Fink, Torsten – Erwählte, Die (Die Tochter des Magiers 3)

Band 1: [„Die Diebin“ 5775
Band 2: [„Die Gefährtin“ 5950

_Nach der Beinahekatastrophe_ am Ende des vorhergehenden Bandes sind Tasil und Maru nach Ulbai geflohen. Die Stadt wird inzwischen von Numur belagert und Tasil verdient sich mit Schmuggel wenn schon keine goldene, dann zumindest eine silberne Nase. Doch die Obrigkeit ist bereits auf ihn aufmerksam geworden. Zu Tasils Überraschung wird er jedoch nicht in den Kerker gesteckt, sondern mit einer besonderen Mission betraut: Er soll als Unterhändler mit Numur einen Friedensvertrag aushandeln. Das ist eine Aufgabe ganz nach Tasils Geschmack.

Maru dagegen hat ganz andere Sorgen. Sie weiß inzwischen, was der Daimon Utukku vorhat, und ist fest entschlossen, seinen Plan zu vereiteln. Außerdem will sie endlich wissen, wer ihre Eltern waren. Tasils Intrigenspiel kann sie sich letztlich aber doch nicht ganz entziehen.

_Die Charaktere, die_ hauptsächlich im Zusammenhang mit politischen Intrigen und Tasils Vabanquespielen auftauchen, sind diesmal etwas blass ausgefallen:

Numur ist inzwischen tatsächlich völlig wahnsinnig geworden. Das ist schade, denn damit fällt er als eigenständiger Charakter komplett aus, zumal die Entwicklung seines Wahnes zu schwach ausgearbeitet ist. Numur ist eben doch nur eine Nebenfigur.

Und auch sein Priester Mahas nimmt keine so zentrale Stellung mehr ein wie im ersten Band, so dass auch dieser Intrigant fast völlig weg fällt.
Gleichzeitig baut der Autor auch die neuen Charaktere der Gegenseite nur so weit aus, wie es für die Entwicklung des Plotts erforderlich ist. Das führt zwar zu einem äußerst effizienten Usurpator, gleichzeitig bleiben die Personen aber zu flach, um sich vom Klischee des ehrgeizigen Thronräubers oder des schmeichlerischen Höflings abzuheben.

Ganz anders dagegen Marus Freund Temu: Der Gelehrte und Schreiber sitzt völlig allein in einem großen Gebäude, das man vielleicht als Registratur oder Aktenarchiv bezeichnen könnte. Ein liebenswerter, hilfsbereiter, aber sehr ablenkbarer und weitschweifiger Mann, der angesichts einer alten Steuerliste in helles Entzücken geraten kann und gleichzeitig nicht den geringsten Sinn dafür hat, warum jemand sich für ein Mittel zur Dämonenbekämpfung interessieren sollte.

So zeigt sich schon in der Charakterzeichnung, dass Tasil bei Weitem nicht mehr so stark im Mittelpunkt steht, wie das noch im ersten Band des Zyklus‘ der Fall war. Statt dessen richtet sich das Augenmerk mehr auf Maru, die immer mehr Eigeninitiative entwickelt und sich immer mehr von Tasil abnabelt.

Das hat auch der Handlung gut getan, die dadurch nicht zu einem reinen Abklatsch des ersten Bandes geraten ist. Vielmehr hat Torsten Fink hier Marus eigene Bemühungen geschickt mit ihrer Rolle in Tasils Vorhaben verbunden und dadurch beide Handlungsteile zu einer Einheit ohne Ecken und Kanten zusammen gefügt. Gewürzt wurde das Ganze durch das überraschende Zuschlagen des Usurpators, der sich bei Weitem nicht so leicht von Tasil beeinflussen und lenken lässt, wie das bei Numur und seinem Bruder noch der Fall war. Dadurch nimmt nicht nur die Entwicklung von Tasils Plänen Fahrt auf. Die Unruhe, die sich in Folge des Anschlags in der Stadt ausbreitet, bringt auch Maru in immer größere Gefahr. Der Showdown hält dann auch noch eine Überraschung bereit.

Das Mehr hinsichtlich der Handlung ging auf Kosten des örtlichen Hintergrundes. Ulbai ist eben eine Stadt wie andere auch, nichts, was man detailliert beschreiben müsste. Immerhin aber hat der Autor durchaus ein paar Worte für die Stimmung innerhalb der Stadtmauern übrig: Den Hunger, das Sumpffieber, vor allem aber die Gerüchteküche im Zusammenhang mit dem Umsturz, die Unsicherheit, Nervosität und Angst der Menschen, die Entstehung eines Mobs, all das ist trotz der relativ knappen und prosaischen Erzählweise gut heraus gearbeitet.

_Insgesamt_ eine runde Sache, was dazu führt, dass ich nach der Lektüre der letzten Seite doch etwas verwirrt die Stirn runzelte. Denn so gekonnt der Erzähler die Zusammenhänge um Tasil und Utukku letztlich auflöst, so kalt lässt er den Leser in der Frage nach Marus Herkunft in der Luft hängen. Und dann brechen Maru und Temu am Ende auch noch zu einer Reise auf, um Marus Vater zu suchen.
Dieser Schluss schreit derart laut nach einer Fortsetzung, dass ich mich erst einmal auf die Suche nach einem vierten Band gemacht habe – ohne Ergebnis. Falls Torsten Fink die Absicht hat, diesen Faden noch weiter zu spinnen, steht zumindest noch kein Erscheinungstermin für dieses neue Buch fest. Dem Leser bleibt also wohl nichts anderes übrig, als sich mit diesem etwas unbefriedigenden Ende erst einmal abzufinden und zu hoffen, dass irgendwann vielleicht doch noch etwas nachkommt.

_Torsten Fink_ war Journalist und Texter unter Anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. Er lebt und arbeitet in Mainz.

|Taschenbuch: 400 Seiten
ISBN-13: 978-3442266333|

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