Alexander, Alan / Blackwell, Kraig / Feldstein, Travis-Jason / Hindmarch, Will / Klünder, Jacob ua – Lancea Sancta

|Als die Soldaten sahen, daß Christus tot war,
brachen sie ihm nicht die Beine.

Einer der Soldaten jedoch stach ihm einen Speer in die Seite,
und Blut und Wasser quollen hervor.

Ein Tropfen des Blutes Christi fiel auf des
Soldaten Lippen,
und er wischte es weg mit seiner Hand.

Doch am nächsten Tag verschlief er den Sonnenaufgang und erwachte erst bei Anbruch der Nacht aus seinem Schlummer.
Und nachdem er Christi Blut gekostet hatte,
Dürstete ihn nach mehr.

Ich weiß es.
Ich weiß es, weil ich jener Soldat bin.|

(aus dem „Testament des Longinus“ und aus der „Lancea Sancta“)

_Allgemein_

Die „Lancea Sancta“ ist zusammen mit dem „Zirkel der Mutter“ und dem „Ordo Dracul“ einer der mysteriösesten Bünde der vampirischen Gesellschaft in „Vampire: Requiem“. Dieser Bund wird im gleichnamigen Quellenband vorgestellt.

Doch glaubt der „Ordo Dracul“ von Vlad Tepes/Dracula abzustammen, beziehen sich die so genannten Heiligen auf Longinus. Für alle, die sich nicht so gut mit christlicher Mythologie auskennen: Longinus soll der römische Zenturio gewesen sein, der Jesus mit dem Speer des Schicksals in die Seite stach und ihn so tötete (siehe oben). Darauf soll er dann von Gott zu einem Leben als Vampir verfluch worden sein.

Seine Aufgabe ist, die Menschen zu quälen und sie so daran zu erinnern, welche Strafe Gottes es war, dass sie das Paradies verlassen mussten. Doch dies solle er unauffällig tun, um die Angst der Menschen zu schüren.

Seine Lehren schrieb er im Testament des Longinus nieder, auf das sich die „Lancea Sancta“ beruft. Die höchste, aber leider auch verschollene Reliquie ist jener sagenumwobene Speer der Schicksals, von dem der Bund auch seinen Namen hat („Lancea Sancta“: lat. heiliger Speer/Lanze).

_Inhalt_

Nach einem, auch gestaltungstechnisch, sehr ansprechenden Prolog und einer Einleitung beginnt das eigentliche Quellenbuch mit einer Zusammenfassung der Geschichte der „Lancea Sancta“. Mag sie zu Beginn, bei dem Teil, der Longinus direkt betrifft, noch interessant sein, wird sie doch gegen Ende ziemlich zähflüssig. Zwar sind die Fakten aus der Vergangenheit des Bundes durchaus wissenswert, was allerdings nichts daran ändert, dass dieser Teil ausnehmend langweilig ist.

Doch zum Glück wird es schon beim nächsten Kapitel deutlich interessanter, denn dieser widmet sich dem „Unleben in der Lancea Sancta“ in all seinen Facetten. Die Dogmen werden hier genauso erläutert wie die verschiedenen Konfessionen, Untersekten, Titel und Ämter, die Rolle der verschiedenen Clans in der „Lancea Sancta“ und natürlich auch die verschiedenen Riten und Feste des Bundes. Man also getrost sagen, dass dieser Teil den Mittelpunkt des Quellenbandes darstellt.

In Kapitel drei wird dann auf die heutigen und alltäglichen Machenschaften der „Lancea Sancta“ eingegangen, sprich die Rekrutierung oder Bekehrung von Vampiren, egal ob jung oder alt, und deren anschließende Rolle im Bund. Auch das Verhältnis von Neugeborenen zu Ancillae oder Ahnen wird gründlich beschrieben. Der interessanteste Teil in diesem Kapitel dürfte aber zweifellos die Beziehung der „Lancea Sancta“ zu den anderen Bünden, den Werwölfen und den Magi, sein. Und ob ihr es glaubt oder nicht, es kommt sogar gelegentlich zu Zusammenarbeiten der „Lancea Sancta“ mit dem ketzerischen „Zirkel der Mutter“ …

Desweiteren werden auch wieder drei Blutlinien vorgestellt sowie einige Fraktionen und deren politische und religiöse Ziele. Natürlich folgen auch noch die besonderen Disziplinen dieser Blutlinien sowie die gewohnten Beispielcharaktere und Antagonisten.

_Mein Eindruck_

Als ich „Vampire: Requiem“ das erste Mal durchlas, erschien mir die „Lancea Sancta“ wenig reizvoll. Ich meine, was soll mich daran reizen, einen religiös verblendeten Vampir zu spielen, wo ich doch jeden Tag im Fernsehen genug bescheuerte religiös verblendete Mensche und deren Taten sehe!

Doch muss ich hier meinen ersten Eindruck revidieren. Zum einen ist die Mythologie äußerst ansprechend dargestellt und zum anderen wird in diesem Quellenband deutlich, dass ein großer Teil der „Lancea Sancta“ nicht radikal ist. Aufgrund der Konfessionen, Fraktionen und Sekten gestalten sich die Heiligen durchaus vielfältig und abwechslungsreich. Den Stereotypen wird deutlich vorgebeugt.

Nicht jedes Mitglied der „Lancea Sancta“ ist gleich ein Priester oder Ähnliches. Meistens reicht es, wenn ein Vampir sich zum Glauben bekennt und einmal in der Woche zur Mitternachtsmesse erscheint.
Auch die Auslegung der Traditionen in Bezug auf das „Testament des Longinus“ ist sehr stimmig und athmosphärisch gelungen.

Also ist der Grundrahmen für ein stimmungsvolles Rollenspiel innerhalb der „Lancea Sancta“ durchaus gegeben. Was der einzelne Spielleiter dann daraus macht ist, wie immer, Privatvergnügen.

Die Aufmachung ist wieder äußerst vorbildlich. Das Hardcover ist – mit einem Vampir mit einem blutigen Kreuz auf der Brust – ebenso stylisch wie robust.
Der Prolog von Greg Stolze ist mit seinem mittelalter-frühneuzeitlichen „Outfit“ ein echter Augenschmaus und auch durchaus lesenswert.

_Fazit_

Ich habe durchaus schon spannendere Quellenbände gelesen. Doch ist die „Lancea Sancta“ ein durchweg ordentlicher und für diejenigen, die in diesem Bund spielen oder spielleiten wollen, fast unverzichtbarer Quellenband, denn die Informationen in „Vampire: Requiem“ über die „Lancea Sancta“ reichen unmöglich aus, um diesen Bund auch nur annähernd adäquat darzustellen.

|Weiterführende Rezensionen bei Buchwurm.info:|

[Die Welt der Dunkelheit – Grundregelwerk 1607
[Vampire: Requiem 1701
[Riten des Drachen 1728
[Werwolf: Paria 1970

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