Ross, Bradford – Paroxy

_Paradox und flott_

Auf der Suche nach neuen Party-Spielideen ist der österreichische |Piatnik|-Verlag pünktlich zur diesjährigen Messe wieder mehrfach fündig geworden. Einer der neuen Titel hört auf den Namen „Paroxy“ und ist grob betrachtet eine erweiterte Fassung des berüchtigten Spielehits „Tabu“. In Gruppen aus jeweils zwei bis vier Spielern treten bis zu vier Teams gegeneinander an und versuchen, sich beim Erraten von ganz unterschiedlichen Begriffen zu übertrumpfen. Jedoch ist die bloße Nennung der gesuchten Wörter noch nicht ausreichend. Zunächst muss man die zeitliche Hürde von sechs zu ratenden Begriffen in sechzig Sekunden überbrücken, und anschließend soll es der Rategruppe auch noch gelingen, diese Begriffe in einen vorgegebenen Text einzufügen. Kein Problem? Absolut einfach? Nun, „Paroxy“ zeigt den Spielern so manches Mal die Grenzen auf …

_Spielmaterial_

• 108 Fragekarten (jeweils 18 in 6 verschiedenen Farben)
• 1 Spielplan
• 4 Spielfiguren
• 1 mechanischer Timer
• 1 Block mit kurzen Geschichten
• 1 Würfel
• 1 Spielregel

So genial die Spielidee sein mag, so mäßig ist leider das Spielmaterial konstruiert. Zunächst einmal stellt sich die Frage, warum lediglich 108 Karten enthalten sind. Somit ist der Langzeitspaß schon einmal gehörig eingeschränkt, da man nach nur wenigen Partien auf immer dieselben Begriffe stößt und das Raten zur bloßen Routine wird. Des Weiteren ist auch die Wahl der gesuchten Wörter nicht sonderlich vorteilhaft. Dass beispielsweise die meisten Städte in der Kategorie ‚Wo?‘ aus Italien stammen, mutet ebenso merkwürdig an wie der Umstand, dass bei ‚Warum?‘ menschliche Eigenschaften gesucht werden. Abgesehen davon ist auch der Timer nichts für schwache Nerven; das Gerät, das die Ratezeit von einer Minute abmisst, mag zwar eine nette Erfindung sein, ist aber bei der Zeitmessung so laut, dass man bereits nach wenigen Runden entnervt zur Handy-Stoppuhr greift.

Insgesamt ist der erste Eindruck nach Öffnen der Schachtel also schon mal ziemlich mäßig. Mehr Karten und etwas mehr Liebe zum Detail hätten hier einiges bereinigen können.

_Spielvorbereitung_

Vor dem Spiel werden einzelne Teams gebildet, wobei jedes Team aus mindestens zwei Personen bestehen sollte. Anschließend wird das Kartenmaterial sortiert und in genau sechs Kartenstapeln mit den jeweiligen Kategorien separiert. Der Spielplan wird bereitgelegt und pro Team eine Figur auf das Feld mit der Null gesetzt. Für die erste Runde wird pro Team ein Erklärer ausgewählt, wobei man sich in der Ausübung dieses Parts von Runde zu Runde abwechselt. Sobald das startende Team ermittelt wurde, kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Ein Spieler des ersten Teams würfelt und ermittelt mit dem Würfelergebnis die Nummer der Begriffe, die auf den Karten erraten werden sollen. Auf jeder Karte stehen jeweils sechs Begriffe angeordnet, die mit den unterschiedlichen Würfelsummen übereinstimmen. Sobald nun die Zeitmessung beginnt, nimmt der Erklärer reihum von jedem Kartenstapel die oberste Karte und versucht den erwürfelten Begriff seinen Mitspielern zu erklären. Bedingung dabei: Man darf weder den Begriff selber noch Anteile dessen in der Erklärung verwenden. Ist ein Wort erraten worden, geht man zum nächsten Stapel über und fährt fort, bis die Minute abgelaufen ist. Der Erklärer sollte die Zeit dabei immer genau im Auge behalten, um sich ungefähr an den Richtwert von zehn Sekunden pro erklärtem Wort orientieren zu können. So kann man ausschließen, dass man die komplette Zeit für ein schwieriges Wort opfert. Sobald alle sechs Begriffe erraten sind oder aber die Zeit abgelaufen ist, geht das Spiel in die zweite Phase. Nun müssen die Teammitglieder, die zuvor geraten haben, eine Karte vom Block nehmen und die erratenen Wörter in die entsprechenden Zeilen einfügen. In der Regel ergibt sich dann eine kleine Geschichte, die mitunter auch ganz witzig sein kann. Auch für diesen Part hat man genau eine Minute Zeit.

Nach der Rate- und Notierphase folgt nun die erste Zwischenwertung. Das Team bekommt jeweils einen Punkt für geratene und notierte Worte. Wer es schafft, beides vollständig zu erfüllen, erhält zudem zwei Bonuspunkte. Anschließend wird das Spiel im Uhrzeigersinn fortgeführt.

_Spielende_

Sobald ein Team die Maximalpunktzahl von 65 Punkten erreicht oder überschritten hat, endet das Spiel. Ob die übrigen Teams die Runde noch beenden dürfen, ist in der Spielregel nicht erwähnt, erscheint aber angesichts der Fairness logisch. Danach wird schließlich abgerechnet; gewonnen hat natürlich die Gruppe mit der höchsten Punktzahl.

_Persönlicher Eindruck_

Bevor ich die einzelnen Kritikpunkte zur Umsetzung von „Paroxy“ aufliste, möchte ich zunächst mal eines betonen: Die Spielidee ist wirklich klasse. Leider jedoch wird der Spielspaß durch das limitierte Material recht schnell eingedämmt. Die ersten Runden sind noch vergnügt und lustig, doch je weiter man fortschreitet, desto eindringlicher setzen sich die bereits genannten Begriffe im Gedächtnis fest, und selbst wenn man die Karten mehrfach durchmischt und die Anordnung verändert, verliert das Spiel aufgrund der mäßigen Quantität ein kleines bisschen des anfänglichen Reizes.

Dabei sind die Voraussetzungen wahrhaftig gut; „Paroxy“ kann sich dank des hohen Spieltempos recht schnell als sympathisches und witziges Partyspiel etablieren, wenngleich der Schwierigkeitsgrad in größeren Gruppen wiederum gehörig sinkt. Wir haben das Spiel nun schon in Zweier-, Dreier- und Vierergruppen getestet und sind zu dem Schluss gekommen, dass es wirklich am spannendsten ist, wenn die Teams aus nur jeweils zwei Spielern bestehen. Ansonsten kann man sich die geratenen Begriffe einfach zu leicht für die zweite Phase, das Notieren, merken. Aber immer wieder wird man schließlich mit dem lediglich kurzzeittig interessanten Kartenmaterial konfrontiert, bei dem die Detailverliebtheit einfach fehlt und welches nach mehreren Runden bereits nach Ersatz verlangt. Eventuell legt der Verlag ja alsbald noch neue Karten nach, um diesen unverhältnismäßigen Mangel wieder zu beseitigen, doch damit ist den Interessenten bis auf weiteres nicht geholfen. Um die fortschrittliche Spielidee – „Tabu“-Fans werden sich wohl kaum mehr einkriegen – ist’s daher auch ziemlich schade, denn bei dem Potenzial hätte man an vergleichsweise winzigen Facetten wie der schwachen Besetzung des Kartenmaterials nicht sparen sollen. Doch sei’s drum, letztendlich muss man sich doch eingestehen, dass der Spaß die Schönheitsfehler einigermaßen überspielen kann. Wer nach erfrischender Abwechslung im Partyspiel-Business sucht, ist mit „Paroxy“ also dennoch ziemlich gut bedient – die entsprechende Stimmung ist jedenfalls auch bei den genannten Einbußen uneingeschränkt garantiert.

http://www.piatnik.com/

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