Hammesfahr, Petra – Frauenjäger, Der

_Inhalt_

Marlene könnte eigentlich rundum glücklich sein: Ihr Mann verdient sehr gut, sie hat zwei reizende, wohlgeratene Kinder, und sie braucht sich um nichts Gedanken zu machen. Tatsächlich hat sie es aus dem Freundinnenkreis am Besten getroffen; Ulla muss ihre komplizierte Familie allein durchbringen, nachdem ihr Mann Insolvenz anmelden musste und von seinem kargen Lohn ewig würde Schulden abbezahlen müssen. Karola hatte sich notgedrungen bei einem örtlichen Radiosender beworben, als ihr Mann Andreas plötzlich nicht mehr nach Hause gekommen war, weil ihn das Abenteuer gerufen hatte. Und Annette stellte irgendwann fest, dass ihr Gatte kein Witzbold, sondern ein Zyniker ohne jedes Feingespür war.

Nein, da war Marlene mit ihrem Andreas noch am besten dran. Woher nur, woher kam das immer wieder auftretende Gefühl, nutzlos und überflüssig zu sein, so stark, dass es ihr den Schlaf raubte und sie in dunklen Stunden zu der Frage trieb, wer sie überhaupt vermissen würde?

In dieser Situation besucht Marlene eine Lesung in der Buchhandlung Annettes. Hier stellt eine junge Frau ein Buch vor, das von ihrer Schwester handelt: Mona war verheiratet, schien glücklich, war aber innerlich leer und neigte zu Depressionen. Diese Leere, den verzweifelten Hunger nach Emotion, füllte sie auf mit einer gefährlichen Affäre, wie sich nach ihrem Verschwinden durch ihre Tagebücher herausstellte. Monas Schwester ist sich sicher, hat sogar Beweise dafür, dass ihre Mona einem Wahnsinnigen in die Hände gefallen ist, einem sadistischen Serienkiller, und sie hat das Buch geschrieben, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Polizei nichts tut.

Marlene trifft die Lesung bis ins Mark. Wie weit ist sie selbst denn von dieser unglücklichen Frau entfernt? Durch Zufall, Neugierde und einen kleinen Schuss Fatalismus rutscht sie selbst irgendwie in den Fall der verschwundenen Frau hinein – und dann folgt das im allerwahrsten Wortsinn böse Erwachen …

_Kritik_

Wie viele Marlenes gibt es wohl auf der Welt? Mehr, als man annehmen sollte, vermutlich. Die Schilderung der perfekten Fassade und der dahinter drohenden Leere und Sinnlosigkeit sind meisterhaft gelungen.

Die anderen Ehen werden ebenfalls mit einigen Strichen skizziert, nicht zu ausufernd, aber jedes Wort treffend gesetzt. Petra Hammesfahr versteht es, Situationen zu schildern und Typen zu erschaffen. Gerade dieser schon fast das ganze Leben bestehende Freundinnenkreis mit den kleinen Geheimnissen, den Bündnissen, den Streitereien, der Sorge umeinander ist großartig geschildert: Jede hat ihre Eigenheiten, die eine mehr, die andere weniger; sie sind Puzzleteile, die sich zu einem einzigartigen Gesamtbild fügen.

Der andere Teil des Buches, der Serienkillerteil, ist ebenfalls gut gemacht. Die Motive des Mannes werden dargelegt, seine Art des Jagens, seine Vorbereitungen, sein perfider Sadismus.

Ineinander verschlungen werden die einzelnen Teile der Geschichten präsentiert: Die Vergangenheit, die zu diesem bestimmten Punkt führte, die grauenvolle Gegenwart, die Geschichten der Frauen, die Geschichten des Mörders. Es ist ein fein gewobenes Netz aus Andeutung, Kitzel, Spannungserhalt. Die Autorin ist auf diesem Gebiet eine der ganz Großen.

Auch stilistisch passt alles: Hammesfahr schreibt sauber und temporeich, wie es sich für einen Thriller gehört. Ihre Ausdrucksweise ist rund und klar, ohne, dass sie zu gewählt würde, was für dieses Genre unpassend wäre, da es bremsend wirkt, wenn man innehält, um großartige Konstruktionen zu betrachten.

_Fazit_

„Der Frauenjäger“ ist trotz des reißerischen Titels ein sehr gutes Buch. Die Autorin gehört zu einem illustren Kreise deutscher Schriftstellerinnen, die es zuverlässig schaffen, Thriller auf hohem Niveau zu erdenken. Ihre Charaktere sind von hoher Glaubwürdigkeit, die Banalität des Bösen spielt eine große Rolle, und was Spannungsbögen angeht, macht ihr niemand so schnell etwas vor.

Petra Hammesfahr zu lesen lohnt sich immer, und „Der Frauenjäger“ ist für diese These ein weiterer Beweis.

|Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
ISBN-13: 9783805250146|
[Verlagshomepage]http://www.rowohlt.de/sixcms/list.php?page=ro__fl__verlagsseiten&sv[title]=Wunderlich
[Petra Hammesfahr bei wikipedia]http://de.wikipedia.org/wiki/Petra__Hammesfahr

_Petra Hammesfahr bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Mutter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1419
[„Die Lüge“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2278
[„Am Anfang sind sie noch Kinder“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2593
[„Der Schatten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3103

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