Gablé, Rebecca – Hiobs Brüder

_Inhalt_

England, 1147: Der junge Simon de Clare ist verzweifelt. Er hat die Fallsucht, und zwar in einer so beängstigenden Form, dass seine Mitmenschen ihn für besessen halten. Da auch ein Exorzismus keine Ergebnisse zeitigt, sperrt man ihn ein. Aber nicht in einem normalen Gefängnis, sondern in einer alten Inselfestung – zusammen mit anderen Menschen, die von der Norm abweichen und/oder gefährlich sind. Hier trifft Simon auf Losian, der sein Gedächtnis verloren hat, auf King Edmund, der sich für einen verstorbenen Märtyrerkönig hält, auf den an einem Down-Syndrom leidenden Oswald, auf die siamesischen Zwillinge Godric und Wulfric und andere.

Der junge Adlige ist der Verzweiflung nahe: Seine Mitgefangenen sind ihm unheimlich, der Hunger macht ihm zu schaffen, und er hadert mit sich und der Welt. Nicht lange nach seiner Ankunft aber verwüstet ein Sturm die Insel und reißt einen Teil der Festung ein. Für die Männer steht der gefährliche Weg in die Freiheit offen.

Unwillkürlich übernimmt der Mann mit Amnesie die Führung – Losians Gedächtnis mag versagen, aber seine Muskeln und Reflexe erinnern sich an sein früheres Leben. Er hält die Männer zusammen, und so trotzen sie den Gefahren ihres Wegs durch das vom Krieg um den Thron zerrissene Land.

Widerwillig lässt Losian sich von Simon in die Geschichte der Kaiserin Maud von Deutschland und König Stephen einweihen, die seit zwölf Jahren um die Krone Englands kämpfen. Während Maud die von ihrem Vater eingesetzte Königin ist, halten die meisten Barone zu Stephen. Die Leidtragenden in diesem Konflikt sind die Landbewohner Englands, die überall dort, wo die Kämpfe toben, den Soldaten nichts entgegen zu setzen haben.

Was aber, so denkt Losian, geht mich dieser Kampf an? Er ahnt nicht, was auf ihn zukommen wird, wenn er sein Gedächtnis wiederfindet …

_Kritik_

„Hiobs Brüder“ führt die seltsamen Gefährten durch eins der blutigen Kapitel der englischen Geschichte. Illustre Gestalten kreuzen ihren Weg – nicht nur die beiden mit Herrschaftsanspruch, sondern auch Geoffrey Plantagenet, Thomas Becket und die wunderschöne, eigenwillige Aliénor von Aquitanien.

Wie die symbiotischen, ungleichen Freunde am Rande der Ereignisse auf die Geschichte Englands Einfluss nehmen, erzählt Rebecca Gablé in epischer Breite.

Die Lebenswege der Protagonisten sind durch ihre gemeinsame Gefangenschaft miteinander verwoben, und durch die Notwendigkeit, sich arrangieren zu müssen, wachsen sie mit- und aneinander. Diese Entwicklung wird unmittelbar erzählt, so dass man den fiktiven Personen persönliches Interesse entgegenzubringen beginnt. Jedenfalls, wenn man die gesammelten Klischees der ersten hundert Seiten hinter sich gebracht hat: Die ganzen bösen Mönche. Und dann all den Aberglauben. Auch ein paar Ungenauigkeiten haben sich eingeschlichen: So fürchten sich die Gefährten beispielsweise vor Raubrittern, was wahrscheinlich ziemlich genau die Bedrohung beschreibt, die die Autorin verdeutlichen wollte, allerdings kam das Raubrittertum erst im Spätmittelalter auf.

Doch letztlich sind diese Kleinigkeiten egal. „Hiobs Brüder“ ist schließlich Unterhaltung, und zwar ziemlich gute und spannende Unterhaltung.

_Fazit_

Es gibt massenweise historische Romane, die es mit den geschichtlichen Tatsachen weniger genau nehmen als das neue Werk Rebecca Gablés, und wenn man sich erst einmal in diese Geschichte hineingelesen hat, möchte man dringend wissen, wie sie ausgeht. Und damit ist nicht der geschichtliche Rahmen gemeint (der ist den Liebhabern historischer Romane spätestens seit Tanja Kinkels großartigem Buch „Die Löwin von Aquitanien“ bekannt), sondern die individuellen Geschichten der erdachten Protagonisten, denen man nach der langen Lesebekanntschaft nur das Beste wünscht.

Alles in allem ist die Lektüre von „Hiobs Brüder“ durchaus empfehlenswert. Bringen Sie Zeit mit, die 900 Seiten lesen sich nicht an einem Abend.

|ISBN: 978-3-431-03791-3
Hardcover/Gebunden
907 Seiten
Preis: 24,99 EUR ISBN (D), 25,70 EUR (A), 42,90 SFR (UVP)
Ersterscheinungsdatum: 09.10.2009|
http://www.luebbe.de
http://www.gable.de

_Rebecca Gablé auf |Buchwurm.info|:_

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