Merlau, Günter – Weißes Gold (Die Schwarze Sonne 3)

Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317
Folge 2: [„Böses Erwachen“ 4022

_Story_

Nathaniel des Salis und Adam Salton stehen immer noch unter Schock, bedingt durch die grausamen Ereignisse, die sie durch das Wirken der brutalen Arabella March erfahren haben. Gemeinsam gelingt den beiden die Flucht nach Bombay, wo sie sich erst einmal bei einer alten Bekannten Nathaniels in Schutz wähnen. Doch das Verhältnis der beiden ist stark angeschlagen; Adam hat das Vertrauen in seinen Mentor verloren, weil er an seiner Seite die wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren hat. Und auch die neuen Geheimniskrämereien des Herren de Salis gefallen dem jungen Salton ganz und gar nicht.

Sein Begleiter ist jedoch vorerst nicht bereit, ihm die Augen zu öffnen und die Hintergründe seiner neuerlichen Verbindung mit Helena Blavatsky zu erläutern. Salton weiß nur von dem Weißen, einer mystischen Kraft, die alles in sich einsaugt, Seelen raubt und droht, ihn und seine Gefährten um den Verstand zu bringen. Doch er kann nicht einordnen, was sich dahinter verbirgt und reibt sich immer häufiger mit dem von Wissenschaftsgeist durchtränkten de Salis. Dennoch schließt Adam sich Nathaniel fast bedingungslos an und kann zur Stelle sein, als de Salis Opfer eines verheerenden Unglücks wird, welches Adam langsam aber sicher die Augen öffnet. Nathaniel ist scheinbar hinter einem mystischen Gegenstand von unschätzbarem Wert her – und derart von seiner Aura gefesselt, dass er leichtfertig ins Verderben rennt.

_Persönlicher Eindruck_

Schon einmal vorab: Die schwierigste Aufgabe bei dieser Kritik besteht darin, eine Inhaltsangabe zu verfassen, ohne dabei zu viel zu verraten, das Geschehene aber dennoch präzise und kompakt auf den Punkt zu bringen. Mit der dritten Episode der immer noch recht frischen Hörspielreihe sprengen Günter Merlau und seine Mitstreiter nämlich sämtliche Grenzen eines jeden Genres, begeben sich inhaltlich sogar auf teils brisantes Terrain und führen die Story auf insgesamt drei verschiedenen Zeitebenen fort, wodurch so manche vorab erdachte Klarheit in Windeseile wieder aus dem Zusammenhang gerissen wird.

Abseits der abenteuerlichen Reise von Nathaniel und Adam führt der Regisseur seine Hörerschaft nämlich zwischenzeitlich ins Deutschland der Vorkriegszeit, während der SS-Reichsführer Heinrich Himmler an der Seite seines zwielichtigen Begleiters Weisthor einige okkulte Forschungen vorantreibt und im Glauben, die Ursprünge der arischen Rasse entdeckt zu haben, die Unsterblichkeit greifbar wähnt. Aber auch die Jetztzeit wird überraschenderweise mit einem Mal in die Story aufgenommen; ein Hauptmann namens Berger wird vom Geheimdienst nach Tibet entsandt, um die einstigen Forschungen des dritten Reiches fortzuführen und entdeckt dabei einen rätselhaften, mittlerweile schon vergilbten Brief, der vor einer halben Ewigkeit an einen gewissen Nathaniel de Salis gerichtet war.

Wer nun aber glaubt, dass sich bedingt durch die hier aufkeimenden Zusammenhänge der Kreis langsam aber sicher zu schließen beginnt, unterliegt einer vollkommenen Täuschung. Denn wie schon bei den vorangegangenen beiden Episoden glaubt man am Ende der Erzählung, gerade erst am Anfang des Plots zu stehen, weil sich immer wieder neue Informationen ergeben, die Zeiten mit wachsender Dauer immer verwirrender durcheinander geworfen werden, inhaltlich beinahe im Minutentakt Unglaubliches bewegt wird und zu guter Letzt so viele neue, voneinander unabhängige Charaktere in die Handlung eingeführt werden, dass man leicht den Überblick über Geschehen und Figuren verliert. Keine Frage, nach den okkulten Zwischenspielchen in Folge 2 nimmt die Geschichte nun eine weitere Kehrtwende auf, verändert dabei auch wieder völlig den Charakter der Serie und führt den konzentrierten Zuhörer minutiös von einem inhaltlichen Scherbenhaufen zum nächsten.

Verwirrung pur also und eine Verdreifachung des Anspruchs bzw. der Anforderung an den Interessenten, der mittlerweile nicht nur bloß ein guter, aufmerksamer Zuhörer sein muss, sondern auch einige historische Vorkenntnisse benötigt, um die Rolle einzelner Personen einordnen zu können. Jules Verne und Himmler sind dabei noch die Speerspitze (wie gut dieser Begriff passt, soll in Zukunft noch erläutert werden), doch ist es auch erforderlich, dass man die Bedeutung gewichtiger Personen wie Helena Blavatsky einzuordnen versteht. Weiterhin sollte man sich auch ein wenig mit den geheimen Forschungen der SS-Zeit beschäftigt haben, um die gesamte Tragweite des Dramas zu erfassen, das Merlau hier unheimlich fokussiert vorantreibt und in einen Kosmos verwandelt, den zu erfassen es schon etwas mehr bedarf als des einmaligen Durchlaufs des Hörspiels.

Doch jenseits der Konfusionen und der umfassenden, kontinuierlich komplexer werdenden Story entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Begeisterung und vor allem eine Faszination für den Ideenreichtum des Regisseurs, wie man ihn weder im Hörspiel-Genre in den letzten Monaten, noch generell beim qualitätsbewussten |Lausch|-Label bislang erleben durfte. Der Gedanke, dass „Die Schwarze Sonne“ ein wahrhaftiges Monster ist, eine Lawine, die gerade erst ins Rollen gebracht wurde, manifestiert sich immer stärker, und je weiter man sich schließlich vertieft und von all dem mitreißen lässt, desto eindrucksvoller erscheint einem schlussendlich das Ergebnis, das in diesem Fall auf den Titel „Weißes Gold“ hört.

Doch Vorsicht ist auf jeden Fall geboten, denn Verständnisprobleme werden im Kampf mit den verzwickten und verstrickten Inhalten an der Tagesordnung sein, weil das Tempo und vor allem die Zeitsprünge den Hörer regelrecht überrollen. Aber der Lohn der Mühen ist ein großer; „Weißes Gold“ etabliert „Die Schwarze Sonne“ nämlich endgültig als die wertvollste deutschsprachige Serie auf dem Markt, bei der sowohl Inhalt, Struktur als auch die brillante Besetzung die Referenzklasse in ihrem Bereich darstellen. All diejenigen, die dem werdenden Kult bislang nicht verfallen sind, müssen spätestens jetzt zuschalten!

http://www.die-schwarze-sonne.de/
http://www.merlausch.de

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