Roslund, Anders / Hellström, Börge – Bestie, Die

_Trailer:_

Ein psychopathischer Kindermörder, der aus dem Gefängnis flieht. Und wieder mordet.
Ein Vater, der den Mörder seiner Tochter aufspürt und erschießt.
Eine Stadt, die Beifall klatscht für diese Tat.
Ein Richter im Konflikt.
Ein Urteil mit schrecklichen Folgen.

_Die Autoren:_

Anders Roslund, geb. 1961, ist ein anerkannter Fernsehjournalist und preisgekrönter Dokumentarfilmer. Er leitet die „Culture News“ auf Kanal 1 des schwedischen Fernsehens.

Börge Hellström, geb. 1957, ein ehemaliger Strafgefangener, ist freier Autor und Berater in mehreren schwedischen Fernsehsendungen zum Thema Drogenabhängige und Jugendliche im Strafvollzug.

_Rezension:_

Schon lange war ich nicht mehr so ambivalent in der Bewertung eines Buches wie bei „Die Bestie“. Vorweg: Die Thematik des Buches ist wichtig, da Kindesmissbrauch und damit verbundene Tötung endlich kein Tabuthema mehr sind. Daher hätte dieser „Thriller“ auch ein bedeutsames Buch werden können. |Hätte|, denn leider ist er das in diesem Sinne doch nicht. Dabei ist er im Ansatz nicht schlecht.

Es geht um Menschen, ihre Neigungen und Abneigungen, ihre Werte und Abgründe, ihre Obsessionen – und ihr gesellschaftliches Miteinander (oder Gegeneinander?). Allen voran steht Bernt Lund, ein Psychopath, der zwei Kinder ermordet und geschändet hat und dem es gelingt, aus dem Gefängnis zu entfliehen.

Damit beginnt für Kommissar Ewert Grens und seinen Mitarbeiter Sven Sundkvist ein Wettlauf mit der Zeit, denn Lund ist eine tickende Zeitbombe und vergewaltigt und tötet wieder ein kleines Mädchen. Frederik Stefansson, Schriftsteller und Vater des ermordeten Kindes, macht sich auf die Suche nach dem Mörder seiner Tochter und erschießt ihn. Damit löst er eine Lawine aus, die das ganze Land in Unruhe versetzt und das Thema „Lynchjustiz“ und seine Folgen greifbar werden lässt, aber auch unser aller Menschlichkeit mit ihren Facetten – die durch teilweise recht derbe Verbalitäten unterstrichen wird, die aber für mich die Aussagen unterstreichen, dass wir alle unsere dunklen Seiten in uns tragen. Da sind Lennart Oscarsson, der ein Doppelleben führt und bisexuell lebt und liebt, eine Richterin im Gewissenskonflikt und vorurteilsbehaftete Menschen, die den „Fall“ als Entschuldigung für ihre eigenen Taten beklatschen und heranziehen.

Dennoch kommt der Roman streckenweise nicht so recht in Schwung. Der Handlungsbogen ist stellenweise sehr zähfließend und Spannung kommt erst zum Schluss auf, und auch dort nicht vollends. Der Thrill ist eher subtil. Auch das Gesellschaftsbild wird mit zunehmender „Handlung“ eher eindimensional und lässt den Leser unbefriedigt zurück. Schade um das Thema, das eine sorgfältigere Herangehensweise verdient hätte.

An Bücher, die eine Auszeichnung erhalten haben – so wie dieses den renommierten skandinavischen Krimipreis „Glasnyckeln“ -, legt man automatisch andere Maßstäbe als an andere. Diesen wird „Die Bestie“ nicht gerecht. Denn genau von dieser – sprich: Lund – erfährt man viel zu wenig. Es fehlt das Täterprofil; dieses wird – wie bei den anderen Charakteren – nur an der Oberfläche gestreift und geht nicht in die Tiefe. Dabei sind die Ansätze – hier der eigene Missbrauch des Täters als Kind – nicht sinnlos, sie werden nur nicht konsequent weitergeführt. Umso bedauerlicher, und da wiederhole ich mich gerne, weil das Buch ein wichtiges Thema behandeln will.

Kommen wir zu einem weiteren Punkt. Auch wenn ich minimalistische Stile liebe, so bin ich auch, was den Stil der beiden Autoren angeht, zwiegespalten. Nun bleibt bei einer Übersetzung natürlich – ohne den Vergleich mit dem Originaltext ziehen zu können – die Möglichkeit, dass es zu stilistischen Änderungen kommen kann. So ist das eventuell auch in diesem Fall. Leider ist auch das Lektorat, das aus- und angleichend hätte eingreifen müssen, alles andere als zufriedenstellend.

So bleibt als Fazit ein Krimi, der ein wichtiges Thema behandeln will, diesem aber nicht völlig gerecht wird und auch nicht unbedingt vor Spannung strotzt.

http://www.fischerverlage.de/

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