Dunn, Philip (Autor) / Lawrence, Don (Zeichner) – Storm 1: Die tiefe Welt

Seitdem sich der |Splitter|-Verlag auf französische Fantasy-Comics konzentriert und diese in edlen Designs und schmucken Hardcover-Ausgaben unters hiesige Volk gebracht hat, gilt das Label als oberster Qualitätsgarant in Sachen Aufmachung und Inhalt. Mittlerweile hat man auf Basis des starken Feedbacks und der weiterhin steigenden Popularität der verlagseigenen Serien sogar das Veröffentlichungstempo noch mal steigern können, was an der großen Zahl neuer Serien festzumachen ist, deren Potenzial sich geradezu dafür aufdrängt, in diesem Rahmen publiziert zu werden. Doch nicht nur das französische Independent-Programm soll künftig mit dem Verlag in Verbindung gebracht werden; auch legendäre, fast schon in Vergessenheit geratene Klassiker sollen von nun an ins Verlagsprogramm stoßen und hier den gepriesenen modernen Ablegern zur Seite stehen.

Den Anfang macht dieser Tage das Science-Fiction-Epos „Storm“, welches jahrelang über den |Ehapa|-Verlag veröffentlicht wurde, mit dem Tod des illustrierenden Schöpfers Don Lawrence aber für längere Zeit verschüttet war. Doch die Zukunft der Serie ist gesichert, und jetzt, wo endlich der neue, nunmehr schon 23. Band der erfolgreichen Reihe geschrieben und gezeichnet wurde, kommen auch die Herrschaften von |Splitter| wieder ins Spiel. Neben dem Comeback-Album erscheint dort auch die komplette Serie im neuen Design und zeichnerisch durch gezieltes Feintuning von Grund auf überarbeitet. Der Auftakt „Die tiefe Welt“ wird sogleich als |Collector’s Edition| herausgebracht und mit einer Menge informativer wie optisch reizvoller Extras bestückt – prima!

_Story_

Storm ist ein gefragter Astronaut, dem die große Ehre zuteil wird, einen roten Fleck auf dem Jupiter zu untersuchen, der die Behörden schon länger vor ein Rätsel stellt. Doch die Expedition missglückt, und nachdem der Funkkontakt abgebrochen ist und Storm bereits für tot erklärt wurde, scheint eine Rückkehr zur Erde ausgeschlossen. Doch der willensstarke Astronaut schafft das Unmögliche und kann sich tatsächlich aus den Weltraumstrudeln retten, in die sein Raumschiff gerät. Ein ganzes Jahr später kehrt er zur Erde zurück, muss sich jedoch über deren neues Landschaftsbild wundern. Die Ozeane sind verschwunden, und statt der geplanten Landung in Florida stürzt Storm mit seinem Raumschiff mitten in einer Zivilisation ab, die überhaupt nicht mehr mit der Erde des 21. Jahrhunderts zu vergleichen ist.

Dabei sind auch die ersten Fremdkontakte merkwürdig. Einige primitive Stammesbrüder entführen den Astronauten und lassen ihn in den Kerker des tyrannischen Herrschers Ghast sperren. Dort lernt Storm seine neue Gefährtin Rothaar kennen und begibt sich mit ihr auf die Flucht ins Ungewisse …

_Persönlicher Eindruck_

Als verwöhnter Liebhaber bombastisch arrangierter und gerade zeichnerisch detailreicher Alben wird man sich bei „Storm“ erst einmal in Acht nehmen müssen. Die Serie hat schon einige Jahre auf dem Buckel, ist beileibe nicht so spektakulär inszeniert wie manch inhaltlich vergleichbare Science-Fiction-Serie heutiger Zeit, ist mitunter auch ein wenig trocken erzählt, in Sachen Unterhaltungswert aber auch nach all den Jahren eine echte Wucht. Die Ursache ist aber nicht nur darin zu suchen, dass „Storm“ noch aus dem 20. Jahrhundert stammt, sondern verstärkt darin, dass die Serie sich noch viel deutlicher an der klassischen Science-Fiction orientiert und zwischenzeitlich sogar den einen oder anderen Exkurs in Sachen „Star Trek“ wagt – und gerade das letztgenannte Kultformat schimmert in der ersten Ausgabe von Don Lawrences Meisterwerk immer wieder durch.

Die Geschichte ist hierbei schnell erzählt: Die gestrandete Titelfigur wird bei ihrer Rückkehr in eine rückständige, primitive Zivilisation katapultiert, die allerdings dennoch in gewisser Weise mit dem Jahrhundert ihrer persönlichen Herkunft in Verbindung steht. Zwar gibt es statt bekannter Verkehrsmittel berittene Echsen und anstatt feuerkräftiger Waffen nur die bloße Faust, doch spätestens nach er Flucht aus dem Gefängnis offenbaren sich dem neuen Gespannn Storm/Rothaar diverse Errungenschaften der Moderne, die das Ganze erst interessant, bisweilen auch komplexer machen. Derweil sorgen die steinzeitlichen Gefechte gegen den nimmermüden Kontrahenten Ghast für einen Bonus an Unterhaltung, den man alleine deswegen schon nicht missen möchte, weil dieser kleine Tyrann genau für jene Zeit steht, die aus heutiger Sicht eine der primitivsten der Menschheit ist – und diese Diskrepanz zwischen Storm und ihrem Widerpart gibt der Story einen großen Teil ihres Gehalts.

Die Frage ist aber dennoch: Was macht „Storm“ letzten Endes zum Kult-Comic? Die Antwort hierauf gibt die erste Episode eigentlich schon recht deutlich: Es ist die Simplizität der Story und ihrer Charaktere, die auch ohne aufgeblasene Nebenelemente glänzen und überzeugen können, dies im vergleichsweise abgespeckten Setting auch müssen. Dass „Die tiefe Welt“ bei der Erstveröffentlichung vor über 20 Jahren als innovativ galt, kann man dementsprechend auch heute noch nachvollziehen, und das in erster Linie dank der inhaltlichen Qualität.

Bei der Aufmachung der neuen Serie hat sich der Verlag schließlich auch die größte Mühe gegeben. Die Original-Zeichnungen wurden digital bearbeitet, haben ihren Charme aber dennoch nicht verloren. Der Effekt: ein visuelles Optimum für eine Serie, die hier gerade den Quantensprung zwischen drei Comic-Jahrzehnten vollzieht. Doch auch sonst ist die Ausstattung des ersten bandes fantastisch: Abseits der Handlung gibt es noch einige kleine Specials mit Infos zur Entstehungsgeschichte, eine kleine Abhandlung über Don Lawrence und als Gimmick einen exklusiven, separat entnehmbaren Druck mit den beiden Hauptfiguren. Fazit: Diese |Collector’s Edition| ist auf alle Fälle jeden einzelnen Cent wert und fordert geradezu den Wunsch nach weiteren derart überzeugend präsentierten Neuauflagen heraus.

|64 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-46-8|
http://www.splitter-verlag.de

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