Carey, Mike / Dillon, Steve / Frusin, Marcelo – John Constantine: Hellblazer 2 – Der Rote Tod

Band 1: [„Hölle auf Erden“ 3621

Vom Nebendarsteller zur Hauptfigur: John Constantine gehört seit langer Zeit zum festen Repertoire der US-Comic-Welt. Der Straßenmagier im Trenchcoat und seine Serie „Hellblazer“ stehen für erwachsenen Horror und gute Qualität. Im September ist der Band „Der Rote Tod“ bei |Panini| erschienen.

Die Serie über John Constantine weist eine Kontinuität auf, die meistens nur Superhelden zuteil wird. Im nächsten Jahr feiert die Reihe ihren zwanzigsten Geburtstag. Da erscheint dann in den USA Heft #240, der erste Teil der brandneuen Story „The Laughing Magician“. Bis diese Geschichte dann in Deutschland erscheint, wird es wohl eine Weile dauern. Solche Verzögerungen über den Atlantik sind nichts Ungewöhnliches, insbesondere bei Serien, die in Deutschland eher am Rande des Mainstreams liegen und ein spezielles Publikum haben. Umso erfreulicher das Bemühen, die Serie auch hierzulande vollständig zu veröffentlichen. Bei |Panini| ist man mit „Hellblazer 2“ gerade erst bei den US-Heften von Anfang 2003 angekommen. Im September ist also „Der Rote Tod“ erschienen. Er enthält die beiden Storys „Die Droge Leben“ und „Der Rote Tod“, bestehend aus insgesamt sechs US-Heften (2+4). Die zwei Geschichten sind locker miteinander verknüpft durch die Figur Gemma, Constantines Nichte.

„Die Droge Leben“ spielt in Liverpool und dreht sich um ein verfluchtes Hochhaus, in dem Menschen der untersten sozialen Schichten ihr Dasein fristen. Ein grauer, von Alkohol und Fernsehen dominierter Alltag wird hier nur gelegentlich unterbrochen, zum Beispiel, wenn sich mal wieder jemand aufhängt. Constantine wittert, dass an diesem Ort irgendetwas faul ist. Er kann nur noch nicht genau sagen, was. Während seiner Nachforschungen lernt er nicht nur die attraktive Kellnerin Angie kennen, sondern muss auch mit dem Stress und den Sorgen seiner Schwester Cheryl fertig werden. Und dass der Striptease-Killer noch immer auf freiem Fuß ist und sein Unwesen treibt, entspannt die Situation nicht gerade.

„Die Droge Leben“ wurde von Steve Dillon (Preacher) gezeichnet. Die Geschichte erschien erstmals im September und Oktober 2002 unter dem Titel „High on Life“ (Hellblazer #175-176) bei |DC Vertigo|.

Für „Der Rote Tod“ wechselt John Constantine den Ort. Der kettenrauchende Magier reist nach London, um seine Nichte Gemma zu finden. Die hat sich in ihrem naiven Wunsch, die Wege der Magie besser kennen zu lernen, in die Hände des skrupellosen Großgrundbesitzers Fredericks begeben, ohne dabei zu ahnen, dass sie nur als Druckmittel dienen soll, um ihren Onkel gefügig zu machen. Denn Fredericks hat nicht vor, Gemma zur Magierin auszubilden. Er hält sie als Geisel, um mit Constantines Hilfe an den Roten Tod zu kommen, ein tödliches Artefakt aus Indien, das ebenso legendär wie mächtig ist. Und Fredericks ist nicht der Einzige, der nach dem Roten Tod sucht. Constantine braucht eine Weile, um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, und gerät dabei zwischen die Fronten. Der Leser folgt ihm von Puzzlestück zu Puzzlestück.

„Der Rote Tod“ wurde von Marcelo Frusin („Loveless“) gezeichnet und erschien zum ersten Mal von Dezember 2002 bis März 2003. Der Originaltitel lautet „Red Sepulchre“ (Hellblazer #177-180).

Die beiden Geschichten in „Der Rote Tod“ passen ins Hellblazer-Universum und treffen den angenehm düster-verrauchten Grundton der Serie. Es geht um Gewalt, um Macht, am Rande auch um Geld, da fällt insbesondere bei Frusins Zeichenstil die Verwandtschaft mit „100 Bullets“ auf. Zu den besten Szenen in „Der Rote Tod“ gehört sicherlich Constantines Gespräch mit Fredericks, einem dicken, Zigarre rauchenden Ex-Kolonialisten, unsympathisch durch und durch. Sie treffen sich im Savoy, Fredericks hat gerade sein Frühstück beendet, um darüber zu verhandeln, was Constantine tun muss, um seine Nichte zu retten. Trotz seiner schwächeren Position gelingt es dem Magier, seinen Widersacher so in Rage zu versetzen, dass er von ihm mit einer Gabel angegriffen wird. Das ist John Constantine in Reinform, dreckig und unverschämt, lässig und zu allem entschlossen. Neu erfunden wird die Serie von Autor Mike Carey dabei nicht, aber er bleibt in der Spur und erzählt tollen Horror, ohne auf den blanken Effekt zu reduzieren. Woran man das festmachen kann? Zum Beispiel an einer Anzahl interessanter Nebenfiguren. Oder an dem spannend inszenierten Ende, wenn das letzte wichtige Puzzlestück ans Licht kommt. Auch der Dämon – einer muss in einem Hellblazer-Vierteiler schon vorkommen – ist dramaturgisch logisch und am richtigen Punkt des Spannungsbogens eingesetzt. Obwohl stellenweise ein wenig vorhersehbar, ist „Der Rote Tod“ ein Comic für alle, die die Serie mögen oder gerne guten Horror lesen. Und „100 Bullets“-Freunde dürfen auch einen Blick riskieren.

[Rezension von Björn Backes zu Band 2 4253

http://www.paninicomics.de/
[Verlagsseite zur Reihe]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10457

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