Katja Angenent – Die Elfe vom Veitner Moor

Ayla saba Nasreddin ist Hauptfrau der Stadtwache in Abilacht, einem Nest im Osten Aventuriens, nicht weit von Havena. Dort gibt es nicht viel zu tun, außer Tavernenschlägereien zu schlichten und ausgebüchste Schweine wieder aufzutreiben. Zumindest, bis ein Hirtenjunge im Moor eine ermordete Elfe entdeckt!
Aylas Vorgesetzter allerdings, der Stadtmeister, legt ihr so eindringlich nahe, keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen, dass es schon verdächtig ist …!

Als eine der mutigen, coolen Socken, die einen DSA-Roman gelesen haben, ohne auch nur das Geringste über DSA zu wissen, bin ich natürlich völlig ahnungslos, was denn üblicherweise von einem DSA-Roman erwartet wird. Den DSA-Aspekt werde ich deshalb einfach ignorieren und das Buch so betrachten wie alle anderen Bücher. Eines aber kann ich vorab schon positiv feststellen: auch völlige Rollenspiel-Laien können dieses Buch lesen und verstehen, ohne ständig ein Glossar bemühen zu müssen.

Der Roman ist als Krimi konzipiert, die Hauptpersonen sind folglich die Ermittler.

Da wäre zum einen Ayla, eine Südländerin mit einem gewissen Ehrgeiz, die sich im kalten und feuchten Abilacht nicht nur langweilt, sondern auch schreckliches Heimweh hat. Außerdem ist sie einsam. Und sie ist stur! Als der Stadtmeister ihr nahelegt, den Tod der Elfe als Unfall zu sehen, weigert sie sich, weil sie die Wahrheit herausfinden will, und das nicht nur, weil sie sich nach einer Herausforderung sehnt, sondern auch weil es ihr um Gerechtigkeit geht.

Die andere Ermittlerin ist eine Elfe namens Saliniome, die zunächst nur als Zeugin nach Abilacht gekommen ist. Leider gibt es über die Elfe nicht halb so viel zu sagen wie über Ayla. Aus irgend einem Grund hat die Autorin beschlossen, die Gedanken der Elfe genauso wie ihre Vergangenheit oder ihre Wünsche für die Zukunft nahezu völlig unerwähnt zu lassen. Dadurch wird Saliniome auf ihren Bogen, ihre Verbundenheit mit Tieren und ihre Magie reduziert, was schade ist.

Ayla ist eine lebendige Person aus Fleisch und Blut, Saliniome dagegen kommt nicht über den Typus der Elfe hinaus.

Kommen wir zum Krimi. Der holpert ein wenig.

So hatte ich mit der Denkweise der Mädels manchmal so meine Probleme. Eigentlich sind die beiden ja nicht dumm, sie denken durchaus logisch und können Zusammenhänge herstellen. Andererseits neigt vor allem Ayla dazu, Indizien einfach nicht ernst zu nehmen. Ich kann gar nicht sagen, wie oft sie glaubt, sich nur etwas eingebildet zu haben. Und selbst, als sie endlich bereit ist anzuerkennen, dass ihre Sinne sie nicht täuschen, versucht sie nicht ein einziges Mal, der Sache auf den Grund zu gehen.

Den Brief aus dem Süden dagegen hat sie keinen Augenblick lang angezweifelt, nicht für eine Sekunde hat sie sich gefragt, woher der Verfasser denn von ihr wissen sollte, und warum er ausgerechnet jemanden anwerben will, der meilenweit weg im Norden sitzt, als gäbe es im Süden keine fähigen Leute für den Posten!

Was anfangs nur ein Stirnrunzeln bei mir hervorrief, ließ mich mit der Zeit genervt aufstöhnen. Den Höhepunkt bildet die Szene, wo unsere Heldinnen aus dem Flachmann trinken!

Nicht, dass es ernste Folgen hätte! Beide Frauen sind trotz all ihrer Klugheit und Erfahrung – Ayla war immerhin Offizierin einer Armee und für eine Beförderung vorgesehen! – oft sträflich unvorsichtig und gedankenlos, aber gleichzeitig haben sie mehr Glück als Verstand. Selbst brenzlige Situationen lösen sich viel zu leicht und schnell in Wohlgefallen auf, ihre Kontrahenten scheinen allesamt ziemlich unfähig, – damit meine ich nicht nur die Orks – , und wenn wirklich gar nichts mehr hilft, dann gibt es ja noch die Magie.

Warum mich das alles so störte? Weil im Grunde nicht wirklich viel passiert. Die Handlung ist extrem arm an Höhepunkten. Das ist nicht wirklich schlimm, solange Ayla mit echter Ermittlungsarbeit beschäftigt ist. Die Aufträge, die sie ihren Untergebenen erteilt, sind sinnvoll, auch das, was sie selbst unternimmt. Aber ab dem Moment, wo sie sich mit Saliniome auf den Weg nach Westen macht, tritt der Krimi ziemlich in den Hintergrund.
Von diesem Punkt an tragen vor allem die Figuren das Interesse des Lesers. Wäre auch kein Problem, wenn die Figuren denn in sich stimmig wären, was sie nach meinem Empfinden aber nicht sind. Außerdem nutzt die Autorin die Pausen von der Ermittlungsarbeit nicht für die Vertiefung ihrer Figuren. Dabei hätte Saliniome davon sicher profitiert.

Stattdessen wird eine Art Liebesbeziehung aufgebaut, die ich wenig glaubwürdig fand. Nicht nur, weil Saliniome so gar nichts an sich hat, das Aylas Gefühle nachvollziehbar gemacht hätte, sondern auch, weil Ayla gleichzeitig in Gedanken ständig einer anderen Person nachhängt! Dass die Sache trotzdem so ins Detail ging, machte es nicht besser. Schon die Beziehung an sich ließ mich ziemlich kalt – ein deutliches Zeichen dafür, dass es den beiden Protagonistinnen nicht wirklich gelang, mich auf ihre Reise mitzunehmen – die Details interessierten mich noch weniger. Wenigstens konnte ich die überblättern.

Zu all dem kamen lose Fäden – wie zum Beispiel Saliniomes Unterhaltung mit was auch immer sich in dem Mauerloch der Festung Aiwiall verborgen haben mag – die keinerlei Auswirkungen auf die Handlung hatten, sodass der Leser sich fragte, wozu sie erwähnt wurden; oder Ausschmückungen wie der Feenschrein, die in einem üppig ausgestatteten, epischen Fantasy-Drama wunderbar für Stimmung sorgen würden, in einem eher trockenen Krimi, bei dem es vor allem ums Rätseln geht, aber etwas fehl am Platz wirken, es sei denn, sie wären Teil des Rätsels, was leider nicht der Fall ist; oder logische Brüche wie die Sache mit dem Tatort im Moor. Die einzige Spur ist ein roter Stofffetzen. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass es keine Wagen- oder Hufspuren gibt. Trotzdem stellen Ayla und Saliniome später bei der Rekonstruktion der Tatnacht fest, dass die Fremde von einem Reiter niedergeschlagen wurde. Einem galoppierenden Reiter! In einem Moor mit weichem Boden ist es unmöglich, dass ein galoppierendes Pferd keine Spuren hinterläßt!

Unterm Strich war die Sache also eine recht durchwachsene. Die Idee des Plots war richtig gut, allerdings waren viele Details einfach nicht sorgfältig durchdacht. Das zieht sich durch das gesamte Buch und hat sich besonders störend bei den Charakteren ausgewirkt. Ayla hätte eine tolle Identifikationsfigur mit einem scharfen Verstand und einem sicheren Instinkt werden können, – was ich von einer Hauptfrau, die im Krieg gedient hat, eigentlich auch erwartet hätte. Stattdessen handelt sie bei aller Intelligenz oft so nachlässig und übermäßig vertrauensselig, dass man sich fragt, ob ihre früheren Vorgesetzten ihr ihren Ex nicht zu Recht vorgezogen haben!
Vielleicht war diese Nachlässigkeit – all diese übersehenen oder ignorierten Indizien – auch einfach nur ein Versuch der Autorin, dem Leser, der ja miträtselt, ein paar Hinweise zu geben, ohne den Plot zu schnell aufzulösen. Wenn ja, dann ist das ziemlich nach hinten losgegangen, denn es sorgte lediglich dafür, dass ich schon wusste, wer der Täter war, bevor die beiden Frauen überhaupt losgeritten waren. Damit war die Luft raus und die Spannung weg, zumal die Antagonisten als Charaktere genauso vernachlässigt wurden wie Saliniome und zu keiner Zeit ernstzunehmende Gegner waren! Da gab selbst eine Nebenfigur wie Siglom mehr her, dessen trockene Art ich liebend gerne gegen die überflüssigen Sexszenen eingetauscht hätte.

Um es kurz zu machen: Gute Idee, aber für einen echten Roman zu schwach umgesetzt. Vielleicht gelten für DSA-Romane andere Regeln. Ich wünsche es der Autorin, denn dann werden sich unter den coolen Socken bestimmt einige Fans für dieses Buch finden. Ich gehöre leider nicht dazu.

Katja Angenent ist selbst passionierte Rollenspielerin, freie Journalistin und Autorin. Außerdem arbeitet sie als Dozentin für kreatives Schreiben und gehört zur Autorengruppe Semikolon.

Broschiert 324 Seiten
ISBN-13: 978-3-946-50259-3
https://www.katjaschreibt.de//index.html
https://blitz-verlag.de//span>

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