierung der Vereinigten Staaten. Und die sagt: Der Sprengstoff, der Cole tötete, kam vom chinesischen Geheimdienst.

In einem Geheimgespräch mit seinem chinesischen Freund Lin Tzu erfährt Dechert, dass bei den Chinesen, die in einem ganz anderen Mare schürfen, ebenfalls der Teufel los ist. Lin Tzu hat den Mord an Cole nicht zu verantworten, aber wer weiß, wer hier noch alles agiert. Lin Tzu schickt Dechert verschlüsselt ein Video, auf dem ein Soldat einen anderen Soldaten tötet. Dechert hält den Mörder für einen Amerikaner, sagt aber nichts. Dafür tauchen andere dubiose Erkenntnisse auf, die ihn zur Vorsicht mahnen. Er bereitet eine Search-and-Rescue-Mission vor.

Für einen Rückzieher ist es nämlich bereits zu spät: Die Amerikaner starten eine riskante Erkundungsmission, die die neutrale Zone vor dem Gebiet der Chinesen durchqueren wird…

Mein Eindruck

Es kommt, wie Dechert es vorhergesagt hat, zum Schlimmsten: Raketen der Chinesen holen erst das Shuttle vom Himmel, dann werden welche Richtung Decherts Basis Sea of Serenity 1 gestartet, als er sich gerade auf der Rettungsmission an der Absturzstelle befindet. Als ehemaliger Soldat weiß Dechert, wie es ist, Menschenleben zu verlieren, denn er hat im libanesischen Bekaa-Tal viele seiner Männer verloren. Er will diesen Alptraum nicht noch einmal erleben. Das macht ihn als Hauptfigur sehr sympathisch.

Krieg vs. Frieden

Alle diese dramatischen Kriegshandlungen befinden sich in krassem Gegensatz zu den geradezu idyllischen Ortsbezeichnungen: Meer der Heiterkeit, See des Glücks und ähnliche. Die hatten sich Leute wie Schiaparelli im 19. Jahrhundert oder noch früher ausgedacht. Dort, wie eigentlich Friede, Freude und einträgliche Schürferei nach Helium-3 herrschen sollte, hat jemand die Feuer des Krieges entfacht. Aber wer – das ist die Millionen-Dollar-Frage.

Ermittlung

Neben der Militärhandlung entwickelt sich daher auch eine Kriminalhandlung. Die Ermittlung des Mörders von Cole Benson wird schön lange in die Länge gezogen. Der Leser erhält eine ganze Reihe von Indizien, die er wie die Sicherheitsoffizierin Lane Briggs zusammensetzen muss. Wie Dechert würde auch ihr nicht im Traum ein Verrat in den eigenen Reihen einfallen. Stattdessen gibt es Hinweise auf den Agenten einer BlackOps-Einheit der US-Regierung, deren Aufgabe es einst war, Rebellen auszuschalten. Mit anderen Worten: Killer hinter den feindlichen Linien.

Das größere Bild

Die Handlung spielt Anno 2072, nur wenige Jahre nach dem Ende des „Thermischen Maximums“, was eine technische Umschreibung für Klimaerwärmung darstellt. Die Küsten der USA, Asiens und Westeuropa sind allesamt abgesoffen, die Binnenlande wurden von einer Hungersnot heimgesucht. An einer Stelle wird Kannibalismus erwähnt. Diese Vergangenheit wird langsam von den neue alten Mächten USA, China, Indien, Russland und Brasilien überwunden. So ist zu verstehen, dass der Kampf um die Kontrolle über eine billige Energiequelle wie helium-3, das für Fusionsreaktoren benötigt wird, mit aller Härte ausgetragen wird. Wer am Ende den Schwarzen Peter bekommt, soll hier nicht verraten werden.

Die Übersetzung

Der Text enthält jede Menge Fachausdrücke aus Astronomie, Geologie und Waffenkunde. Der diplomierte Übersetzer hat m.E. alles korrekt ins Deutsche übertragen.

S. 138: „Montes Maemus“. Die ganze Zeit ist aber von den Montes Haemus die Rede. Ein Druckfehler.

S. 189 + 236: Der Ausdruck „Ejecta“ erschließt sich nicht jedem Leser. Gemeint sind Auswürfe aus einem Einschlagskrater.

S. 261: „Keine[r] der beiden Seiten sollte (…) unterhalten…“ Das R ist überflüssig.

S. 293: „Die Raster verschwommen zu einem leuchtend grünen Nebel.“ Korrekt wäre „verschwammen“.

S. 303: „Wir sind alle entbehrlich, sind wahr, Thatch?“ Statt des zweiten „sind“ müsste es korrekt „nicht“ heißen.

Unterm Strich

Ich habe das Buch in nur wenigen Tagen durchgelesen. Nach einem etwas schleppenden Anfang, der den Leser in die völlig fremde Umgebung einer Mondbasis wirft, passiert aber schon das erste Unglück – der Vorbote für weitere Katastrophen. Die Leute der Basis sind sehr verschieden, so dass man sie sich plastisch vorstellen kann. Am sympathischsten war mir Jonathan Quarles, das Elektronikgenie, das auf antike Heavy-Metal-Bands wie „Aerosmith“ und „Molly Hatchet“ steht. Nicht ganz zufällig sind das auch die Namen für die Mobilen Habitate (MH) Nr. 1 und Nr. 2. Diese hemdsärmeligen Typen erinnern an die Besatzung der „Nostromo“ in „Alien 1“. Diese Sympathie ist wichtig, damit der Leser zusammen mit Dechert um ihr Leben bangt, als die Raketen angeflogen kommen…

Weitaus langweiliger sind die SMA-Typen, die keinen Spaß verstehen, so etwa der Bürokrat und sein Vorgesetzter auf dem Mond. Bedrohlich wirkt der Spezialkommando-Oberst Hale, ahnungslos der Reporter Parrish. Der Leser darf würfeln, welche von diesen Pappnasen den kleinen Mondkrieg überleben wird, den sie da angezündelt haben.

Nach dem schleppenden Anfang kommen sowohl die Kriminalermittlung als auch die Militärhandlung in Gang. Sie stehen im Gegensatz zu dem freundschaftlichen Verhältnis, das Dechert mit Lin Tzu von der chinesischen Schürfbasis pflegt. Aber es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es seiner Regierung nicht gefällt. Vor einem plausiblen Hintergrund der Entwicklung auf der Erde („Thermisches Maximum“ ist DER Euphemismus des 21. Jahrhunderts!) entwirft der Autor kenntnisreich ein Zukunftsszenario: Die Zukunft für unsere Lunarier liegt auf den Jupitermonden. Robert Heinlein und John Varley hätten sich gefreut.

Fazit: 4.0 von 5 Sternen.

Michael Matzer © 2019ff

Taschenbuch: 352 Seiten
Originaltitel: Gunpowder Moon, 2018
Aus dem Englischen von Dietmar Schmidt
ISBN-13: 9783404176960

www.luebbe.de

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