Steding, Andreas – Firenze (Gesellschaftsspiel)

_Spielidee:_

Florenz im 12.-14. Jahrhundert: Der Einfluss der reichen Familien ist nicht mehr einzig und allein auf Politik und Wirtschaft beschränkt; auch die Architektur wird immer weiter von den noblen Herrschaftsfamilien der Stadt geprägt. Im steten Konkurrenzkampf errichten sie neue Turmbauten als Statussymbole, um das Prestige in der Stadt anzuheizen.
In „Firenze“ übernehmen die Spieler schließlich die Rolle ihrer Bauherren und beteiligen sich am Bau dieser Türme, jedoch unter verschiedenen Risiken. Denn entlohnt wirkt lediglich derjenige, dem es gelingt, in jeder Runde weitere Steine an sein Bauwerk anzulegen. Gelingt dies nicht, muss das Projekt wieder abgerissen und neu gestartet werden. Wem es schließlich gelingt, bei der Planung der großen Bauten die cleverste Strategie zu fahren und gleichzeitig die Gunst einiger erfahrener Gehilfen zu nutzen, wird in „Firenze“ die meisten Prestigepunkte sammeln und schließlich auch das Spiel gewinnen.

_Spielmaterial:_

* 1 Spielplan
* 4 Bauplätze
* 88 Bausteine
* 52 Aktionskarten
* 8 Übersichtskarten
* 36 Siegel
* 7 neutrale Siegel
* 4 kleine Siegel
* 19 Balkonplättchen
* 4 Etagenplättchen
* 1 Spiel-Ende-Plättchen
* 4 Prestigemarker
* 1 Beutel
* 1 Anleitung
* 1 Übersichtsblatt

Das Spielmaterial fällt in erster Linie durch eine feine Grafik und eine Menge Liebe zum Detail auf. Gleichzeitig hat man für die Turmbausteine stabile Holzartikel gewählt, die sich in ihrer Konstellation prima aufeinander stapeln lassen und die Sache auch praktikabel machen. Zwar wirkt das Ganze in der späteren Auslage auf dem Spielbrett ein bisschen klobig, doch diese Kleinigkeit wird durch die feinen Illustrationen auf den Karten sowie auf dem eigentlichen Spielplan schnell wieder ausgebügelt. Insgesamt ist das Material stimmig gewählt und im Hinblick auf die Praxis nahezu makellos.

_Vorbereitung:_

Der Spielplan wird zunächst ausgebreitet und mit reichlich Material bestückt: Das Plättchen für das Spielende findet ebenso Platz wie die Bonus-Plättchen für denjenigen, der einen Turm einer bestimmten Höhe als Erstes konstruiert hat. Die Balkonplättchen werden verdeckt und schließlich vier herausgezogen, die man anschließend auf die dazugehörigen Balkone verteilt. Wer später im Spiel einen Turm mit der gleichen Höhe erbaut, bekommt durch diese Plättchen weitere Prestigepunkte. Als Letztes werden fünf neutrale Siegel auf beliebige Balkone verteilt, wobei man darauf achten sollte, dass alle Türme in etwa gleich bestückt sind.

Nun werden die übrigen Materialien an die Spieler verteilt. Jeder Spieler erhält die Siegel und den Prestigemarker in der gewählten Farbe. Beginnend mit dem Startspieler bekommt jeder zwei (+1, je nach Position im Uhrzeigersinn) weiße Bausteine, die später als ‚Währung‘ oder eben als Baumaterial genutzt werden können.
Ist dies geschehen, nimmt man die obersten sechs Aktionskarten vom Nachziehstapel, legt diese in die Auslage und zieht für jede Karte vier neue Bausteine aus dem Säckchen, die man schließlich bekommt, wenn man in der Aktionsphase die jeweilige Karte aussucht. Sobald die Prestigemarker auf dem Spielplan angelegt sind, kann das Spiel beginnen.

_Spielverlauf:_

„Firenze“ ist in insgesamt sechs Spielphasen pro Runde eingeteilt, die jeder Spieler durchgängig absolvieren kann, bevor er das Zepter an seinen linken Mitspieler übergibt. Manche dieser Phasen sind optional ausführbar, andere wiederum verpflichtend. Doch eines haben alles gleich: Man muss bereits clever taktieren, um sich in jeder Situation einen eigenen Vorteil zu verschaffen. Gespielt wird eine Runde im nachstehenden Verlauf:

1) Karte wählen

In der Auslage auf dem Spielbrett befinden sich insgesamt sechs Karten zur freien Auswahl, die jedoch unterschiedlich erschwinglich sind. Die Karte ganz links ist umsonst zu haben, je weiter man jedoch nach rechts schreitet, wird ein aufsteigender Preis fällig, der in Bausteinen entrichtet werden muss, welche wiederum auf die übrigen Karten links in der Auslage verteilt werden, um diese noch lukrativer zu machen. Allerdings sind die Karten mit den meisten Bausteinen nicht zwingend diejenigen, die am meisten lohnen. Denn manche Ereignisse und Figuren sowie ein Teil der Festkarten haben negative Folgen für das Spiel, die man nur in Kauf nehmen sollte, wenn man dringend einen Baustein einer bestimmten Farbe benötigt. Die Wahl einer neuen Aktionskarte ist jedoch zwingend.

2) Stein tauschen

Wer dringend einen bestimmten Baustein benötigt, kann ihm zum Kurs von 3:1 gegen einen Stein tauschen, der sich auf einer der Karten befindet. Damit wertet er diese Karte natürlich auf, da von nun an zwei weitere Steine darauf liegen. Und da der Kurs hoch ist, muss man sich diesen Schritt gerade anfangs doppelt überlegen, denn Bausteine sind in den ersten Runden noch rar. Wer jedoch eine Brücke bei den Aktionskarten ergattert, kann hierdurch ein besseres Tauschverhältnis schaffen und diese Aktion lukrativer gestalten.

3) Türme bauen

Wer sich entschließt, seine Bausteine dazu zu verwenden, den Turmbau zu beginnen, sollte schauen, dass genügend Nachschub parat liegt. Denn wer in einer Runde ein bestimmtes Turmprojekt nicht weiter fortsetzen kann, ist gezwungen, das Gebäude wieder abzureißen. Gebaut werden können immer nur Steine gleicher Farbe. Jedoch ist es möglich, mehrere Türme verschiedener Farben gleichzeitig zu errichten. Es gilt jedoch die Bauregel, dass ab dem dritten ergänzten Stein auch Kosten entrichtet werden müssen. Diese steigen proportional. Allerdings kann man auch nur bis zu sechs Steine anbauen, was vom Kostenaufwand her betrachtet, schon ein Wagnis ist. Türme bauen ist ein optionaler Schritt, muss aber schließlich weiterverfolgt werden. Einige Aktionskarten sind hier behilflich, indem sie die Baukosten reduzieren bzw. schlimmere Folgen abwenden. Überdies muss man auch schauen, welche Farbe man wählt, da unterschiedlich viele Bauteile im Spiel sind. Entscheidet man sich beispielsweise für den violetten Turm, der am Ende auch die meisten Punkte liefert, muss man sich darüber im Klaren sein, dass hier nur relativ wenige Steine im Umlauf sind, Nachschub also schwerer zu beschaffen und daher das Risiko eines Abrissmanövers größer ist.

4) Bauruinen abreißen

Kann man im vorherigen Schritt einen Turm nicht weiterbauen, ist man nun gezwungen, ihn zur Ruine zu deklarieren. Die Hälfte der Bausteine bekommt man zwar zurück, doch gelten die Baumaßnahmen in den letzten Runden damit auch als unbedeutend.

5) Aufträge erfüllen

Wer nun glaubt, dass einer oder mehrere Türme hoch genug sind, um einen Auftrag zu erfüllen, kann die Türme abgeben und dafür ein Siegel auf dem farblich passenden Turm auf dem Spielbrett platzieren. Hier ist genau beschrieben, wie viele Prestigepunkte man dafür erhält. Jeder Balkon eines Turmes kann aber nur einmal genutzt werden, so dass im fortschreitenden Spielverlauf immer weniger Optionen bzw. Aufträge zur Verfügung stehen.

Wer einen Auftrag einer bestimmten Turmhöhe als erster erfüllt, bekommt hierfür Bonuspunkte. Außerdem sollte man beachten, dass die Balkonplättchen Zusatzpunkte bringen und man nach Möglichkeit eines hiervon nutzt, wenn man den Turmbau plant und abschließt.

6) Limits überprüfen

Am Ende einer jeder Runde ist es lediglich legitim, zehn Bausteine in seinem Lageer und fünf Handkarten zu besitzen. Überschüssige Materialien müssen abgeworfen werden, wobei es bei den Karten noch spezielle Regeln gibt, welche Karten weggelegt werden dürfen und welche nicht. Befindet man sich jedoch im Rahmen dieser Limits, hat man nichts weiter zu befürchten.

Während all dieser Rundenphasen ist es jederzeit möglich, Aktionskarten auszuspielen bzw. die Gunst bereits ausliegender Karten zu nutzen. Sobald ein Spieler schließlich all seine Siegel auf den Türmen des Spielbretts ausgelegt hat, bekommt er das Spielend-Plättchen und die damit verbundenen fünf Prestigepunkte und läutet die letzte Spielrunde ein. Jeder Spieler ist noch einmal am Zug, anschließend wird gewertet. Hierbei werden die Anteile an den Türmen mit Punkten honoriert und ergänzt, sowie die verbliebenen Handkarten herangezogen. Wer nach der Abrechnung das meiste Prestige innehat, hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck:_

Die Mechanismen in „Firenze“ sind zwar stellenweise sehr interessant, wirklich neu ist das Spielsystem am Ende aber nicht. Es wird gepokert und taktiert, und die strategische Komponente wird ausreichend befriedigt – doch insgesamt ist man doch von zu vielen Faktoren abhängig, sei es nun, welche Karten neu in die Auslage kommen (und inwiefern man überhaupt die Chance hat, an diese Karte heranzukommen, bevor sie von einem anderen Spieler weggeschnappt wird) oder wie schnell man generell an die benötigten Bausteine kommt, die man für den Weiterbau zwingend gebraucht. Außerdem ist die Punkteverteilung der fünf Türme ein wenig ungünstig gewählt, da vor allem in den niedrigeren Balkonstufen kaum Abstufungen existieren und man besonders zu Beginn des Spiels fast schon beliebig agieren kann, ohne größere Konsequenzen befürchten zu müssen. Zwar sind die vergleichsweise leichter zu errichtenden Türme bald erbaut und nicht mehr nutzbar, doch alles in allem hätte man hier bei der Detailarbeit noch etwas feiner vorgehen können, um „Firenze“ etwas taktischer zu gestalten. Oder anders gesagt: Oftmals führen viele glückliche Umstände zum individuellen Spielverlauf, so dass man partiell vom Spiel gespielt wird. Und das ist gerade für gewiefte Strategen nicht rundum befriedigend!

Andererseits bietet der neue Pegasus-Titel eine anständige Dynamik und erfordert gezielte Planungsmaßnahmen, damit überhaupt ein Vorsprung im Spielverlauf zu erzielen ist. Es ist nötig, einige Züge vorauszudenken, was gerade im Spiel zu viert eine knifflige Angelegenheit ist und sich zu einer ordentlichen Herausforderung mausert. Unter diesem Gesichtspunkt ist die zuvor geäußerte Kritik nicht mehr ganz so schwerwiegend, aber eben auch nicht ganz vergessen. Suboptimal ist das Ganze lediglich beim Spiel zu zweit, da man die Aktionsmöglichkeiten nicht so konsequent ausspielen kann und es dem Gegenspieler immer wieder leichtfertig möglich ist, einen Rückstand ohne größere Überlegungen auszugleichen. Im direkten Vergleich geht hier definitiv einiges an Spieltiefe verloren!

_Summa summarum ist „Firenze“_ daher ein guter Einsteiger für den längeren Spieleabend und mit einer Spielzeit von ca. 60 Minuten auch überschaubar. Einen wirklichen Knaller haben Pegasus aufgrund der mangelnden Feinarbeit zwar nicht herausgehauen, doch im Hinblick auf die gute Mischung aus vertrauten Mechanismen, neuen Elementen und trotzdem kaum eingeschränkten Spielspaß kann man den Titel von Andreas Steding ruhigen Herzens denjenigen empfehlen, die auf der Suche nach einem leichten Strategiespiel sind.

|Firenze
Brettspiel von Pegasus Spiele für 2-4 Spieler ab 12 Jahren
Dauer: 45-90 Minuten
Autor: Andreas Steding
Illustration: Michael Menzel
EAN 4250231713705|
[www.pegasus.de]http://www.pegasus.de

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