Badde, Paul – Grabtuch von Turin, Das (oder das Geheimnis der heiligen Bilder)

_Original oder Fälschung?_

Als das berühmte Grabtuch von Turin im vergangenen Jahr erstmals nach jahrzehntelanger Verhüllung wieder der Öffentlichkeit übergeben und damit auch sichtbar gemacht wurde, starteten gleichzeitig auch wieder jene altbekannten Spekulationen über die Echtheit und Originalität des historischen Relikts. Während Theologie und Wissenschaft sich in zwei Lager spalten, die auf der einen Seite belegen wollen, dass die Herkunft des Leinens keinesfalls aus jener Zeit stammen kann, andererseits aber aufgrund historischer Belege darauf schließen möchten, dass es sich hierbei tatsächlich um jenes Stück Stoff handelt, mit dem der Leichnam von Jesus von Nazareth seinerzeit bedeckt worden sein soll, wird gleichzeitig eine Art Fanatismus um jenes Tuch gestartet, der vor allem im Bereich des christlichen Glaubens seinesgleichen sucht. Ob es sich nun um ein Original oder doch um eine Fälschung handelt, will Paul Badde in seinem aktuellen Buch, welches er einzig und alleine der Geschichte um dieses vermeintliche Grabtuch widmet, gar nicht erst klarstellen. Stattdessen legt er schlichtweg die Fakten auf den Tisch, umrahmt diese mit vielen prächtigen Bildern und gibt der Faszination für eines der wichtigsten Relikte der Weltgeschichte einen völlig neuen Rahmen.

Dennoch lässt sich der Autor hin und wieder auf eine Gegenüberstellung der Pro- und Kontra-Fakten ein und beschäftigt sich näher mit den Aussagen von Kritikern, Zweiflern und den ihnen gegenüberstehenden Gläubigen. Dabei ist immer wieder interessant zu sehen, wie er sich gegen die wissenschaftlichen Fakten sträubt und selbst die frühzeitig eingesetzte Radiokarbon-Methode als keinen hundertprozentigen Beweis für die falsche Herkunftseinschätzung akzeptiert. Mit jenem Vorgang wurde 1988 geprüft, aus welcher Epoche der Stoff stammt, der unter bestimmten Lichtverhältnissen die Fassade eines Mannes entlarvt, der offenkundig mit diesem Tuch in Berührung gekommen ist – und bekanntermaßen wies bei der Analyse alles darauf hin, dass das Tuch in etwa um das 13. Jahrhundert entstanden sein muss. Umgekehrt sieht Badde keine Widersprüche im Beweis der Echtheit des Tuches, zu der er – so liest man es nicht nur zwischen den Zeilen – aufgrund seiner jahrelangen Studie und der umfassenden Gegenüberstellungen ganz klar tendiert. Der Autor scheint selbst vom Kult infiziert und von der Begeisterung angesogen, die jene Geschichten, die vor allem im Mittelalter immer wieder mit diesem Tuch in Zusammenhang gebracht wurden. Und so schildert er voller Begeisterung, wenn auch nicht zu stark vom Hype um jenen Gegenstand geblendet, wie das Tuch seinen Weg durch die europäische Geschichte gemacht hat, wo es Station machen musste, wie oft es verschollen war, wie häufig man befürchten musste, es sei auf seinem Weg zerstört worden und schließlich, wie heftig teilweise die Diskussionen verliefen, die um diese Thematik entbrannt waren.

Und gerade diese umfassenden Schilderungen machen „Das Grabtuch von Turin oder das Geheimnis der heiligen Bilder“ zu einer absolut lesenswerten Veröffentlichung, vorrangig geprägt von den jüngeren wissenschaftlichen Betrachtungen, hierbei mit vielen Widersprüchen gegenübergestellt, dann wieder von der Euphorie gelenkt, die ein solcher Fund auszulösen imstande ist und schließlich von Baddes sehr persönlichem Bezug zum Thema abgerundet, der unterm Strich womöglich die größte Bedeutung in diesem Buch hat. Nicht zu vergessen ist hierbei das tolle Bildmaterial, welches teilweise bekannt, teilweise aber auch sehr exklusiv ist und Baddes historischen Pfad beispielhaft zum Leben erweckt und maßgeblich dazu beiträgt, dass seine Dokumentation ganzheitlich aufregend wirkt – und gerade dieser Umstand hebt „Das Grabtuch von Turin oder das Geheimnis der heiligen Bilder“ sehr deutlich aus der Masse derartiger Werke heraus und weckt schließlich die Faszination für diese doch sehr spezielle Thematik!

|Hardcover: 160 Seiten
ISBN: 978-3629022615|
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