Minninger, André (Adaption) / Stine, Megan & H William (Autoren) – Die drei ??? – House of Horrors / Haus der Angst (Top Secret Special, Fall 2) (Hörspiel)

Mit „House of Horrors – Haus der Angst“ wurde nun auch endlich der zweite Band (chronologisch ist es sogar der Erste) aus der jüngst erschienenen „Top Secret Edition“ vertont, welche insgesamt drei lange verschollene – und daher bis zu diesem Zeitpunkt unveröffentlichte – Storys enthält. Darunter auch diese Geschichte vom Autorenpaar Megan und H. William Stine aus dem Jahr 1986, die zu den hierzulande recht unbekannten Mitmach-Fällen („Find Your Fate“, kurz: FYF) gehört, welche die deutschen Leser bis dato in dieser Form nicht zu Gesicht bekamen, da sie von der damaligen Übersetzerin Leonore Puschert gleich zu „normalen“ Romanen umgebastelt wurden. Dies betraf bisher die Fälle „Das Volk der Winde“ und „Der weinende Sarg“. Das „House of Horrors“ folgt nun auch auf dem deutschen Markt – sowohl als Buch von |KOSMOS|, wie auch in der Hörspiel-Adaption der |EUROPA|-Studios – dem originalen FYF-Konzept.

_Zur Story_

Tony ist ein begeisterter Besucher des Vergnügungsparks von Rocky Beach und speziell der Geisterbahn „House of Horrors“ zugetan. Zudem ist er ein Schulfreund der drei ???, deren Ermittlerfähigkeiten er, nach seinem letzten Besuch des ihm so vertrauten Fahrgeschäftes, nur zu gerne in Anspruch nehmen würde. Zumindest ihre Meinung möchte er hören, denn das plötzliche Stehenbleiben der Wagen und ein nicht zur Show gehörender, panischer Hilfe-Schrei eines Mannes, sind doch recht mysteriöse Vorgänge, deren Untersuchung sich für die drei Detektive, die sich um solcherlei ja bekanntlich balgen, vielleicht lohnt. Das tut es auch, denn bei einer weiteren Tour, zu viert durch die Geisterbahn, kommt es wieder zu einem abrupten Halt und geschrien wird auch – diesmal ist es jedoch eine Frau. Joey, der etwas windige Betreiber der Attraktion, benimmt sich sonderbar und der Fund eines mysteriösen Arnzei-Fläschchens bringt die Juniorspürnasen erst recht in Wallung: Hier stimmt was nicht. Tonys Gefühl hat ihn nicht getrogen. Mehr noch. Er darf bei diesem sonderbaren Fall tatkräftig mitmischen.

_Eindrücke_

Ein Fall bei dem der Hörer, durch die Trackwahl das Schicksal der vier Jungs mitbestimmt, ist ein Novum in der Serie (sieht man vom Spin-off „Die Dr3i“ mal ab, wo dies bereits schon einmal erprobt wurde) und funktioniert somit prinzipiell genauso wie im Buch – nur eben per Skip-Taste und nicht mit Umblättern. Und wer nun meint, da er das entsprechende Buch schon kennt, wäre das Hörspiel langweilig, täuscht sich da ein wenig. Das Hörspiel ist zwar fast auf den Punkt mit der Vorlage identisch, kann jedoch naturgegeben auf Stimmen, Soundeffekte und Musik bauen. Das schafft schon mal eine ganz andere Atmosphäre, die speziell beim Rummelplatzambiente sehr vorteilhaft zum Tragen kommt. Nichtsdestoweniger besitzt auch die Vertonung den teils schön schwarzen Humor und die Extraeinlagen – ein glatter linearer Durchmarsch auf dem kürzesten Weg (d. h. man entscheidet sich immer „richtig“) ist nicht unbedingt die unterhaltsamste Lösung. Die eigentlich interessanten und lustigen Dinge passieren eher auf den Seitensträngen.

Doch Vorsicht! Entgegen aller bisher in Deutschland üblichen Drei-???-Traditionen, können diese Abzweige auch mit ernsten, ja geradezu gemeinen Konsequenzen enden. Manche davon sogar sehr endgültig. Meist betrifft dies Tony, aus dem – anders als im Buch, dort ist der Leser selbst der „vierte Detektiv“ – eine eigene Figur wurde. Diese kleine Änderung macht hier durchaus Sinn. Einige fruchtlose Nebenhandlungen kann man auch relativ schadlos wieder verlassen und man gelangt wieder auf den rechten Weg der Geschichte zurück, andere führen wiederum automatisch zum Ende des Abenteuers, wie die Sprecherin (bei den Sondereditionen scheint Stamm-Erzähler Thomas Fritsch nicht mitzuwirken) zuweilen nicht ohne hämischen Kommentar feststellt. Wohl dem, der seine Sinne beisammen hat und sich stets im gewohnten Geist der drei ??? entscheidet. Diese güldene Daumenregel bewahrt meist vor Schlimmerem, ist aber auch keine Garantie. Hinweise auf die nächsten möglichen Schritte geben übrigens auch die 58 Track-Titel im Booklet der Doppel-CD. Einige davon riechen förmlich nach Falle …

Die Sprecherliste ist sehr umfangreich, doch ist es nicht gesagt, dass man auch wirklich alle Charaktere kennenlernt, wenn man, nennen wir es mal nonchalant den „Pfad der Tugend“ nicht verlässt. Muss man auch nicht, um innerhalb einer guten Stunde mit der eigentlichen Story durch zu sein. Andere (Schlüssel-)Figuren sind dagegen Pflichtprogramm (z. B. Kommissar Reynolds, Morton) und können lediglich in der möglichen Interaktion differieren. Stichwort Morton: Leider befindet sich Andreas von der Meden (Synchronstimme von David Hasselhoff u. a.) irgendwie nicht ganz auf der Höhe, selten war seine Performance als sonst so würdevoller britischer Chauffeur und Freund der drei ??? derart schlecht und holprig. Als Skinny Norris geht er spätestens seit „Grusel auf Campbell Castle“ auch nicht mehr so recht durch. Umgekehrte Vorzeichen bei Santiago „Spongebob“ Ziesmer, der klingt ausgerechnet als „Bärtige Marylin“ diesmal viel weniger nach Schwammkopf als im vorgenannten Fall. Auch ansonsten gibt es von der Sprecherleistung und Produktion eigentlich nur Erfreuliches zu berichten.

_Die Produktion_

Buch und Effekte: André Minninger
Redaktion und Geräusche: Wanda Osten
Regie und Produktion: Heikedine Körting
Musik: Hagitte & Bertling (STIL), Morgenstern, George, Conrad

|Sprecher und Figuren|

Oliver Rohrbeck (Justus Jonas), Jens Wawrczeck (Peter Shaw), Andreas Fröhlich (Bob Andrews), Claudia Stocksieker (Erzählerin), Andreas von der Meden (Morton / Skinny Norris), Wolfgang Draeger (Hauptkommissar Reynolds), Stefan Kaminski (Tony), Christine Pappert (Anna Millar), Santiago Ziesmer (Die bärtige Marilyn), Tommaso Cacciapuoti (Joey), Klaus Dittmann (Bubba Detroit), Verena Wolfen (Lily), Ben Hecker (Bruce Millar) uva.

_Fazit_

Zum einmaligen Hören ganz klar zu schade, der Versuchung nachzugeben, sich auch der Sackgassen und Umwege zu widmen, ist nämlich durchaus lohnenswert. Stimmungsvoll, witzig und durchaus selbstironisch kommt das Hörspiel daher und steht der Vorlage in nichts wirklich nach, kann sogar einige atmosphärische Pluspunkte zusätzlich einheimsen. Die Grundstory an sich hat mit Arzneimittelbetrug durchaus aktuellen Bezug, wobei man nicht vergessen darf, dass es sich um eine Geschichte aus dem Jahr 1986 handelt. Damit haben die Stines damals erstens sehr viel Weitsicht bewiesen und zweitens hat sich das Problem in all den Jahren offenbar kaum abgegriffen – allenfalls nur ins Internet verlagert, wie wohl jeder an den Mails in seinem SPAM-Order deutlich ablesen kann. Wie dem auch sei: Ein außergewöhnlicher wie gelungener Fall, dessen FYF-System bislang einen Sonderstatus innehat. Hoffentlich bleibt er nicht allein …

|2 Audio-CDs mit ca. 120 Min. Gesamtspieldauer
Story von Megan und H. William Stine nach Figuren von Robert Arthur
EAN: 886977733628|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de

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