Hoffmann, Bernd – Katharer Schriften, Die

_Der Autor:_

Bernd Hoffmann, geboren 1962 in Horn, untermauert seine Theorie der geheimnisvollen Katharer Schriften und des heiligen Grals mit vielen historisch verbürgten Gegebenheiten, etwa der politischen Situation in Italien und Deutschland, dem Jesuiten-Orden und schließlich der Reise der Italia, die am 25. Mai 1928 vor Grönland abstürzte und von der weder Gepäck noch Überlebende geborgen werden konnten. Der Autor erzählt eine ungewöhnliche Geschichte, in der sich Abenteuer und historischer Mystizismus mischen. Er lässt seinen Ermittler tief in die Welt der Geheimbünde eintauchen und zeigt faszinierende Aspekte der frühen Christenheit auf. Ein spannender Roman, der seine Leser in die Vergangenheit entführt und die Zeit vergessen lässt.

Von Bernd Hoffmann erschien 2003 „Das Gemälde“, ein historischer Krimi um ein verschollenes Kandinsky-Bild.

_Das Buch:_

Im Berlin des Jahres 1928 arbeitet der Archäologe Dr. Julius Weymann an der Übersetzung und Restauration einiger mysteriöser und anscheinend sehr wichtiger Schriftrollen. Kurz darauf begeht er Selbstmord.

Adalbert von Grolitz, ein junger Geschäftsmann und ein Bekannter Weymanns, misstraut der Zeitungsmeldung über dessen Tod und vermutet Mord hinter Weymanns plötzlichem Ableben. Bei seinen Recherchen stößt er auf eine Verbindung zur Prieuré de Sion, eines tausend Jahre alten Geheimbundes, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Dokumente des von der katholischen Kirche vernichteten Katharer-Ordens zu schützen und zu bewahren. Diese Schriftrollen sind seit Weymanns Tod verschwunden und es wird bald deutlich, dass sie in den falschen Händen einen großen politischen und gesellschaftlichen Schaden anrichten können.
Adalbert von Grolitz wird auf Wunsch seines Berliner Verbindungsmannes Kessler in die Schweiz geschickt, wo man die geheimen Dokumente vermutet.

Sein Weg führt ihn nach Grindelwald in die Gegen des Eiger-Bergmassivs. Dort trifft er auf seinen neuen Verbindungsmann Max Strickler, der ihm nach und nach mehr über den Inhalt der mysteriösen Schriften erzählt. Gemeinsam kommen sie der Spur einer geheimnisvollen Seilschaft unter der Führung eines Ordensbruders auf die Spur und entdecken so den Aufenthaltsort der gestohlenen Dokumente.

Dieser verbirgt sich mitten in einem Höhlensystem und ist von einer mit Sprengzündern ausgestatteten Wand geschützt. Von Grolitz und Strickler bleibt nichts anderes übrig, als weitere Leute für ihre Mission zu gewinnen, die aber gleichzeitig nicht zu viel von der wahren Begebenheit wissen dürfen. Mit einem kleinen Team erfahrener Alpinisten planen sie den Abtransport der Schriften, was jedoch nicht unbeobachtet gelingt, denn die Ordensbrüder sind ihnen immer einen Schritt voraus und schrecken mittlerweile auch vor keiner Methode mehr zurück …

_Meine Meinung:_

Es ist schon fast unheimlich, mit welchem Erzähltempo Bernd Hoffmann in diesem Roman loslegt, und wie viele verschiedene Aspekte er schon auf den ersten fünfzig Seiten berücksichtigt. Der Autor schildert so zum einen die Brisanz der nationalen Zeitgeschichte und das Aufkeimen der Nationalsozialisten, die es unter anderem auch auf den linksgerichteten Großunternehmer von Grolitz abgesehen haben, andererseits aber natürlich auch die unheimlichen Enthüllungen, die sich hinter den Katharer Schriften verbergen, wobei er die Geschichte schon noch eine ganze Weile lang unter einem Schleier des Geheimnisvollen verhüllt und erst nach und nach Details freigibt.

Hoffmann hat sich wirklich sehr intensiv mit der Theorie der Katharer auseinandergesetzt und deren Vermutung, dass Jesus die Kreuzigung überlebt hat und nach Frankreich fliehen konnte, um dort ein abgeschiedenes aber friedliches Leben mit Familie zu führen, bis ins letzte Detail in den Roman einfließen lassen. Selbst der größte Zweifler wird hier nach und nach erkennen, dass diese Theorie zwar einerseits ziemlich weit hergeholt scheint, andererseits aber so logisch und schlüssig dargestellt wird, dass man auch gut glauben könnte, dass es tatsächlich so gewesen ist und die vielen Mysterien um den Tod Jesu an den Haaren herbeigezogen wurde. Und was dabei herumkommt, ist wirklich sehr interessant und spannt den Bogen um die Entstehung der Kirche über die Tempelritter und den heiligen Gral bis hin zur politisch sehr brisanten Situation des dritten Jahrzehnts in Italien und Deutschland, alles vergepackt in eine unglaublich spannende Abenteuergeschichte, deren Reiz vor allem auf dem historischen Mystizismus beruht.

Ich muss zugeben, dass ich lange überlegt habe, aus welcher Richtung ich diese Rezension angehen sollte, und bin dabei in Versuchung gekommen, das tatsächliche Mysterium dieses Romans genauer zu beschreiben und Kernpunkte der Story nachzuerzählen. Doch genau damit würde man dem Buch einen erheblichen Teil der Spannung nehmen und schon zu weit vorgreifen. „Die Katharer Schriften“ ist jedoch ein Werk, das man erleben muss, in dessen faszinierende Theorien man eintauchen muss, denn nur so wird man auch erkennen können, welche Auswirkungen die Geschichte für den Verlauf der Weltgeschichte gehabt hätte, hätte sie tatsächlich den hier als wahrhaftig dargestellten Verlauf genommen. Das mag dem rational denkenden Menschen möglicherweise schwerer fallen als dem träumerischen Charakter, aber darin liegt ja zu einem gewissen Teil auch das Verlockende hinter den Katharer Schriften. Man muss sich auf einen Prozess einlassen, der einem mit wachsender Dauer immer suspekter, vielleicht als gläubigem Christen auch unangenehmer erscheinen mag, weil man ja schließlich keine Zweifel an seinem Glauben duldet.

Und all das ist ja letztlich auch nur ein Nebeneffekt dieser mitreißend geschriebenen und in Hinsicht auf das stetig hohe Spannungslevel intelligent strukturierten Abenteuergeschichte. „Die Katharer Schriften“ zählt jedenfalls, das steht für mich bereits jetzt fest, zu den besten Büchern, die ich je gelesen habe, nicht zuletzt, weil es einfach Spekulationen und Gedankengänge in mir geweckt hat, die zwar vom Verstand abgelehnt werden mögen, aber trotzdem nicht abgelegt werden können – auch jetzt nicht, wo das Buch längst beiseite gelegt wurde. Daher möchte ich diesen Bericht mit einem lautstarken Applaus für Bernd Hoffmann beschließen, der es geschafft hat, mich stunden- und tagelang in eine ganz andere Welt abtauchen zu lassen. „Die Katharer Schriften“ ist definiv ein Buch, das man so schnell nicht mehr vergessen wird.