Huiskes, Alexander A. / Franke, Jürgen E. – Perry Rhodan – Das Rollenspiel (Grundregelwerk)

|Die größte Science-Fiction-Serie der Welt erlebt in den letzten Jahren es großes Comeback. Neue Romane, überarbeitete Auflagen, Sonderbände, Kalender, Hörspiele und Poster lassen die Herzen der Perry-Fans höher schlagen. Doch nicht nur Fans der ersten Stunde, auch zahlreiche neue Fans konnte die Serie in den letzten Jahren verbuchen. Und mit dem neuen „Perry Rhodan“-Rollenspiel der edition DORIFER scheint nun ein neuer Stern am Science-Fiction-Rollenspielhimmel aufzugehen. |

_von Dominik Cenia_
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_Was (oder wer) ist Perry Rhodan?_

Um 1961 erschienen in Deutschland die ersten „Perry Rhodan“-Romane in Form von Groschenromanen bei dem Verlag |Pabel-Moewig|. Die damaligen Autoren K. H. Scheer und W. Ernsting hatten die Serie eigentlich nur auf 50 Hefte ausgelegt. Doch nachdem bereits die ersten Ausgaben innerhalb kürzester Zeit nachgedruckt werden mussten, entwickelte die Serie ein quasi nie endendes Eigenleben, das bis heute anhält. Die Abenteuer des unsterblichen Raumfahrers Perry Rhodan und seiner Crew, die Begegnungen mit zahllosen Außerirdischen und Superintelligenzen bilden mittlerweile eine Jahrtausende überspannende Geschichte, die aktuell bis in das Jahr 4919 n. Chr. (1332 NGZ) reicht. Wer jetzt fürchtet, das Spielsystem sei nur etwas für gestandene „Perry Rhodan“-Experten, der wird erfreut sein zu hören, dass eine vortreffliche Zusammenfassung der galaktischen Ereignisse dem Regelteil des Rollenspiels vorausgeht.

Science-Fiction wird im Perryversum groß geschrieben. Verschiedene Galaxien, der Hyperraum, Raum-Zeit-Fallen, Psi-Technologie und Kosmokraten sind nur ein paar Elemente in Perrys Milchstraße. Selbst „Star Trek“ dürfte sich bei dieser Technologie ganz hinten anstellen …

_Midgard goes Perry Rhodan_

Das neue „Perry Rhodan“-Rollenspiel basiert auf den bewährten Regel von „Midgard“, wobei das System einer kleinen Frischzellenkur unterzogen wurde. Die Spieler übernehmen die Rollen von Raumfahrern, Agenten, Medikern, Söldnern oder Technikern verschiedener Völker und Spezies. Neben den Menschen (z. B. Aras, Akonen, Terraner) kann man auch zwischen den echsenhaften Topsidern, den merkwürdigen Jülziish oder den katzenhaften Kartanin wählen. Insgesamt neun verschieden Völker und vierzehn Archetypen stehen bei der Charaktererschaffung zur Auswahl. Wem das nicht reicht, der hat noch die Auswahl zwischen Berufen wie z. B. Planetograph, Astronom, Physiker, Scout, Kopfgeldjäger und noch einer ganzen Menge weiterer Tätigkeiten.

Die Charaktererschaffung und ­entwicklung ist sehr ausführlich geraten. Die Abenteurer im „Perry Rhodan“-Rollenspiel sind zwar keine unsterblichen Überhelden, die Dimensionen verschieben können, stechen aber trotzdem weit aus dem Durchschnitt hervor. Die Charaktere bestehen zum einen aus Eigenschaften (z. B. „Geschicklichkeit“) und Fertigkeiten (z. B. „Astrogation“ oder „Computernutzung“). Neben volksbedingten Fähigkeiten hat jeder Charakter zum anderen noch Vorzüge und Mängel, also Vor- und Nachteile. Vor allem bei den über hundert Fertigkeiten hat man bei der Auswahl nicht gespart, sodass eigentlich für jeden etwas dabei sein müsste.

Psi-Kräfte ersetzen die klassische Magie und Zauberei und lassen sich in verschiedenen Psifeldern lernen (z. B. Antipsi, Parakinese, Psychokognition usw.). Das Regelsystem von „Midgard“ lässt eine unglaubliche Vielzahl an Möglichkeiten bei der Charaktererschaffung zu, sodass es einer Gruppe anfangs vielleicht etwas schwerfällt, ein möglichst ausgeglichenes Team auf die Beine zu stellen. Außerdem ist die Charaktererschaffung zum Teil etwas formellastig geworden. Gerade beim Ausrechnen der persönlichen Ausstrahlung, der Selbstbeherrschung oder der abgeleiteten Eigenschaften sind richtige kleine Rechenoperationen mit Taschenrechner nötig. Muss das wirklich sein?

Der zweite Teil des Buchs erklärt alle Regeln, die für das Spiel notwendig sind. Neben einer Beschreibung der Fertigkeiten und Psi-Kräfte gibt es Regeln für den Kampf, Erfahrung und Lernen, Raumkämpfe, Verwundungen und Ausrüstung.

Kämpfe im Perryversum haben starke Bezüge zu Tabletop-Spielen. Zinnminiaturen und Spielpläne mit quadratischen Feldern werden empfohlen und mit entsprechenden Beispielen im Kapitel „Kampf“ dargestellt. Es gibt Tabellen für kritische Treffer und ein paar Zahlendiagramme für den Einsatz von Schusswaffen.

Bei den meisten Feuergefechten kommen Energie- und Schutzschilde zum Einsatz, die ein Charakter direkt am Körper tragen kann. Diese sind auch bitter nötig, denn der Einsatz von Blastern und Hitzestrahlern kann verdammt tödlich sein. Ähnlich läuft der Kampf mit Raumschiffen ab. Leder vermisse ich die Möglichkeit, spezielle Manöver zu fliegen oder andere Schiffe zu entern. Die für ein Science-Fiction-Rollenspiel üblich umfangreichen Regeln für Raumschiffe und Schiffskonstruktionen fehlen bei „Perry Rhodan“ leider völlig. Nur zwei Raumschiffstypen werden genauer beschrieben.

Ein weiteres großes Kapitel beschäftigt sich mit Ausrüstung und Bewaffnung. Neben verschiedenen Robotern kennt das Perryversum Körperimplantate, Klonrepliken, Transmitter und verschiedene Feldtechniken. Bei den Waffen kommen neben archaischen Nahkampfwaffen auch Strahlen- und Plasmawaffen sowie Nadler, Kombi- und Sprengwaffen zum Einsatz. Obwohl das Kapitel recht ausführlich geworden ist, sind die Tabellen für allgemeine Ausrüstung, Kleidung, etc. etwas knapp ausgefallen.

Alles in allem macht das Rollenspiel jedoch einen guten Eindruck. Ein beiliegendes Poster mit dem spielbaren Völkern und ein paar wirklich hübsche Farbtafeln lockern das ansonsten ziemlich textlastige Buch ein wenig auf. Die Bindung des Hardcovers ist von der Qualität her sehr gut geworden. Die Karte der Milchstraße auf dem Vorsatz ist etwas detailarm.

Das Rollenspiel ist meiner Ansicht nach weniger für Anfänger gedacht. Ein reines Kapitel für den Spielleiter fehlt ganz. Und das im Anhang befindliche Bestarium bietet nur eine geringe Auswahl an möglichen Gegnern. Auch fehlt ein Einstiegsabenteuer. In meinen Augen ein echtes Problem, denn irgendwie will die Charaktererschaffung mit der Geschichte von „Perry Rhodan“ nicht so ganz zusammenpassen. Die meisten Perry-Geschichten sind von epischer Größenordnung. Kämpfe mit Superintelligenzen und feindlichen Imperien sind für frisch geschlüpfte Spieler dann doch ein paar Nummern zu groß. Leider bietet das Buch auf der anderen Seite aber zu wenig Ideen, welche Art Abenteuer man mit unerfahrenen Helden stattdessen spielen könnte.

_Fazit:_ Endlich mal wieder ein deutschsprachiges Science-Fiction-Rollenspiel abseits von D20! Wer den Klassiker „Traveller“ kennt und mag, wird hier einen würdigen Nachfolger finden. Die ausführliche Charaktererschaffung, die zahlreichen Fertigkeiten und das taktische Kampfsystem zeichnen das „Perry Rhodan“-Rollenspiel aus. Etwas enttäuschend sind allerdings die zu knapp ausgefallenen Regeln für Raumschiffe und Raumkämpfe sowie die fehlende Zugänglichkeit für Einsteiger. Außerdem fällt es mir persönlich etwas schwer, die passenden Abenteuerideen für eine relativ normale Gruppe im Perryversum zu entwickeln.

Trotzdem empfehlenswert! Vor allem, weil der Preis von 34,80 Euro für fast 350 Seiten im Hardcover keinesfalls zu hoch ist.

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