Brett, Peter V. – Flüstern der Nacht, Das

Letztes Jahr erschien im |Heyne|-Verlag der Debütroman von Peter V. Brett – [„Das Lied der Dunkelheit“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5791 – und der Autor feierte damit weltweit einen fulminanten Erfolg. Im Genre Fantasy angesiedelt, überzeugte „Das Lied der Dunkelheit“ durch eine spannende Geschichte voller Dramatik und tiefgreifender Charaktere, die sich im Laufe der Handlung weiterentwickelten. So weit, so gut – die Serie ist laut Autor auf fünf Bände ausgelegt.

Wie in vielen Fantasy-Romanen tauchen hier fantastische Wesen auf, die die menschliche Welt bedrohen, doch Peter V. Brett geht neue Wege. Das „Böse“ sind hier die Dämonen der Nacht. Wesen, die das Tageslicht scheuen wie der Teufel das Weihwasser und nach Sonnenuntergang an die Oberfläche gelangen, um mit todbringender Gewalt die Menschen zu terrorisieren, die im Laufe der Jahrhunderte vergessen haben, wie man diese Dämonen bekämpft. Vielleicht wurden ihnen auch diese Mittel genommen. Alles, was ihnen noch nutzen kann, sind magische Verteidigungssiegel, deren Grenzen die Dämonen nicht überschreiten können. Die Dämonen sind vielfältig und den Elementen gleichgesetzt. Es gibt Wind-, Feuer, Stein- und Baumdämonen, und auch die Größe und Bösartigkeit variiert unter ihnen.

Arlen Strohballen, der Held dieser Reihe, verliert in einer schicksalhaften Nacht seine Mutter. Sein Vater, gelähmt vor Angst, findet keine Möglichkeit, seine Frau zu retten. Schwer verletzt gelingt es Arlen, sie hinter den Schutz der Siegel zu retten, doch die Verletzungen sind zu schwer, und so stirbt sie. Arlen, beschämt und wütend über die Feigheit seines Vaters, bricht auf, um einen Weg zu finden, die Dämonen auf immer zu vernichten.

Nach einigen Jahren und unterschiedlichen beruflichen Stationen findet der junge Mann in den Ruinen vergangener Zeiten einen Speer, der mit Kampfsiegeln versehen ist. Im Laufe der Zeit findet er in Ruinen und Bibliotheken wahre Schätze. Aber nicht nach Reichtum strebend, ist er weiterhin getrieben von Rachegedanken und besessen von weiteren Möglichkeiten, die Dämonen zu bekämpfen.

Nach einiger Zeit gibt es Gerüchte in den kleinen Herzogtümern und Regionen darüber, dass der „Erlöser“ wiedergekommen wäre, und er würde mit bloßen Händen die Geschöpfe der Nacht bekämpfen. Gehüllt in einen dunklen Umhang und am ganzen Körper mit Kampfsiegeln tätowiert, ist Arlen, den man nun den „tätowierten Mann“ nennt, eine große Hoffnung auf ein ungestörtes Leben …

„Das Flüstern der Nacht“ ist der zweite Teil aus der Serie und ebenfalls erschienen im |Heyne|-Verlag. Die Handlung konzentriert sich nun auf eine innere Bedrohung, die nicht von den Dämonen ausgeht.

_Inhalt_

In Krasia, weit entfernt von den anderen Herzogtümern, haben die dortigen Menschen gelernt, die Dämonen zu bekämpfen. Doch ist es die vielen Opfer wert? Die Krasianer sind hauptsächlich Krieger, und in strengen sozialen Kasten leben sie inmitten der Wüste. Im Kampf gegen die Dämonen zu sterben, ist für die Krieger absolut akzeptabel, und wirkliche Angst vor dem Tod kennen sie nicht – höchstens vor der Schande, versagt zu haben. Doch die Dämonen sind nicht die einzigen Feinde, denn selbst in den Mauern der Stadt beherrschen gefährliche Intrigen um den Thron und die Macht innerhalb des kleinen Wüstenstaates.

Auch Jardir kämpft des Nachts gegen die Dämonen. Schon von Kindheit an war seine Kampfausbildung von Folter und Qual geprägt. Und nun steigt er in der Hierarchie zum Krieger auf. Seine Laufbahn ist mitunter eine Berg- und Talfahrt, doch protegiert durch eine geheimnisvolle Frau und unterstützt selbst von seinen erbitterten Feinden, raunen bereits viele, er sei der langersehnte Erlöser. Nach und nach wird er zum religiösen Führer der Krasianer und seine Pläne gehen über die Staatsgrenzen weit hinaus. Um den Kreuzzug gegen die Horclinge (Dämonen) um jeden Preis weiter zu intensivieren – auch der Verlust von Kriegern ist für den geistigen Anführer nur Mittel zum Zweck – erwägt er, die kleineren Herzogtümer zu erobern. Mit viel Widerstand rechnet er nicht.

Als er den Krieg beginnt und die ersten Herzogtümer fallen, stößt er allerdings doch auf Widerstand, und noch überraschter ist Jardir, als er gesagt bekommt, dass es einen tätowierten Mann gibt, der auch als „Erlöser“ gilt. Jardir wird später klar, dass es nur Arlen sein kann, sein Freund, sein „Bruder im Geiste“, den er vor Jahren hilflos in der Wüste ausgesetzt hat, um an den Speer zu kommen …

Es wird die Zeit kommen, in der sich die Wege der beiden wieder kreuzen, und nur einer wird überleben …

_Kritik_

Peter V. Brett übernimmt in seinem zweiten Roman um Arlen die politischen Machtkämpfe innerhalb und außerhalb eines Staates in seine Handlung. Und das macht er außerordentlich gekonnt, als hätte er nie etwas anderes geschrieben. Analysiert man zudem die Handlung, so stellt sich dem Leser eine sozialkritische Gesellschaftsstudie dar, und auch die religiösen Machtspielchen sind fester Bestandteil der Erzählung. Bei so vielen unterschiedlichen Komponenten verliert der Leser allerdings niemals den Bezug zur Handlung.

Die Figurenzeichnung ist mustergültig. Vielfältig und auch abwechslungsreich geht es zu in „Das Flüstern der Nacht“. Auch wenn es sich im Roman meistens um Jardir dreht, wird auch Arlen ausreichend zur Wort kommen. Beide sind charakterlich stark und dennoch verloren und manchmal Spielbälle von Intrigen und Interessen, die schwerer zu bekämpfen sind als die Dämonen der Dunkelheit. Jardir beispielsweise kämpft immer an verschiedenen Fronten, und auch die Frauen in seiner Umgebung kämpfen nicht nur mit den Waffen einer Frau um ihn, sondern auch mit allen Mitteln und Waffen, die sie gerade zur Hand haben.

Doch die Ränke sind nicht alles im Roman. Wie schon in „Das Lied der Dunkelheit“, geht es auch hier actionreich zu, mit wilden Kämpfen, denen sich jeder Protagonist stellen muss. Das Niveau der Geschichte hat ebenso wie der Spannungsaufbau positiv entwickelt. Damit ist der vorliegende zweite Teil noch besser und vor allem intensiver geworden. Nicht zuletzt, weil man nun weiß, dass es zwei Protagonisten gibt, die sich gegenseitig vernichten können, aber ihre verfeindete Freundschaft wird sicherlich im dritten Teil näher betrachtet werden.

Wer glaubte, dass die Dämonen intelligenzlose Geschöpfe sind, wird hier eines Besseren belehrt. Es gibt Dämonen, die als „Prinzen“ betitelt werden, welche die Menschen beobachten und auch ihrerseits Angst vor den beiden Erlösergestalten haben. Man darf also gespannt darauf sein, mit welchen hintertriebenen Waffen die Dämonen noch auf die Menschen abzielen werden.

Auch in diesem Roman kommen natürlich die Nebencharaktere wie Leesha und Rojer vor, und auch sie werden Jardir kennenlernen und damit eine völlige andere Mentalität vorfinden, die, untermauert durch Religion und soziale Andersartigkeit, schnell zu komplexen Problemen führt. Völkerverständigung ist halt auch hier ein ernsthaftes Problem.

Es gibt nur wenige Schwächen im Roman anzumerken. Wenn man die Erwartungshaltung hat, dass Arlen die zentrale Rolle alleine ausfüllt, könnte man enttäuscht sein. In „Das Flüstern der Nacht“ geht es eigens um Jardir und seine Biographie. Das ist nur fair, wenn man bedenkt, dass Arlen nun mal im ersten Teil die absolute Hauptrolle innehatte. Es gibt auch kaum langatmige Kapitel, denn es stecken so viele kleine und interessante Details im Geschehen, dass man die eine oder andere Ausführlichkeit gerne in Kauf nimmt, denn die Handlung wird dennoch zunehmend rasant.

_Fazit_

„Das Flüstern der Nacht“ ist der zweite und der bessere Teil der Saga um Arlen. Diese ist auf fünf Teile ausgelegt, und wir dürfen noch gespannt darauf sein, was noch alles passieren wird. Bei so viel neuen Konflikten und aufkommenden Kriegen, verschmähter Liebe und politischen Intrigen wird der nächste Teil hoffentlich vieles auflösen können. Aber wie schon gesagt, die Dämonen sind nicht gewillt, sich von den Menschen abschlachten zu lassen.

Auch wenn „Das Flüstern der Nacht“ ein eigenständiger Roman ist, sollte man den ersten nicht verpasst haben. Das Lesevergnügen könnte sonst erheblichen Schaden nehmen. Wie auch der erste Teil, ist die Fortsetzung mehr als zu empfehlen. Es wird zur Pflicht, „Das Flüstern der Nacht“ zu lesen. Das Buch ist keineswegs ein stilles Flüstern, es ist ein Aufschrei nach Rache, Vergeltung, Liebe und nicht zuletzt nach Erlösung.

|Taschenbuch: 1007 Seiten
Originaltitel: The Desert Spear
ISBN 978-3-453-52611-2|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

_Peter V. Brett bei |Buchwurm.info|:_
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