Rafik Schami – Märchen aus Malula

„Märchen aus Malula“ ist eine Auswahl von sechs Erzählungen, die seit vielen Generationen in Rafik Schamis Heimatdorf Malula in Syrien erzählt werden. Wenngleich sie auch inhaltlich sehr unterschiedlich sein mögen, verbindet alle sechs Märchen eine ähnliche moralische Botschaft. Auf verschiedenste Weise beschäftigen sich die Erzählungen mit den Vorstellungen von Gerechtigkeit und von Respekt und Dankbarkeit gegenüber Mitmenschen.

Rafik Schami wurde 1946 in Damaskus geboren und wanderte 1971nach Deutschland aus. Seit 1982 arbeitet er als freier Schriftsteller. Seine zahlreichen Werke reichen von Kinder- und Jugendliteratur wie „Der Kameltreiber von Heidelberg“ bis hin zu Romanen wie „Die dunkle Seite der Liebe“ und Kombinationen von Kochbüchern und Reiseführern wie „Damaskus“. Rafik Schamis Bücher wurden bisher in 24 Sprachen übersetzt und er erhielt viele Literaturpreise und Auszeichnungen. Die Inspiration für „Märchen aus Malula“ bekam Rafik Schami 1984 durch einen Leser, den er während einer Buchvorstellung in Nürnberg kennen lernte. Die Einleitung sowie die Geschichte von Takla werden von Rafik Schami selbst gesprochen, die übrigen Geschichten erzählen Andrea Hörnke-Trieß und Markus Hoffmann abwechselnd.

Rafik Schami beginnt die zwölf Minuten lange Einleitung mit einer weitschweifigen Erzählung von seiner Großmutter und der Erläuterung, warum diese eigentlich hätte heilig gesprochen werden müssen und warum sie keine Geschichten erzählen konnte, wobei beide Fragen nicht in direktem Zusammenhang stehen und auch für die Begründung seiner Motivation für dieses Buch eher belanglos sind. Im zweiten Teil der Einleitung beschreibt er dann seine Begegnung mit einem Leser und wie dieses Treffen dazu führte, dass er die alten Geschichten aus seinem Heimatort wiederentdeckte. Auch wenn Rafik Schamis Sprechrhythmus und sein Erzählstil sehr gewöhnungsbedürftig sind, hat dieser jedoch möglicherweise den Vorteil, dass er den Hörer daran hindert einzuschlafen, bevor die eigentlichen Märchen überhaupt beginnen.

Hat man die Einleitung jedoch überstanden, folgen über zwei Stunden mit unterhaltsamen Märchen von Bauern, die ausgemachte Esel sind, und Eseln, die zu Richtern werden, von der Geschichte Malulas und wie der Ort zu einer Heimat von Flüchtlingen und Rebellen wurde, von Männern, die ihre Frauen hintergehen und sie verurteilen, wenn sie von ihnen hintergangen werden, davon, was es einem bringt, wenn man undankbar ist, von einem Korb der Wünsche und von einem Sieger, der zum Verlierer wird.

Manche Geschichten sind etwas langatmig und bei manchen fragt man sich, welche Lehre die Märchen aufzeigen sollen. Die Geschichten sind jedoch fast immer spannend, witzig oder zumindest interessant erzählt. Es handelt sich allerdings ausschließlich um Märchen für Jugendliche und Erwachsene, was sowohl an manchen Stellen durch die Wortwahl wie auch durch die behandelten Themen deutlich wird. Der Hörer kann sich schnell in die jeweiligen Rollen einfühlen. Wie es im Märchen üblich ist, handelt es sich um typische Charaktere wie den betrogenen Ehemann oder den ungerecht behandelten armen Bauern, trotzdem wirken die Figuren nicht berechenbar und die Handlung wird nicht langweilig. Zudem erfährt der Hörer einiges über die Bräuche und die Kultur der Malulanier.

Insgesamt handelt es sich hierbei um ein gelungenes Hörbuch mit kleinen Schönheitsfehlern und einer unnötig langen Einleitung.

150 Minuten auf 2 CDs
www.sprechendebuecher.de