So ziemlich jeder aus der „Generation Golf“ kennt „HUI BUH – das Schlossgespenst mit der rostigen Rasselkette“. Erfunden wurde die Figur von Jugendbuch- und Hörspielautor Eberhardt Alexander-Burgh in den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts. Ihren Erfolg feierte die ursprüngliche Hörspielserie, die es auf 23 Folgen brachte, nicht zuletzt durch Hans Clarins markant-krakeelende und somit eigenwillige Interpretation des zuweilen tolpatschigen – einzig amtlich zugelassenem – Gespensts auf Schloss Burgeck. 2006 nahm sich auch die Filmindustrie des Stoffes an und läutete damit eine neue Ära ein. „Hui Buh – Neue Welt“ heißts seit 2008 bei den |EUROPA|-Studios, was nichts anderes bedeutet, dass die Kultserie inzwischen entsprechend dem Vorbild des Leinwandauftritts dem Zeitgeist angepasst, also modernisiert und aufgemöbelt, wurde. Bis zum September 2011 sind inzwischen schon 13 neue Spukereien erschienen.
_Zur Story_
Es ist einen Tag vor Heiligabend und Seltsames geschieht in und um Schloss Burgeck. Alle machen einen gehetzten Eindruck, niemand ist in festlicher Stimmung. Weihnachten? Keine Spur! Das findet Tommy doch etwas bedenklich und fragt Hui Buh um Rat, doch der hält das Fest ohnehin für vollkommen überbewertet, er steht nämlich viel mehr auf Halloween. Was die Sterblichen nur immer damit haben?! Man könne allerdings doch mal den Geist der Weihnacht fragen, doch wie erreicht man den? Zufälligerweise hat Sophies Tante Roswitha einen geheimnisvollen Geister-Telefonapparat über ihren Lieblings Magie-Versand erstanden, der genau dies ermöglichen zu können scheint. Und tatsächlich: Hui Buh erwischt darüber zwar nicht den Obermuffti persönlich, wohl aber erscheinen seine drei getreuen Diener, die nacheinander drei knifflige Aufgaben parat haben, nach deren Lösung die Probanden zu ihrem Chef vorgelassen werden können. Scheitern sie, so könnte Weihnachten allerdings auch für immer verloren sein.
_Eindrücke_
Natürlich basiert die Story zu einem großen Teil auf Charles Dickens berühmte Geschichte „A Christmas Carol“ und macht auch gar keinen Hehl daraus. Im Gegenteil, man bezieht sich ganz offen auf Vorlage. Bei HUI BUH geht man aber doch noch andere Wege, sozusagen einen Schritt weiter: Wird Ebenezer Scrooge im Original einfach nur von den drei Geistern der vergangenen, der jetzigen und der zukünftigen Weihnacht das eigene Leben vor Augen geführt, wobei dieser eher passiver Zuschauer ist, dürfen bzw. müssen die Akteure hier selbst tätig werden und (pädagogisch wie moralisch wertvolle) Aufgaben lösen. Erst dann sehen sie sich dem eigentlichen Geist der Weihnacht gegenüber. Der ist inzwischen etwas amtsmüde und desillusioniert geworden, braucht also einen kleinen Schubs, um selbst wieder in Festtagsstimmung zu kommen. Selbstverständlich und wenig überraschend bekommt er diesen letzten Endes auch.
Dass das Ganze ein wenig rührselig daherkommt, mag man eingedenk des Themas respektive des höheren Ziels eine positive Message herüber zu bringen gewiss in Kauf nehmen. Kitschig wirkt es aber keinesfalls. Das liegt bestimmt auch daran, dass die eigens dafür eingespielte Musik und somit die Atmosphäre heimelig aber nichtsdestoweniger fluffig rüberkommen. Die Sprecher tun ihr Übriges, damit der weihnachtliche Grundgedanke nicht mit dem Holzhammer verabreicht wird. Die Regie legt ihnen dazu auch manch flott-markige Sprüche in den Mund, die nicht selten frei von Selbstironie sind. Für altgediente HUI-BUH-Fans vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, doch man kann sich nach einer kurzen Phase der Einfindung gut mit dem modernen Zuschnitt arrangieren und Spaß haben. Auch wenn offenbar (leider) längst nicht mehr so viel „altdeutsche“ Ausdrücke verwendet werden wie in früheren Zeiten der Serie. Die Zielgruppe ist heute halt eine andere.
Gut, dass Stefan Krause trotz der Modernisierung weiterhin einige Grundzüge des Ur-HUI-BUH pflegt, jedoch nicht in den Fehler verfällt, Hans Clarin kopieren zu wollen. Das wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Seine Interpretation der Figur ist eine ganz andere – was dem Schlossgespenst eine frische Note gibt, die auch etwas zurückhaltender ausfällt, ohne dabei jedoch alle liebenswerten Kanten des Originals preiszugeben. Überhaupt lässt man bei der Sprecherriege nichts anbrennen. Christoph Maria „Stromberg“ Herbst ist als König Julius eine vortreffliche Wahl und Synchron- und Schauspiel-Urgestein Jürgen Thormann als Kastellan steht diesem in Nichts nach. Ganz zu schweigen von Andreas „Bob Andrews“ Fröhlich als Erzähler. Insgesamt hat sich hier ein Ensemble zusammengefunden, bei dem die Chemie stimmt – das ist auch wohl ein Grund, warum das neue Setup der Serie an die alten Erfolge durchaus anknüpfen kann.
_Die Produktion_
Buch: Dirk Ahner
Nach Motiven von Eberhardt Alexander-Burgh
Konzeption: Hilla Fitzen, Dirk Eichhorn, Elisa Linnemann
Redaktion: Hilla Fitzen
Regie, Ton und Produktion: Christian Hagitte und Simon Bertling
Musik: Hagitte & Bertling (STIL), Das Berliner Filmorchester
|Sprecher und Figuren|
Stefan Krause (Hui Buh), Christoph Maria Herbst (König Julius der 111.), Ulrike Stürzbecher (Königin Konstanzia), Maximilian Artajo (Tommy), Marie-Luise Schramm (Sophie), Jürgen Thormann (Kastellan), Daniela Hoffmann (Roswitha Rosenbach), Andreas Fröhlich (Erzähler / Intro von Hans Paetsch), Gerald Schaale (Cupidus), Joachim Pukaß (Malus), Christian Hagitte (Ignarus), Horst Lampe (Geist der Weihnacht), Helmut Krauss (Adolar), Sebastian Walch (Graf Hadamar), Ingo Albrecht (Fürst Roderich)
_Fazit_
Selbst der ansonsten vollkommen weihnachtsresistente Rezensent kann sich dem zuckersüßen Charme des Hörspiels nicht entziehen. Dickens Klassiker wird hier kindgerecht und flott aufgearbeitet, wobei es themenbedingt auch ruhig etwas sentimentaler und rühriger zugehen darf, als in den üblichen Folgen. Der Druck auf die Tränendrüse ist allerdings moderat und wirkt nicht auf Weihnachtsmann-komm-raus erzwungen. Schön auch, dass die Kommerzialisierung des Festes durchaus – und sehr deutlich – kritisiert wird. Wobei natürlich die Frage erlaubt sein muss, ob das Hörspiel selbst nicht auch zum diesbezüglichen Merchandise gehört. Aber das, liebe Kinder und solche, die es geblieben sind, klären wir vielleicht, wenn Hui Buh demnächst auch noch auf den Geist des Osterhasen treffen sollte. Bis dato: Gehabt euch Wohl – und: Schauriges Fest!
|Audio-CD mit einer Laufzeit von ca. 69 Minuten
EAN: 886978193025|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de
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[„Das Schlossgespenst“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2762
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