Katzenbach, John – Fotograf, Der

John Katzenbach hat sich mit Thrillern wie „Die Anstalt“, „Das Opfer“ oder „Der Patient“ in letzter Zeit zum Bestsellerautor gemausert. Dabei schreibt er nicht erst seit gestern. Deshalb veröffentlicht Knaur jetzt einen Roman wieder, der unter dem Titel „Das Auge“ bereits vor zwanzig Jahren veröffentlicht wurde. Das Buch wurde völlig neu bearbeitet und heißt jetzt „Der Fotograf“.

Der Fotograf ist in diesem Fall Douglas Jeffens, der nach einer unschönen Kindheit zum Mörder wurde. Eins seiner Opfer ist Susan, die Nichte von Detective Mercedes Barren. Obwohl man jemanden fand, der zur gleichen Zeit weitere Mädchen in Miami umgebracht hat, glaubt Mercedes nicht daran, dass dieser Täter auch Susan auf dem Gewissen hat. Es muss noch einen Mörder geben. Sie macht sich auf die Suche und stößt dabei auf Martin Jeffers, Douglas‘ Bruder, der nichts von Douglas‘ Geheimnis weiß beziehungsweise wissen will. Er hat es zwar schon immer geahnt, doch nie wahrhaben wollen.

Gemeinsam mit Mercedes macht er sich auf die Suche nach Douglas, der auf „Erinnerungsreise“ gegangen ist. Er hat kein gutes Gefühl dabei und ist sich auch nicht sicher, ob er Mercedes wirklich vertrauen kann. Gleichzeitig fährt Douglas durch ganz Amerika, auf dem Beifahrersitz die junge Literaturstudentin Anne, die den Auftrag hat, das mitzuschreiben, was Douglas zu erzählen hat – und was er tut. Douglas ist schließlich immer noch ein gefährlicher Serienmörder und Anne ist sich dessen ständig bewusst …

Auch wenn man den Namen Katzenbach stets in allen möglichen Bestsellerlisten findet, bedeutet das noch nicht, dass auch alles von ihm gut sein muss. „Der Fotograf“ hat sicherlich seine Vorzüge, aber auch einige bedeutsame Schwächen. Dazu zählt vor allem die Handlung. Das Buch hat weit über 600 Seiten, doch es kommt nur selten Spannung auf. Mercedes‘ Jagd auf Douglas ist recht spannungsarm, da dem Leser – im Gegensatz zum Detective – von Anfang an bekannt ist, wer Susan ermordet hat. Dadurch ist die einzige Frage, die man sich während der Lektüre stellt, wann sie Douglas denn endlich hat. Katzenbach konzentriert sich dabei nicht auf eine einzige Hauptperson, sondern auf mehrere. Dadurch wird der Leser mehr oder weniger allwissend, was auch nicht unbedingt einen positiven Effekt auf die Spannung hat. Zudem wird das Buch stellenweise sehr lang, da zu wenig passiert. Viele Dinge sind außerdem vorhersehbar oder werden nicht besonders spannend dargestellt.

Was auf der Habenseite steht, ist der Schreibstil. Katzenbach schreibt sehr akkurat und versucht, wirklich alles wiederzugeben. Dass er sich dabei nicht in Unwichtiges verstrickt, ist ihm hoch anzurechnen. Sein Wortschatz ist groß, sein Stil eher nüchtern. Er stellt Gefühle zwar dar, aber trotzdem bleibt stets eine gewisse Distanz zwischen Personen und Leser.

Die Personen sind gute Handarbeit, kommen durch diese Distanz aber nicht immer völlig zur Geltung. An einigen Stellen wirkt das Buch wie mit Handbremse geschrieben. Dabei gefallen die Charaktere eigentlich durch ihre ansprechende Ausgestaltung. Jede bzw. jeder hat eine Vergangenheit und ist sehr menschlich. Es gibt Ecken und Kanten und Katzenbach hält sich von Klischees fern. Mercedes erinnert beispielsweise anfangs an die taffe, etwas burschikose Polizistin, doch sehr bald muss man als Leser überrascht feststellen, dass sie durchaus auch sehr weiblich sein kann. Anders als manche Autorin schlachtet Katzenbach diese Tatsache aber nicht aus. Es ist sehr erfrischend, dass es keine obligatorische Romanze in „Der Fotograf“ gibt.

Der einzige Charakter, der etwas klischeehaft wirkt, ist ausgerechnet Douglas Jeffers, der Mörder. Seine Geschichte – schlechte Kindheit et cetera – ist wirklich schon oft dagewesen. Katzenbach hat dazu den Gegenpol in Form von Martin Jeffers geschaffen, der trotz ähnlicher Erlebnisse eben nicht kriminell geworden ist. Das ist geschickt gemacht, aber der Autor scheint das Potenzial dieses Gegensatzes nicht völlig auszuschöpfen. Zu wenig kommt der Konflikt zwischen den Brüdern zum Tragen.

„Der Fotograf“ ist ein Thriller, der nicht unbedingt spannend ist, aber immerhin gut geschrieben. Er hat viele Längen und kann selten mitreißen, Katzenbach schafft es aber, die Erlebnisse der einzelnen Charaktere in gute, dichte Worte zu fassen und anschaulich darzustellen.

http://www.john-katzenbach.de/
http://www.knaur.de

_John Katzenbach auf |Buchwurm.info|:_
[„Das Opfer“ 3414
[„Der Patient“ 2994
[„Die Anstalt“ 2688

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